Aus Ibykus Nr. 56 (3/1996):

Den Frieden sichern durch gemeinsame Entwicklung

von Song Jian


Einige Prinzipien
Umfassende Planung

Willen zur Übereinkunft

Sehr geehrte Konferenzteilnehmer, verehrte Damen und Herren. Es ist mir eine Ehre, als Vorsitzender dieses Symposiums das "Internationale Symposium über die Entwicklung der Regionen entlang der neuen eurasischen Landbrücke" zu eröffnen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ganz besonders Seiner Exzellenz Sir Leon Brittan, Herrn Jing Yongjian, Herrn Ling Syargei und Herrn James Gustave Speth für ihre Unterstützung und Mitleitung dieser Konferenz danken. Gleichzeitig möchte ich alle Teilnehmer des Symposiums herzlich willkommen heißen und grüßen.

Europa und Asien blicken auf eine lange Geschichte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, des Handels und des kulturellen Austauschs zurück. Bereits vor über 2000 Jahren, als unter der Regierung des Kaisers Han-Wu aus der Han-Dynastie der einzige Landkorridor, - die Europa, Afrika und Asien verbindende Seidenstraße - eröffnet wurde, zogen die Händler mit ihren Kamelkarawanen über die Berge und durchreisten Gebiete in China, Zentralasien, Westasien, Südasien, Europa und Nordafrika. Mit dem Handel breitete sich auch der Geist der Zivilisation und Freundschaft in den an der Seidenstraße gelegenen Ländern aus. Im Zuge des raschen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts kam es zu einer Revolution im Bereich traditioneller Verkehrsmittel; die Entstehung schneller, hocheffizienter und verläßlicher multimodaler und integrierter Verkehrssysteme wurde befördert und die menschliche Zivilisation auf eine neue Stufe gebracht. Dies hatte zur Folge, daß die Welt immer kleiner und die Entfernung zwischen Ost und West immer kürzer wurde.

Eine neue Ära des Kulturaustauschs, des Handels und der wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit begann für die Völker in diesen Ländern. (im Umfeld der Seidenstraße - red.) Am 12.September 1990 wurde die historische Eisenbahnverbindung am Alataw-Paß zwischen China und der früheren Sowjetunion fertiggestellt; dies Datum markiert die Fertigstellung jener neuen, umfassenden Verkehrslinie, die den Pazifik mit dem Atlantik verbindet und quer durch Europa und Asien läuft. Der Bau und die Eröffnung der neuen eurasischen Landbrücke läßt die Seidenstraße, die einst einen großen Beitrag zur Verbreitung der Zivilisation und der traditionellen Freundschaft leistete, in hellem Licht erstrahlen; damit werden neue Möglichkeiten und eine solide Grundlage für die Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Handelsbeziehungen und des technischen Austauschs zwischen den Ländern im Umfeld der eurasischen Landbrücke geschaffen.

Wir sind hier in Peking zusammengekommen, um die regionale Entwicklung der Wirtschaftsregionen entlang der neuen Landbrücke zu diskutieren; es gilt, neue Wege und Formen der Zusammenarbeit zwischen Europa und Asien im Bereich Wirtschaft, Handel und Technologie zu suchen, eine Lösung der von unseren Vorfahren an uns hinterlassenen Aufgaben in Angriff zu nehmen und unseren Beitrag zum gegenseitigen Wohlergehen Europas und Asiens zu leisten.

Einige Prinzipien

Es gibt gute Möglichkeiten für die Entwicklung der Wirtschaftsregionen, welche die neue eurasische Landbrücke säumen. Das eurasische Gipfeltreffen, das im März (1996) in Bangkok stattfand, reflektiert den Wunsch und das Bedürfnis der eurasischen Länder, mit Blick auf das 21.Jahrhundert eine neue Form der Partnerschaft zu entwickeln, den Dialog zu stärken, die wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen und angesichts solch historisch bedeutender Entwicklungen, die Zusammenarbeit auszuweiten. Die Entwicklung der neuen eurasischen Landbrücke steht jedoch erst am Beginn, und es gibt noch einige Probleme und Fragen im Zusammenhang mit nichtökonomischen und Umweltfaktoren, für die eine Lösung gefunden werden muß. Ein chinesisches Sprichwort lautet: "Aller Anfang ist schwer"; es bedarf also einer Zusammenarbeit aller Länder und Regionen im Umfeld der Landbrücke und der internationalen Gemeinschaft, um diese Fragen zu behandeln und um eine Lösung für die Probleme zu finden. In diesem Zusammenhang lassen wir uns von folgenden Grundsätzen leiten:

Umfassende Planung

Die chinesische Regierung hält die guten Möglichkeiten, die sich aus der Entwicklung der neuen eurasischen Landbrücke ergeben, für äußerst wichtig, und sie ist bereit, die eurasisch-wirtschaftliche Zusammenarbeit auszuweiten und den Frieden und die Stabilität und Prosperität Eurasiens und der Welt zu sichern. Die chinesische Regierung hat in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Maßnahmen geplant und ergriffen, um die Entwicklung, die Erschließung und den Bau des chinesischen Abschnitts der neuen eurasischen Landbrücke voranzutreiben. In Bezug auf die planerischen Voraussetzungen hat China Richtlinien für die Entwicklung der Städte und Gemeinden im Umfeld der Landbrücke erlassen, die Untersuchung des 4131Kilometer langen und 200Kilometer breiten Gebiets an der Landbrücke aus der Luft abgeschlossen und erste Analysen der natürlichen Ressourcen und der Umwelt vorgenommen; es hat außerdem die dauerhafte Entwicklung der sich an der Landbrücke befindenden chinesischen Regionen auf die Prioritätsliste der chinesischen Agenda21 gesetzt. 1996 nahm die chinesische Regierung den Bau des Wirtschaftsgebiets im Umfeld der eurasischen Landbrücke in den 9.Fünfjahresplan und in den Entwurf der Entwicklungsziele für das Jahr 2010 auf, um die Planung umfassend durchzuführen und die Entwicklung zu beschleunigen.

Hinsichtlich der Baumaßnahmen hat China nach und nach den Bau zweigleisiger Eisenbahnen, die Erweiterung und Erneuerung der entsprechenden Häfen, den Bau des chinesischen Teils des eurasischen Glasfaser-Kommunikationskabels und weitere Infrastrukturprojekte abgeschlossen. Die Schnellstraße vom Hafen Lianyungang nach Hurgos/Xinjiang [Sinkiang] ist im Bau. Die fortschreitende Verbesserung dieser großen Infrastrukturprojekte wird einen positiven Beitrag zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung im Umfeld der neuen eurasischen Landbrücke leisten.

Willen zur Übereinkunft

"Eine Reise über tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt." Diese Konferenz ist ein guter Anfang. Um einen Konsens zu finden und Entscheidungen zu treffen, und somit zu einem fruchtbaren und produktiven Verlauf der Konferenz beizutragen, sollten die folgenden Fragen diskutiert werden. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß aufgrund der weiteren Entwicklung der regionalen Wirtschaft der neuen eurasischen Landbrücke und auf dem Wege eines gemeinsamen Bemühens der Völker in den entsprechenden Ländern und der internationalen Gemeinschaft schon in naher Zukunft ein dynamischer Wirtschaftskorridor, gesäumt von großen und mittleren Städten, an der neuen eurasischen Landbrücke entstehen wird. Wesentlichstes Kennzeichen des Korridors ist die auf der Grundlage gegenseitiger Entwicklung und Förderung stattfindende Integration von Ost und West. An der Schwelle zum 21.Jahrhundert sollten wir die Seidenstraße als Wahrzeichen für Zivilisation, Entwicklung und Freundschaft mit neuem Leben erfüllen.

Ich wünsche der Konferenz von ganzem Herzen großen Erfolg und allen Teilnehmern einen angenehmen Aufenthalt in Beijing.