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Aus der Neuen Solidarität Nr. 19/2002

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Das Ende eines Wahns

- 7. Teil -

Von Lyndon H. LaRouche

Die folgende Schrift von Lyndon LaRouche erschien am 12. Januar 2002 und ist dazu gedacht, die methodischen Grundlagen eines dringend nötigen Wirtschaftsaufschwungs für Amerika zu umreißen. Wir veröffentlichen große Auszüge daraus in acht aufeinanderfolgenden Teilen.


Geld, Kredit, Finanzen, Preise und Steuern
Steuerbegünstigungen für Investitionen

Geldtheorien

Geld, Kredit, Finanzen, Preise und Steuern

Wenn wir von der im vorangegangenen Kapitel zusammengefaßten verbesserten Sicht von Wernadskijs Noosphäre ausgehen, sollte es keine geistigen Hindernisse mehr für die Erkenntnis geben, daß die Grundlage wirtschaftlicher Prozesse innerhalb der Grenzen einer Wissenschaft der physischen Wirtschaft liegt. Man muß dazu nur noch erkennen, daß die spezifisch menschliche Fähigkeit zur kognitiven Entdeckung universeller physikalischer Prinzipien auch die physischen Auswirkungen jener Konzepte umfaßt, die mit der klassisch-humanistischen Kultur verbunden sind.

Von dort aus ist es nur noch ein Schritt zu der Erkenntnis, daß relative Preise und Geldwert nicht auf "natürliche", rein wirtschaftliche Weise zustandekommen, sondern politisch-rechtliche Fiktionen sind, die von den Einrichtungen, die zum jeweiligen Zeitpunkt die Verhältnisse in der Gesellschaft kontrollieren, willentlich festgelegt werden. An dieser Stelle muß eine Zusammenfassung dieses Themas eingeschoben werden, um einen weit verbreiteten Irrtum möglichst wirksam richtigzustellen. Ist dieser Fehler einmal identifiziert, ergibt sich der übrige Teil des Arguments von selbst.

In der neuzeitlichen Geschichte gehen die schlimmsten der heute verbreiteten, extremen Wahnvorstellungen über Wirtschaft auf vier wohlbekannte Abirrungen aus dem 18. Jahrhundert zurück. Es sind in geschichtlicher Reihenfolge: erstens das Konzept des laissez faire in den Varianten des feudalen Ideologen des Conti-Netzwerks François Quesnay, der faustischen Theorie Bernard Mandevilles über den Weg zum Ruhm durch Verbreitung von Lastern und des "Freihandels" von Adam Smith von der britischen Ostindiengesellschaft; zweitens die Vorstellung, fiktive Kapitalgewinne schüfen Reichtum, bei John Law u.a.; drittens die Verbreitung des Nietzsche-ähnlichen "Robinson Crusoe"-Modells, wie es im 20. Jahrhundert der infantile John von Neumann und sein Kumpan Oskar Morgenstern übernahmen; und viertens die irrsinnige Suche nach einem mathematisch perfektionierten "natürlichen Goldpreis". Das 19. Jahrhundert brachte zusätzlich noch eine fünfte vergleichbare Art von Wahn, die verrückte Suche nach einem Urhort des Finanzkapitals, mit oder ohne Nibelungen, z.B. bei Karl Marx.

Daran, wie Geld sich in einer Ökonomie verhält, ist absolut nichts "Natürliches". In der neuzeitlichen Gesellschaft ist Geld eine reine politische Fiktion, deren inhärent bestmögliche Eigenschaft darin besteht, durch die Verwendung von Geld Handel und Investitionen tendenziell leichter zu machen als beim Tauschhandel. Die wesentlichste Rolle des Geldes in der modernen Gesellschaft ist aber die eines praktischen Instruments im Dienste des souveränen modernen Nationalstaates und seiner Volkswirtschaft.

Wenn gewisse Standards hinsichtlich einer vermeintlichen Funktion des Geldes auftauchten, so ist das im wesentlichen eine Folge der Vorherrschaft der englischsprachigen Volkswirtschaftslehre seit dem 17. Jahrhundert. Durch die Wechselwirkung der beiden englischsprachigen Systeme - des relativ dominierenden britischen Systems und des ihm entgegengesetzten Amerikanischen Systems - nahm die ansonsten völlig bunte Mischung divergierender Annahmen eine gewisse Kontur an. Die beste Annäherung an eine halbwegs vernünftige Geldtheorie findet man, wenn man untersucht, wie physische Ökonomien auf die zumeist höchst willkürliche Geld-, Finanz-, Handels- und Steuerpolitik reagieren. Man wird dabei feststellen, daß die amerikanische Politik, die im Lauf der Geschichte den streng definierbaren Vorgaben des Amerikanischen Systems am nächsten kam, uns die beste Annäherung an eine praktische Lehre der Geldmanagements liefert.

Es gibt daher keine kompetente Theorie, die präzise definiert, wie man den Wert einer Währung festlegt. Es gab willkürliche Maßnahmen zur Regulierung der Währung und ihrer Verwendung, von denen manche weniger ineffektiv waren als andere. Wegen der wachsenden Bedeutung der englischen Sprache für die Entwicklung der neuzeitlichen Wirtschaft seit der Zeit Heinrichs VII. in England ist ein Vergleich zwischen der Entwicklung der Geldpolitik und verwandten Praxis im Tudor-England und der Ausprägung dieser Tudor-Erfahrungen in der Massachusetts-Bay-Kolonie bis 1688 der beste pädagogische Bezugspunkt, wenn man sich mit der Rolle des Geldes in einem System der modernen Nationalökonomie beschäftigt. Das herausragendste Beispiel dieser Methoden vor dem 18. Jahrhundert ist die Ausgabe von Papiergeld in diesem Commonwealth of Massachusetts. Die Äußerungen von Cotton Mather und Benjamin Franklin in dieser Angelegenheit sind dabei von wesentlicher Bedeutung.

Weil die antike, mittelalterliche und neuzeitliche Geschichte der Währungssysteme und verwandten Bereiche äußerst komplex und konfliktreich ist, definiere ich praktischerweise die grundlegenden Anforderungen an die Währungs- und Geldpolitik aus der Sicht der besonderen Lage der USA in der heutigen Welt. Ich lege natürlich das Schwergewicht auf die amerikanische Binnenwirtschaft, berücksichtige aber auch die Weltlage, in die wir unsere Bemühungen einfügen müssen. Da es in der realen Welt keine kompetente Geldtheorie per se geben kann, müssen unsere Definitionen von Währungsprozessen und allem, was damit zusammenhängt, funktionell von der physischen Wirtschaftswissenschaft ausgehen.

Es gibt keine gute Geldpolitik an sich. Eine relativ wirksame Geldpolitik ist immer untrennbar verknüpft mit der Schaffung politischer Rahmenbedingungen, die wir grob unter der Rubrik "Regulierung" zusammenfassen. Dazu gehören Zölle sowie binnen- und außenwirtschaftliche Handelsbestimmungen, Preisregulierung und der Einsatz der Steuerpolitik nicht nur als Mittel, um dem Staat Einnahmen zu verschaffen, sondern auch um innerhalb der Realwirtschaft die Geldströme zu lenken.

Einer der wichtigsten Aspekte der Regulierung ist für unsere Zwecke hier der angemessene Einsatz von Steuernachlässen für Investitionen. Ich bespreche jetzt diesen Punkt, als Einleitung zu den übrigen Bemerkungen zur Geldpolitik.

Steuerbegünstigungen für Investitionen

Es liegt im vitalen Interesse jeder Volkswirtschaft, zu verhindern, daß ihr Finanz- und Währungssystem von sogenannten "Finanzblasen" übernommen wird. In jeder Volkswirtschaft, die vom - wie wir heute sagen - "Monetarismus" beherrscht wird, bildet sich eine Art finanziell-wirtschaftliche Krebsgeschwulst, die man als Finanzblase bezeichnet. Diese Tendenz wurde unter dem Einfluß von Arthur Burns und anderen in der amerikanischen Wirtschaft eingeführt, unter den Regierungen Nixon und Carter erheblich verstärkt und durch Gesetze wie das Garn-St. Gemain- und das Kemp-Roth-Gesetz noch weiter beschleunigt. Die Ursache dafür, daß die jetzige Krise des derzeitigen Weltwirtschaftssystems keine zyklische Depression ist, sondern eine Zusammenbruchskrise, liegt darin, daß dieser krankhafte Einfluß der monetaristischen Marotten in den letzten Jahrzehnten das Weltfinanz- und Währungssystem in die größte, schlimmste Finanzblase der Geschichte verwandelt hat.

Eines der wirkungsvollsten Instrumente für den Umgang mit der Bedrohung durch krebsartige Finanzblasen war stets die abgestufte Einkommensteuer. Wenn man rein finanzielle Kapitalgewinne hoch besteuert und gleichzeitig großzügige Steuernachlässe auf sinnvolle Investitionen in fortschrittliche Technologien gewährt, ist das nicht nur ein "steuerlicher Anreiz", wie mancher denken wird, sondern ein Mechanismus, welcher der Inflation entgegenwirkt und die Kapitalströme innerhalb der Gesamtwirtschaft reguliert. Das Ziel ist, die Ströme der physischen Kapitalbildung und -akkumulation in die nützlichsten Bereiche zu lenken und gleichzeitig den übermäßigen Geldfluß in die Kloake kurz- oder mittelfristiger Spekulation auszutrocknen. Die Planung und Zielsetzung einer solchen Steuerpolitik leitet sich aus dem Verfassungsprinzip der Förderung des Gemeinwohls ab.

Um besser zu verstehen, wie eine solche kluge Politik der Steuererleichterungen aussieht, sollte man die in Frage kommenden Investitionsbereiche vom Standpunkt der elementaren Prinzipien der physischen Wirtschaftswissenschaft betrachten.

Unter der Bedingung, daß die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur entsprechend entwickelt ist, sind Investitionsprogramme mit einer Orientierung auf ständig steigende Energiedichte und Kapitalintensität der beste Ausdruck dafür, wie relativ fortgeschrittene Technologien in die Produktentwicklung und den Produktionsprozeß eingebettet werden. Ein profaner Effekt ist dabei, daß die physischen Nettokosten pro Einheit tendenziell sinken, während gleichzeitig das Produkt verbessert wird. Somit liegt es im Interesse kluger Regierungen, sicherzustellen, daß ein Teil des Produktivitätszuwachses an den Investor zurückfließt - ausgehend von dem Gedanken, daß, wenn man die Einkommensströme auf diese Weise lenkt, die Kapitalbildung tendenziell auf diejenigen Bereiche konzentriert wird, die der Stärkung des Gemeinwohls dienen.

Das Vorrecht, solche Regulierungen zu erlassen und Steuern zu erheben, bietet einer Regierung die Möglichkeit, die binnenwirtschaftlichen Aktivitäten der Volkswirtschaft in eine dem Gemeinwohl dienende Richtung zu lenken. Die anderen Maßnahmen laufen hauptsächlich über den Staatshaushalt.

Typisch für letzteres sind Investitionen in drei Bereichen: a) "harte" Infrastruktur, wie Massenverkehr, umfangreiche wasserwirtschaftliche Vorhaben und Abwasserprojekte sowie Energieerzeugung und -verteilung, b) "weiche" grundlegende Infrastruktur wie Bildungs- und Gesundheitswesen sowie c) wissenschafts- und forschungsintensive "Crashprogramme". Diese Programme werden wie auch die Regierung selbst hauptsächlich über die Steuereinnahmen auf den verschiedenen Regierungsebenen finanziert. Das System, das sich in den USA bis zur Mitte der 60er Jahre entwickelt hatte, ist eine annehmbare Annäherung an eine vernünftige Regelung.

Ähnlich geht man bei der Regulierung des Binnen- und Außenhandels vor. Das allgemeine Ziel einer vernünftigen Regierung besteht darin, eine sog. "faire Handelspolitik" zu erreichen und aufrecht zu erhalten.

Für die Politik des "fairen Handels" ist kein Preis unantastbar. Vielmehr liegt es im nationalen Interesse, daß die Nation innerhalb ihrer Grenzen genug produktive Ressourcen erhält, um dem Äquivalent einer längeren Belagerung standhalten zu können. Diese Ressourcen sollten unbedingt in bezug auf die Produktqualität und die Produktivität relativ wettbewerbsfähig sein. Dies bedeutet, daß die Qualität der Familienhaushalte der Arbeitskräfte durch eine angemessene Entlohnung und andere Mittel aufrecht erhalten werden muß, und das Niveau technischer Verbesserung den Erfordernissen der nationalen Sicherheit entspricht.

Das hat überhaupt nichts mit Handelskriegen oder ähnlichem zu tun; es handelt sich ausschließlich um eine Maßnahme sinnvoller und geregelter Vorsorge im Interesse der nationalen wirtschaftlichen Sicherheit. Wir sollten so weise sein, bei unseren Geschäften mit anderen Nationen so großzügig wie möglich zu sein, aber wir müssen zugleich Vereinbarungen über "fairen Handel" anstreben, die deren nationale wirtschaftliche Sicherheit fördern, da derartige Maßnahmen auch uns Vorteile bringen.

Tarifpolitik und damit zusammenhängende Probleme fallen in die gleiche Kategorie wie die Politik der "Steuererleichterungen".

Der grundlegende Ausdruck nationalen wirtschaftlichen Selbstinteresses liegt in dem Zyklus der Entwicklung eines jungen Menschen von der Geburt über Kindheit und Jugend zum Erwachsenenstadium, einem Zeitraum von bis zu 25 Jahren. Die Qualität von Lebensstandard, Bildung usw. des Familienhaushalts in diesem Zeitraum sollte im Mittelpunkt stehen, wenn wir eine Politik der Steuern und Steuernachlässe beurteilen wollen.

Ein Beispiel: Im Gegensatz zur Nazi-Ideologie vom "lebensunwerten Leben", die auch heute von Kreisen in verschiedenen Nationen einschließlich der USA vertreten wird, ist die Fürsorge für die älteren Menschen für das Gemeinwohl ebenso wichtig wie die für die Kinder und Jugendlichen. Die sozialen Beziehungen, wie sie früher die Großfamilie in relativ stabilen Familien und Gemeinschaften bot, sind in den Jahrzehnten nach 1945 und vor allem nach 1971 zum großen Teil verlorengegangen oder gestört. Das Wichtigste für die Entwicklung von Kindern und Heranwachsenden ist, daß sie ein Verständnis für die kognitiven Aspekte der kulturellen Verbindungen entwickeln, die über eine Zeitspanne von ein bis zwei Jahrhunderten in die Vergangenheit zurückreichen. Dieses Selbstverständnis - "wer bin ich heute" bezogen auf die vorangegangenen und auf die kommenden Generationen - ist nicht nur eine wesentliche Quelle einer moralisch begründeten sozialen Identität, sondern ist auch unverzichtbar für die Entwicklung der Erkenntnisfähigkeit des heranwachsenden Menschen.

Es gibt keinen kurz- oder mittelfristige Preismechanismus im Rahmen eines sog. "freien Marktes", die sich asymptotisch einem "fairen Preis" annähern könnte. Wenn heute etwas als "ein guter Preis" bezeichnet wird, kann man gewöhnlich davon ausgehen, daß dieser Preis aus der Sicht des Gemeinwohls der Gesellschaft schlecht ist.

Die angeführten Beispiele illustrieren, wie die Arbeitsweise einer Geldwirtschaft von rationalen Absichten geprägt werden sollte. Indem die Gesellschaft diese Absichten in die Geld-, Finanz-, Haushalts-, Regulierungs- und Steuerpolitik etc. einfließen läßt, setzt sie Parameter dafür, wie die Preise innerhalb der Volkswirtschaft miteinander in Wechselwirkung treten. Diese Maßnahmen wirken wie Zwänge, deren Wirkung vergleichbar ist mit der Rolle universeller physikalischer Prinzipien im Riemannschen Verständnis eines Sonnensystems.

Solche Zwänge entscheiden aber nicht schon an sich, wie sich der wirtschaftliche Prozeß tatsächlich entwickelt. Realwirtschaftliches Wachstum hängt davon ab, daß kognitive Innovationen in diesen quasiaxiomatischen Rahmen integriert werden. Das bestimmt, wo und wie die Veränderungen des wirtschaftlichen Prozesses ablaufen, von dem realwirtschaftliches Nettowachstum abhängt.

Geldtheorien

Das anglo-amerikanische System steckt nunmehr in der Endphase des größten Währungs- und Finanzzusammenbruchs der Geschichte, der größte wirtschaftliche Systemzusammenbruch in der europäischen Geschichte seit dem "finsteren Zeitalter" des 14. Jahrhunderts. Die derzeitige Weltkrise zeigt einige außerordentlich wichtige Ähnlichkeiten mit diesem "finsteren Zeitalter". Ganz entscheidend ist die politisch-rechtlich-moralische Frage: Wer bekommt in diesem unvermeidlichen, längst fälligen Währungs- und Finanzbankrott sein Geld wieder, und wer wird dazu verdammt, auf seinen wertlosen Besitzansprüchen sitzenzubleiben?

Wenn wir die Forderungen der finanziellen Gläubiger befriedigen, wird unser ganzer Planet in einen völkermörderischen, weltweiten realwirtschaftlichen Kollaps stürzen - viel schlimmer als der Kollaps in Europa im 14. Jahrhundert. In diesem Fall könnte die Bevölkerungszahl innerhalb einer Generation um 80 Prozent oder sogar mehr absinken, und ganze Nationen und Kulturen könnten bald von der Bühne abtreten und die Liste der ausgestorbenen, toten Sprachen und Nationen verlängern.

Eine andere auffällige Ähnlichkeit herrscht zu der Zeit von Englands Heinrich II. zu Richard III., als Venedig Kreuzzüge, Inquisitionen und ähnliche Schrecken organisierte, um seine Stellung als finanzoligarchische, maritime Weltmacht aufzubauen und zu konsolidieren. Die Stoßrichtung der "utopischen" anglo-amerikanischen Fraktion hinter der Welle von Kriegen und imperialer Globalisierung ist - um das Wort einer bekannten Historikerin zu gebrauchen - der "ferne Spiegel" jenes Prozesses, der in das "neue finstere Zeitalter" des 14. Jahrhunderts führte.

Aus diesen und ähnlichen Lehren der Geschichte sollten wir eines gelernt haben: Wenn eine große Finanzmacht zu weit gegangen ist und einen Bankrott von der heutigen globalen Dimension herbeigeführt hat, dann muß man dem naturrechtlichen Prinzip des Gemeinwohls folgen. Die "Kriegsgewinnler" und anderen räuberischen Finanzinteressen dürfen keine Beute bekommen. Finanzielle Forderungen an und für sich haben unter solchen Umständen keine Gültigkeit - die einzige Ausnahme ist die, wenn die Gesellschaft sich entschließt, bestimmte Forderungen als moralisch vorrangig anzuerkennen, weil dies dem derzeitigen oder zukünftigen Gemeinwohl zugutekommt.

Jedes rationale Recht schreibt vor, daß ein Bankrotteur zumindest für die Folgen seiner eigenen bewußten Narrheiten einstehen muß. Insbesondere muß derjenige, der die Macht besaß, eine Politik zu diktieren, die in den Ruin führte, vorrangig die Verantwortung für die dadurch für alle entstandenen Verluste übernehmen. Dementsprechend müssen die finanziellen und verwandten oligarchischen Interessen, die den Nationen den Bankrott, der aus dem gegenwärtigen Finanzsystem notwendig folgen mußte, aufgezwungen haben, auch die relativ größte Last der Krise akzeptieren und tragen.

Sollte die entgegengesetzte Politik eingeschlagen werden, so wäre die Folge ein Völkermord in der gesamten Menschheit, der noch schlimmer wäre als das "finstere Zeitalter" des 14. Jahrhunderts. Das darf nicht zugelassen werden, und kein Argument kann diesem Urteil des Naturrechts standhalten.

Allgemein besteht die angemessene Herangehensweise in solchen Fällen darin, ein neues Währungs- und Finanzsystem zu schaffen, das funktioniert. Finanzielle Forderungen, die unter dem neuen System eine nützliche Funktion in der Gesellschaft erfüllen, sollten ganz oder teilweise anerkannt werden. Rentenzahlungen, Sparguthaben von Privatpersonen und kleineren Unternehmen in angemessener Höhe, das relativ gesehen bescheidene Kapital nützlicher Mittelstandsunternehmen usw. müssen aufrechterhalten werden, um einen möglichst glatten Übergang vom alten nutzlosen Währungs- und Finanzsystem zum neuen zu gewährleisten. Das Bankenwesen wird erhalten, obwohl es bankrott ist, weil seine Weiterexistenz als Einrichtung zur Kreditvergabe und Einlagenverwaltung im vitalen Interesse der Nation und der Gemeinschaft der Nationen liegt. Zahlungsunfähige Unternehmen müssen zumindest in den Funktionen, deren Weiterexistenz im Interesse des Gemeinwohls liegt, aufrechterhalten werden.

Praktisch muß man bei jedem Währungs- und Finanzkollaps in der Größenordnung der heutigen globalen Krise ein neues Währungssystem aufbauen und das alte abschaffen. Dazu gibt es keine annehmbare Alternative. In vielen Fällen müssen die vorhandenen Währungen durch neue ersetzt oder umfassend reorganisiert werden. Da diese Veränderungen sehr plötzlich kommen müssen, sollten sich die Reformmaßnahmen so weit als möglich an Vorbildern ausrichten, die in der Vergangenheit erfolgreich waren. Deshalb sollte man den erfolgreichen Präzedenzfall des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen des "alten" Bretton Woods-Systems benutzen, um ein weltweites, multipolares System mit ähnlichen Merkmalen zwischen souveränen Staaten zu entwerfen - das ist heute einfach die einzig greifbare Möglichkeit, auf einen passenden, nachweislich erfolgreichen Präzedenzfall zurückzugreifen.

Aus verschiedenen Gründen ist es ratsam, den US-Dollar nicht durch eine neue Währung zu ersetzen, sondern ihn durch protektionistische und regulatorische Maßnahmen zu schützen. Zu diesen Maßnahmen muß die Einrichtung einer amerikanischen Nationalbank gehören. Das folgende Szenario verdeutlicht, wie man an eine solche Reform herangehen muß.

Da das amerikanische Federal-Reserve-System implizit bankrott ist, ist die amerikanische Regierung laut Verfassung verpflichtet, das gesamte Federal-Reserve-System unter Treuhänderschaft zu nehmen. Es wird der Verwaltung durch das Finanzministerium unterstellt. Das Ziel wird sein, die Banknoten der Federal Reserve nach und nach vorsichtig aus dem Verkehr zu ziehen und gleichzeitig ein neues Kreditinstrument der Regierung zu schaffen, das einen Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft auf der Grundlage von Wiederaufbau finanziert. Dazu brauchen wir ein System von Dollarnoten, die vom Finanzministerium ausgegeben und mit einer Goldreserve gestützt sind, dessen wesentliche Funktion darin besteht, als integraler Bestandteil des Mechanismus zur Ausgabe mittel- bis langfristiger Kredite zu Kosten zwischen 1-2% Jahreszins zu dienen. Wo immer es geeignet und machbar ist, sollte man dabei Lehren aus der Regierungszeit von Präsident Franklin Delano Roosevelt ziehen.

Ziel sollte es dabei sein, das Niveau der amerikanischen physischen und damit zusammenhängenden Outputs über die Gewinnschwelle zu heben und mittelfristig auch die Steuer- und sonstigen Einnahmen des Bundes entsprechend zu erhöhen. Die Kreditausgabe sollte auf eine Kombination aus kurzfristiger Stabilisierung und mittel- bis langfristigem Wachstum abzielen.

An dieser Stelle sei wie schon mehrfach zuvor darauf hingewiesen: Wir dürfen nicht die Tatsache aus dem Blick verlieren, daß wirtschaftliche Prozesse ein Ausdruck der tieferen Einflüsse langfristiger Zyklen sind. So können beispielsweise Lösungen für eine Krise des derzeitigen Typs nicht kurzfristig erfolgreich sein; daher wird keine Lösung für diese Krise verfügbar sein, die sich nicht auf die staatliche Kreditschöpfung als Mechanismus zur Überbrückung der Lücke zwischen dem heutigen Bankrott und der zukünftigen Gewinnschwelle stützt.

Über diesen Mechanismus sollten bei der Reform des amerikanischen Privatbanksektors folgende Arten von Maßnahmen ergriffen werden. Alle Banken, deren Einlagen- und Kreditfunktion für das Fortdauern einer geordneten, funktionierenden Gesellschaft notwendig sind, sollten weiterarbeiten können: als Instrumente zur Auszahlung von Renten, zeitlich geregelten Zugriff auf Sparguthaben sowie neue Transaktionen nach den Vorgaben für den Einsatz staatlichen Kredits. Das tägliche Leben des einfachen Bürgers und der Gemeinden sollte mit so wenig Störungen wie möglich weiterlaufen.

wird fortgesetzt

 

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