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Aus der Neuen Solidarität Nr. 6/2003

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LaRouches Gegenrede zu Bush:
Die Wirtschafts- und Sicherheitslage Amerikas

Weltweit wird dieser Tage gegen den drohenden Irakkrieg demonstriert. Aber Protest, auch massenhafter, reicht nicht aus, wenn die Bürger nicht zugleich für einen Ausweg aus der Weltkrise kämpfen, für eine Alternative, wie sie der amerikanische Oppositionspolitiker und demokratische Präsidentschaftsbewerber Lyndon LaRouche am 28. Januar, wenige Stunden vor George W. Bushs Rede zur Lage der Nation, dargelegt hat. Es folgt der leicht gekürzte Text von LaRouches Rede, die im Internet abrufbar ist unter www.larouchein2004.com.


Wenn die Institutionen versagen
Grundlage meiner Außenpolitik

Der Wirtschaftskollaps

Deregulierung und Sparpolitik beenden

Niedergang seit 1964

Wir ließen die Welt für uns arbeiten

Die Kunst der Wirtschaftsprognose

Was den Menschen vom Tier unterscheidet

Bedeutung der Infrastruktur

Wirtschaftspolitik für die USA

Internationaler Wiederaufbau

Die "Schuldenbombe" in Südamerika

Die Militärfrage: strategische Verteidigung

Kein Grund für Krieg

Sogenannte Heimatverteidigung

Iberoamerika

Wir befinden uns gegenwärtig weltweit, vor allem aber in Europa, Amerika und Afrika, im größten finanziellen Zusammenbruch seit mehr als einem Jahrhundert. Vergleiche mit der großen Krise 1929-32 drängen sich auf; einiges ist ähnlich, doch es ist heute sogar noch schlimmer.

Glücklicherweise hatten wir damals einen Franklin Roosevelt, der 1932 gewählt wurde und 1933 das Präsidentenamt antrat. Franklin Roosevelt rettete die Vereinigten Staaten, ja im Grunde die ganze Welt, mit Methoden, die wir heute studieren müssen - nicht, um sie genau nachzuahmen, sondern als Lehrstück, um daraus die ziemlich radikalen Veränderungen abzuleiten, die heute notwendig sind.

Es gibt einiges, was die gegenwärtige Wirtschaftsdepression von der damaligen unterscheidet. Alle großen Märkte der Welt, besonders in Nord- und Südamerika und in Europa, zeigen uns, daß eine Depression schon im vollen Gange ist. Die Frage ist nicht: "Wird sie kommen?" oder "Wann kommt der Aufschwung?" Im Rahmen des gegenwärtigen Systems wird es für die USA keinen Ausweg aus der Depression geben! Ohne eine plötzliche und grundlegende Änderung der Politik, die sich seit 1964 durchgesetzt hat, wird diese Nation diese Krise nicht überleben. So ernst ist die Herausforderung, vor der wir heute stehen.

Es handelt sich um keine zyklische Depression, sondern um einen Zusammenbruch des ganzen Systems. Ich meine das System der Zeit seit 1964 und besonders seit 1971, als Henry Kissinger, George Shultz und Paul Volcker über den damaligen Finanzminister John Connally den Präsidenten (Nixon) dazu überredeten, das seit 1944 existierende Finanz- und Währungssystem von Bretton Woods aufzulösen. Diese Ereignisse vom 15. und 16. August 1971 bildeten den Ausgangspunkt für die allgemeine Auflösung des Weltwährungs- und Finanzsystems. Diese Entwicklung beschleunigte sich besonders in der Ära von Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski, die sozusagen die Präsidenten - erst Nixon und dann Carter - "verwalteten".

Als ich den Termin für diese Rede ansetzte, ging man davon aus, daß Präsident George W.Bush, der auch "43" (der 43. US-Präsident) genannt wird, seine Rede an die Nation schon eine Woche früher gehalten hätte und ich im wesentlichen auf sie reagieren würde. Aber aus irgendwelchen Gründen - vielleicht weil seine Berater es so wollten oder weil er erst anhören wollte, was ich zu sagen hätte - verschob er den Termin, er wird heute abend in etwa sieben Stunden sprechen. Ich hoffe, daß er sich die Zeit nehmen wird, auf das, was ich jetzt sagen werde, zu reagieren.

Viele Demokraten und auch einige andere hoffen, daß George Bush "43" über seine eigenen Fehler stolpert. Nach meinem besten Wissen verstehen der Präsident und seine Berater gegenwärtig die Weltlage überhaupt nicht. Sie haben nicht die geringste Vorstellung, was sie in der gegenwärtigen weltwirtschaftlichen und binnenwirtschaftlichen Lage oder in militärstrategischer Hinsicht tun sollen. Viele Leute sagen deshalb schadenfroh: "Gut so, dann können wir George Bush bei der Wahl 2004 besiegen." Diese Einstellung halte ich für dumm und kontraproduktiv.

Zugegeben, mit George Bush ist nicht viel los. Aber er ist der amtierende Präsident. Unabhängig davon, wie er zu dem Job kam - ich gebe die Schuld daran großenteils Al Gore - , er ist der Präsident, und es gibt bestimmte Entscheidungen, die über seinen Schreibtisch laufen und die er treffen muß. Um ihn herum befinden sich die Institutionen des Präsidentenamtes: die aktiven Militärs, Militärs außer Dienst (die sehr wichtig sind), Geheimdienste und andere mit militärischen Fragen befaßte Einrichtungen, Regierungsmitglieder und ehemalige Regierungsmitglieder, die Einfluß auf das Weiße Haus haben, die bei der Gestaltung der Wirtschaftspolitik helfen können und die wissen, wie die Regierungsarbeit abläuft.

Ich fühle mich verpflichtet, die Politik zu formulieren, die der amtierende Präsident umsetzen sollte, um die nächsten beiden Jahre zu überstehen. Denn seine Tragödie wäre zugleich der Untergang der Nation. Wir müssen diese Nation retten, auch wenn der Präsident die Voraussetzungen, die ein Präsident haben sollte, nicht von sich aus mitbringt. Ich habe diese Voraussetzungen. Das bedeutet eine Verantwortung gegenüber dem Präsidenten, den Institutionen des Staates und dem Volk, der ich gerecht werden muß.

Wenn die Institutionen versagen

Die Lage, mit der wir heute konfrontiert sind, ist in der Geschichte nicht einmalig. Ähnliches gab es schon früher: in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, auf dem Weg in die Weltkrise von 1928-33, die im wesentlichen in Deutschland begann, und dann mit dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt in solchen Zeiten auf der ganzen Welt zu Krisen, in denen die vorherrschenden Meinungen scheitern. Die herkömmliche Weisheit versagt. Führungsinstitutionen, die an bestimmte Handlungsweisen gewöhnt sind, versagen. Die allgemein akzeptierten politischen Grundannahmen versagen. Und auf diese Weise geschehen Dinge, die nie hätten passieren dürfen.

Der Erste Weltkrieg: Sicherlich war es die britische Monarchie, vor allem der Prinz von Wales und spätere König Edward VII., die den Ersten Weltkrieg vorbereiteten, auf daß sich die Nationen des eurasischen Kontinents gegenseitig zerstörten und künftig keine Konkurrenz mehr für ihre weltweite imperiale Seemacht darstellten. Aber es hätte keinen Krieg gegeben, wenn der deutsche Kaiser, der österreichische Kaiser und der Zar sich nicht einer dümmer als der andere verhalten hätten, und wenn die französische Obrigkeit unter Clemenceau nicht ebenso kriminell gewesen wäre wie die britische. Es war ein Krieg, zu dem es niemals hätte kommen dürfen. Man hätte ihn verhindern können, aber man tat es nicht. Und der Ruin Europas als Resultat dieses Krieges ist bis zum heutigen Tage ungeheuer. Europa wurde durch den Ersten Weltkrieg stärker zerstört als durch den Zweiten. Eine gewaltige Dummheit! Und der Grund war, daß keine der beteiligten Regierungen und Staatsoberhäupter gewillt war, vernünftige Schlußfolgerungen zu ziehen.

1928-33: Es gab keinen Grund, warum es zu dieser Depression kommen mußte! Der Hauptschuldige war wahrscheinlich Präsident Wilson mit seinen verrückten und rassistischen Vorstellungen. Wilson organisierte vom Weißen Haus aus die Wiederbelebung des Ku-Klux-Klan als Massenbewegung! Die Politik von Versailles, die zur Großen Depression der späten 20er Jahre führte, hätte es nie geben dürfen. Aber keiner hat sie aufgehalten. Der Zweite Weltkrieg hätte nicht stattzufinden brauchen. Ich werde noch näher darauf eingehen, aber entscheidend ist: Kriege sind nicht unvermeidlich!

Ein Krieg im Irak ist nicht unvermeidlich. Nur wenn Feiglinge ihn zulassen und Narren in der Regierung es tun, wird es ihn geben. Es geht hier nicht nur um die Bombardierung des Irak, um den Irak als Kriegsschauplatz, sondern um den Irak als Auslöser eines Krieges, der ein weltweiter Krieg werden könnte. Es ist die gleiche Dummheit, die wir bei den beiden Kriegen und der Depression des letzten Jahrhunderts erlebt haben. Dem muß Einhalt geboten werden, und zwar sofort!

Wer behauptet, dieser Krieg sei aus diesem oder jenem Grunde notwendig, der weiß nicht, wovon er spricht. Dieser Krieg darf nicht stattfinden!

Es gibt viele Leute, insbesondere in der Demokratischen Partei, die sich um die Nation und die Partei verdient gemacht haben: im Senat, im Abgeordnetenhaus, unter den Gouverneuren, in den verschiedenen Parteiausschüssen und -gruppierungen. Ein republikanischer Senator, der sich gegen den Krieg ausgesprochen hat, vertritt die alten Republikaner aus dem Farmgürtel des Mittleren Westens; auch er ist so ein wertvoller Politiker. Aber keiner von diesen Leuten in der Demokratischen oder Republikanischen Partei ist bisher fähig oder willens, in den sauren Apfel zu beißen, was das eigentliche politische Problem betrifft. Sie lenken auf zweitrangige Probleme ab, sie geben sich mit kleinen Verbesserungen zufrieden, sie haben nicht den Mut, sich mit den eigentlichen Problemen zu beschäftigen, wie ich es hier tue. Also ist das meine Aufgabe.

Lassen Sie uns also in den nächsten beiden Jahren daran denken, wie wir diesen amtierenden Präsidenten, und gleichzeitig die Nation, vor den Dummheiten bewahren können, die er ohne guten Rat und Druck von der richtigen Seite womöglich beginge. Es muß uns ganz überparteilich darum gehen, einen desorientierten und unfähigen Präsidenten so zu beeinflussen und zu lenken, daß er ein erfolgreicher Präsident wird. Nicht, damit er wiedergewählt wird, sondern um die Nation zu retten. Dann werden wir schon eine geeignete Person finden, die ihn ablösen kann.

Unser Land steht heute da mit einem schwachen Präsidenten, mit zwei Parteien, die nicht richtig funktionieren und auf keine der Überlebensfragen der Nation angemessen reagieren können. Trotzdem müssen wir dieses Land sicher durch die nächsten beiden Jahre bringen. Wir sind in Gefahr, die ganze Welt ist in Gefahr. Das ist "die Lage der Nation".

Grundlage meiner Außenpolitik

Meine Außenpolitik für unsere nationale Sicherheit gründet auf bestimmten Prinzipien, die ich mir im Laufe meines Lebens durch Studien und auch durch tiefgehende persönliche Erfahrungen in Mittel- und Südamerika, in Europa, Teilen Asiens usw. angeeignet habe. Es ist eine lange Zeit, angefangen im wesentlichen mit dem Zweiten Weltkrieg, als ich während des Militärdienstes miterlebte, wie die Welt in Burma und Indien damals aussah, wodurch ich besser erkannte, wie die Welt als Ganzes aussieht. Tatsächlich hat sie sich gegenüber damals nur wenig verändert.

Gegenwärtig werden die Vereinigten Staaten von den meisten Nationen und Völkern der Welt verachtet. Diese Verachtung hat in den letzten beiden Jahren unter dieser Regierung schnell zugenommen. Es gab große Sympathien mit den USA wegen der Ereignisse in New York und Washington am 11.September 2001. Aber dieses Wohlwollen schwindet dahin, und zwar vor allem aufgrund der Wirtschaftskrise und des drohenden Krieges im Nahen Osten, so daß die Vereinigten Staaten nicht nur im "alten Europa", wie Herr Rumsfeld es nannte, sondern fast auf der ganzen Welt mit Abscheu betrachtet werden.

Die Vereinigten Staaten gelten heute als imperiale Macht. Die Nationen der Welt unterwerfen sich ihr, nicht weil es ihnen gefällt, sondern weil sie Angst vor ihr haben. Und sie hoffen, daß es wieder anders wird. Das ist die Einstellung zu den USA, die ich aus eigener Erfahrung aus Europa, Asien und anderen Orten kenne. Die Vereinigten Staaten sind heute die meistgehaßte Nation der Welt. Und das ist nicht gut für unsere nationale Sicherheit.

Aber die Vereinigten Staaten haben auch eine andere Seite. Wir sind eine einzigartige Nation, eine Ausnahmeerscheinung in der Geschichte: Wir sind die erste und einzige wahre Republik der Neuzeit.

Ende des 19.Jahrhunderts wurde das amerikanische Vorbild, das Amerikanische System der politischen Ökonomie, überall auf der Welt - insbesondere in Frankreich, Deutschland, Rußland und später in China und Japan - als das einzig wünschenswerte System übernommen (allerdings nicht vollständig).

Bismarck übernahm 1877 Friedrich Lists Variante des Amerikanischen Systems in seine Politik, nachdem dessen Erfolge in der Ausstellung zur Hundertjahrfeier der Unabhängigkeitserklärung zu sehen waren. Einer der größten Wissenschaftler der Welt, Dimitrij Mendelejew, besuchte die Hundertjahrfeier in Philadelphia und überzeugte nach seiner Rückkehr Zar Alexander II., die amerikanische Industrialisierungspolitik - vor allem ein transkontinentales Eisenbahnnetz - zu übernehmen. Japan als moderne Nation entstand unter dem Einfluß des führenden Ökonomen der damaligen Welt, der einen Mitarbeiter entsandte, um die Japaner zu lehren, wie man eine Industriegesellschaft aufbaut. Sun Yat-sen, der die Grundlage für das moderne China schuf, war ein Protegé der Vereinigten Staaten.

Das war die Ausstrahlung der Vereinigten Staaten. Für das, was wir unter Roosevelt taten - wenigstens bis zu jenem schrecklichen demokratischen Wahlparteitag im Sommer 1944 - , wurden wir geschätzt. Auch was wir für Europa mit dem Marshallplan taten - womit man Franklin Roosevelts Politik für den Wiederaufbau des kriegszerstörten, ruinierten Kontinents nach Europa brachte - , brachte uns Respekt und Sympathie ein.

Mein Einfluß stammt daher, daß führende Kreise in vielen Teilen der Welt erkennen, daß ich dieses Amerika repräsentiere - die USA, die rund um den Planeten hohes Ansehen genießen. Die meisten Nationen würden freudig reagieren, wenn ich heute im Weißen Haus säße. Wäre ich jetzt im Weißen Haus, dann könnte sich dieses Land plötzlich vor Freunden nicht mehr retten.

Der Wirtschaftskollaps

Ich werde über vier Elemente der Lage der Nation sprechen. Erstens die Ursachen und Natur der gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Zweitens die Wiederaufbaumaßnahmen, die sofort beginnen müssen. Drittens die weltweiten strategischen Konflikte, die sich mit dieser Wirtschaftskrise überlappen. Viertens einige notwendige Maßnahmen zur Korrektur einer fatal falschen Vorstellung von "Heimatverteidigung".

Zuerst also zur Wirtschaftskrise.

Wie ich schon sagte, befindet sich die Nation in wirtschaftlicher Auflösung, weil das Finanz- und Währungssystem an sein Endstadium gelangt ist. Das System ist am Ende, bankrott. Das jährliche Nettoprodukt der Weltwirtschaft wird gegenwärtig auf ca. 40 Billionen Dollar geschätzt. Wieviel Schulden gibt es auf der Welt? Wieviel kurzfristige Schulden, z.B. Derivate? Wieviele Immobilienblasen in den USA stehen kurz vor dem Platzen? Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren; nun verlieren sie ihr Haus, und der Marktwert der Immobilie beträgt vielleicht noch ein Drittel der Hypothek.

Von den 50 Bundesstaaten der USA erklären mindestens 46, sie seien praktisch zahlungsunfähig. Sie können zwar nicht im üblichen Sinne bankrott sein, weil ihr politischer Status als Bundesstaat sie vor manchem schützt, was mit einem bankrotten Privatunternehmen geschehen kann. Aber nach allen denkbaren Maßstäben sind sie im wesentlichen bankrott. Sie können ihren Haushalt nicht ausgleichen. Wenn sie ihre Ausgaben und Investitionsprogramme beschneiden, schrumpft ihr Einkommen, ihre Steuerbasis. Wenn sie versuchen, in einem einbrechenden Markt die Steuern zu erhöhen, macht das alles noch viel schlimmer. Keine der vorgeschlagenen Sparmaßnahmen kann hier helfen.

Deregulierung und Sparpolitik beenden

Das Problem ist folgendes. Unsere Verfassung sagt völlig richtig, daß die Regierung und das Volk der Vereinigten Staaten in der Regelung der Angelegenheiten auf ihrem Territorium völlig souverän sind. Deshalb lassen wir nicht zu, daß ein Bundesstaat oder irgendeine andere Stelle Schulden für die Vereinigten Staaten macht, das darf nur die Bundesregierung.

Es gibt mögliche und notwendige Programme, mit denen wir die Nation finanziell retten und beispielsweise Kaliforniens Probleme lösen können. Doch die Bundesstaaten allein können das nicht. Die Bundesgesetze verbieten einige der Maßnahmen, die sie ergreifen müßten. Und in einer bankrotten Wirtschaft, wie es die amerikanische heute ist, kann man den für solche Programme notwendigen Kredit nicht aus privaten Quellen aufbringen. Wir müssen im ganzen Land, in allen Bundesstaaten für mehr produktive Beschäftigung sorgen. Wir brauchen dazu Kredit, und dann kann es losgehen. Der wichtigste Bereich ist dabei die Infrastruktur.

Die Vereinigten Staaten müssen sich ändern. Wir müssen die Deregulierung beenden. Sonst werden wir scheitern. Das gilt für die ganze Welt, denn ohne unser Eingreifen hat die Welt keine Chance. Die USA sind gegenwärtig zwar keinen müden Heller wert. Aber säße ich jetzt als Präsident im Weißen Haus und lüde zu einer Konferenz der Nationen ein, so würden genug Länder sofort zusagen und sich innerhalb einer Woche versammeln, und wir könnten auf der Konferenz große Teile dieser Politik beschließen. Ich weiß das, denn ich kenne diese Regierungen.

Niedergang seit 1964

Woran liegt es, daß die Welt sich in solchen Schwierigkeiten befindet?

1964 begannen in den USA politische und kulturelle Veränderungen, die in diese Desintegration führten. Es fing an mit dem offiziellen Beginn des Krieges der USA in Indochina. Das hatte große psychologische und sonstige Auswirkungen auf die amerikanische Bevölkerung und auf die ganze Welt.

Gleichzeitig wurde in Großbritannien mit der ersten Regierung Harold Wilson ein gefährlicher Dummkopf an die Macht gebracht.

Insbesondere ab 1971 hatte das, was hier geschehen war, dann auch Auswirkungen auf den Rest der Welt. Wir zerstörten Westeuropa und Südamerika. Besonders schlimm war es für Afrika südlich der Sahara, das sog. Schwarzafrika. Was wir dort betreiben, läßt sich nur als Völkermord bezeichnen.

In den USA selbst verwandelte sich die Gesellschaft, die einmal die größte und mächtigste Produzentengesellschaft der Welt gewesen war - d.h. den größten Reichtum pro Kopf und Quadratkilometer auf der ganzen Erde produzierte - , in eine Verbrauchergesellschaft. Mit der Rock-Drogen-Sex-Gegenkultur änderten sich die Werte. Wir taten auch noch alles weitere, um die Industriegesellschaft zu zerstören: "Industrie ist schlecht, konsumieren ist gut!"

Wie ging das vor sich? Es war ähnlich wie beim Römischen Reich. Am Ende des Zweiten Punischen Krieges war Rom auf dem Wege, ein Imperium zu werden. Vorher stützte Rom seinen Reichtum und seine militärische Macht weitgehend auf die Produktivität der Menschen in Italien. Das änderte sich nun plötzlich und immer rascher, bis Rom im Zuge der Bürgerkriege und anderen Geschehnisse dann unter Augustus das Imperium gründete. Dieses Römische Reich war eine Verbrauchergesellschaft. Es stützte sich in Italien zunehmend auf Sklaven und versorgte die italienische Bevölkerung, indem es die unterworfenen Völker ausbeutete. Seine Macht erhielt es aufrecht, indem es tat, was Brzezinski, Bernard Lewis und Sam Huntington heute als "Kampf der Kulturen" gegen den Islam vorschlagen. Die Römer nannten es die "Limes-Politik": ein Kampf der Kulturen, bei dem permanent völkermörderische Kriege gegen die Nationen am Rande des Imperiums geführt wurden. Das ist es, was Huntington heute vorschlägt, was Bernard Lewis Kissinger und Brzezinski rät.

Wir ließen die Welt für uns arbeiten

So kamen die USA an den Punkt, an dem wir sagten, andere Länder sollten billig für uns produzieren - praktisch mit Sklavenarbeit. Wir ließen die ganze Welt für uns arbeiten. Wie? Wir manipulierten die Preise. Wir setzten den Wert der Währungen fest. Wir beuteten andere Länder aus, damit sie produzieren, was wir essen, was wir anziehen. Wo gibt es heute in Amerika noch eine Schuhfabrik oder Textilfabrik? Wieviele sind es noch? Wieviele Teile an dem Auto, das wir fahren, sind überhaupt noch in den USA hergestellt? Warum bekommen wir alles so billig?

Weil wir uns entschieden haben, ein Römisches Reich zu werden. Genauer gesagt, einige von uns entschieden es. Unser Volk sollte zu Parasiten werden, wie es Rom mit den Italienern machte. Und die übrige Welt würde ausgeplündert und mit Methoden militärischer Tyrannei beherrscht.

Diese Absicht gab es schon am Ende des Zweiten Weltkrieges. Einige Leute meinten, wir sollten die Nazis nachahmen. Dazu gehört etwa Samuel Huntington. In seinem Buch Der Soldat und der Staat, das von Harvard veröffentlicht wurde, fordert er die Schaffung einer Art internationaler Waffen-SS aus kaltblütigen Mördern, für die USA neuartige Streitkräfte, die den römischen Legionen ähneln. Zwischen Huntingtons Vorstellung vom neuen Militär, einer internationalen Waffen-SS, den römischen Legionen und der von ihm geforderten Politik eines Kriegs der Kulturen, angefangen mit dem Irak, besteht kein innerer Widerspruch.

Schauen wir uns an, was unter diesen Bedingungen mit den unteren 80 Prozent der Familieneinkommen in den USA geschehen ist (siehe Grafik 1). Das sind nur die offiziellen Zahlen, in Wirklichkeit ist es viel schlimmer.

Wir verwandelten uns in eine Gesellschaft von Parasiten. Wir zerstörten unsere Industrie, unsere Infrastruktur. Heute gibt es in den USA kein Eisenbahnnetz mehr. Wenn der Kongreß nicht innerhalb weniger Tage handelt, wird es Amtrak nicht mehr geben, der letzte Rest steht kurz vor dem Ende. Oder betrachten wir die Luftfahrt: United, die größte Fluglinie, ist bankrott, American Airlines in einem ähnlichen Zustand. Unter den gegenwärtigen Bedingungen wird das, was von United noch übrigblieb, in einen Preiskrieg gegen andere Fluglinien getrieben. Der ganze Luftverkehr steht kurz vor dem Ende.

Die Kunst der Wirtschaftsprognose

Grafik 2
In diesem Zusammenhang ist äußerst wichtig, was wirklich kompetente Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftsprognose ist, im Gegensatz zu den Billigversionen, die man gewöhnlich bekommt.

Betrachten wir zuerst die Typische Kollapsfunktion, die ich zum ersten Mal 1995 auf einer Konferenz im Vatikan über Fragen des Gesundheitswesens als pädagogisches Hilfsmittel benutzt habe. Die obere Kurve beschreibt die Entwicklung der Finanztitel im System. Die mittlere Kurve beschreibt die Entwicklung der Geldmenge, die aufgewendet werden muß, um das Wachstum der Finanztitel aufrecht zu erhalten. Die untere Kurve steht für die realwirtschaftliche Produktion der Wirtschaft, gemessen in physischen Werten pro Kopf und pro Flächeneinheit. Diese untere Kurve ist rückläufig (siehe Grafik 2).

Nach den Krisen von 1997-98 - die sog. Asienkrise, die russische GKO-Krise, die LTCM-Krise - verlegte man sich in Absprache mit dem Spekulanten und Drogenfreund George Soros auf die Politik, die manchmal als "eine Mauer aus Geld" bezeichnet wird: Um das System zu retten, werden Unmengen von Geld ausgegeben und in das System gepumpt. Das erreichte im Frühjahr-Sommer 2000 einen kritischen Punkt: Seitdem wächst die Geldmenge schneller an als die Summe der Finanztitel. Damit begann der Crash an den Finanzmärkten (siehe auch Grafik 3).

Wie gehe ich bei meinen Prognosen vor? Ich gehe nicht von einer zwingenden Beziehung zwischen Geldemission und realwirtschaftlichem Wert aus. Geld bestimmt nicht automatisch die Menge produzierten Reichtums. Am Geld erkennt man nicht, ob eine Wirtschaft gesund ist. Boomende Aktien- oder Wertpapierbörsen bedeuten nicht, daß die Volkswirtschaft gesund ist, sondern vielleicht bedeuten sie, daß die Wirtschaft gerade stirbt.

Der Punkt ist: In einer gesunden Volkswirtschaft werden die Geldpolitik und die Finanzgeschäfte von der Regierung und durch Konvention so reguliert, daß so etwas nicht passieren kann. Die Geldmenge sollte niemals schneller wachsen als die Produktion realer Werte. Man nennt das "Protektionismus" und "Regulierung". Um sicherzustellen, daß das Finanzsystem keine Krebsgeschwulst wird und der Geldumlauf immer innerhalb der Grenzen der physischen Wirklichkeit bleibt. D.h. wenn die Bilanzen zeigen sollen, daß eine Volkswirtschaft Wachstum und Gewinn erwirtschaftet, dann muß man belegen können, daß es durch physische Verbesserungen dazu gekommen ist.

Um eine Volkswirtschaft zu definieren, wie ich es tue, fängt man mit den physischen Dingen an. Eine moderne Volkswirtschaft hat zwei Hauptbereiche. Der eine, etwa eine Hälfte, ist die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur wie Verkehr, Wasserwirtschaft, Energieerzeugung und -verteilung, Gesundheits- und Erziehungswesen, Stadtentwicklung u.a.. Das zusammengenommen sind die Rahmenbedingungen, damit der andere, private Sektor gedeihen kann.

In unserem System gibt es Überschneidungen zwischen privatem und öffentlichem Sektor. Auf nationaler, meist aber auf bundesstaatlicher Ebene gründen wir öffentliche Versorgungsbetriebe. Sie sind reguliert, und wir gestatten den Menschen, in diese Betriebe zu investieren, damit sie einen sicheren Ort für ihre Ersparnisse, Rentenbeiträge usw. haben.

Otto Normalverbraucher soll sich darauf verlassen können, daß das von ihm eingezahlte Geld relativ sicher ist. Er wird nicht viel verlieren, und wahrscheinlich macht er einen kleinen Gewinn. Das ist der Rat vor allem an diejenigen, die relativ wenig verdienen: Legt Euer Geld an, wo es sicher ist. Versucht nicht, schnell reich zu werden!

Eine gute Gesellschaft bietet für die Verwendung des angesammelten Reichtums den Menschen sichere Anlagemöglichkeiten.

Im allgemeinen sind das öffentliche Versorgungsbetriebe, Energieversorger, Nah- und Fernverkehr, großangelegte Wasserwirtschaft, Erziehungswesen usw. Man legt sein Geld dort an, wo die Regierung es schützt. Das gleiche gilt für Investitionen in die Privatwirtschaft. Die Regierung sollte über ihre Steuer- und Kreditpolitik Investitionen in diejenigen Bereiche der Privatwirtschaft lenken, die für die Gesellschaft sinnvoll sind. Investitionen in diese Bereiche sollten mehr Gewinn bringen als andere.

Aber von dieser Politik haben wir uns weit entfernt.

Was den Menschen vom Tier unterscheidet

Wenden wir uns einem anderen Aspekt zu. Betrachten wir die Beziehung zwischen Erde und Sonne. Ich meine die Entdeckung, die Johannes Kepler, einer der größten Mathematiker und Physiker der Neuzeit, zu Beginn des 17.Jahrhunderts machte. Schon die alten Griechen wußten, daß in unserem Sonnensystem die Planeten um die Sonne kreisen. Im antiken Griechenland - der Zeit von Thales von Milet, seinem Schüler Pythagoras, dessen Schüler Archytas aus Tarent, von Platon bis hin zu Eratosthenes und Archimedes - hatte in der Mathematik die Methode der konstruktiven Geometrie Vorrang vor der Algebra. Sie kannten zwar nicht alle Zusammenhänge im Sonnensystem, aber sie wußten, daß die Erde um die Sonne kreist.

Dann begann die Weltherrschaft der Römer, etwa ab der Zeit, als Eratosthenes starb und die Römer während der Eroberung von Syrakus (212 v.Chr.) Archimedes ermordeten. Man ging ab vom klassischen griechischen Denken, es kam römisches Denken. Typisch für diese neue Denkweise war der riesige Schwindel eines gewissen Claudius Ptolemäus im 3.Jahrhundert n.Chr., der das Werk des Aristarch völlig umkrempelte und das sog. aristotelische oder ptolemäische Weltbild entwickelte.

Später, im 16.Jahrhundert, ahmte Kopernikus gewissermaßen Aristarchs Werk nach, begriff aber dabei nicht wirklich, um was es ging, weil er sich der gleichen aristotelisch-euklidischen Methodik bediente wie Ptolemäus.

Dann mischte sich auch der große Astronom Tycho Brahe in die Sache ein, fand aber eine falsche Antwort. Erst Kepler fand die richtige. Es geht uns dabei darum, zu veranschaulichen, was ein Prinzip ist: ein Prinzip in der Physik und auch ein Prinzip in der Wirtschaftswissenschaft.

Kepler entdeckte erstens, daß die Erde nicht kreisförmig um die Sonne läuft, sondern elliptisch. Zweitens entdeckte er, daß die Geschwindigkeit der Erde auf dieser Umlaufbahn, die abgesehen von gewissen langfristigen Veränderungen jedes Jahr gleich ist, immer ungleichmäßig ist. Deshalb ist jede statistische Interpretation falsch. Im Zweiten Keplerschen Gesetz beschreibt er, daß die Verbindungslinie von der Sonne zur Erde in gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreicht (siehe Grafik 4).

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse erklärte Kepler, Aristoteles und Euklid hätten sich geirrt. Es gebe eine unsichtbare Kraft im Universum, die Schwerkraft, und das sei die Hand Gottes, die bestimmt, wie das Universum funktioniert. Das ist ein Beispiel für universelle physikalische Prinzipien: Man kann es weder sehen noch schmecken noch berühren oder in eine Schachtel stecken, aber dennoch existiert es, und man kann seine Existenz und Wirkung nachweisen.

Im Gegensatz zum Tier verfügt der Mensch über die besondere Fähigkeit, universelle Prinzipien zu entdecken und durch ihre Anwendung die Existenzfähigkeit der menschlichen Gattung zu vergrößern und ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Wären die Menschen bloß Affen, Menschenaffen oder ihnen vergleichbare Wesen, dann könnten unter den Bedingungen, die auf diesem Planeten in den letzten zwei Millionen Jahren herrschten, nur ein paar Millionen Menschen auf dem Planeten zur gleichen Zeit überleben. Heute leben auf der Erde aber mehr als sechs Milliarden Menschen. Wie ist das möglich? Weil der Mensch eine Fähigkeit hat, die ihn grundsätzlich von allen Tieren unterscheidet - und auf der jede kompetente Wirtschaftswissenschaft beruhen muß - : die Fähigkeit, universelle physikalische Prinzipien zu erkennen, diese Entdeckung weiterzuvermitteln und anzuwenden. Das ist es, was es der Menschheit ermöglichte, ihre Herrschaft über die Erde pro Kopf und pro Flächeneinheit zu erhöhen. Auf diese Weise ist Bevölkerungswachstum möglich.

Nur so kann man wirklichen Profit, physischen Profit erzeugen: durch die Entdeckung und individuelle wie gesellschaftliche Anwendung von Prozessen, die der Menschheit die Steigerung ihrer physischen Macht im und über das Universum ermöglichen.

Bedeutung der Infrastruktur

Deshalb müssen wir, wenn wir den Erfolg einer Volkswirtschaft messen wollen, zuerst den physischen In- und Output messen und dies in Beziehung zur Gesamtbevölkerung, pro Kopf und pro Flächeneinheit der Landfläche setzen. Das ist Wirtschaftswissenschaft, die "Wissenschaft der physischen Wirtschaft", die Leibniz zwischen 1671 und 1716 entwickelte.

Man muß also Finanz- und Währungssysteme so strukturieren und regulieren, daß sichergestellt ist, daß sie sich an realen physischen Werten statt an Finanzwerten orientieren.

So mache ich meine Prognosen: Ich konzentriere mich auf die physischen Werte, vor allem auf Wachstum durch Entdeckung und Anwendung universeller physikalischer Prinzipien. Die Hauptaufgabe der Wirtschaft ist daher die Förderung eines wachsenden Kapitals in Form der für die Menschheit nützlichen Anwendung und Entdeckung solcher Prinzipien.

Wir aber wandelten uns von einer Produzentengesellschaft zu einer Verbrauchergesellschaft. Wir ließen unsere Infrastruktur verkommen. Das HMO-Gesetz von 1973 ruinierte das Gesundheitswesen. Alles, was uns produktiv machte, haben wir abgeschafft. Wir zerstörten die physische Grundlage für den Erhalt der Bevölkerung.

Die meisten Ökonomen haben das Problem, daß sie die Dinge in Begriffen von Finanzsystemen beurteilen wollen. Sie wollen nicht wie Physiker denken, sondern wie Buchhalter. Dashalb sind ihre Vorhersagen der letzten 30-40 Jahre falsch. Solange sie an das glauben, was sie als Wirtschaftswissenschaft lehren, sind sie zum Irrtum verurteilt.

Unser Ziel muß sein, die Macht der Menschheit pro Kopf und pro Flächeneinheit zu vergrößern. Das bedeutet, daß wir beispielsweise fördern müssen, daß Entdeckungen universeller physikalischer Prinzipien an unseren Schulen nachvollzogen werden. Statt Formeln oder Prozeduren auswendigzulernen, sollen die Kinder im eigenen Geist die Entdeckung des Prinzips nachvollziehen. Sie müssen ihre Fähigkeit zur Entdeckung und damit auch Anwendung universeller Prinzipien üben.

Um die Macht der Menschen über das Universum zu vergrößern, müssen wir sie längere Zeit ausbilden. Früher ging es bis zum 15. bis 16. Lebensjahr, jetzt sollten es 20 bis 25 Jahre sein. Wir müssen länger für sie sorgen, wir investieren also Kapital in sie. Bis aus dem jungen Menschen ein arbeitsfähiger Universitätsabsolvent geworden ist, muß die Gesellschaft etwa 25 Jahre lang in ihn investieren. Wenn man weise investiert, ihn richtig erzieht und ausbildet und danach entsprechende Arbeitsmöglichkeiten bietet, wird dies den Reichtum einer Gesellschaft vergrößern.

Wenn man aber umgekehrt das Gesundheitswesen durch immer größere Kürzungen zerstört und wenn man die Erziehung zerstört, indem man die Kinder nur für Prüfungen lernen läßt und ihnen eintrichtert, es gebe keine universellen Wahrheiten oder Ideen, sondern nur Meinungen, dann zerstört man eine Gesellschaft.

Die Infrastruktur bricht zusammen. Die Leute sagen, wir müssen den Haushalt ausgleichen: Sie erkennen nicht, daß das System schon bankrott ist und daß sie es nur weiter in den Bankrott treiben. Wir müssen damit aufhören und die Politik, die in den vergangenen 35 Jahren vorherrschte, grundsätzlich revidieren.

Es gibt Lösungen. Auf einer Geheimtagung der Friedrich-List-Gesellschaft in Berlin 1931 erklärten verschiedene deutsche Ökonomen, warum Sparpolitik verrückt ist. Die Politik der Bundesregierung und der Bundesstaaten in Amerika heute ist verrückt. Die Gesellschaft versucht sich durch Kannibalismus am Leben zu erhalten.

Wir müssen die Beschäftigung steigern. Der Staat ist nicht dazu da, durch Einsparen den Haushalt auszugleichen, sondern es ist seine Aufgabe, die Arbeitslosen, Unterbeschäftigten oder falsch Beschäftigten in Vorhaben von nationalem Interesse, insbesondere Infrastrukturprojekten, zu beschäftigen und dadurch die Wirtschaft so weit aufzubauen, daß das Einkommen der Bevölkerung einen ausgeglichenen Haushalt ermöglicht. Die Regierung muß dieses Einkommen so weit steigern, daß das Steuereinkommen ausreicht, um die Volkswirtschaft in ein Gleichgewicht zu bringen.

Wären 1931 die Vorschläge von Lautenbach und Wladimir Woytinsky umgesetzt worden, wäre Hitler niemals an die Macht gekommen. Franklin D. Roosevelt setzte später genau dieses Programm um und rettete damit Amerika.

Wirtschaftspolitik für die USA

Dabei sind einige gesetzgeberische Aspekte zu berücksichtigen. Wir brauchen die von mir vorgeschlagene "Super-TVA" für lebenswichtige Infrastrukturvorhaben, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Wir müssen unser Eisenbahnnetz wieder aufbauen. Wir brauchen wieder großangelegte Verkehrssysteme, die die Ost- und Westküste miteinander verbinden. China hat die modernste Bahn der Welt, die kurze Magnetbahnstrecke von Shanghai zum neuen Flughafen der Stadt. Sie wurde in nur zwei Jahren gebaut, obwohl sie teilweise durch sehr schwieriges Gelände führt. Man erreicht dort Spitzengeschwindigkeiten von 431 km/h. Dabei ist die Fahrt so ruhig, daß nicht einmal die Blumen in dem Abteil mit dem deutschen Bundeskanzler und dem chinesischen Ministerpräsidenten ins Schwanken kamen.

China reagiert auf den Zusammenbruch der Weltwirtschaft mit großen Infrastrukturbauten, als Ersatz für den Wegfall der Einnahmen aus den Exporten in die USA. 40-50% dieser Exporteinnahmen werden verschwinden. Das hat China realistisch erkannt und sich dafür entschieden, die Wirtschaft durch Verbesserungen im Inland zu stimulieren. Und es ist damit ziemlich erfolgreich.

Ein anderes Großprojekt gibt es am Brahmaputra, einem der größten Ströme der Welt, der in Tibet entspringt und über Indien und Bangladesch in den Golf von Bengalen mündet. Dort plant man eines der größten Wasser- und Wasserkraftprojekte der Welt.

So etwas brauchen wir auch in den USA. Vom nördlichen Eismeer bis zu den wasserreichen Gebieten Südmexikos erstrecken sich die großen amerikanischen Wüsten. Wasser, das heute in das nördliche Eismeer fließt, sollte nach Süden in die Trockengebiete in den USA und Mexiko geleitet werden. Mexiko hat einen Wasserüberschuß in den gebirgigen südlichen Regionen, die für Wasserkraft gut geeignet sind. Dieses Wasser könnte man an der Küste entlang bis nach Sonora bringen, wo es der Landwirtschaft dienen kann. Wenn wir diese beiden Wasservorhaben vom Eismeer nach Süden und durch Mexiko nach Norden bauen und das z.B. mit einer Bahnlinie von El Paso in Texas nach Mexiko-Stadt verbinden, dann hätten wir die ganzen USA verändert.

Allein die sinkenden Grundwasserstände in Kalifornien und dem Südwesten der USA machen deutlich, daß wir dringend große Wasserprojekte brauchen.

Es fehlt auch ein angemessenes Verkehrssystem, denn unsere Eisenbahnen und Fluglinien sind entweder stillgelegt oder gefährdet.

Wir brauchen Strom - teilweise wegen Enron. Wir brauchen eine großangelegte, integrierte und nicht deregulierte Energieerzeugung und -verteilung, die sich an den regionalen Verteilersystemen und Erfordernissen orientiert. Wir reden über Investitionen in Milliardenhöhe.

Unser Gesundheitssystem bricht zusammen. In dem Fall liegt die Lösung auf der Hand: Die HMO-Gesetzgebung wird aufgehoben. Wir müssen zur Politik der "Hill-Burton"-Gesetze zurückkehren. Das hat funktioniert. Das Ziel muß sein, in jedem Landkreis Amerikas die Einrichtungen des Gesundheitswesens auf einem so hohen Stand zu halten, daß in Zusammenarbeit zwischen staatlichen, halbstaatlichen und privaten Institutionen jeder Bürger optimal versorgt werden kann. Jeder, dem etwas zustößt, wird umgehend versorgt. Die Bezahlung klären wir später. So hat es funktioniert, und es war letztlich billiger als das heutige System!

Auch bei der Stadtentwicklung und -planung brauchen wir eine neue Politik. Beim traditionellen Städtebau ist das Ziel, Wohnen, öffentliche Dienstleistungen und Arbeitsplätze eng miteinander zu verbinden. Das muß wieder die Orientierung sein. Wir brauchen ein Stadtentwicklungs- und Wiederaufbauprogramm für die Teile Amerikas, die heute verfallen.

Wir brauchen Programme, die nationale Aufgaben sind. Ein Beispiel war das Raumfahrtprogramm: Die USA haben Geld damit verdient! Besser als Gewinn aus Immobilienspekulation, oder? Wie haben wir das gemacht? Als Kennedy dem Programm einen Riesenschwung gab, nahmen wir die schon vorhandenen Weltraumprogramme und gaben ihnen eine klare Aufgabe: Wir wollen einen Menschen auf den Mond schicken! Und wir brachten einen Menschen auf den Mond! Und der Nutzen und Gewinn durch die Verbesserungen und Anwendung der neu entwickelten Technik in der Wirtschaft war ein Mehrfaches von dem, was das Programm selbst kostete.

Wir brauchen Programme als Motor zur Entwicklung neuer Technologien. Das sind keine Prestigeprojekte. Wenn wir auf diese Weise gezielt in die Forschung investieren, werden Technologien entwickelt, die wir in anderen Bereichen der Wirtschaft nutzen können, was die Produktivität und den Wohlstand erhöht. Das schwebte mir vor, als ich vorschlug, was Reagan dann "SDI" nannte.

Wir brauchen Steuerentlastungen für Investitionen des Privatsektors. Der öffentliche Sektor muß Kredit bereitstellen. Aber wenn wir durch öffentliche Stimulierungsmaßnahmen das Einkommen des Privatsektors vergrößern, müssen wir dafür sorgen, daß Geld aus dem Privatsektor in Projekte von nationaler Bedeutung zurückfließt. Dazu eignen sich Steuererleichterungen bei Investitionen, wie sie Kennedy Anfang der 60er Jahre einführte.

Dafür ist nur eine grundlegende konzeptionelle Veränderung nötig, und dies hängt mit der schon angesprochenen Frage des Wesens der Vereinigten Staaten zusammen.

Als die USA im 18. Jahrhundert entstanden, gab es in Europa im wesentlichen zwei konkurrierende Mächte: auf der einen Seite die oligarchischen Interessen um die Habsburger - in Spanien, das schon sehr schwach war, Österreich-Ungarn usw. - und andererseits im Norden eine sozusagen neovenezianische Oligarchie in den Niederlanden und später in England. Das war das sog. anglo-holländische liberale System, das mit der Philosophie von Thomas Hobbes, John Locke, David Hume und Adam Smith verbunden ist.

In diesem System, das für das heutige parlamentarische System in Europa typisch ist, gibt es eine Kraft, die außerhalb der Regierungen steht: die sog. "unabhängigen Zentralbanken". Ein unabhängiges Zentralbanksystem ist eine Kombination von Finanzinteressen, die über das Finanzsystem die Regierungen und vieles mehr herrschen. Deshalb ist keine europäische Regierung in ihren Entscheidungen wirklich frei, sie sind alle Gefangene dieses sog. unabhängigen Zentralbanksystems.

Wir müssen diesen Zustand beenden und zu den ursprünglichen Zielen der USA zurückkehren. Die Vereinigten Staaten wurden auf der Grundlage der Präambel der Verfassung gegründet. Diese Präambel ist das oberste Verfassungsrecht, die anderen Teile der Verfassung sind ihr untergeordnet. Jeder Verfassungszusatz muß im Lichte der Präambel beurteilt werden.

Die Präambel enthält drei Kernprinzipien. Erstens das Gemeinwohl: Die Regierung besitzt nur in dem Maße Legitimität, wie sie offiziell das Gemeinwohl der Bevölkerung fördert. Zweitens ist die Regierung souverän, keine andere Stelle hat irgendwelche Autorität in der Nation; auch keine unabhängige Zentralbank. Drittens ist die Regierung nicht nur für die existierende, sondern auch für die zukünftige Bevölkerung verantwortlich, die Generationen der Kinder, Enkel, Urenkel. Hier liegt die große Verantwortung der Regierung.

Diese drei Prinzipien müssen wieder zur Geltung kommen.

Internationaler Wiederaufbau

Das Entwicklungsprogramm der Eurasischen Landbrücke ist der wichtigste Faktor in der gegenwärtigen Geschichte. Der Ausgangspunkt ist das Konzept des Produktiven Dreiecks Paris-Berlin-Wien. Diese Entwicklungsperspektive besteht darin, durch Eurasien Korridore zu bauen, die nicht nur als Verkehrskorridore dienen, sondern als Kombination aus Verkehrswegen, Wasserstraßen, Kraftwerken, Energie- und Kommunikationsleitungen, die eine Entwicklung städtischer Zentren entlang dieser Route fördern. Durch diesen produktiven Prozeß würde der Atlantik mit dem Pazifik verbunden, so daß es günstiger wird, Güter und Personen auf der Schiene durch Asien zu befördern als auf dem Seeweg. Es wäre eine grundlegend neue geographische Orientierung für den Planeten. Dies wird dann durch eine Bahnverbindung über die Beringstraße bis zur Südspitze Amerikas erweitert.

Ein Teil davon ist schon Wirklichkeit. Im Zusammenhang mit der russischen Krise 1998 schlug ich vor, daß die USA eine Kooperation von Rußland, China und Indien als Strategisches Dreieck unterstützen. Die Idee war, daß diese drei großen und mächtigen, wenn auch kulturell verschiedenen Nationen zusammenarbeiten und sich auf ein gemeinsames Interesse an der eurasischen Entwicklung verständigen; dann könnte sich ein Block für Sicherheit und Zusammenarbeit in Eurasien herausbilden. Europa könnte sich daran als Handelspartner beteiligen. Allein in China und Indien leben mehr als zwei Milliarden Menschen. In Asien liegen die größten Wachstumspotentiale und der größte Markt für Europa.

Ein solches stabiles System ist im Interesse der USA. Wenn wir uns dann Nord- und Südamerika aufbauen, können wir auch das Problem in Afrika lösen und dort Gerechtigkeit schaffen.

Oder nehmen wir Korea: Worin besteht die strategische Bedeutung Koreas? Wenn man die Eisenbahn Nord- und Südkoreas verbindet und modernisiert, bekommt man zwei Verbindungen von Pusan, der Südspitze Koreas, nach Rotterdam - die sibirische Route und die sog. Seidenstraße - , und das ist auch für Japan hochinteressant.

Ob man eine Regierung mag oder nicht, ist dabei unwichtig. Entscheidend sind die langfristigen Aufgaben und die gewünschten Auswirkungen auf die kommenden Generationen. Man muß die Dinge aus der langfristigen strategischen Perspektive sehen.

Es liegt im vitalen Interesse der USA, daß Nord- und Südkorea zusammenarbeiten und sich annähern, wenn schon nicht gleich wiedervereinigen. Alles, was diese Perspektive bedroht, ist schädlich. Es ist kein Grund, Krieg zu führen.

In Afrika stehen wir vor besonderen Problemen. 1974 veröffentlichte Henry Kissinger über den Nationalen Sicherheitsrat das National Security Study Memorandum 200. Darin heißt es, die Rohstoffe Südamerikas, Afrikas und anderer Regionen sollten der zukünftigen Nutzung durch die USA vorbehalten bleiben. Man müsse verhindern, daß die Menschen in diesen Ländern die Rohstoffe selbst verbrauchen. Dazu müsse man sie in Armut und Rückständigkeit halten.

Und man müsse die Bevölkerungszahl dieser Länder senken, damit sie nicht die Rohstoffe verbrauchen. Diese Politik ist nicht Kissingers eigene Idee, aber er drückt sie hier deutlich aus. Auch Zbigniew Brzezinski verfolgt sie in Global 2000 und Global Futures. Diese Politik ist bewußter Völkermord im südlichen Afrika! Und sie wird seit dieser Zeit von den USA betrieben. Man nennt das "Bevölkerungspolitik". Es soll dort keinen technischen Fortschritt und keine Entwicklung geben, es sei denn zu militärischen Zwecken aus geopolitischen Motiven.

Die "Schuldenbombe" in Südamerika

Was nun den amerikanischen Kontinent angeht, hatte ich 1982 einen wichtigen Vorschlag unterbreitet. Damals erreichten die Auswirkungen der wirtschaftlichen Ausplünderung dieser Länder seit 1971 einen kritischen Punkt.

Die Londoner City und die USA hatten die Länder Süd- und Mittelamerikas (und andere) in die Schuldenfalle gelockt. Das funktionierte so. Auf den Londoner Finanzmärkten wurde gegen eine bestimmte Währung spekuliert, die dann weltweit an Wert verlor. Dann überredete man das Land: "Eure Probleme können gelöst werden. Wendet euch an den IWF und die Weltbank." IWF und Weltbank schlugen dann eine gravierende Abwertung der Landeswährung vor. Dazu mußte das Land neue Kredite aufnehmen, um die Gläubiger für die Abwertung zu entschädigen.

Wenn man die Kredite dieser Länder seit 1971 mit dem vergleicht, was sie im Laufe der Jahre bezahlt haben, sind sie eigentlich keinen Cent mehr schuldig. Sie haben schon das Mehrfache der Kredite zurückgezahlt (siehe Grafik 5). Heute wollen IWF und Weltbank aus Argentinien, Brasilien und anderen Ländern Zahlungen aufgrund dieser künstlichen Verschuldung herauspressen und die Länder zerstören.

1982 traf ich den mexikanischen Präsidenten. Er fragte mich: "Was wollen diese Leute" - er meinte die USA - "mit meinem Land machen?" Ich antwortete, sie wollen es zerstören. Spätestens im September werde man von New York aus versuchen, sein Land in eine größere Krise zu stürzen. Tatsächlich kam sie schon im August.

Ich schrieb ein Memorandum zur Lage in Mittel- und Südamerika mit dem Titel Operation Juarez. Der Titel war eine Anspielung an die Beziehungen zwischen Abraham Lincoln und Benito Juarez im Zusammenhang mit der Befreiung des Landes von der habsburgischen Herrschaft. Ich schlug darin vor, die Schulden zu reorganisieren und eine neue regionale Institution aufzubauen, die die Zusammenarbeit zwischen diesen Ländern regeln sollte. Diese Konzepte sind heute immer noch richtig.

Was geschieht, wenn wir das nicht tun, sondern wie etwa IWF und Weltbank in Argentinien darauf bestehen, die Schulden immer weiter einzutreiben? Es wird ähnlich sein wie im 14.Jahrhundert in Europa. Nach 1330 erklärte England ein Moratorium auf seine Schulden gegenüber den lombardischen Banken, vor allem dem Bankhaus Bardi. Die lombardischen Banken mit Venedig als Zentrum waren die größte Finanzmacht Europas. Die rücksichtslose Schuldeneintreibung führte in Europa zu einem Bevölkerungsrückgang um ein Drittel. Die Hälfte aller Orte verschwand, wurde ausgelöscht. Einen solchen Völkermord fordert der IWF heute in Argentinien und anderen Ländern. Wir dürfen niemals Menschen töten, nur weil es die Bankiers so wollen.

Die Militärfrage: strategische Verteidigung

Beschäftigen wir uns nun mit der Militärfrage. Seien wir ganz offen.

Die Politik der Vereinigten Staaten sollte auf Lazare Carnots Konzept der strategischen Verteidigung beruhen, und tatsächlich tat sie das auch zeitweise. Carnot war ein militärisches Genie, ein Ingenieur und Wissenschaftler, eine Schlüsselfigur der Ecole Polytechnique. Als Frankreich 1792 von praktisch allen europäischen Mächten angegriffen wurde und jedermann in Paris längst davon ausging, daß Frankreich in viele Teile aufgespalten würde, übertrug man ihm die undankbare Position des Verteidigungsministers. Bis 1794 besiegte er alle Feinde und baute die stärkste Militärmaschine auf dem Festland auf. Anschließend entledigte man sich seiner. Aber er blieb weiter aktiv.

Carnot entwickelte systematisch das Konzept der strategischen Abwehr. Er gründete es auf seine Beschäftigung mit dem berühmten französischen Militäringenieur Vauban. Vor einigen Jahren hatte ich die Gelegenheit, gegenüber von Breisach auf der französischen Rheinseite eine kleine Stadt zu besuchen, die Vauban Anfang des 18.Jahrhunderts befestigte. Angesichts der damaligen Artillerie ist es eine sehr eindrucksvolle Konstruktion. Eine weitere dieser befestigten Städte, Velfours, die im Französisch-Preußischen Krieg wichtig war, war der Grund dafür, daß Österreich-Ungarn es nie gewagt hat, diesen Teil Frankreichs anzugreifen; die Befestigungsanlagen waren einfach zu wirkungsvoll.

Daraus wurde das allgemeine Konzept der strategischen Verteidigung entwickelt.

Ein junger Mann, der an der vom Grafen Schaumburg-Lippe gegründeten Militärschule studierte, hat das Konzept noch erweitert. Der Lehrplan der Schule stammte von dem berühmten Moses Mendelssohn, und daraus ging der berühmte Gerhard Scharnhorst hervor, einer der größten Befehlshaber und Militärdenker der damaligen Zeit. Die deutsche Verteidigung stüzte sich auf das Prinzip ausgebildeter Reservisten in der Bevölkerung, die im Ernstfall eingezogen würden. Mein Freund, der Kongreßabgeordnete Rangel, würde dem gewiß zustimmen.

Die gleichen Lehren zog auch General Creighton Abrams aus dem Vietnamkrieg. Kämpfende Militäreinheiten sollten nur das Gerippe sein, das mit Reservisten aufgefüllt wird. Für einen Krieg müßte man die ausgebildeten Reservisten einberufen, die diese zugewiesenen Plätze in den Kampfeinheiten ausfüllen. Deswegen sollte man auch keinen Krieg führen, wenn die Bevölkerung nicht dazu bereit ist. Gegen diesen Grundsatz haben wir in Vietnam verstoßen.

Es gibt heute drei verschiedene Vorstellungen eines globalen Konflikts. Die erste ist die schlimmste. Sie stammt von den Kreisen um H.G. Wells und Bertrand Russell, die in Atomwaffen den Weg zur Weltregierung sehen. Das war Russells Ziel, und deshalb wurden die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen, obwohl General MacArthur den Krieg bereits gewonnen hatte. Es bestand für die USA nie die Notwendigkeit, Japan zu besetzen. Daß diese Bomben Millionen von Menschenleben retteten, ist ein Märchen.

Es ist ein klassisches Prinzip, das z.B. Machiavelli im 16. Jahrhundert lehrte: Man verfolgt einen bereits geschlagenen Feind nicht bis in seinen Schlupfwinkel, denn das könnte einen neuen Krieg auslösen. Man wartet, bis er kapituliert.

Denn das Ziel des Krieges ist nicht Krieg, sondern Frieden - wenn man ihn auf keinem anderen Weg erreichen kann. Die Grundidee der strategischen Abwehr ist eine Friedenspolitik, die darauf abzielt, für alle Nationen akzeptable friedliche Beziehungen herzustellen. Kämpfen soll man nur, um sicherzustellen, daß dies nicht in Gefahr gerät, sonst nicht.

Aber diese Leute sagen, sie wollen ein neues Römisches Reich begründen. Mit Nuklearwaffen werde man die Nationen so terrorisieren, daß sie eine Weltregierung akzeptieren. Diese Politik wird ganz besonders von Brzezinski und den Leuten um Marc Rich in der Demokratischen und Republikanischen Partei vertreten. Das ist die Gruppierung, die "Krieg sofort" will.

Die zweite Fraktion ist die alte britische Politik des liberalen Imperialismus, die z.B. Michael Ignatieff in der Washington Post oder der Blair-Berater Cooper vertritt.

Das dritte Modell, das ich vertrete, würde ich die Politik der Prinzipiengemeinschaft nennen. Das ist traditionelles amerikanisches Denken, das zuerst von US-Außenminister John Quincy Adams im Zusammenhang mit der sog. Monroe-Doktrin formuliert wurde.

In einem Schreiben an Präsident Monroe schlug Adams damals vor, es müsse das Ziel der USA sein, die üblen europäischen Kolonialisten so weit wie möglich aus der Hemisphäre herauszuhalten.

Zu der Zeit hatten die USA noch nicht die Macht dazu. Aber das sollte unsere Politik sein.

Wo immer wir können, sollten wir das Recht der souveränen Republiken der Amerikas auf Unabhängigkeit verteidigen und eine Prinzipiengemeinschaft souveräner nationaler Republiken errichten.

Kein Grund für Krieg

Nach meiner Einschätzung gibt es derzeit keinen Grund für die Vereinigten Staaten, an irgendeinem Ort der Erde einen Krieg zu planen. Es gibt keine Situation, die wir nicht - teils mit Unterstützung anderer Länder - ohne Krieg unter Kontrolle bringen könnten. Es gibt heute keine Notwendigkeit für einen Krieg.

Die Weltfinanzkrise, die Ausbreitung von Seuchen usw. zeigen uns, daß wir einen Zustand erreicht haben, in dem unser Planet nur ein gemeinsames Interesse hat. Aber damit das Volk im allgemeinen Interesse an der Regierung mitwirkt, muß man die Kultur einer Nation ansprechen. Man muß die Menschen in ihrer Kultur packen, um sie an der Formulierung der Politik zu beteiligen.

Warten Sie nicht darauf, daß aus dem Volk von selbst die richtige Politik kommt. Die Menschen sind auch heute noch sehr rückständig, sie kümmern sich nur um ihre kleinen Sorgen und kaum um die großen Belange. Es gibt nicht viele Jeanne d'Arcs, die notfalls bereit wären, für ein Prinzip ihr Leben einzusetzen, und nicht viele Präsidenten, die dafür eine Amtsenthebung riskieren würden.

Aber da sind Menschen, die verzweifelt sind und Führung brauchen. Sie werden sich an diejenigen halten, die das besitzen, was Schiller das "Erhabene" nannte, die Entschlossenheit und ein Verständnis für Unsterblichkeit haben.

Das Problem mit Politikern wie der amtierenden Nr.43 ist ganz einfach. Seine Sorge gilt der nächsten Wahl. Darum sollte er sich aber keine Gedanken machen.

Er sollte daran denken, daß auch er einmal sterben wird. Er behauptet ja, daß er Christ sei, wahrscheinlich ein fundamentalistischer. Dabei ist er aber fundamental auf dem Holzweg. Denn nach allem, was wir über Moral und das Wesen des Menschen wissen, sollten wir mit unserem Leben umgehen, wie es das Gleichnis von den Talenten in der Bibel sagt. Das Leben ist ein Talent, das jedem gegeben wurde. Wenn wir sterben, werden wir es wieder verlieren. Wichtig ist: Wie benutzen wir es? Was wird dadurch bewirkt?

Das ist das Verständnis der Unsterblichkeit. Wenn man weiß, daß man sein Talent, sein Leben verwendet, um einen so bedeutenden Beitrag für die Zukunft der Menschheit zu leisten, wie man eben vermag, dann hat man keine Probleme! Wenn man ohnehin sterben wird, was kann einem dann genommen werden?

Ein Präsident der Vereinigten Staaten in Zeiten der Krise muß ein solches Gefühl der Unsterblichkeit haben. Er muß dem, was er tut, selbst vertrauen. Es wird im Gedächtnis späterer Generationen leuchten. Nur wenige Menschen in unserer Gesellschaft haben sich so weit entwickelt, daß sie dieses Ehrgefühl verspüren.

Wenn ihnen Unrecht droht, fragen die meisten nur "Was muß ich tun, um da wieder herauszukommen?", aber nicht "Was ist richtig und was falsch?". Ein aufrichtiger Mensch mit einem Gefühl von Unsterblichkeit unterscheidet klar zwischen Recht und Unrecht. Wenn man ihm sagt: "Wir haben die Macht, arrangiere dich lieber mit uns, sonst werden wir dich zermalmen", antwortet er: "Ihr könnt mich vernichten, wie ihr es mit Jeanne d'Arc und anderen Helden tatet, aber ich werde mir selbst nicht untreu werden. Ich werde mein Gefühl der Unsterblichkeit nicht beflecken." Wenn die Bürger so entschlossen denken, kann man sie nicht vernichten. Auf lange Sicht werden sie gewinnen.

Führende Politiker müssen erst recht dieses Verantwortungsgefühl beweisen. "Ich schließe keine faulen Kompromisse!" Wenn etwas richtig ist, dann tue ich es, aber auf faule Kompromisse lasse ich mich nicht ein.

Sogenannte Heimatverteidigung

Kommen wir abschließend noch zum Problem der "Heimatverteidigung" - ein ganz außerordentlicher Haufen Müll.

Wird das hirnrissige Zeug, was sich die Regierung da ausgedacht hat, etwa unsere Sicherheit erhöhen? Nein. Es taugt absolut nichts. Man muß erst einmal verstehen, was überhaupt das Problem ist. Aber Kompetenz ist bekanntlich nicht die Stärke unseres Justizministers. Meinungen, vor allem rassistische, sind seine Stärke, aber bei der Kompetenz hapert es gewaltig.

Nehmen wir den Terrorismus. Was ist das eigentlich? Es gibt zwei Arten davon. Eine ist der opportunistische Terrorismus, der hier und dort auf niedriger Ebene stattfindet. Die andere ist eine hochkomplexe Operation, die nur sehr mächtige Regierungen mit hochspezialisierten Abteilungen organisieren können.

Das war der Fall während des amerikanisch-sowjetischen Konflikts. Der sowjetische Machtapparat verfügte über erhebliche Fähigkeiten in diesem Bereich, die gegen die USA und andere eingesetzt wurden. Und Amerika zahlte mit gleicher Münze zurück.

Was ist die erste Verteidigungslinie gegen Terrorismus? Die örtlichen Sicherheitsbehörden. Nehmen wir das nördliche Virginia als Beispiel. Was ist hier das größte Sicherheitsproblem? Die Drogenbanden! Wer ein Verbrechen, etwas Kriminelles organisieren will, der muß sich nur an die Drogenbanden wenden.

Aber im Namen der Heimatverteidigung wurde ausgerechnet diese erste Verteidigungslinie, die örtliche Polizei und ihre Aufklärung, abgebaut!

Die zweite Verteidigungslinie ist die vertikale und horizontale Zusammenarbeit örtlicher Stellen mit bestimmten entsprechenden bundesstaatlichen und nationalen Behörden. Wenn man in einem Gebiet das Rauschgift eliminiert oder unter Kontrolle bringt, hat man dem Verbrechen einen Schlag versetzt und die Sicherheit erhöht. Die meisten schlimmen Dinge, die in einer Stadt oder Gegend passieren, laufen über das Rauschgift - nicht unbedingt über die Drogenhändler als solche, aber durch diese schmutzigen Kanäle.

Das Problem ist, daß die amerikanische Regierung in der Drogenfrage völlig heuchlerisch und unaufrichtig ist. Es gab zwar Gesetze gegen Drogen, aber in Wirklichkeit wurde der Drogenhandel sogar noch gefördert!

Wie, meinen Sie, hat Brzezinski den Afghanistankrieg (der 80er Jahre) in Gang gesetzt? Afghanistan ist eines der traditionellen Drogenanbaugebiete. Es ist kriminelles Territorium, in dem Sinne, daß lokale Kriegsfürsten die Drogenproduktion kontrollieren. Pakistan ist das wichtigste Durchgangsland für diese Drogen.

Pakistan ist aber ein halb zerstörtes Land; schon seit sich vor vielen Jahren Bangladesch und Pakistan trennten, funktioniert dieses Land nicht mehr wirklich. So wurde es auch ein Drogenland, d.h. die pakistanischen Militärs sind im wesentlichen auch Drogenfürsten. Unterstützt wurden sie dabei großenteils von Großbritannien und den USA - allen voran Brzezinski - , die Pakistan zum Aufmarschgebiet für den Afghanistankrieg der 70er und 80er Jahre benutzten. Es wurde teilweise von amerikanischen Regierungsstellen organisiert.

Dazu wandten sich die USA auch an verschiedene arabische Länder und behaupteten, die Sowjetunion sei so ein fürchterlicher atheistischer Staat, deshalb sollten überzeugte Islamisten - von denen viele bereits an geheimen britischen Operationen beteiligt waren - ihre Lebensaufgabe darin sehen, nach Pakistan zu gehen und von dort aus Krieg in Afghanistan zu führen. Und die Finanzierung - lief über die Drogen!

So haben wir Osama Bin Laden aufgebaut. Wir schufen etwas, das heute Al Qaida heißt. Die Briten hatten die Vorarbeit geleistet, aber Amerika übernahm die Sache in großem Stil. Jetzt haben wir in Zentralasien ein riesengroßes Problem. Afghanistan wird sich unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht befrieden lassen. In Pakistan haben die USA praktisch nichts erreicht. Was geschieht, wenn die USA abziehen, um sich anderswohin zu wenden? Das pakistanische Militär, das vom Rauschgift lebt, wird die Taliban neu aufbauen.

Was wurde in Afghanistan erreicht? Ein paar Tote mehr? Hat sich etwas auf der Landkarte verbessert? Im Gegenteil, alles wurde noch schlimmer. Warum wurde Afghanistan angegriffen? Es gibt keinen Grund. Niemand hat jemals irgendeinen substantiellen Beweis dafür vorgelegt, wer tatsächlich hinter den Anschlägen des 11.Septembers 2001 steckte.

Ich weiß, daß einige Leute in der amerikanischen Regierung in der Sache immer noch recht ernsthaft ermitteln, aber man geht davon aus, daß auch in diesem Jahr nichts Konkretes herauskommen wird.

Wir waren es, im Rahmen der von Brzezinski entworfenen Politik.

Iberoamerika

Schauen wir Süd- und Mittelamerika an. Die USA meinen es nicht ernst mit der Drogenbekämpfung z.B. in Kolumbien.

Ich habe einmal auf einer Konferenz in Mexiko-Stadt einen Vortrag über die Drogenbekämpfung in den Amerikas gehalten. Ich stellte fest, daß die Politik der USA scheitern würde, weil ein paar faschistische Generäle in der kolumbianischen Regierung mit dem damaligen Präsidenten George Bush sen. eine Absprache getroffen hatten, wobei sie nach eigener Aussage ein wenig Drogengeld erhielten, um die "Contra"-Operationen zu finanzieren.

Das ist nie geklärt worden. Bush senior sollte sich einmal dazu äußern.

Die USA haben sogar eine Regierung (Fujimori) in Peru gestürzt, weil sie die erfolgreichste Regierung im Kampf gegen das Rauschgift in ganz Südamerika war! Die USA schufen Bedingungen, unter denen in Bolivien die Kokaingeneräle, die man entmachtet hatte, jetzt zurückkehren. Die Moonies, die in der Drogenfrage und im Waffenhandel nicht gerade Unschuldslämmer sind, haben im brasilianisch-bolivianischen Grenzgebiet große Landstriche aufgekauft und machen dort mit dem World Wildlife Fund gemeinsame Sache, um Brasilien zu zerstören.

Terrorismus, Drogen, Kleinkrieg werden von Regierungen gestützt. Jeder, der etwas Kompetenz in geheimdienstlicher oder polizeilicher Aufklärung hat, kann das verstehen und geeignete Vorkehrungen treffen, um so etwas aufzudecken und zu neutralisieren.

Dazu braucht man keine Horden von Blockwarten an jeder Ecke, die denunzieren: "Mein Nachbar ist ein Terrorist!" Das ist das Dümmste, das man sich je ausgedacht hat!

Man könnte noch viel mehr sagen, aber das ist die generelle Lage. Wir müssen endlich wirklich ernst nehmen, was Sicherheit wirklich bedeutet, statt irgendwelche mythischen Feinde zu erfinden, nur um jemanden zu haben, auf den man schießen kann.

Alles in allem würde ich sagen: Die Probleme, die wir heute haben, sind unnötig. Es müßte sie nicht geben. Wenn man versteht, warum das so ist - so wie ich es heute dargelegt habe - , dann können wir die Probleme in den Griff bekommen und vielleicht auch verhindern, daß sie sich in Zukunft wiederholen.

 

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