Aus der Neuen Solidarität Nr. 52-53/1998:


Al Gore, eine Gefahr für die
nationale Sicherheit der USA


1. Die herandrängende Weltkrise
2. Zwei Sichten der amerikanischen Außenpolitik

3. Die entscheidenden politischen Fragen

4. Gore selbst

Von Lyndon LaRouche

Die Zeit, laut die Wahrheit zu sagen, war gekommen, als Vizepräsident Al Gore in Kuala Lumpur die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika vor der ganzen Welt blamierte. Zugegeben, mit seinem infantilen Auftritt vor dem ASEAN-Gipfeltreffen hat er einen Skandal hervorgerufen, der seine Chancen auf das Präsidentenamt gründlich ruiniert; aber das betrifft nur die Oberfläche des ganz wesentlichen Problems, das er mit seinem Verhalten für die nationale Sicherheit der USA geschaffen hat.

Mit seinem törichten Verhalten inmitten der schrecklichsten Finanz- und Währungskrise der neueren Geschichte hat Gore das Maß des Erträglichen überschritten, wie einst der Führer der Konföderierten Staaten Jefferson Davis. Er ist über seine üblichen kindischen Torheiten hinausgegangen und hat die Linie überschritten, an der Erwägungen nationaler Sicherheit enden und nicht mehr tolerierbares Verhalten beginnt.

Die Fähigkeit Präsident Clintons, den vielfachen Gefahren für seine Präsidentschaft und für seine Nation wirksam zu begegnen, hängt davon ab, daß er jetzt dafür sorgt, daß sein Vizepräsident für die Dauer der zugespitzten Weltfinanzkrise außenpolitisch nicht mehr in Erscheinung tritt.

1. Die herandrängende Weltkrise

In den unmittelbar bevorstehenden ca. acht Wochen wird der größte Teil der Welt, einschließlich der USA, in eine tiefe Wirtschaftsdepression stürzen - weit tiefer und bedrohlicher als das, was Amerika unter Präsident Herbert Hoover durchgemacht hat. Diese Prognose ist keine bloße Mutmaßung: Die neuesten Zahlen, die zeigen, was uns bevorsteht, sind leicht zugänglich, und sie entsprechen genau der Warnung, die ich erstmals in Form meiner bekannten Typischen Kollapsfunktion Ende 1995 vorstellte.

Seit Anfang Oktober haben die Zentralbanken der G-7 mit einer immer größeren Beschleunigung Geld gedruckt (z.B. Geldmenge M2 in den USA), was praktisch mit der Endphase der hyperinflationären Explosion in Weimar-Deutschland im Sommer 1923 verglichen werden muß. Begleitet wurde dies von der wildesten, verzweifelten internationalen Fusions-Manie der neueren Geschichte und von den massivsten, schnellsten Einbrüchen in Schlüsselsektoren der Güterproduktion und des Welthandels sowie der Rohstoffpreise in der gesamten Nachkriegsgeschichte.

Alles dies bedeutet, daß die "Keynesianische Alternative", welche die spinnerten Propagandisten des "Dritten Weges" wie der britische Premierminister Tony Blair vorschlagen, von diesem Augenblick an tot ist. Die Beziehung der drei Kurven der Typischen Kollapsfunktion ist am kritischen Punkt angelangt - der Kombination aus steil in die Höhe schießender Geldmenge, hyperinflationärer Finanzspekulation und steil nach unten stürzenden Werten für Produktion und Handel - , an dem jeder weitere Versuch zur "Rettung des Systems" mit monetaristischen Methoden des Gelddruckens die Explosion eben jenes Systems auslösen wird, das die törichten "wiedergeborenen Keynesianer" damit erhalten wollen. Wir sind nun in die Grenzschicht eingetreten, welche das Ende des Weltfinanzsystems definiert, wie wir es seit August 1971 kennen.

Es gibt jetzt nur noch drei Optionen. Welche dieser drei man auch wählen wird, innerhalb der nächsten etwa acht Wochen wird ein alles erschütternder Zusammenbruch des Weltfinanzsystems in seiner gegenwärtigen Form einsetzen. Die erste Option ist ein schnurgerader Zusammenbruch in Kettenreaktion, worauf eine weit schwerere Depression als zu Anfang der 30er Jahre folgt. Die zweite, eine leicht verzögerte Variante, ist eine "Keynesianische Explosion" einer Finanzblase à la Weimar. Die dritte Option sind meine Vorgaben für den Beschluß drastischer, plötzlicher Notmaßnahmen, die ich "Neues Bretton Woods" genannt habe. Zu diesen Maßnahmen gehört die abrupte Rückkehr zu Kapital- und Devisenkontrollen, annähernd festen Wechselkursen sowie protektionistischen und finanz-regulatorischen Maßnahmen, die ein Echo auf die Zeit des alten Bretton-Woods-Systems vor 1958 bilden. Andere Möglichkeiten gibt es jetzt nicht mehr.

Die dritte Option entspricht demnach als einzige Politik den vitalen außenpolitischen und anderen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten. Das heißt, daß die Programme, die man von den "New Age"-Freaks des alten Gore-Gingrich-Kongresses geerbt hat, verschrottet werden müssen. "Freihandel" muß weg; "Globalisierung" muß weg. Kurz: die Politik Al Gores und die amerikanische Nation können nicht mehr gleichzeitig auf dieser Erde existieren.

2. Zwei Sichten der amerikanischen Außenpolitik

Trotz seines Hangs zum Schwanken und anderen persönlichen Unzulänglichkeiten ist Präsident Clinton ein anständiger Mann mit menschlichen politischen Impulsen auf zahlreichen Gebieten. Wir hatten schon schlechtere Präsidenten, oft viel schlechtere. Zur guten Seite gehört, daß Clintons Außenpolitik sich schon früh im Kern um drei Länder drehte: Deutschland, Rußland und China.

Der Präsident hatte zu Recht Deutschland als Wunschpartner der USA ausgesucht, der beim Aufbau besserer Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA, Kontinentaleuropa und Rußland die Speerspitze bilden sollte. Diese Idee einer dreiseitigen wirtschaftlichen Partnerschaft ist ein Echo der Politik aller großen Staatsmänner in Deutschland, in Rußland und in den USA mit der globalstrategischen Diplomatie von Benjamin Franklin und John Quincy Adams vor der Ermordung Präsident McKinleys. Wenn der Präsident zu Recht von der Politik des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl enttäuscht war, so lag das daran, daß Kohl sehr oft als Opfer der mörderischen Zustände agierte, welche die Clique Thatcher-Mitterrand-Bush-Gorbatschow Deutschland und Rußland 1989-92, bevor Clinton ans Ruder kam, aufgezwungen hatte.

Der Präsident war und ist entschlossen, Rußland beim Wirtschaftsaufbau zu helfen, aber leider ist die Praxis gefärbt durch seine fehlenden Grundkenntnisse in Wirtschaftsdingen. Seine Rußland-Politik ist eine lange Liste guter Intentionen mit dem beinahe tödlichen Makel, daß er für die Auswirkungen von Gores mafiafreundlicher Politik blind ist. Gores Einfluß ist der wichtigste Grund für das katastrophale Versagen der Rußland-Politik der Administration in den fünf Jahren seit dem Beschuß des russischen Parlaments im September 1993.

Die Beziehungen zu China sind insgesamt gesehen der einzige Bereich, in dem Clinton m.E. großen persönlichen Erfolg hatte. Dies wird auch so bleiben, wenn nicht Nachgiebigkeit gegenüber den Einmischungen Gores und von Gore kontrollierter Berater die China-Politik ebenso ruiniert wie die Rußland-Politik. Die erfolgreiche Zusammenarbeit des Präsidenten mit China ist heute der Eckstein jeder lebensfähigen amerikanischen Außenpolitik. Sie ist auch die letzte Chance, irgendetwas dauerhaft Gutes aus den beiden Amtszeiten Clintons zu retten.

Wenn wir uns allerdings auf Clintons Politik allein verließen, würden die USA als Nation das Ende dieses Jahrhunderts nicht sehr lange überleben. Die Politik, die ich spezifiziert habe, muß dazukommen.

3. Die entscheidenden politischen Fragen

Das axiomatische außenpolitische Interesse der USA ist die Verteidigung der Regierung "des Volkes, durch das Volk und für das Volk", wie Präsident Abraham Lincoln es formulierte, wie sie mit der Leibnizschen Unabhängigkeitserklärung von 1776 und der Präambel der Verfassung von 1789 begründet wurde.

Die Vereinigten Staaten sind unter allen modernen Ländern eine große Ausnahme. Die besten Köpfe Europas haben dieses Land geplant und aufgebaut, weil sie damals die Macht der Oligarchie in Europa selbst nicht brechen konnten.

Grundlage des Rechtsbegriffes unserer Nation ist das Bild des Menschen als Abbild des Schöpfers: erhoben über alle Tiere durch die Macht der Vernunft, d.h. die Fähigkeit zu revolutionären naturwissenschaftlichen und vergleichbaren Entdeckungen. Das Bevölkerungswachstum und die Verbesserung der Lebensbedingungen beweisen die Überlegenheit der modernen europäischen Zivilisation über alle früheren, oligarchischen Gesellschaftsformen.

Simple, reine Demokratie unter Schweinen oder Beutelratten wird sie niemals in Menschen verwandeln. Der Unterschied zwischen Menschen und Tieren - und zwischen moralischen Menschen und Raubrittern wie George Soros - liegt im Anstieg der Macht des einzelnen menschlichen Geistes über die Natur.

Hierin liegen Übereinstimmungen wie Unterschiede in der politischen Praxis zwischen Präsident Clinton und mir. Der Präsident erweist sich oft als gutherziger Mensch, hat es aber noch nicht geschafft, seine Impulse in die notwendige Form für unsere Innen- und Außenpolitik zu bringen.

Es ist in Reichweite der amerikanischen Regierung, als "Katalysator" eine neue Weltordnung absolut souveräner Nationalstaaten ins Leben zu rufen. Das monströse Versagen der Weltwährungsordnung nach 1971 zwingt uns, über umfassende Veränderungen nachzudenken. Wir sind herausgefordert, die nach-koloniale Ordnung zu gründen, die Präsident Roosevelt am Ende des Zweiten Weltkrieges gründen wollte. Die Mittel dazu geben uns vor allem jene Länder an die Hand, die mit Roosevelts Tod auf einen Status zweiter Klasse reduziert wurden; z.B. die "Außenseiter" des jetzigen Finanzsystems in Mittel- und Südamerika, Afrika und Eurasien. Die Zusammenarbeit von USA, Rußland, China, Indien u.a. könnte durchaus den Kristallisationskern der notwendigen neuen Wirtschaftsordnung bilden.

Wenn die USA diese große Chance verstreichen lassen, werden sie höchstwahrscheinlich einige Lehrjahre in einer Hölle auf Erden verbringen müssen, bis wir gelernt haben, auf die Absichten des Schöpfers, die uns gegenwärtig so dringlich vorgelegt werden, besser zu reagieren.

4. Gore selbst

Die Chancen für George Bush junior, im Jahr 2000 die Präsidentschaftswahl zu gewinnen, hingen bisher davon ab, daß Al Gore mit Unterstützung des von Clinton abgefallenen demokratischen Parteivorstands die Nominierung der Demokraten gewinnt. Jeder demokratische Bewerber, der die alte Franklin-Roosevelt-Tradition wiederbelebt, hat Chancen, gegen Bush zu gewinnen - außer Gore. Daher haben Bushs republikanische Parteifreunde Gore geholfen (während sie massiv gegen Clinton vorgingen), um ihn später um so gründlicher zu vernichten.

Ob Gore nun als Kandidat gegen Bush nominiert wird, oder ob man ihn schon vor dem Wahlkonvent wie einen räudigen Hund davonjagt, auf jeden Fall werden Bushs Unterstützer die internationalen Massenmedien mit Skandalen überschütten, nach denen die Welt über Gores Behauptung, er sei der "Saubermann" der amerikanischen Politik, nur noch schallend lachen wird. Im Gegenteil, im Jahr 2000 wird es kein Plätzchen in Tennessee mehr geben, das so hinterwäldlerisch ist, daß Gore sich dort vor seinem neuen Ruf als "politischer Schmutzfink des Jahrhunderts" verstecken könnte. "Gore 2000" ist eine Totgeburt.

Zugegeben, abgesehen von seinen irrationalen Wutausbrüchen und seiner Korruption ist Gore politisch im wesentlichen ein Nichts - aber das ist ein Loch im Boot auch. Entscheidend ist, die Tatsachen deutlich zu machen, solange sich der potentielle Schaden seiner Kandidatur noch korrigieren läßt.

Es geht nicht darum, daß Gore schlechte politische Ziele hat, obwohl er das natürlich hat und schon immer hatte, seit er Politik macht. Ich schlage auch nicht vor, ihn des Amtes zu entheben. Viele Politiker haben falsche Ziele, aber wir können sie mit Hilfe von Fakten und Vernunft bewegen, ihre Meinung zu ändern. Anders bei Gore. Meine Forderung ist daher schlicht und einfach: Von jetzt an darf Gore nur noch die strikt definierten verfassungsmäßigen Pflichten eines Vizepräsidenten erfüllen, und darf nicht mehr als eine Art "Mit-Präsident" oder ernsthafter Präsidentschaftskandidat betrachtet werden. Sorgen wir dafür, daß er sich nach und nach nur auf seine Lieblingsbeschäftigung beschränkt: sein Geld zu zählen. Das ist unter den gegebenen Umständen kein besonders drastischer oder unfairer Vorschlag.

Entscheidend ist: Gore ist entschlossen, alles an Clintons Politik, was ihm nicht paßt, zunichte zu machen. Die Welt muß wissen, daß das Hündchen Gore sich plötzlich entschlossen hat, nicht mehr stubenrein zu sein, und daß er deshalb auf dem Wohnzimmerteppich nichts mehr zu suchen hat. Unter Streß ist er zu seinem typischen Verhalten zurückgekehrt - der große Junge, der dem kleinen droht: "Du weißt, was passiert, wenn ich nicht meinen Willen kriege!"

Denken wir z.B. an Gores Verbindungen zu dem Obergauner George Soros und seinen Wutausbruch gegen Soros' Feind, Ministerpräsident Mahathir, in Kuala Lumpur. Es gibt viele weitere Beispiele für das Verhalten eines Sandkasten-Napoleons. Ein so brutaler Mensch darf niemals die Position des Oberbefehlshabers unserer Republik einnehmen.

Mit seinen eigenen Worten in Kuala Lumpur lieferte Gore einen weiteren Beweis dafür, warum er moralisch unfähig ist, Präsident oder "Mit-Präsident" zu sein. Seine geistig und moralisch völlig verdrehte Definition von "Demokratie" waren die "Milliarden Transaktionen" auf den elektronischen Spieltischen des weltweiten Finanzkasinos (siehe Neue Solidarität Nr. 49).

Angesichts der kurz bevorstehenden Desintegration des Weltfinanzsystems sind gewisse unmittelbare, drastische Veränderungen in der Außen- und Wirtschaftspolitik der USA zwingend vorgeschrieben. Bei allen diesen Veränderungen handelt es sich um Dinge, die Gore und die von ihm kontrollierten "Berater" niemals zulassen würden. Es geht um Leben und Tod unserer Nation. Angesichts Gores manifesten Hanges zu leidenschaftlichen Ausbrüchen bipolarer Irrationalität verlangt die nationale Sicherheit, daß ihm die Mittel zur weiteren Sabotage der politischen Überlegungen, die jetzt in der politischen Führung des Landes vorgehen müssen, aus der Hand genommen werden.

Dazu muß gar nichts Besonderes getan werden. Es genügt, wenn ein klares Verständnis des Problems vorhanden ist und entsprechend gehandelt wird - ruhig, aber bestimmt.