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Aus der Neuen Solidarität Nr. 48/1994:

Kennedy-Mord ging von England aus

Der Mord an US-Präsident John F. Kennedy 1963 hatte Amerika in einen ähnlichen Schockzustand versetzt wie jetzt der Großangriff auf das World Trade Center und das Pentagon. Damals wie heute stellt sich die Frage nach sogenannten "Schurken-Elementen" im eigenen Lager. Im folgenden Aufsatz von 1994 schildert der amerikanische Historiker Chaitkin einige der Hintergründe, wie und warum wichtige Erkenntnisse, die nicht nur Jay Edgar Hoovers FBI, sondern auch hochrangige britische Kreise belasteten, systematisch unterdrückt wurden.

Von Anthony Chaitkin


Fehlende Beweise
Major Bloomfields Permindex

Oswald und Hoover

Warum mußte Kennedy sterben?

Das Mordbüro in New Orleans

Am 22. November 1963 wurde der amerikanische Präsident John F. Kennedy im texanischen Dallas ermordet. Zahlreiche Bücher, wie jene des kürzlich verstorbenen Bezirksstaatsanwalts von New Orleans, Jim Garrison, der sich die Lösung des Mordfalls zur Lebensaufgabe gemacht hatte, und der berühmte Film JFK weisen nach, daß der angebliche Attentäter Lee Harvey Oswald nur ein sorgfältig ausgesuchter "Sündenbock" war. Garrison beschuldigte die Firma Permindex unter Führung eines gewissen Majors Louis Mortimer Bloomfield, den Mord an John F. Kennedy organisiert zu haben. Dennoch blieb die Rolle des britischen Geheimdienstes in diesem professionell ausgeklügelten Komplott bisher im Dunkeln. Zwei Anhaltspunkte sind hier besonders aufschlußreich:

Erstens hat das Nachrichtenmagazin Executive Intelligence Review vor kurzem eine Mitgliederliste des "1001 Club" veröffentlicht, eines Vereins einflußreicher Aristokraten und Milliardäre, worin der Name des verstorbenen Majors Louis Mortimer Bloomfield auftaucht. Major Bloomfield, geboren in Kanada und Offizier des britischen Geheimdienstes SOE (Special Operations Executive), war Gründungsmitglied des exklusiven Clubs, der die Aktivitäten des Worldwide Fund for Nature International (WWF) finanziert. Internationaler WWF-Präsident ist seit 1981 Prinz Philip, Herzog von Edinburgh. Die Mitglieder des "1001 Club/ Nature Trust" werden handverlesen von Prinz Philip und Clubgründer Prinz Bernhard der Niederlande. Nach weiteren EIR-Informationen war Bloomfield schon vor seiner Verwicklung in die Verschwörung gegen Kennedy Leiter des WWF-Kanada.

Zweitens sind zwei Fotografien aus einer Wochenzeitung des Kreises New Orleans aus dem Jahr 1963 aufgetaucht, die David Ferrie und Clay Shaw zusammen auf einer Party zeigen. Ferrie und Shaw waren nach Angaben Garrisons die beiden Hauptfiguren im Mordkomplott gegen Kennedy. Shaw saß im Vorstand von Bloomfields Permindex.

Beide Beweisstücke zusammengenommen stellen also erstmals eine Verbindung zwischen den bekannten Figuren des Mordkomplotts vor Ort in New Orleans und den höchsten Rängen des britischen Königshauses und dessen Geheimdiensten her. Diese Entdeckung könnte sich als äußerst relevant für die Sicherheit des Präsidenten William Jefferson Clinton erweisen. Hohe amerikanische Regierungsbeamte äußerten, Clinton sei nicht nur der "antibritischste Präsident", sondern auch der gefährdetste Präsident seit John F. Kennedy.

Fehlende Beweise

1967 erhob der Bezirksstaatsanwalt von New Orleans Jim Garrison gegen Clay Shaw, Leiter des International Trade Mart in New Orleans, Anklage wegen Beteiligung an der Verschwörung zur Ermordung des Präsidenten. Garrisons Ermittler entdeckten, daß der reiche und prominente Clay Shaw mit einer örtlichen nachrichtendienstlichen Operation im Büro des früheren FBI-Beamten Guy Bannister, 544 Camp Street, New Orleans, in Verbindung stand. Das ganze Jahr 1963 über gingen Shaw, David Ferrie, Lee Harvey Oswald und andere mit den Ereignissen vom 22. November in Zusammenhang stehende Personen in diesem Büro aus und ein.

Bei dem Prozeß zwei Jahre später erklärte Richter Garrity, Shaws Aussage vor der Polizei, er stehe mit Ferrie, dem Mann, der Lee Harvey Oswald zehn Jahre vor Kennedys Ermordung für den US-Geheimdienst rekrutiert hatte, in Verbindung, sei nicht gerichtsverwertbar. Der Prozeß entschied sich schließlich an der strittigen Frage, ob Shaw und Ferrie einander kannten oder nicht.

David Ferrie war ein notorischer Homosexueller und Söldner, der ebenso wie Oswald unter Guy Bannister von der Abteilung 5 des FBI an der Ausbildung von Exilkubanern und Waffenlieferungen an Exilkubaner in New Orleans gearbeitet hatte. Shaw schwor im Zeugenstand den Meineid, er habe Ferrie niemals im Leben getroffen.

Aber in einem lokalen Klatschblatt waren Fotos erschienen, die unzweifelhaft Ferrie und Shaw zusammen bei einer Party zeigten. Diese Fotos legte Garrison aus bisher unbekannten Gründen bei der Verhandlung nicht vor. Der Lokalreporter des Blatts, der über das Verfahren gegen Shaw berichtete, hatte während des ganzen Prozesses Abzüge der Bilder in seiner Aktentasche, aber die entscheidenden Beweisstücke fanden nie ihren Weg in die Hände der Geschworenen.

Auf Anweisung Richter Garritys entschied die Jury, daß die Beweise nicht ausreichten, Shaw zu verurteilen, weil in der Frage der Zusammenarbeit zwischen Shaw und Ferrie lediglich ein "begründeter Verdacht" bestand. Später erklärten sowohl Garrity als auch die meisten Geschworenen, sie glaubten an eine Verschwörung zur Ermordung des Präsidenten. Auf dem Sterbebett bekannte Garrity einem Freund gegenüber, er sei von der Schuld Shaws überzeugt und persönlich bestürzt gewesen, als die Jury auf "nicht schuldig" erkannt habe.

Major Bloomfields Permindex

Clay Shaw war Vorstandsmitglied von Major Bloomfields Tarnorganisation Permindex (Permanent Industrial Expositions). Wäre das entscheidende Foto bei der Verhandlung präsentiert worden, so hätte man Shaw zweifellos für schuldig befunden, und seine Verbindung zu Permindex wäre Grund weiterer gründlicher Ermittlungen gewesen. Die Spur hätte unweigerlich nach London geführt.

Schon vor 1967 war Bloomfields Permindex aus Italien, Frankreich und der Schweiz ausgewiesen worden, weil französische Behörden herausgefunden hatten, daß die Organisation Attentatsversuche auf Präsident Charles de Gaulle finanziert hatte. Eine Permindex-Gründung in New Orleans, die Karibische Antikommunistische Liga, hatte an Mitglieder der OAS in Frankreich mehrere hunderttausend Dollar für die Ermordung de Gaulles gezahlt.

Noch bedeutsamer war die Tatsache, daß der SOE-Offizier Bloomfield seit dem Zweiten Weltkrieg Verbindungsmann zwischen dem Geheimdienst der britischen Krone und dem FBI war. Aufgrund von Absprachen zwischen Winston Churchill und Franklin Roosevelt wurde Bloomfield persönlicher Berater J. Edgar Hoovers für den Gegenspionagedienst des FBI, bekannt als Abteilung 5.

Durch seine frühe Mitgliedschaft in Prinz Philips WWF und dem "1001 Club" kam eine noch engere Verbindung zwischen dem kanadischen Spion/Anwalt und dem Königshaus zustande. Die Mitglieder des "1001 Club" kamen aus dem direkten Freundeskreis des Herzogs von Edinburgh und des niederländischen Prinzen Bernhard. Eine weitere Permindex-Figur, der in der Schweiz ansässige israelische Bankier Dr. Tibor Rosenbaum, der Permindex-Gelder an die OAS schleuste, war ebenfalls Gründungsmitglied des "1001 Club".

Der WWF, der sich nach außen als Organisation für den Schutz der Umwelt und bedrohter Arten gibt, wurde 1961 von Prinz Philip und Prinz Bernhard ins Leben gerufen, um verschiedene einflußreiche Netzwerke der europäischen Oligarchie zu vereinigen. Ziel war es, der verdeckten Rekolonisation (besonders der gerade unabhängig gewordenen afrikanischen Nationen) und dem Aufbau einer Weltregierung Vorschub zu leisten. Ein Hauptanliegen des WWF ist die Durchsetzung neuer, radikaler malthusianischer Programme zur Bevölkerungsreduktion.

Kennedys Politik war diesem wiederauflebenden Malthusianismus diametral entgegengesetzt.

Oswald und Hoover

Die 20jährige enge Zusammenarbeit zwischen Bloomfield und dem homosexuellen FBI-Chef Hoover wirft zusätzliches Licht auf eine weitere Ungereimtheit im Mordfall Kennedy und der anschließenden Vertuschung der Wahrheit. Wenn Lee Harvey Oswald wirklich der Mörder John F. Kennedys war, warum wies er Hoover dann 48 Stunden vor dem Mord in einem persönlichen Telegramm auf ein geplantes Komplott zur Ermordung des Präsidenten hin? Warum hat Hoover das Telegramm verheimlicht und allen FBI-Stellen im Land befohlen, sämtliche Schriftstücke, aus denen die Verbindung zwischen dem FBI und seinem Informanten Oswald hervorging, zu verbrennen?

Bis zu dem Moment, als er in der Polizeizentrale in Dallas von Jack Ruby niedergeschossen wurde, hatte Lee Harvey Oswald immer wieder beteuert, er habe nicht auf den Präsident geschossen, sondern werde als Sündenbock benutzt. (Ruby war ein früherer Informant für Bannisters FBI-Abteilung 5 in Chikago.) In einem Prozeß gegen Oswald wären die eigentlichen Attentäter und ihre großangelegte Vertuschungsoperation mit Sicherheit bloßgestellt worden.

Das Verfahren, das Staatsanwalt Garrison gegen Clay Shaw angestrengt hatte, endete mit einem Freispruch des Angeklagten. Shaw, Ferrie, Oswald, Bloomfield und Garrison leben heute nicht mehr. Aber die neu ans Licht gekommenen Tatsachen können uns immer noch einen Zugang zu den wirklichen Ereignissen vor 31 Jahren eröffnen und so dazu beitragen, daß die Geschichte sich nicht wiederholt.

Warum mußte Kennedy sterben?

Wie vorher bereits die Präsidenten Lincoln, Garfield und McKinley wurde John F. Kennedy ermordet, weil seine Politik in wachsenden Gegensatz zu den Interessen der britischen Geopolitik geriet. In seiner Innen- und Außenpolitik überraschte Kennedy die Welt immer wieder mit seinem idealistischen Patriotismus, der auch für jene früher ermordeten Präsidenten typisch gewesen war.

Lassen wir seine Gegner selbst zu Wort kommen.

In der berühmten Encyclopaedia Britannica, "herausgegeben unter Hinzuziehung und redaktioneller Beratung... eines Komitees von Professoren der Universitäten Oxford, Cambridge und London", wird im Jahresband 1964 Kennedys Ermordung mit klammheimlicher Genugtuung zur Kenntnis genommen. Dort heißt es:

"Ohne Zweifel wird das Jahr 1963 als ein Jahr großer Anfänge - und einiger tragischer Ausgänge - in Erinnerung bleiben. Die Ermordung John Fitzgerald Kennedys war sicherlich das überwältigendste Ereignis des Jahres. Die Plötzlichkeit und Sinnlosigkeit (dieses Mordes) versetzte praktisch die gesamte zivilisierte Welt in einen Schockzustand... Und dennoch verwies dieser Mord auf eine beginnende oder zumindest erneuerte Sensibilität bei Kennedys Landsleuten, in den Vereinigten Staaten und anderen Nationen. Das Ereignis bewies - ob man wollte oder nicht - die Existenz einer Weltgemeinschaft. Die Nationen standen aufgrund von Militär- und Handelsabkommen in einem zu engen gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis, zu viele gebildete Menschen der Welt überschritten zu oft die Grenzen und paßten sich zu leicht fremden Nationen an, als daß sie sich sehnsüchtig von einem Nationalismus des 19. Jahrhunderts intellektuell angezogen fühlen konnten - wenn auch ein Gefühlsrest zurückblieb und noch in einigen Teilen der Welt ausgenutzt wurde."

Kennedys Steuerbegünstigung industrieller Entwicklung; sein erfolgreicher Kampf gegen J.P. Morgans Stahlpreiserhöhung; seine Anweisung an das Schatzamt, die Landeswährung außerhalb der Federal Reserve zu drucken; das Apollo-Mondlandeprogramm; sein Festhalten an einer technischen und militärischen Überlegenheit Amerikas beim gleichzeitigen Willen, in Zusammenarbeit mit den Sowjets die Dritte Welt zu entwickeln, statt dort im Namen des "Mächtegleichgewichts" Kriege zu führen; sein Entschluß, den Rat General Douglas MacArthurs zu befolgen und aus der Vietnam-Falle auszusteigen - all dies brachte für die britische Seite das Faß zum Überlaufen.

Das Mordbüro in New Orleans

Staatsanwalt Garrison begann seine Ermittlungen im Fall Kennedy, nachdem er entdeckt hatte, daß der angebliche Attentäter Lee Harvey Oswald mit Guy Bannisters Büro für politische Operationen in 544 Camp Street in New Orleans zusammenhing. Garrison nannte dieses Büro einen "Zirkus": Agenten der Bundespolizei FBI, Mitarbeiter der CIA und mittendrin der langjährige FBI-Informant Oswald gaben sich die Klinke in die Hand. Oswald verteilte als agent provocateur Flugblätter, die für Fidel Castro Partei ergriffen. Auch David Ferrie und seine Anti-Castro-Gruppe gehörten zu Bannisters Büro. Jack Ruby, der später Oswald erschoß, war ebenfalls FBI-Informant und Freund Bannisters aus dessen Chikagoer Zeit.

Garrison kam den eigentlichen Hintermännern des "Zirkus" in New Orleans auf die Spur, als er Informationen erhielt, nach denen ein gewisser Clay Shaw, der über wichtige internationale Beziehungen verfügte, Lee Oswald Rechtsbeistand besorgt hatte; er war sogar persönlich mit Oswald zur Behörde gegangen, als dieser sich als Wähler eintragen ließ.

Der sadomasochistisch veranlagte Clay war Direktor der Firma International Trade Mart in New Orleans, einer Tochter der Firma Permindex, die in Polizeikreisen bereits als Organisator von Mordanschlägen bekannt war.

Major Bloomfield, Vorgesetzter Shaws bei Permindex, war Mitautor eines Handbuchs für Mordanschläge mit dem Titel Crimes Against Protected Persons: Prevention and Punishment (Verbrechen gegen geschützte Personen: Vorbeugung und Bestrafung; Praeger, New York 1975). Bloomfields Anwaltskanzlei vertrat auch die Interessen der Familie Bronfman, der "Whiskey-Barone" mit Beziehungen zum organisierten Verbrechen.

Zum Vorstand von Bloomfields Permindex gehörten: Clay Shaw, der für die Briten arbeitete seit er Verbindungsoffizier des CIA-Vorläufers OSS zum Büro des damaligen britischen Premierministers Winston Churchill gewesen war; europäische Aristokraten, die ehemals mit den Hitler- und Mussolini-Regimes zusammenhingen; Jean de Menil, Eigentümer der Schlumberger Co. in Houston, welche Waffen für Attentatsversuche auf de Gaulle und die Karibik-Operationen der Gruppe um Shaw, Ferrie und Bannister besorgt hatte.

Ein langjähriger Bekannter David Ferries, der Versicherungsagent Perry R. Russo aus Baton Rouge in Louisiana, hat ausgesagt, er sei bei einem Planungstreffen zum Kennedy-Attentat mit Shaw und Ferrie dabeigewesen. Dort sei über die Notwendigkeit des Dreieckzielens (d.h. des Schießens aus drei Richtungen gleichzeitig, welches dem Opfer praktisch keine Chance läßt) gesprochen worden, sowie über die geplanten Alibis für den Zeitpunkt, wenn gedungene Killer den Präsidenten töten.

Es war ausgerechnet dieser durch und durch korrupte Sicherheitsapparat, an den Oswald sich mit der Bitte um Hilfe wandte. Als dem FBI zugeteilter Agent des Marinenachrichtendienstes sandte Oswald ein Telegramm an FBI-Chef J. Edgar Hoover persönlich, in dem er davor warnte, daß in Fort Worth/Dallas das lokale FBI versuche, die akute Gefahr eines Attentats auf Kennedy zu verheimlichen.

Indem Hoover dieses Telegramm ignorierte, machte er sich der Begünstigung eines Verbrechens und des Verrats schuldig. Die Bevölkerung, die mehrheitlich überzeugt war, daß etwas vertuscht wurde, fügte sich schließlich und beging damit Verrat an sich selbst.

 

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