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Aus der Neuen Solidarität Nr. 27/2004 |
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In der Spitzenbürokratie der Europäischen Union hat sich ein Mann eingenistet, der die EU zu einem "kooperativen Imperium" machen will. Hier wird das System von Maastricht zum Kernstück seines postmodernen Imperiums.
Seit Mai 2002 nimmt der führende britische Propagandist eines "liberalen Imperialismus" Robert Cooper eine einflußreiche Position unter den Spitzenbürokraten der Europäischen Union ein. Cooper ist Generaldirektor für äußere und politisch-militärische Angelegenheiten des Rates der Europäischen Union und damit wichtiger Berater des außenpolitischen Sprechers der EU Javier Solana. Es müßte für jeden Europäer klar sein, daß dieser Mann schleunigst aus diesem Amt entfernt werden muß.
Coopers Berufung nach Brüssel bildet den Kern britischer Bemühungen, die kontinentaleuropäische Politik in eine imperiale Richtung zu steuern. Hier zeigt sich unter anderem auch der Einfluß von synarchistischen, supranationalen Finanzinteressen nahestehenden Netzwerken wie der Bilderberger-Gruppe. Anfang der 50er Jahre waren die Bilderberger vom damaligen holländischen Prinzgemahl Bernhard gegründet worden, der vor seiner Heirat Mitglied der Allgemeinen SS war.
In seiner Eigenschaft als EU-Spitzenbeamter ist Cooper überall in der Welt ein gern gesehener Gast bei allen möglichen Konferenzen, beispielsweise im britischen Wilton Park-Zentrum oder im Berliner Aspen-Institut, das von Jeffrey Gedmin, einem der führenden amerikanischen Neokonservativen, geleitet wird. Auch in allerlei strategischen Journalen taucht Coopers Name auf, neben ähnlichen neoimperialer Ideologen wie dem Briten Niall Ferguson oder dem Amerikaner Robert Kagan.
Coopers Schriften erweisen ihn als Anhänger des britischen Philosophen Thomas Hobbes - "Krieg aller gegen alle" - aus dem 17. Jahrhundert. Damit lehnt er die humanistischen Kernideen der europäischen Zivilisation ab, wie sie sich in und nach der "goldenen Renaissance" des 15. Jahrhunderts herausbildeten. Die Umsetzung von Coopers Konzepten würde für die Europäische Union und ihre Nachbarstaaten den Status einer Ansammlung "gescheiterter Staaten" und allgemeines Chaos bedeuten, gegen das Cooper vorgeblich polemisiert. Damit würde für Europa der Weg in Richtung Faschismus gebahnt.
Es überrascht kaum, daß Cooper stark polarisiert und er von vernünftigen Kreisen in Kontinentaleuropa wie auch in Großbritannien scharf kritisiert wird. Ein Blair-kritischer außenpolitischer Experte in London meinte gegenüber EIR: "Man muß sich Coopers Ideen um jeden Preis entgegenstellen. Er mag von einer in ,Ordnungszonen' und ,Chaoszonen' geteilten Welt reden, aber in Wirklichkeit ist das nur ein Aufguß des Imperialismus des 19. Jahrhunderts. Das war alles schon einmal da, mit Rudyard Kiplings Propaganda über den ,minderwertigen Menschenschlag'." Und ein normalerweise zurückhaltender italienischer Strategieexperte beschrieb Cooper als "völlig verrückt" und erklärte, seinen Konzepten müsse man konsequent und strikt entgegentreten.
Daß Cooper gerade im Mai 2002 seine heutige Funktion in der EU übernahm, ist bemerkenswert, weil er im Oktober 2001, also unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September, eine intensive öffentliche Diskussion in England und international angeregt hatte, in der er die Notwendigkeit eines "neuen Imperialismus" propagierte. Bei Vorträgen in München und anderen deutschen Städten hatte ich bereits im Frühjahr 2002 vor der neoimperialistischen Ideologie Coopers gewarnt. In seinem Artikel Das nächste Imperium, der in der Oktober 2002-Ausgabe des britischen Trendmagazins The Prospect erschien, schrieb Cooper damals: "Alle Voraussetzungen für einen neuen Imperialismus scheinen gegeben zu sein."
Genau in dieser Zeit wurde Cooper sozusagen ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gedrängt, als er am 22. Oktober 2002 zum Sondergesandten des britischen Außenministeriums für Afghanistan und dessen Nachbarregionen in Zentralasien ernannt wurde. Zuvor war Cooper außenpolitischer Sonderberater des britischen Premierministers Tony Blair gewesen. In dieser Position, wo er praktisch dem Blick der Öffentlichkeit entzogen war, wurde Cooper die treibende Kraft hinter Blairs berüchtigter Rede über "liberalen Imperialismus", die dieser in Chikago 1999 während des Kosovokrieges gehalten hatte. Damals hatte sich Blair für eine neue Ära weltweiter Interventionen ausgesprochen - natürlich aus "humanitären" Erwägungen. Coopers Schriften zeigen, daß er den Kosovokrieg als Modell seines Neoimperialismus betrachtet.
Wie verschiedene britische Quellen berichten, entwickelte sich im Laufe der Jahre eine enge Beziehung von Cooper zu Baroneß Elisabeth Conway Symons, der Staatssekretärin für den Nahen Osten, internationale Sicherheit, Konsular- und Personalangelegenheiten im britischen Außenministerium. Symons, die der Fabian Society nahesteht, ist an internationalen "Schmutzoperationen" gegen Lyndon LaRouche beteiligt. Ein führender britischer Atlantiker betonte, Symons und Cooper "arbeiten als Team zusammen - beide stehen Tony Blair sehr nahe". Ein anderer britischer Insider sagte: Cooper und Symons "halten regelmäßig Verbindung untereinander und treffen sich meines Wissens regelmäßig. Sie sind beide zentrale Figuren im ,Blair-Projekt'".
In dem erwähnten Prospect-Artikel listet Cooper die verschiedenen Weltreiche auf, die seit der Antike bis heute existierten, und bemerkt: "Dies legt nahe, daß die Weltgeschichte die Geschichte von Weltreichen ist... Verglichen mit dem Weltreich ist der Nationalstaat ein junges Konzept, der Kleinstaat begann seinen Aufstieg in der Renaissance, und die Nation als maßgeblicher politischer Faktor erst im 19. Jahrhundert. Das Nichtvorhandensein von Imperien... ist historisch ohne Beispiel. Die Frage lautet, ob dies so bleiben kann. Es gibt sowohl theoretische wie praktische Gründe für die Überlegung, daß das nicht so ist."
Dann nennt Cooper drei Faktoren, die seiner Ansicht nach beispielhaft für den derzeitigen Trend in Richtung eines "neuen Imperialismus" sind: der Internationale Währungsfonds (IWF), die Globalisierung und die Europäische Union. Er lobt besonders die Einmischung des IWF in die inneren Angelegenheiten von Nationen, was er den "Imperialismus in Finanzsektor" nennt, und vergleicht dies mit der französischen Kontrolle der ägyptischen Finanzen in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Das IWF-System, so schreibt er, würde wohl den Kern eines "Imperialismus der Globalisierung" bilden. Zugleich forderte er, die EU solle sich zu einer neuen Struktur weiterentwickeln, die er als "kooperatives Imperium" bezeichnet und mit dem römischen Weltreich vergleicht.
Wenn auch noch unklar ist, wie Cooper überhaupt in diese einflußreiche Position gelangen konnte, steht fest, daß er seither alles daran setzt, sein Projekt eines "neuen liberalen Imperialismus" umzusetzen. In seinem 2003 erschienenen Buch The Breaking of Nations: Order and Chaos in the 21st Century (Das Auseinanderbrechen von Nationen: Ordnung und Chaos im 21. Jahrhundert) proklamiert er, daß die EU ein "postmodernes" Imperialgebilde sei - im Gegensatz zu "prämodernen", zum Chaos tendierenden Staaten einerseits und "modernen" Groß-Nationalstaaten wie den Vereinigten Staaten anderseits. Cooper schreibt: "Die weitreichendste Form imperialer Ausdehnung ist die der Europäischen Union... Die postmoderne europäische Antwort auf Bedrohungen besteht darin, das System eines kooperativen Imperiums immer weiter auszudehnen."
Ein "postmodernes" Staatengebilde zeichnet sich seiner Ansicht nach durch eine "postindustrielle Dienstleistungswirtschaft" und "Konsumgesellschaft" aus. In der realen Welt außerhalb der Fantasien Coopers können solche "postmodernen" Staatengebilde weder wirtschaftlich noch politisch überleben, zumal unter den Bedingungen einer allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise. Imperiale "Ausdehnung" soll offensichtlich eine Politik verdecken, die auf die Ausbeutung anderer Regionen - Rohstoffe oder billige Arbeitskräfte - hinausläuft. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß die russische Führung die EU-Erweiterung mit Skepsis und Besorgnis betrachtet.
Selbstverständlich ist Cooper von der monetaristischen Maastricht-Zwangsjacke für die Wirtschaft Kontinentaleuropas ganz begeistert. Daß er in den Kategorien der synarchistischen Finanzoligarchie eines Montagu Norman oder Hjalmar Schacht denkt, zeigt folgender Satz: "Es fällt auf, daß die monetäre Integration [in der EU] genau dadurch erreicht wurde, daß die Geldpolitik den Politikern aus den Händen genommen und den Technokraten übergeben wurde."
Dies trifft, wenn auch aus entgegengesetzter Richtung, den Kern der Warnungen LaRouches vor den Gefahren eines unabhängigen Zentralbanksystems und des Systems von Maastricht in Europa, womit die Finanzsouveränität der Regierungen praktisch ausgehebelt ist. Im System von Maastricht wird Kreditschöpfung für produktive Investitionen in Infrastruktur und Zukunftsindustrien auf nationaler oder EU-Ebene als Staatsverschuldung behandelt, die dem 3%-Kriterium für Haushaltsdefizite unterliegt. Damit sind diese Regierungen nicht mehr in der Lage, auf Wirtschaftskrisen so zu reagieren, wie etwa Franklin D. Roosevelt in den 30er Jahren die Depression in den USA bekämpfte.
Für Cooper ist "postmodern" mit dem Begriff "postnational" oder der Überwindung der Prinzipien des Westfälischen Friedens von 1648 gleichzusetzen, der in Europa die lange Phase verheerender Religionskriege beendete. Dabei behauptet er fälschlicherweise, der Westfälische Frieden habe in Europa das "Gleichgewicht der Mächte" geschaffen, das dann der Auslöser für immer weitere Kriege gewesen sei, da ein Mächtegleichgewicht eine System sei, "wo man mit Kriegen rechnen" müsse.
Damit macht er sich zum Vertreter der Ideologie, daß der Nationalstaat an sich die Ursache von Kriegen sei. Tatsächlich war das Mächtegleichgewicht der Hebel, mit dem die britische Imperialpolitik über Jahrhunderte bestrebt war, den europäischen Kontinent im Zustand permanenter Konflikte und Schwäche zu halten. In der ersten Hälfte von Coopers Buch finden sich praktisch auf jeder Seite Hinweise auf die Politik des Mächtegleichgewichts.
Am gefährlichsten ist aber Coopers axiomatische Behauptung, die Welt sei in "Zonen der Ordnung" und "Zonen des Chaos" aufgeteilt. Zu den letzteren zählt er "gescheiterte Staaten" wie etwa Liberia, Somalia oder Afghanistan. Als "Chaosregionen" werden Afrika, "Teile der ehemaligen Sowjetunion" oder "Gebiete in Südamerika" aufgelistet. Und an anderer Stelle erklärt er lapidar in Anlehnung an Samuel Huntington, die Welt sei aufgeteilt in "sie und uns". Weiter heißt es: "Beim Umgang mit der altmodischen Sorte von Staaten außerhalb der postmodernen Grenzen müssen sich die Europäer auf die rauheren Methoden früherer Zeiten zurückbesinnen: Gewalt, präemptive Angriffe, Täuschung, was immer auch für diejenigen notwendig ist, die noch in der Welt des 19. Jahrhunderts gefangen sind, wo jeder Staat für sich existierte. Im Dschungel muß man sich an die Gesetze des Dschungels halten... Nicht das gutorganisierte Persische Reich brachte den Fall Roms, sondern die Barbaren."
Und dann fährt Cooper fort: "Die Schwierigkeit besteht darin, zu erkennen, welche Form die Intervention annehmen sollte: Der logischste Weg, mit dem Chaos umzugehen, ist die Kolonisierung. Wenn der Nationalstaat versagt hat, warum soll man dann nicht auf eine ältere Form - das Imperium - zurückgreifen?"
Wie auch aus dem erwähnten Prospect-Artikel hervorgeht, ist das IWF-Weltbank-System ein Vehikel seiner imperialen Politik. Die Hilfsprogramme des IWF sieht Cooper als "begrenzte Form eines freiwilligen Imperiums". Und wieder präsentiert er als Beispiel die "Lösung" der ägyptischen Finanzkrise von 1875, als Frankreich und England die Aufsicht über die Finanzen des Landes übernahmen und die ägyptische Regierung gestürzt wurde. Damals wurden 32 000 britische Soldaten nach Ägypten entsandt, um wieder "Ruhe und Ordnung und eine gute Regierung" herzustellen.
Natürlich unterstützt Cooper den Irakkrieg, wobei er in Anlehnung an Cheney argumentiert, der Irak stelle eine Bedrohung dar, weil er potentiell Kernwaffen entwickeln könne, und nichts sei wichtiger, als zu verhindern, daß neue Nuklearmächte auftreten oder Massenvernichtungswaffen in die Hände von Terroristen geraten.
In diesem Teil seines Buches stellt Cooper sich auch voll hinter die "Doktrin präemptiver Aktion", wie sie in der amerikanischen Nationalen Sicherheitsstrategie vom September 2002 zum Ausdruck kommt. "In der Praxis unterscheidet sich dies [NSS-2002] kaum von der lange gültigen britischen Doktrin, daß es keiner einzelnen Macht gestattet werden könnte, den europäischen Kontinent zu beherrschen." Weiter schreibt er über die Bush/Cheney-Präemptivdoktrin: "Wenn die Europäer die Nationale Sicherheitsstrategie der USA nicht mögen, dann sollten sie ihre eigene entwickeln, statt sie nur zu kritisieren. Noch besser wäre, wenn eine gemeinsame Strategie entwickelt würde." Gerne - aber ohne Herrn Cooper.
Allerdings fürchtet Cooper, die weitere Existenz und ein möglicherweise erfolgreiches Agieren "moderner" Nationalstaaten könnte letztlich das "globale Machtgleichgewicht" ins Wanken bringen. Auch Rußland, China und Indien bereiten ihm in diesem Zusammenhang Sorgen. Und er fragt, ob nicht diese beiden Staaten auch in "prämoderne" Zustände von Chaos und Unruhe stürzen könnten. "Prämoderne Staaten neigen dazu, zum Austragungsort einer Reihe von Konflikten zu werden - zunächst Bürgerkriege, und später die Kriege aller gegen alle, wie Hobbes sie zutreffend nannte, um Rohstoffe."
Welche eine zynische Verdrehung! Diese Konflikte wurden und werden, wie diese Zeitung seit Jahren immer wieder dokumentiert hat, von einflußreichen anglo-amerikanischen und europäischen Interessen geschürt und manipuliert.
Dies beweist einmal mehr, daß der Imperialismus Kriege hervorruft, und daß nur die endgültige Überwindung der auf Hobbes zurückgehenden imperialen Politik, die Cooper personifiziert, einer gequälten Welt den Frieden bringen kann. Ein nützlicher erster Schritt in diese Richtung ist die fristlose Kündigung des EU-Spitzenbeamten Robert Cooper.
Mark Burdman
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