Ich möchte bei dieser Gelegenheit die Optionen aufzeigen, die Italien und andere Nationen heute haben. Insbesondere möchte ich betonen, welche Lösungen für die große Krise existieren, vor der wir stehen. Dazu aber muß ich zunächst die Natur dieser Krise beschreiben, denn was man heutzutage in der Presse liest oder aus Regierungskreisen hört, ist für die Realität in der Welt, wie wir sie in den kommenden Wochen und Monaten erleben werden, völlig irrelevant.
In der Geschichte Europas findet sich seit der Mitte des 14. Jahrhunderts nichts mit den heutigen Ereignissen Vergleichbares. Wie Sie vielleicht wissen, stürzte Europa mit dem Kollaps der großen Lombard-Banken damals für Jahrzehnte in ein finsteres Zeitalter. Das ist die beste Annäherung an einen Präzedenzfall für die gegenwärtigen Ereignisse. Wovor wir heute allerdings stehen, ist viel schlimmer, und es betrifft gleichzeitig auch noch die ganze Welt, nicht nur einen Teil von ihr.
Anders als in den politischen Diskussionen der Regierungen und anderer wichtiger Stellen angenommen, kann das gegenwärtige Weltwährungs- und Finanzsystem die nächste Zeit nicht überstehen. Auch Maastricht wird - wenn niemand schon vorher entscheidet, es platzen zu lassen - im Verlauf dieses Prozesses zerstört werden. Es übersteigt die menschlichen Kräfte, dieses Währungs- und Finanzsystem zu retten.
Es gibt im Weltfinanzsystem schätzungsweise 100 Billionen Dollar an Papieren ohne realen Gegenwert. Wenn in diesem System ein kettenreaktionsartiger Kollaps einsetzt, kann keine Macht und kein Reichtum der Welt diese Lawine aufhalten. Wer behauptet, man könne das System irgendwie anpassen oder reformieren, unterliegt einer Selbsttäuschung: Dieses System ist nicht zu retten.
In jüngster Zeit wurden z.B. auf den New Yorker Finanzmärkten 800 Mrd. Dollar Papierwerte ausgelöscht; dabei sind die Auswirkungen dieses Börseneinbruchs auf die übrigen Märkte der Welt noch gar nicht mitgerechnet. Diese Crash-Episode ist vermutlich bald vorbei, doch der nächste Crash kommt bestimmt, und dann wieder einer. Es ist wie in einem typischen Erdbebengebiet, wo ein Beben auf das andere folgt. Innerhalb des jetzigen Systems gibt es nichts, was man dagegen tun kann - außer der bewußten Auflösung des Systems. Der Zusammenbruch wird weiterlaufen, bis einige Regierungen sich dafür entscheiden, diesen Prozeß zu beenden, indem sie das ganze Weltfinanz- und Währungssystem einem Bankrott- oder Vergleichsverfahren unter Regierungsaufsicht unterziehen.
Außer diesem Vergleichsverfahren gibt es nichts, was irgendeine Regierung oder Kombination von Regierungen tun könnte, um die Desintegration dieses Systems zu verhindern. Alle Diskussionen in eine andere Richtung sind reine Zeitvergeudung. Das System ist tot. Vorbei. Nach dreißig Jahren ist der größte Wahnsinn, den Menschen je verbrochen haben, zu Ende.
Die Verpflichtung des Staates gegenüber seinen Bürgern war neu in der Geschichte. Die Elemente, die den modernen Nationalstaat kennzeichnen - allgemeine Bildung der Menschen aller Klassen, große staatliche Projekte, Förderung von Handel und Industrie - , brachten die größte Verbesserung der demographischen Verhältnisse der Weltbevölkerung in der gesamten Geschichte und Vorgeschichte der Menschheit - trotz der Kriege, trotz der Auswirkungen des Kolonialismus, trotz aller anderen Katastrophen. Von 1461 bis etwa 1966 erhöhten sich auf der ganzen Erde die Bevölkerungsdichte, die Lebenserwartung, der Lebensstandard, die Produktivität, und allgemein verbesserten sich die Lebensbedingungen weltweit.
Nichts in der menschlichen Geschichte war damit zu vergleichen. Die Menschheit wuchs von 300 oder 400 Millionen im 14. Jahrhundert auf über fünf Milliarden Menschen heute. Die Lebenserwartung stieg. Seuchen wurden eine nach der anderen unter Kontrolle gebracht. Trotz all des Bösen, was im Namen der europäischen Zivilisation geschah, sorgten die Einflüsse des modernen Nationalstaats bis in die 60er Jahre unseres Jahrhunderts überall auf der Erde für realen Fortschritt.
Das gleiche sehen wir überall auf der Welt; allerdings ist es ein ungleichmäßiger Prozeß. Schwarzafrika wird zerstört. In Zentralafrika ist die Lebenserwartung der Männer auf 30-40 Jahre gesunken. Mit einer vom britischen Commonwealth geführten Politik sollen ganze Nationen Afrikas politisch ausgelöscht werden. Es ist eine gezielte, absichtliche Politik, in der Region der Großen Seen die Einwohner zu dezimieren: Die Gebirgsregion, die Ruanda und Burundi einschließt, wird entvölkert (es handelt sich bekanntlich mit um die dichtbesiedeltsten Gebiete Afrikas). Das ist kein Zufall. Die natürlichen Lebensbedingungen sind dort sehr günstig, und einige Leute denken, dort sollten nicht Afrikaner leben, sondern Amerikaner und Europäer. Wenn die afrikanischen Einwohner erst einmal weg sind, wollen sie den wertvollen Grundbesitz an Europäer und Amerikaner verkaufen, die dort angenehm leben können.
Die existierenden Nationen in dieser Region werden zerstört. Ostzaire etwa wird in kleine Herrschaftsgebiete aufgeteilt, die jeweils von Konzernen regiert werden. Einer davon ist das Commonwealth-Unternehmen Barrick Gold, dessen bekanntester Repräsentant Sir George Bush ist, der ehemalige Präsident der USA. Sie stehlen im Nordosten Zaires die Gold- und Erdölvorkommen.
Anderswo gibt es Kupfer-, Nickel- und Diamantminen. Die Konzerne holen sich die Konzessionen und kontrollieren das Territorium mit Söldnertruppen. Und darum herum ist Niemandsland.
Während des Niedergangs des Weströmischen Reichs fand man ähnliche Bedingungen in Italien und Frankreich mit einem umfangreichen, damit einhergehenden Bevölkerungskollaps. Ähnliches spielt sich in Mittel- und Südamerika, in Mittelasien, im Kaukasus ab. Auch in Europa, etwa in Italien, gibt es Versuche, die Nationalstaaten in kleinere ethnische oder regionale Einheiten aufzuspalten.
Wir sehen bereits weltweit ein neues finsteres Zeitalter heraufziehen.
Seit dieser Zeit erleben wir die Zerstörung aller Institutionen, die zum Erfolg des modernen Nationalstaats beigetragen hatten. Die wirtschaftlichen, politischen und demographischen Folgen dieser Rückentwicklung sind jetzt deutlich sichtbar. In Amerika, Europa und anderswo hat sich der demographische Trend umgekehrt. Seuchen, die wir unter Kontrolle hatten, kommen in neuer Form zurück; neue Seuchen und Epidemien entstehen. Der Grund dafür ist die rapide Verschlechterung bei der Ernährung, den sanitären Einrichtungen und der Gesundheitsversorgung.
Dieses große Experiment mit der Globalisierung der Gesellschaft, dem "New Age", das vor 30 Jahren begann, hat durch kannibalistische Finanzspekulation das System zerstört. Gleichzeitig tut man alles, um die Autorität und die Institutionen des Nationalstaats zu schwächen und aufzulösen.
Im Namen von Demokratie und Liberalisierung wird die Kontrolle über die Volkswirtschaften auf die Bürokratie in Brüssel oder bei den Vereinten Nationen übertragen. So befinden sich die Bürger und Regierungen unter der Herrschaft supranationaler Einrichtungen, über die der Bürger keinerlei politische Kontrolle hat. Sie sind wie eine diktatorische Verwaltung in einem besetzten Land. Unter diesen Bedingungen wuchs die Riesenblase der Finanzspekulation.
Das hat zwei Gründe. Der eine ist negativ: Die Kräfte, die die Welt im 20. Jahrhundert finanziell kontrollierten, waren allgemein gegen raschen industriellen Fortschritt. Diese Leute an der Spitze des Weltfinanzsystems sorgten also dafür, daß nur sehr wenig Kapital in die Entwicklung der Industrie floß. Nur wenn ein Krieg begann oder drohte, ließen sie größere Investitionen in die betreffenden Wirtschaftsbereiche zu.
Nun stellt sich die Frage, die kein Ökonomie-Lehrbuch beantwortet: Wie kommt es, daß ausgerechnet die Kriegswirtschaft, die ja größtenteils wirtschaftlich völlig nutzlose Dinge produziert, im modernen Nationalstaat für die höchsten Wachstumsraten sorgte?
Das bringt uns zum zweiten Grund, zur zweiten Dummheit der Wirtschaftslehrbücher. Diese Bücher lehren im allgemeinen - besonders ausgeprägt ist das bei der Systemanalyse - , daß ein bestimmter Wert an Gütern und Geld in die Wirtschaft hineingeht und dann ein bestimmter Wert wieder herauskommt. Ein Student meines Schlages müßte nun eigentlich fragen: "Herr Professor, wer sorgt denn für diese Transformation, sind es Menschen oder Affen? Wenn man Menschenaffen statt Menschen in der Wirtschaft beschäftigte, käme dann das gleiche Resultat heraus?"
Was im Menschen also ist es, das ihm erlaubt, einen "Input" so zu tranformieren, daß hinterher mehr herauskommt, als man vorher hineingetan hat? Es ist nicht der "opponierbare Daumen", wie Friedrich Engels behauptete; sonst wären Gorillas ausgezeichnete Produzenten. Es ist der menschliche Geist. Es ist der ausgebildete menschliche Geist. Es ist die Fähigkeit, Lösungen für Probleme zu finden, indem man bestimmte Prinzipien entdeckt und anwendet.
Wie das funktioniert, sagt uns kein Lehrbuch, aber jeder erfolgreiche Produktionsleiter versteht es. Das erste, was sich ein guter Produktionsleiter wünscht, ist eine reichlich ausgebaute staatliche Infrastruktur: Verkehr, Energie, sanitäre Versorgung usw.
Dazu braucht man dann eine bestimmte Art der Bildung, ein Bildungssystem, das heute auf der Welt fast schon verboten ist. Die Prüfungen sollten dabei so sein, daß kein Computer sie bestehen würde. In guten Schulen waren die Prüfungsfragen immer Fragen, auf die im Unterricht oder im Lehrbuch noch keine Antworten gelehrt wurden. Denn man wollte sehen, wie gut die Fähigkeiten zur Entdeckung entwickelt waren.
Mit anderen Worten, die Frage ist nicht: Können Sie die richtige Antwort geben, die man Ihnen vorher beigebracht hat? - sondern: Können Sie eine richtige Antwort entwickeln, die Sie vorher nicht auswendig lernen mußten? Ein Schüler, der so erzogen wurde, denkt wissenschaftlich. Er lernt die Ideen der Vergangenheit nicht auswendig, sondern er erlebt den Vorgang der Entdeckung dieser Ideen in seinem Geist nach. Deshalb verwendet eine gute Schule immer viele griechische Klassiker, damit die Schüler die großen Entdeckungen der klassischen griechischen Autoren, auf denen die westliche Zivilisation beruht, nachvollziehen können. Man lernt nicht die richtige Formel auswendig, sondern erlebt selbst noch einmal die Experimente der großen wissenschaftlichen Entdeckungen, angefangen mit den geometrischen Entdeckungen der Antike.
Diese Unternehmen sind meist im Besitz von nur ein oder zwei Personen und beschäftigen vielleicht 100 oder 200 Mitarbeiter. Etliche sind Familienbetriebe. Es sind diese Unternehmen, die unsere Industrie funktionieren lassen. Wer Großindustrie haben möchte, der will auch ein Umfeld von vielen solcher kleineren Firmen, die sich am besten auf die Entwicklung bestimmter Typen von Werkzeugmaschinen spezialisieren.
Nun kommen die Arbeiter, die die eben beschriebene Art von Ausbildung durchlaufen haben, in die Fabriken, die diese Werkzeugmaschinen-Technologien nutzen: Dann hat man eine Kultur, in der die Arbeitskräfte die neuen Technologien leicht assimilieren und verstehen.
In Italien ist das die Tradition des großen Mathematikers Betti; die hydrodynamische Technik Italiens war die beste der Welt.
In Deutschland und den Vereinigten Staaten bestand im 19. Jahrhundert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kreisen um Gauß und von Humboldt sowie den Kreisen um Alexander Dallas Bache. Die Entwicklung des Werkzeugmaschinenbaus in Deutschland und Amerika war im letzten Jahrhundert sehr eng miteinander verknüpft.
Bei der modernen Kriegführung in Europa, besonders seit der Zeit, als Lazare Carnot 1792-94 die Leitung der französischen Streitkräfte übernahm, war der entscheidende Faktor für die militärstrategische Kapazität die Wirtschaft. Nicht nur wegen der Logistik, sondern auch wegen der Militärtechnologie. Wenn ein Nationalstaat sich auf seine Verteidigung im Kriegsfall vorbereitete, mußte er stets über die modernsten Technologien verfügen. Und es gibt nur einen Weg, fortgeschrittene Technologien zu produzieren: den Werkzeugmaschinensektor auszuweiten.
Das Charakteristische an der Nachkriegszeit von 1946-66 war, daß die USA, Deutschland, Italien usw. den Werkzeugmaschinensektor, der in den 30er und 40er Jahren für die Kriegführung ausgebaut worden war, dazu benutzten, ihre Wirtschaft neu aufzubauen.
Seit den 60er Jahren wurde das Bildungswesen in allen Ländern systematisch zerstört. Die Universitätsabsolventen in Westeuropa und Amerika sind meist in der Wirtschaft "nicht einsetzbar". Ihre Ausbildung - ganz besonders in den Gesellschaftswissenschaften - hat in der Regel dafür gesorgt, daß sie unfähig sind, nützliche Arbeit zu tun.
Wir haben den Werkzeugmaschinenbau beinahe ganz ausgelöscht. Auch die Weltnahrungsmittelerzeugung wurde gezielt zerstört. Es herrscht Nahrungsmittelmangel - nicht weil es zuviele Menschen gäbe, sondern weil zuwenig erzeugt wird.
Nun, die gute Nachricht ist, daß das Finanzsystem, das mit dieser veränderten Philosophie der letzten 30 Jahre untrennbar verbunden ist, desintegrieren wird. Nichts kann das verhindern. Entweder die Regierungen erklären den Bankrott des Systems und beenden es, oder es löst sich von selbst auf.
Ich kenne die Regierungen gut genug, um zu wissen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine von ihnen den Mut hat, an ein solches Bankrottverfahren auch nur zu denken. Der Kapitän der Titanic denkt nicht daran, die Passagiere in die Rettungsboote zu schicken. Die Regierungen in aller Welt sind vergleichbar mit Shakespeares Hamlet: Die intelligenten Leute dort wissen sehr wohl, daß das System am Ende ist. Sie hoffen, daß dieses möglichst langsam kommt. So wie Hamlet wissen sie, daß es ihr Untergang ist, wenn sie sich weiter so verhalten wie bisher.
Die meisten intelligenten Regierungen und erfahrenen Leute in verantwortlichen Positionen wissen, daß es eine Alternative gibt. Aber sie sagen, diese Alternative sei politisch nicht durchsetzbar. Die Regierungen werden nichts tun, der Kapitän wird die Passagiere nicht von der Titanic lassen.
Für dieses Problem müssen wir eine Lösung finden. Dazu gibt es mehrere Dinge zu sagen.
Blicken wir nach China. Unter Mao Tse-tung erlebte China eine schreckliche Zeit. Der "Große Sprung nach vorn" war eigentlich ein "Großer Sprung zurück": Die Industrie wurde abgebaut. Dann kam die Kulturrevolution, ein noch größerer Wahnsinn. (Sie sprang auch auf Europa und andere Orte über, einige von Ihnen haben das miterlebt.)
Aber einige politische Gegner Maos haben das alles überlebt: Leute, die den Wahnsinn des Großen Sprungs erkannten und kritisierten; einige mußten deswegen ins Gefängnis. Die Große Proletarische Kulturrevolution vergleichen sie heute mit dem Naziregime in Deutschland. Heute folgt die größte Nation der Erde den Zielen Dr. Sun Yat-sens, zumindest geht es in diese Richtung.
Die chinesische Führung kam zu der Überzeugung, daß sie die eurasische Landbrücke unterstützen und aufbauen müsse: Entwicklungskorridore durch ganz Eurasien vom Atlantik bis zum Pazifik und hinunter bis zum Indischen Ozean. Und sie begann, das in die Tat umzusetzen. Heute ist China das einzige Land der Welt, das in die Richtung eines realen Wirtschaftswachstums geht.
Deutschland sollte eigentlich daran beteiligt sein, ist es aber nicht wegen der Absprachen von 1990 zwischen Mitterrand, Thatcher und Bush. Man sollte sich nicht wundern, wenn die deutsche Regierung heute ihre Schuhe an den Händen trüge: Sie hat sich selbst wirtschaftlich in beide Füße geschossen.
Der rapide Zusammenbruch des deutschen Werkzeugmaschinenbaus ist eine der größten wirtschaftlichen Tragödien der letzten Zeit. Wenn er so weitergeht, wird ganz Europa sein Industriepotential verlieren. Denn es wird nicht mehr genug Werkzeugmaschinen-Potential da sein, um Europa in der Zukunft als industrielle Macht aufrechtzuerhalten.
Diese Nationen sind eifrig darauf erpicht, die Projekte voranzutreiben. Auch einige Länder Mittelasiens sind an den Diskussionen beteiligt.
In Rußland ist die Lage etwas komplexer. Wie die meisten Länder des früheren Warschauer Pakts ist Rußland heute ein besetztes Land. Die Regierung ist praktisch nur der Handlanger der IWF-Besatzer; die Bevölkerung und die Institutionen setzen politisch nicht auf die Regierung. Rußland ist finanziell bankrott und lebt nur von der Gnade und Ungnade des IWF. Aus diesem Grund bildet sich dort eine äußerst gefährliche Lage.
Allerdings denken einige alte Institutionen der früheren Sowjetunion langfristig. Sie wollen die langfristigen Interessen von ihresgleichen, den Erben des alten Systems, verfolgen. Typisch dafür ist Außenminister Jewgenij Primakow, der ein alter KGB-Mann in Mittelasien war.
Daher kooperiert Rußland mit Indien, China, Iran u.a. bei diesem Projekt. Potentiell könnte Rußland auch viel Substantielles beitragen, im Moment aber beschränkt es sich hauptsächlich auf politische Kooperation, d.h. es stützt das Projekt mit seinem politischen Einfluß.
Die Opposition gegen dieses Projekt geht im Kern nur von einer Seite aus: dem britischen Kronrat (Privy Council), der den Commonwealth, das britische Empire in seiner heutigen Form, beherrscht. Dazu kommen jene Leute, die integraler Bestandteil dieser britischen Politik sind, wie Kissinger und Bush in Amerika.
Anders sieht es aus mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Sie sollten nichts von alledem glauben, was über Präsident Bill Clinton in den Medien gesagt wird. Er hat zwar seine Fehler; er ist ein "Babyboomer", er gehört zur Nachkriegsgeneration, den "68ern", er hat niemals in einem Krieg gekämpft oder Truppen in einem Krieg kommandiert. Aber er ist ein absoluter Gegner des britischen Empire. Er hält das britische System für den Hauptfeind Amerikas - das ist auch der Grund, warum soviel Schlechtes über ihn erzählt wird.
Er ist auch geistig interessiert. Er hat die Geschichte studiert. Intellektuell wäre er wahrscheinlich fähig, das Richtige zu tun. Aber dazu braucht es neben dem Intellekt noch zwei andere Dinge: Die Emotion und die Macht der Entscheidung.
Clinton vertritt als Gegner des britischen Empire die mächtigste Nation der Welt. Wenn der Präsident der USA seine Zusammenarbeit mit China und anderen Nationen der Landbrücke ausweitet, besteht die Möglichkeit, die derzeitigen politischen Trends auf der Welt umzukehren. Ron Brown, der mit China die ersten Verhandlungen in diese Richtung führte, starb vor einem Jahr. Brown war der Architekt der China-Politik der US-Regierung, und er hatte auch für Bosnien gute Pläne.
Wenn wir unter Krisenbedingungen diese Kräfte zusammenbringen können, werden diese und andere Nationen sich selbst verteidigen müssen. Denn wenn auf den Derivatmärkten der Kollaps mit "umgekehrter Hebelwirkung" einsetzt - ein Markt, der 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche läuft, mit Computern, Telefonen, Internet - , dann können innerhalb von zwei bis drei Tagen 100 Billionen Dollar Papierwerte auf einen minimalen Wert kollabieren. Alle größeren Banken der Welt wären direkt oder indirekt in den Kollaps verwickelt, und ihre Guthaben lösen sich in Luft auf.
Unter solchen Bedingungen wären die Regierungen geneigt zu handeln - oder wenn die Lage so weit fortgeschritten ist, daß diese Gefahr unmittelbar sichtbar wird. Dann besteht das Problem darin, den amerikanischen Präsidenten und die Staats- bzw. Regierungschefs anderer Länder darauf vorzubereiten, daß sie im richtigen Moment zusammenkommen und sehr schnell, innerhalb von Stunden, die richtigen Entscheidungen treffen.
Wenn wir Europa, Asien, Afrika und Nordamerika darin einbinden, ist der Aufbau der Landbrücke das grundlegende Programm für einen allgemeinen Aufschwung der Weltwirtschaft. Es ist die einzige Chance für diesen Planeten. Dieses Infrastrukturprojekt ist groß genug, um unmittelbar eine wirtschaftliche Erholung auf der ganzen Erde anzustoßen.
Nun, ich arbeite sieben Tage in der Woche und meist zwölf Stunden am Tag, weil viele Regierungen durch die neueren Entwicklungen bedingt genau wissen möchten, was sie in diesem entscheidenden Moment tun müssen. Es gibt viele Fragen zu beantworten, aus Bankenkreisen, Regierungskreisen usw. aus verschiedenen Teilen der Welt. Die Reaktionen auf meine Entwürfe, die Fragen geben mir ein recht deutliches Bild davon, was man dort denkt.
Vor einigen Wochen legte ich als Antwort auf die Reaktionen und Fragen von Regierungen, Bankiers etc. einen Vorschlag vor. Ich nenne ihn "Vorschlag für ein neues Bretton Woods", weil viele Leute, die heute um die 70 und noch aktiv sind, die besten Elemente des internationalen Bretton-Woods-Währungssystems der Jahre 1946-66 noch kennen.
Vereinbarungen zwischen Nationalstaaten hätten entlang der Grundlinien des Bretton-Woods-Systems der Zeit 1946-66 einen erfolgreichen Präzedenzfall, und sie würden funktionieren. Der Unterschied zu damals ist allerdings, daß heute alle Zentralbanken bankrott sind. Deshalb muß man die Währungs-, Zoll- und Handelsvereinbarungen ergänzen, indem man statt der Zentralbanken Nationalbanken einsetzt.
Das ist das Modell für die Verwaltung einer Wirtschaft, die sich im Vergleich oder Bankrott befindet. Kombiniert mit einem großen Infrastrukturprojekt - der Landbrücke - ist das die Grundlage eines kurzfristig zu vereinbarenden Programms für einen weltweiten Aufschwung.
Wir müssen das als "Kriegsplan" auffassen. Wenn sich die Politiker nicht schon vorher auf einen eindeutigen Kriegsplan geeinigt haben, wird bei einem solchen Notstandstreffen wahrscheinlich kein kompetentes Resultat herauskommen. Wenn sie nicht darauf vertrauen können, daß sie schon einen gemeinsamen Plan haben, wird ihnen der Wille zu den notwendigen Entscheidungen fehlen. Deshalb möchte ich einen Diskussions- und Denkprozeß in diese Richtung anstoßen, der wahren Führungsleuten in Politik, Industrie etc. hilft, den Kriegsplan für derartige Entscheidungen zu formulieren.
Können wir es schaffen? Ich bin nicht sicher. Aber wenn nicht, dann können Sie Ihre Enkelkinder abschreiben. Denn dann wird das System der Nationalstaaten durch Hunger, Seuchen, Chaos usw. derart zusammenbrechen, daß die Bevölkerungszahl der Erde auf das Niveau des 14. Jahrhunderts fällt. Deshalb müssen wir es schaffen. Und ich glaube, wir werden es schaffen, weil wir müssen. Wenn den Menschen diese Alternative klar vor Augen steht, werden sie eher gewillt sein, das Notwendige zu tun.