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Neue Solidarität
Nr. 32, 11. August 2016

Von der Neuen Seidenstraße zur Weltlandbrücke

Von Helga Zepp-LaRouche

Im Wortlaut. Beim „Think 20 Summit“ in Beijing hielt Helga Zepp-LaRouche am 29. Juli den folgenden Vortrag.

Da die G-20 die mächtigste Kombination der industriellen und aufstrebenden Länder auf dem Planeten darstellt, gibt es keine andere Körperschaft, die die existentiellen Herausforderungen, vor denen unsere Zivilisation steht, anpacken und Lösungen für sie umsetzen kann. Die Bevölkerungen der meisten Länder haben sehr reale Erfahrungen damit, in schreckliche Krisen zu versinken – die außer Kontrolle geratene, weltweite terroristische Bedrohung; die Migration von Millionen von Menschen, die versuchen, Krieg, Hunger und Tod zu entkommen – die daraus resultierende Flüchtlingskrise erschüttert die Grundlagen der EU; der wachsende Abstand zwischen den Reichen und immer mehr Schichten in der Gesellschaft, die dabei sind, ihren wohlverdienten Status als Mittelschicht zu verlieren, oder in Armut leben; die Erfahrung der Wirkung der „unorthodoxen monetären Maßnahmen“ auf die Ersparnisse, die Bail-out- und Bail-in-Maßnahmen, die an die Grenzen des sozial Akzeptablen gehen; die wachsende Angst, daß die Welt in einen neuen Kalten Krieg eingetreten ist; und eine Spirale der nuklearen Aufrüstung. Kurz, ein wachsender Verlust des Vertrauens in das Establishment mindestens im transatlantischen Sektor.

Ein weiteres Weigern des bevorstehenden G-20-Gipfels, diese Lage zur Kenntnis zu nehmen, Versuche, das Scheitern der vorherrschenden Politik insbesondere seit 2008 hinter Werbesprüchen zu verbergen, und das Versagen, die Chance des bevorstehenden Gipfels zu nutzen, werden nicht nur im virtuellen Bereich Folgen haben, sondern auch in der realen Geschichte und für das Leben und das Wohl von Milliarden Menschen.

Es gibt Lösungen, die unmittelbar zur Hand sind, aber sie erfordern die Bereitschaft der führenden Institutionen, die Axiome der gegenwärtigen Politik zu revidieren und zu einer Politik zurückzukehren, die sich nicht nur in früheren Situationen als wirksam erwiesen hat, sondern auch ein neues Paradigma darstellt, das die Grundlage für die kommenden hundert Jahre der Menschheit und darüber hinaus legen kann.

Eine Vision vorgeben, die eine Lösung bietet

Um der ganzen Menschheit Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben - eine Hoffnung, die in vielen Teilen der Welt bereits aufgegeben wurde - muß der G-20-Gipfel eine Vision vorgeben, die eine Lösung und einen Ausweg bietet, um die erwähnten Krisen zu überwinden und eine höhere Ebene der Vernunft zu schaffen, damit die gemeinsamen Ziele der Menschheit realisiert werden können.

1. Der einzig „praktische“ Ausdruck dieser Vision – und das ist kein innerer Widerspruch – ist die Perspektive der Neuen Seidenstraße, die vor drei Jahren von der chinesischen Regierung auf den Tisch gebracht wurde und seither umgesetzt wird. Bisher beteiligen sich bereits mehr als 70 Länder an ihren verschiedenen Aspekten sowie Infrastruktur- und Entwicklungsprojekten. Was China als eine „Win-Win“-Kooperation in solchen Projekten bezeichnet, ist nicht nur der einzig wirksame Weg, die geopolitische Konfrontation zu überwinden – die Wurzel der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts und die zugrundeliegende Gefahr eines dritten globalen Krieges, der angesichts der Existenz der thermonuklearen Waffen ein Vernichtungskrieg wäre. Diese „Win-Win“-Perspektive stimmt auch mit den Prinzipien des Westfälischen Friedens überein, demzufolge jede erfolgreiche Friedensordnung auf dem „Interesse des anderen“ beruhen muß.

Das Konzept der Neuen Seidenstraße muß daher als eine „Weltseidenstraße“ auf alle Regionen der Welt ausgeweitet werden, als konkretes Angebot, um die allgemeine Unterentwicklung zu überwinden. Würden die Mitgliedstaaten der G-20 mit fester Entschlossenheit das Versprechen geben, innerhalb weniger Jahre den Hunger und die Armut zu überwinden und alle Menschen mit sauberem Wasser zu versorgen – was technisch absolut machbar wäre –, dann würde dies eine Revolution der Hoffnung und des Optimismus auf der Welt auslösen.

2. Um die Gründe für die Massenmigration aus Südwestasien und Afrika und das Umfeld für die Rekrutierung von Terroristen zu beseitigen, muß es eine umfassende Perspektive der industriellen Entwicklung für beide geben, die nicht nur die vom Krieg zerstörten Regionen wiederaufbaut, sondern auch einen integrierten Plan für Infrastruktur, Industrie, Landwirtschaft und Bildung auf den Tisch bringt, um diese Teile der Welt in Gebiete mit hoher Produktivität in Bezug auf Arbeitskraft und Kapazitäten zu verwandeln.

Ganz allgemein müssen die Projekte der Weltseidenstraße so definiert werden, daß sie die optimale Wirkung auf die kognitive Fähigkeit der Bevölkerungen haben, um die bestmögliche Steigerung der Produktivität in der Weltwirtschaft zu erreichen. Der Fokus muß dabei nicht nur auf den Innovationen liegen, sondern auf den Durchbrüchen im Verständnis der qualitativ neuen physischen Prinzipien unseres Universums.

Beispiele hierfür sind Crash-Programme zur Entwicklung der Kernfusion, die der Menschheit Energie- und Rohstoffsicherheit geben wird, und die Erschließung neuer Wasservorkommen durch die friedliche Nutzung der Kernkraft zur Entsalzung großer Mengen von Meerwasser, die Ionisierung der Feuchtigkeit in der Atmosphäre und andere innovative Techniken.

Die internationale Kooperation in der Weltraumforschung, Weltraumfahrt und -kolonisierung weist den Weg zu den nächsten notwendigen Durchbrüchen in der Wissenschaft und in der Technologie. Sie bietet auch eine auf die Zukunft ausgerichtete Plattform für eine Friedensordnung des 21. Jahrhunderts. Und vor allem markiert sie den Übergang der menschlichen Gattung zu einem größeren Bewußtsein ihrer eigenen Identität als der bisher einzigen bekannten, kreativen Gattung im Universum.

3. Ein unkontrollierter Zusammenbruch des Finanzsystems des transatlantischen Sektors würde viele Teile der Welt in ein Chaos mit unabsehbaren Konsequenzen stürzen. Der sogenannte „Werkzeugkasten“ an Finanzinstrumenten, für den man sich nach der Krise von 2008 entschieden hat, anstatt wirkliche Reformen umzusetzen, ist aufgebraucht. Die nachfolgenden „unorthodoxen monetären Maßnahmen“, wie das Quantivative Easing [Gelddrucken], Negativzinsen und Helikoptergeld haben im großen und ganzen das Gegenteil der beabsichtigten Wirkungen erreicht.

Die Tatsache, daß die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes von Franklin Roosevelt in die Wahlplattformen sowohl der Demokratischen Partei wie der Republikanischen Partei in den Vereinigten Staaten aufgenommen wurde, und die Tatsache, daß es auch in mehreren europäischen Ländern eine wachsende Diskussion über die Reduzierung der zukünftigen Risiken für das Finanzsystem durch die Einführung eben dieser Glass-Steagall-Kriterien gibt, schafft sehr günstige Voraussetzungen für eine Einigung auf ein globales Glass-Steagall-Gesetz beim bevorstehenden G-20-Gipfel.

Wenn der G-20-Gipfel die Weltseidenstraße auf die Tagesordnung setzt, dann wird aus dem chinesischen Traum ein Traum der Welt!