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Aus der Neuen Solidarität Nr. 14/2002

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Der Westfälische Frieden ist die Richtschnur

Ein Exklusivinterview mit Lyndon LaRouche

Der amerikanische Präsidentschaftskandidat Lyndon LaRouche hat am 26. März in einem Gespräch mit dem arabischen EIR-Korrespondenten Hussein Al Nadeem zu den brennenden Fragen des Nahostkonflikts Stellung genommen. Eine wirkliche Lösung der Krise werde nur im Rahmen einer Weltwährungsreform und eines wirklichen Dialogs der Kulturen möglich sein.


Der strategische Schlüssel: Währungsreform

LaRouche: Da Vizepräsident Cheney keine Mitteilungen über den Inhalt seiner vertraulichen Gespräche erlaubt hat, müssen wir die Lage im Lichte zweier Elemente betrachten: unserer eigenen Kenntnis der Situation sowie des hohen Grads der Unzuverlässigkeit der meisten offiziellen amerikanischen Stellungnahmen zu diesen und verwandten Fragen. Man muß berücksichtigen, daß Cheney für den Effekt in der Öffentlichkeit spricht, was in den letzten Monaten ohnehin die übliche Praxis seiner Administration ist, und zwar in praktisch allen Bereichen und mit zunehmender Tendenz. Weiterhin müssen wir in Rechnung stellen, daß sich die amerikanische Regierung über das Verhalten der israelischen Regierung und der israelischen Streitkräfte in den letzten Monaten niemals wahrheitsgemäß geäußert hat. Neben anderen Erwägungen werden einsichtige amerikanische politische Beobachter auch berücksichtigen, daß die für November geplanten Wahlen in den USA das derzeitige Verhalten der Administration in sämtlichen Bereichen und in allen Teilen der Welt, ganz besonders dem Nahen Osten, mit beeinflussen.

LaRouche: Militärisch gesehen brauchten die USA für einen Angriff auf den Irak - wenn man einen präventiven Nuklearschlag gegen ein Land ohne Kernwaffen einmal ausschließt - den Schätzungen der relevanten Militärkreise und anderer zufolge zwischen 200000 und 300000 Soldaten. Es wird geschätzt, daß man diese frühestens im Herbst stationieren könnte, und aus politischen Gründen nicht vor den Kongreß- und anderen Wahlen im November. Aber unter den gegenwärtigen Umständen sind alle gewöhnlichen Schätzungen und Vorhersagen in Frage gestellt. Es ist jederzeit alles möglich. Die Tatsache, daß eine Option in logistischer oder anderer Hinsicht verrückt ist, heißt nicht, daß die betreffenden Regierungen, die mit einem Krieg drohen, geistig normal oder in irgendeinem Sinne realistisch wären.

Hierzu sollte man auch die gegenwärtige Lage in Afghanistan betrachten, wo die USA behaupten, sie hätten praktisch schon gesiegt, während im selben Augenblick die erwartete langfristige Phase des Krieges gerade erst begonnen hat. Nach rationalen militärischen Erwägungen würde keine Macht, die ihre Sinne beisammen hat, einen so dummen Fehler begehen, die Erfahrungen der Sowjets mit dem Bergkrieg in diesem Gebiet zu wiederholen. Wer sich in die Pose eines großen "hundertjährigen" Krieges in vielen Teilen der Welt, u.a. dem Irak, begibt, und gleichzeitig Berichte über die blamablen jüngsten Entwicklungen in Afghanistan unterdrückt, verhält sich nicht wie eine realistische strategische Weltmacht, sondern wie eine Regierung, die durch die unhaltbare finanziell-wirtschaftliche und strategischen Weltlage zur Verzweiflung getrieben wird. Man denke nur an den berühmten englischen König Richard III., wie er verzweifelt nach einem Pferd ruft.

LaRouche: Der Mord am israelischen Ministerpräsidenten Rabin und die Weigerung der gegenwärtig in Israel Herrschenden, die Verantwortlichen hinter diesem Mord zur Rechenschaft zu ziehen, zeigen uns ein Israel, das ideologisch in einem verrückten, selbstmörderischen "Eretz-Israel/Massada"-Komplex gefangen ist. Die wachsende Rivalität zwischen Scharon und Netanjahu akzentuiert das wachsende Gefühl der Verzweiflung in diesen israelischen Kreisen. Erschwert wird die Lage in Israel durch die utopische Fraktion der "Kulturkämpfer" um Brzezinski, Huntington, Kissinger, der Smith-Richardson-Stiftung, des American Enterprise Institute, des Cato-Instituts u.a. innerhalb des amerikanischen Establishments. Die sehr engen Verbindungen zwischen den mit Scharon und Netanjahu verbundenen faschistischen Kreisen in Israel und den universalfaschistischen Kreisen Brzezinskis usw. unter den Utopisten in Amerika sind gegenwärtig die größte Bedrohung der Weltzivilisation. Insofern geht es nicht um den Irak an sich.

Das Problem ist, die Weltlage heute ist so beschaffen, daß die amerikanischen Utopisten keine anderen Handlungsoptionen tolerieren als solche, die direkt in immer größere weltweite Kriege führen. Es gibt Alternativen zum gegenwärtigen Weltfinanzkollaps, jedoch keine Alternativen, welche die führenden eingebunkerten Desperados in Israel und den USA akzeptieren würden. Nur wenn sie gezwungen werden, Alternativen zu akzeptieren, die sie nicht tolerieren wollen, gibt es eine Hoffnung, den allerschlimmsten Ausgang dieser weltweiten Krisenperiode zu vermeiden.

Wir sind in einer Weltlage gefangen, in der gewöhnliche Vorhersagen mit irgendeinem Grad an Zuverlässigkeit nicht mehr möglich sind. Wann immer in der Vergangenheit eine Kultur in eine ähnliche Lage geraten war, war das Resultat im Endeffekt für die meisten davon betroffenen Teile der Menschheit furchtbar.

LaRouche: Seit der Zeit, als 1789 die Verabschiedung der amerikanischen Bundesverfassung unmittelbar bevorstand, ist diese Verfassung eine tödliche Bedrohung sowohl für das System der britischen Monarchie als auch für die von Habsburg typisch vertretenen Überreste des kontinentaleuropäischen Feudalismus. So kam es zum ersten faschistischen Staat der Welt, dem von Kaiser Napoleon Bonaparte, und - Henry Kissinger hat das beschrieben - zur Zusammenarbeit zwischen britischer Monarchie und Heiliger Allianz, die zwar entschlossen waren, sich gegenseitig die Gurgel durchzuschneiden, aber dennoch vereint in dem Wunsch, vorher die Vereinigten Staaten von der Erde zu vertilgen. - Auch dies eine Meinung, die Kissinger seit 50 Jahren teilt und öffentlich bekräftigt hat.

Als die britische Monarchie im Januar 1933 Adolf Hitler zur Macht verhalf, wollte sie ursprünglich die USA aus dem neuen Krieg, den England für Europa plante, heraushalten. Als London dann entdeckte, daß Hitler zuerst gegen England und Frankreich losschlagen würde, wurde der nunmehr peinliche König Eduard VIII. entthront, und man setzte auf die Entschlossenheit Franklin Roosevelts, eine Kriegsmobilisierung gegen Hitler in Gang zu setzen.

Nach dem Krieg und der Entlassung General Douglas MacArthurs setzte eine radikale Wende in der Militärpolitik ein. Am Ende der Amtszeit Eisenhowers setzte sich diese neue Politik durch, die sich am Vorbild der antiken imperialen römischen Legionen sowie der Waffen-SS der Nazis orientierte und die sowohl Eisenhower als auch MacArthur ablehnten. Dabei fand sie Unterstützer in Spanien, Frankreich und anderen Staaten. Die Mordanschläge auf den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle sind beispielhaft für diese Veränderungen.

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989-1991 verstärkte die "utopische" Fraktion mit Brzezinski und anderen ihre langfristigen Bemühungen, den souveränen Nationalstaat überall in der Welt abzuschaffen. Die sogenannte "Globalisierung" ist ein Beispiel für diese Politik. Der Kissinger-Freund Michael Ledeen hat dieses Konzept zutreffend als "Universalfaschismus" bezeichnet. Dabei handelt es sich in Prinzip darum, die Ziele der Waffen-SS wiederaufleben zu lassen, so wie Scharon gegenüber den Palästinensern die gleichen Maßnahmen und Vorgehensweisen einsetzt wie die SS im Warschauer Getto.

Der strategische Schlüssel: Währungsreform

Lyndon LaRouche: Der strategische Schlüssel zu einer dauerhaften Lösung liegt einzig in einer Reform des derzeit zusammenbrechenden Weltfinanzsystems, für deren Verwirklichung ich mich seit mehr als 30 Jahren einsetze. Kurz, eine vernünftige Wiederanknüpfung an das protektionistische Bretton-Woods-System der Zeit zwischen 1945 und 1965, wobei diesmal alle Nationen als Partner im Rahmen einer Prinzipiengemeinschaft souveräner Nationalstaaten beteiligt wären. Das bedeutet eine langfristige Bereitschaft zum Wiederaufbau der Weltwirtschaft auf gerechter Basis. Friedliche Zusammenarbeit bei großangelegten Infrastrukturvorhaben in ganz Eurasien sollte die Grundlage dieses Wiederaufbauprozesses sein, wobei sich die Entwicklung Afrikas als "Nebenprodukt" der Entwicklungen in Eurasien vollziehen muß.

Lyndon LaRouche: Ein Dialog der Kulturen sollte nicht als Verhandlung zwischen Religionen, sondern als Prozeß gesehen werden, in dem es nicht so sehr um die Einzelheiten, sondern um die gemeinsamen Prinzipien geht, die nach unserem gemeinsamen Willen in unseren Staaten vorherrschen sollten. Entscheidend dabei ist das als "Gemeinwohl" bekannte Prinzip, das als verfassungsrechtliche Forderung an die Regierungen gestellt werden und auch dem Streben der Zusammenarbeit zum allseitigen Nutzen zwischen den Staaten zugrundeliegen muß. Der Westfälische Frieden von 1648 gilt bis heute in dieser Hinsicht als Vorbild und Richtschnur. Seine zentrale Übereinkunft besagte, daß sich die Völker, die sich 30 Jahre lang in einem Religionskrieg gegenübergestanden hatten, trotz ihrer Unterschiede nunmehr mit Liebe begegnen sollten.

Lyndon LaRouche: Es ist schlimmer als eine Phantasievorstellung; es ist eine bewußte Lüge. Da bahnt sich überhaupt kein Aufschwung an, sondern alles ist ein gigantischer Betrugsversuch, um die dumme und leichtgläubige Mehrheit der Bevölkerung noch ein bißchen länger zu täuschen. Das Bekanntwerden von Berichten über die jüngste Sitzung des Offenmarktausschusses belegt die Betrugsabsichten der Federal Reserve, die Öffentlichkeit weiter hinters Licht zu führen. Die sogenannte Kriegsmobilisierung ist in ihrer derzeitigen Form eine Farce.

Lyndon LaRouche: Es könnte funktionieren. Aber nur dann, wenn die möglichen Beteiligten verstehen, daß ein Scheitern dieses Dialogs sehr schmerzhafte Folgen hätte. Die meisten klammern sich an kleine Unterschiede, bis ihnen klar wird, daß ein Scheitern einer vernünftigen Vereinbarung eine Katastrophe für alle Beteiligten wäre. Dies war das Geheimnis des Erfolgs des Westfälischen Friedens von 1648, der einen dreißigjährigen schrecklichen Religionskrieg beendete.

Lyndon LaRouche: Dazu müssen wir uns den Grundfragen der Wirtschaftswissenschaft, der physischen Ökonomie, zuwenden, die mein Spezialgebiet ist. Es gibt keine sog. nachhaltige Wirtschaft, die auf festen sozialen oder physikalischen Modellen beruht. Es gibt nur die Alternative Fortschritt oder Untergang durch Verschleiß. Nur wenn der Mensch die großen Entdeckungen und die darauf folgenden Errungenschaften der Vergangenheit nachvollzieht und die Verbesserungen, die für die Zukunft benötigt werden, verwirklicht, kann er das Gefühl entwickeln, an der Bewältigung der Zukunft als Ebenbild des Schöpfers einen wichtigen Beitrag zu leisten.

Die Verbreitung bösartiger Ideen in den letzten Jahrzehnten, wie etwa das Hirngespinst der Überbevölkerung, hat ein Gefühl von Haß geschaffen. Das drückt sich schlimmstenfalls in Konzepten aus, wonach Palästinenser sterben sollen, damit israelische Siedler noch mehr Land und Wasser beanspruchen können. Das entspricht genau der Ideologie Hitlers vom "Lebensraum", die von den heutigen Anhängern des offenen Faschisten und einstigen Hitler-Bewunderers Wladimir Jabotinsky übernommen wurde.

Im Gegensatz zu den naziähnlichen Konzepten der Kräfte um Scharon ist die Entwicklung Israels und die Wasserversorgung des Nahen Ostens die einzige dauerhafte Grundlage für Frieden in dieser Region. Auch in anderen Gegenden, im Inneren Chinas oder anderswo, ist die Lage ähnlich. Wir als Menschen müssen Gutes zum Wohle zukünftiger Generationen tun, und wir müssen Wege finden, wie wir als Individuen am Zustandekommen dieser guten Taten mitwirken können. Erst wenn wir die bösartigen Dogmen von Kissingers Lieblingsphilosophen Thomas Hobbes abgeschüttelt haben, ist anhaltender Frieden auf diesem Planeten möglich.

 

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