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Die Buchhaltermentalität ist schuld!

Von Lyndon LaRouche

Am 2. Februar, dem Tag nach dem Columbia-Unglück, veröffentlichte der amerikanische Präsidentschaftskandidat LaRouche die folgende Erklärung.


Wissenschaft und Sicherheit

Niemand sollte voreilige Schlüsse über die unmittelbaren Ursachen des schrecklichen Unfalls der Raumfähre Columbia ziehen. Trotzdem kann und muß man klar erkennen, daß sich die NASA aufgrund der von Buchhaltern diktierten radikalen Einschnitte gezwungen sah, ein gewisses Maß an vermeidbaren Risiken in Kauf zu nehmen. In der Zeit vor dem tödlichen Start der Raumfähre Challenger am 28. Januar 1986 wurde eine fahrlässige Politik eingeschlagen, die bis heute beibehalten wurde.

Im Jahre 1986 arbeitete ich mit einem führenden Spezialisten für die Entwicklung ballistischer Raketen und Abwehrmaßnahmen gegen solche Angriffe zusammen. Er äußerte damals seinen Zorn über die verrückten Änderungen in der Arbeitsweise der NASA, u.a. die verantwortungslose Art und Weise, wie der von der Umweltschutzlobby verlangte Austausch der Dichtungsringe für den bevorstehenden Start der Challenger durchgesetzt wurde. Der tödliche Fehler dieser erzwungenen "Sparpolitik" bei der NASA war von der gleichen Art wie die törichten Veränderungen bei Daimler-Benz bei der ursprünglichen Entwicklung der A-Klasse. Die kriminelle Fahrlässigkeit besteht in diesen und ähnlichen Fällen darin, daß man die traditionelle kompetente Wissenschafts- und Ingenieurspraxis zunehmend durch die mathematischen Elfenbeinturmmethoden der Systemanalyse und ähnliches ersetzt und die heutigen Buchhalter mit ihrer Sparmentalität die Unternehmen leiten läßt.

Hätte man damals auf solchen Rat gehört, wäre uns der schreckliche Challenger-Unfall erspart geblieben. Ähnlich war das Umfeld in der Zeit vor den Geschehnissen des vergangenen Samstags. Experten, die in den letzten Jahren bei ihren Überprüfungen vor riskanten "Sparmaßnahmen" warnten, wurden immer wieder überstimmt und übergangen.

Wir können die Ereignisse vom Samstag nicht ungeschehen machen, aber es muß ein Ende haben mit den schlecht durchdachten Sparmaßnahmen, die wichtige nationale Programme wider besseren Rat und Erfahrung in unnötige Risiken stürzen.

Wissenschaft und Sicherheit

Seit Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die frühere "Produktionsgesellschaft" ihre "Geschlechtsumwandlung" zur dekadenten, bankrotten Kultur der "Konsumgesellschaft" durchmachte, ist die Faszination für computergenerierte Zahlen in ihrer zunehmenden Verachtung der Experimentalwissenschaft pathologisch geworden. Früher verteidigten Wissenschaftler, Ingenieure und Produktionsmanager die wirtschaftliche Kompetenz in ständigen Rückzugsgefechten gegen die "Gestapo-Bande" der Finanzbuchhalter von der Wall Street, die sich wie eine ausländische Besatzungsmacht in den Buchhaltungsabteilungen niederließen.

Mit dem ruinösen kulturellen Paradigmawandel in der Wirtschaftspolitik in der Zeit von 1971-1981, als der Klon der Nashville-Agrarier Henry Kissinger und der durchgedrehte Kriegstreiber Zbigniew Brzezinski die Regierung ihrem Diktat unterwarfen, wurde der kulturelle und wirtschaftliche Verfall des Bildungswesens sowie der Landwirtschaft und Industrie Amerikas unaufhaltsam. Unter der durch die Zentralbankchefs Paul Volcker und Alan Greenspan verkörperten Besatzungsmacht wurden Wissenschaft und Vernunft aus der Politik und aus den Köpfen der Universitätsabsolventen vertrieben. Die Kredithaie und ihre diebischen Buchhalter haben die Macht übernonmmen. Heutzutage trifft man nur noch sehr selten auf eine mit dem früheren Standard der Unternehmensführungen vergleichbare Kompetenz.

An diese 1964-81 auf breiter Basis eingeführten, immer schnelleren Veränderungen des kulturellen Paradigmas sollte man denken, wenn man sieht, wie verantwortungslos die Entscheidungen unserer Regierung in der Raumfahrtpolitik häufig sind.

Betrachtet man das Unglück vom vergangenen Samstag vor diesem Hintergrund der Jahre 1964-2003, dann müssen sich die Entscheidungsträger unserer Republik bestimmten Fragen und Antworten stellen, wie etwa den folgenden:

1. Ist das Risiko der bemannten Raumfahrt notwendig?

Die künftige Fähigkeit der Menschheit, die Lebensbedingungen auf der Erde zu verbessern, hängt von Erkenntnissen ab, die man ohne bemannte Raumfahrt nicht gewinnen kann. Auch der Schutz der Erde vor Gefahren wie z.B. kleineren Asteroiden erfordert es, den erdnahen Weltraum auch zu diesen Zwecken zu erforschen.

2. Würden höhere Ausgaben das Risiko ähnlicher Katastrophen wie Challenger und Columbia verringern?

Wie der Fall Challenger zeigte und vielleicht auch die Untersuchung der Columbia-Katastrophe ergeben wird, verringerten höhere Ausgaben für die Feststellung von Risiken und deren Vermeidung, sofern man das Geld kompetent und für die richtigen Zwecke ausgibt, diese Risiken deutlich und wären somit mehr als gerechtfertigt.

3. Welche Maßnahmen wären sinnvoll?

Ein Beispiel: Wernher von Braun mahnte in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, man solle für Reisen zu anderen Planeten von Christoph Kolumbus lernen und Flottillen von etwa drei Fahrzeugen entsenden, damit eines dem anderen helfen könne, falls lebensgefährliche Probleme auftreten. Dies sollte für bemannte Mondflüge und Situationen wie die der Columbia gängige Praxis werden. Ganz allgemein sollte man sich immer auf Katastrophen auch völlig unerwarteter Art gefaßt machten und entsprechende Alternativoptionen für den Notfall in das System aufnehmen.

4. Warum überhaupt das Risiko in Kauf nehmen?

Es gibt allgemein drei Gründe, das Risiko in Kauf zu nehmen:

5. Wurden die Risiken richtig eingeschätzt?

Einige Wissenschaftler haben die Risiken zum Teil vorhergesehen. Aber Buchhalter und Politiker, die fanatisch auf Ausgabenkürzung aus waren, zogen es vor, den Protest dieser Wissenschaftler als politisch unrealistisch anzusehen.

Carl Gauß' revolutionäre Schrift über das Fundamentaltheorem der Algebra aus dem Jahr 1799 veranschaulicht die Tatsache, daß man universelle physikalische Prinzipien nicht mit mathematischen Formeln entdecken kann, sondern nur experimentell, indem man sich auf scheinbar marginale, aber nicht wegzuinterpretierende Irrtümer in den Formeln konzentriert - so wie Kepler das anhand seiner eigenen Entdeckung der Gravitation in der Neuen Astronomie von 1609 darstellt. Bei einigen besonders wichtigen Risikoquellen - wie im Fall der ausgetauschten Dichtungsringe an der Challenger - ist es notwendig, scheinbar kleine Veränderungen der Kombination von Techniken oder Materialien in dem neuen Entwurf intensiv experimentell zu erforschen.

Da es im Wesen der Raumfahrt liegt, das Unbekannte zu erforschen, ist es von vornherein inkompetent, sich einfach auf die bekannten Formeln zu verlassen. Wir müssen stets das untersuchen, was wir nicht wissen, sonst gäbe es keinen Grund für Raumfahrt - außer Vergnügungsreisen. Die Buchhaltungsabteilung und gewisse opportunistische Politiker wollen das nicht hören; diese Überheblichkeit fordert neue Katastrophen heraus.

6. Welchen Einfluß sollte die Raumfahrtpolitik auf die nationale Wirtschaftspolitik haben?

Der große Biogeochemiker Wladimir I. Wernadskij hat gezeigt, daß das bekannte Universum aus drei vielfach miteinander verknüpften Phasenräumen besteht: der toten Materie, dem Leben sowie der besonderen geistigen Fähigkeit des Menschen zur Entdeckung neuer universeller Prinzipien der Naturwissenschaft und klassischen Kunst (wie z.B. John Keats' Ode auf eine griechische Urne). Um das Universum und sein Wirken auf die menschlichen Lebensbedingungen auf der Erde zu verstehen, müssen wir konsequenterweise immer weiter entfernte Vorgänge und Bedingungen untersuchen - im ganz Großen wie im Allerkleinsten. Wir müssen erforschen, wie das universelle Prinzips des Lebens selbst unter den entlegensten und außergewöhnlichsten Bedingungen des Universums wirkt, und uns in ähnlicher Weise mit den schöpferischen Fähigkeiten des menschlichen Individuums beschäftigen.

Der Mensch im Weltraum stellt uns in konzentrierter und unmittelbarer Weise vor alle diese Phasen und ihr Zusammenwirken. Wir müssen die kindische Furcht vor dem eingebildeten "Schwarzen Mann" überwinden und in die Nacht hinausgehen, um zu entdecken, was dort wirklich ist. Täten wir das nicht, wären wir nicht wirklich Menschen.

Die Ausbreitung primitiv wissenschaftsfeindlicher "Konsumkulturen" und die Unterdrückung wissenschaftsfreundlicher "Produzentenkulturen" von 1964 bis heute war der axiomatische Faktor, der die ganze Welt in die gegenwärtige wirtschaftliche und finanzielle Katastrophe geführt hat. Es ist Zeit für eine Rückkehr zu der Einstellung, auf der unsere früheren Errungenschaften wie die bemannte Mondlandung beruhten.

7. Gemeinsame Ziele der Menschheit?

Im Herbst 1982 formulierte Dr. Edward Teller den schönen Satz von den "gemeinsamen Zielen der Menschheit". Die bessere Beherrschung der Bedingungen im Bereich der inneren Umlaufbahnen unseres Sonnensystems ist der unmittelbare Imperativ für die Menschheit für den Rest dieses Jahrhunderts. Später werden wir nach Größerem greifen.

Wie ich damals etwa zur gleichen Zeit in einer Rede betonte: "Wenn wir eine wissenschaftliche Kolonie auf dem Mars gründen können, dann wird es für uns leicht sein, die Sahara in eine bewohnbare Erdregion zu verwandeln und die ganze Erde in jenen blühenden Garten, der sie unter unserer Obhut sein sollte."

 

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