» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Aktuelle Ausgabe Diese Ausgabe Gehe zu ... Kernthemen Suchen Abonnieren Leserforum

Artikel als
=eMail=
weiterleiten

Aus der Neuen Solidarität Nr. 24/2004

Jetzt
Archiv-CD
bestellen!

  Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken

Über Zölle und Handel

Von Lyndon LaRouche
- 6. Teil -

Am 12. Januar 2004 veröffentlichte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Präsidentschaftskandidat die folgende grundlegende Schrift, die wir in mehreren Folgen abdrucken.


5. Die neomanichäische Maxime
Newton war ein Spinner

5. Die neomanichäische Maxime

Im abschließenden, entscheidenden Abschnitt dieses Berichts wollen wir uns nun, wie versprochen, mit dem "Goldfischglas-Syndrom" befassen. Als Beispiele dieses Syndroms betrachten wir einige der Quellen, aus denen der stärkste Widerstand gegen meine Vorschläge kommt. Nehmen wir einmal die Variationen zum Thema der neomanichäischen Maxime, die unter Bezeichnungen wie Laissez-faire oder "Freihandel" bekannt ist.

"Laß mich gewinnen, nur dies eine Mal!", rief der Würfelspieler. Die Tatsache, daß das Gebet des Spielers kein christliches Gebet ist, bedeutet nicht, daß er nicht auf seine Weise ein höchst religiöser Mensch ist. Der Glaube an Glück oder Pech ist eine heidnische Religion - u.a. die Religion der "Bogomilen" oder "Katharer" und die der Anhänger des berüchtigten Scharlatans Jonathan Edwards, einem "Elmer Gantry im wahren Leben" im Amerika des 18. Jahrhunderts.

Man darf solche Leute nicht schon deshalb als böse verdammen, weil sie tatsächlich weder Christen noch Juden noch Moslems sind. Sie sind nur dann zu verurteilen, wenn mit dem Heidentum - wie im römisch-imperialen Pantheon - systematisch rationalisiert wird, daß ein Teil der Menschheit grundsätzlich zu Menschenvieh herabgewürdigt wird. Daß Kaiser Julian Apostata einen bösartigen heidnischen Kult wiederbelebte, ist deshalb bemerkenswert, weil der mächtigste britische Politiker des späten 18. Jahrhunderts, Lord Shelburne, sich Julian bewußt zum Vorbild nahm. Shelburnes Haushistoriker Edward Gibbon, der nach Wegen suchte, wie das 1763 entstandende Weltreich der Britischen Ostindiengesellschaft einem ähnlichen Untergang wie dem des alten Rom entgehen könne, machte das Christentum für den Untergang des Römischen Reiches verantwortlich und schlug vor, Großbritannien solle dem Vorbild des byzantinischen Kaisers Julian Apostata folgen.48

Die Politik von Shelburnes Mitarbeiter Adam Smith, Jeremy Bentham und ihren Nachfolgern Castlereagh, Palmerston und Russell war in der Tat ihrem Wesen nach heidnisch im Sinne von Gibbons These. Eine parallele, heidnisch-imperiale Lehre verbreitete sich unter christlichen Geistlichen in Form der ultramontanen neurömisch-imperialen Doktrin unter der Losung der gefälschten "Konstantinischen Schenkung". Dieses Heidentum unter falschen christlichen Vorzeichen wurde das Kennzeichen aller gnostischen Kulte, die sich in der Zeit nach Karl dem Großen bis zum neuen finsteren Zeitalter im 14. Jahrhundert um die imperiale Macht der venezianischen Finanzoligarchie und ihrer normannischen Verbündeten herum entwickelten. Das Wiederaufleben der Kräfte der Gegenrenaissance unter Venedigs Führung im 16. Jahrhundert stand in der gleichen, gnostischen Tradition wie schon das ältere Venedig und wie der Aufstieg der anglo-holländischen, liberal-imperialen Strömungen Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts.

Diese Form des Heidentums findet bis heute in den USA ihren Ausdruck in der Religion von Bernard Mandeville, François Quesnay und dem Amerikafeind Adam Smith49 - nämlich schlicht und einfach dem blinden Glauben, der sich in der überall verbreiteten Spielsucht im Spielkasino, auf schmutzigen Hinterhöfen oder an der Börse ausdrückt. Das entscheidende praktische Wesensmerkmal dieser gnostischen Glaubensströmungen ist, daß sie rechtfertigen, die Mehrheit der Menschheit wie menschliches Vieh zu halten oder abzuschießen. Ein Recht, welches leugnet, daß Mann und Frau gleichermaßen als Abbild Gottes geschaffen wurden, und das die Menschenrechte, die dieser Gottesähnlichkeit Rechnung tragen, aus dem Bereich des irdischen Daseins verbannen, ist deshalb typisch für das widerliche Heidentum, von dem ich hier spreche.

Deshalb war beispielsweise der Gott Mandevilles und Friedrich von Hayeks der Satan: Mandeville beharrte ausdrücklich darauf, daß persönliche Laster den Reichtum der Nation befördern.50 Quesnays Gott versteckt sich unter dem Fußboden und verteilt auf unerklärliche Weise Reichtum an die adeligen Grundbesitzer, während diejenigen, welche diesen Reichtum tatsächlich erarbeiten, nur menschliches Vieh auf deren Ländereien sind. Aus der gleichen heidnischen Vorstellung axiomatisch irrational-magischer Kräfte, die sich unter dem Fußboden der Sinneswahrnehmungen verstecken, stammen John Lockes Begriff des "Eigentums" und das radikal nominalistische Konzept "Shareholder Value" (Aktienbesitzerrechte) des Richters Antonin Scalias vom Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Ein anderes Beispiel ist der Fall des fanatisch irrationalen Adam Smith, der seine Lehre vom "Freihandel" bei den Physiokraten abschrieb und sich damit ebenfalls als Anhänger des heidnisch-magischen Glaubensbekenntnisses der Katharer zu erkennen gibt.

Untersuchen wir nun diese heidnisch-religiösen, den Katharern nachempfundenen Begriffe vor dem Hintergrund dessen, was ich anfangs über das weitverbreitete Syndrom vom "Goldfischglas" gesagt habe. Beispielhaft für die bösen und launischen Phantasiegötter, die sich Menschen ausdenken, ist das Zauberwesen, das unter dem Fußboden der Sinneswahrnehmung lauert, der heidnische Gott von Locke, Mandeville, Quesnay, Smith usw. Diese heidnischen religiösen Strömungen der Reduktionisten zeigen uns, auf welch abartige Art und Weise die menschliche Phantasie Amok laufen kann, wenn an die Stelle der Wahrheitssuche - wofür Platons sokratische Methode der Hypthesenbildung beispielhaft ist - angeblich selbstevidente unsichtbare Prinzipien treten. Die Definitionen, Axiome und Postulate aus dem Elfenbeinturm Euklids sowie der verwandte aristotelische Fehler in der Astronomie von Claudius Ptolemäus, Kopernikus und Tycho Brahe veranschaulichen diesen Punkt. Die Wurzeln dieser Elfenbeinturm-Behauptungen gehen in der europäischen Geschichte zurück auf das Wirken und die Methoden der antiken Eleaten und ihrer sophistischen Nachfolger, deren Tradition noch heute die Volkswirtschaftslehre an den meisten Hochschulen und verwandten Stellen prägt.

Das ist die heidnische Psychopathologie, die darin zum Ausdruck kommt, daß sogenannte "Geldanlage" an die Stelle der Produktion realer Güter und Verbesserung des Produktionsablaufs tritt. Die Tatsache, daß ein solcher Wahnsinn derzeit die öffentliche Meinung beherrscht, bedeutet nicht, daß sie auch fundierte (vielleicht weil "aufrichtige") Meinungen darstellen - je verbreiteter derartige Überzeugungen sind, desto gefährlicher sind sie für die Gesellschaft, desto mehr werden sie zum Ausdruck einer epidemischen Bedrohung für die Gesellschaft, die man treffend als Massenwahn bezeichnet. Die schlimmsten Verbrechen an der Menschheit geschehen oft unter dem Banner einer solchen "Aufrichtigkeit", die moralisch weniger als nichts wert ist.

Ein solches aufrichtiges Festklammern an den eigenen Denkgewohnheiten ist genau der Weg, wie sich eine Nation, eine Kultur, ein Volk selbst zerstört. Wie sich die betrogenen Kinder vom Rattenfänger von Hameln ins Verderben führen ließen, so trieben die Vorgaben der öffentliche Meinung die überwältigende Mehrheit des amerikanischen Volkes in den letzten Jahrzehnten - nach der Kubakrise 1962, der Ermordung Kennedys und im Zuge des wahnsinnigen Absturzes in den Vietnamkrieg - in die kollektive Selbstzerstörung, und zwar ganz besonders solche Opfer des McCarthyismus unter Truman und ähnlichem Wahnsinn, die zu der Zeit gerade ins Erwachsenenalter eintraten.

Wenn man das Land von dieser willentlichen Selbstzerstörung, welche die Amerikaner (neben anderen Nationen) in den vergangenen 40 Jahren immer mehr erfaßt hat, heilen will, dann genügt es nicht, zu sagen: "Ja, ich gebe zu, das ist ziemlich verrückt." Oftmals wird derjenige, die das zugibt, im nächsten Atemzug hinzufügen: "Aber ich kann es nicht ändern. So bin ich nun einmal, und ihr müßt lernen, damit zu leben." Das Opfer einer solchen Selbsttäuschung muß vielmehr erkennen, welche verrückten "Mechanismen" sein Denken beherrschen. Man muß ihm bewußt machen, welche axiomartigen Grundüberzeugungen sein Verhalten steuern; nur wenn es sie erkennt und sich entscheidet, diese verrückten axiomartigen Annahmen aufzugeben, kann das Opfer von einem zwanghaften Massenwahn wie dem blinden Glauben an den Freihandel befreit werden.

Dazu dient meine Geschichte vom Goldfischglas. Die Herausforderung besteht darin, sich bewußt zu werden, durch welche wahnsinnigen axiomatischen Grundannahmen sich ein Land, das Präsident Franklin D. Roosevelt gerettet hatte, in den Jahrzehnten nach dem Durchbruch der Alliierten in der Normandie 1944 in ein Land verwandelte, das vom Sieg erst in die Unmoral und dann in die Selbstzerstörung abrutschte.

Um einen solchen Massenwahn zu überwinden, muß man dem Opfer zweierlei Wissen vermitteln. Erstens wie das Konzept vom Goldfischglas streng wissenschaftlich begründet ist. Zweitens warum die spezifischen axiomartigen Annahmen - die Wände dieses imaginären Glases, worin der Geist des Opfers gefangen ist - falsch sind. So erwachen die Menschen aus dem immer wiederkehrenden Alptraum, wie dem, der die Amerikaner in den vergangenen 40 Jahren immer mehr erfaßt hat, und können sich daraus befreien.

Betrachten wir als erstes noch einmal, wie die entsprechenden axiomatischen Täuschungen den Menschen in den Kopf gesetzt wurden. Nennen wir diesen Komplex des Irrglaubens das "Aristoteles-Euklid-Ockham-Descartes-Newton-Syndrom".51 Mit anderen Worten, bedenken wir noch einmal genauer, was im vorhergehenden Abschnitt über die zeitgenössischen Manifestationen dieses der Tendenz nach satanischen, heidnischen Wahns gesagt wurde.

Newton war ein Spinner

Das britische Establishment wählte seinerzeit den berühmten Bankier John Maynard Keynes als den wissenschaftlichen Kopf aus, der am besten geeignet sei, die Truhe mit den "verlorenen" Papieren des legendären Sir Isaac Newton zu öffnen und den Inhalt zu beurteilen. Keynes versetzte damals seine Zuhörer in Erstaunen, als er sinngemäß berichtete: Er habe sich nach Durchsicht der Papiere gezwungen gesehen, den Deckel der Truhe praktisch gleich wieder zuzuschlagen, einfach um den Ruf des anglo-holländischen liberalen Systems zu schützen. Newton habe voller wissenschaftsfeindlicher und heidnisch-religiöser Wahnvorstellungen wie "schwarzer Magie" gesteckt.52

Newton verdankte seinen Aufstieg vom akademischen Liebhaber schwarzer Magie zur gefeierten Figur der Aufklärung des 18. Jahrhunderts einem führenden Mann dieser Aufklärung, dem venezianischen Mystiker Abbé Antonio Conti in Paris.53 Conti, eine Schlüsselfigur in einem Netz von Salons, darunter denen von Voltaire, Maupertuis, Euler u.a., war ein entscheidender Einfluß hinter der Aufklärung des 18. Jahrhunderts. In Fragen der Wissenschaft und Philosophie diente ihm Descartes als Führer, wie Conti selbst zugab. Aber für das "Programmieren" des dafür ausgewählten Newton gab Conti Anweisung, Descartes bei den Engländern mehr oder weniger heimlich einzuführen, indem man das spezifisch Französische seiner Arbeit verschleiert. Man baute dann um Dr. Samuel Clarke in England einen Salon auf, um Newtons schon damals sehr wackliges mentales Gleichgewicht völlig zum Kippen bringen. Conti, aus Frankreich operierend, benutzte seine Marionette Newton für einen politisch motivierten Angriff auf Leibniz in England. Contis Einflußnahme über London, Voltaire und die Kreise um Maupertuis und Euler in Berlin bescherte uns den Newton-Mythos der Aufklärung, der bis zum heutigen Tage den Schulunterricht und die öffentliche Meinung verseucht.54

Den Boden für Contis Operation bereitete man mit einem Betrug um die englische Übersetzung von Keplers Neuer Astronomie von 1609, die Ende des 17. Jahrhundert herauskam. Diejenigen, die bei Newtons berühmten Principia Pate standen, benutzten die falsche Behauptung von der "Fernwirkung" des Empirikers Galileo, um Keplers Werk anzugreifen. Als aus Paris die Nachricht kam, Leibniz habe die Lösung für Keplers Forderung nach der Entwicklung eines Infinitesimalkalküls gefunden, behauptete man in London, Newton hätte schon vorher derartiges entdeckt - obwohl Newton offenbar nichts Erwähnenswerteres entdeckt hatte als höchstens die Möglichkeit, im Unterhaus ein Fenster zu öffnen. In Wirklichkeit war seine sogenannte Entdeckung eine unbrauchbare Verfälschung des Kalkulus.55

Auf diese Weise verschmolzen der Einfluß der neoaristotelischen Thesen (gegen Kardinal Nikolaus von Kues) des Venezianers Francesco Zorzi (oder Giorgi) - den man zum Eheberater Heinrichs VIII. machte - , der neu-Ockhamsche Empirismus Paolo Sarpis und seines Lakaien Galileo und Descartes' Werk zu einem einzigen, mystisch-reduktionischen Gebräu: der Newton-Legende von Conti, Clarke, Voltaire, Maupertuis, Euler usw.

Es geht hier jedoch nicht um den Fall Newton als solchen, sondern darum, in welcher Form die gleiche goldfischglas-artige reduktionistische Ideologie heute beispielsweise unter den Heranwachsenden und Erwachsenen in Amerika zum Vorschein kommt. Die einfachste wissenschaftlich strenge Erklärung solcher Geistesverwirrungen, wie sie allgemein in Goldfischglas-Ideologien zum Ausdruck kommen, bietet das euklidische Modell mit seinen Definitionen, Axiomen und Postulaten aus dem "Elfenbeinturm".

Wie ich in früheren Schriften schon wiederholt betont habe, ist das Einzigartige an Gauß' erster Darstellung des Fundamentalsatzes der Algebra aus dem Jahr 1799, daß er sich dort unmittelbar auf die Kräfte oder Vermögen bezieht, welche die Pythagoreer und Platon gründlich behandelt hatten. Das war genau die Frage, der Voltaires persönliche Freunde und Anhänger wie D'Alembert, Euler und Lagrange in betrügerischer Absicht aus dem Wege gingen - der verhängnisvolle Irrtum aller bekannten "Elfenbeinturmlehren" und ähnlich reduktionistischer Dogmen in der Mathematik und in der mathematischen Physik seither.

Aber auch wenn sich dieser Fehler in der heute gelehrten Mathematik ausmachen läßt, ist es eigentlich keine mathematische Frage. Es ist nur der gesetzmäßige Ausdruck eines Problems in der mathematischen Praxis, das eigentlich tiefer geht und einen anderen Ursprung hat: Es kommt aus den typischen systemischen Pathologien des einzelnen menschlichen Geistes.

Die Beschäftigung mit dem menschlichen Geist muß wie alles, was den Namen wahrhafter Wissenschaft verdient, von einem einzigen Prinzip ausgehen, das einen entsprechenden Namen verdient. Der betreffende Name lautet Psychologie. Zugegeben, es gibt vieles, was unter der Bezeichnung "Psychologie" gelehrt wird. Und zugegebenermaßen hat vieles davon auch eine gewisse Gültigkeit, die manchmal sogar unverzichtbar ist. Aber hier verstehe ich unter Psychologie jenes Prinzip, welches das menschliche Verhalten grundsätzlich von dem der Tiere unterscheidet. Und das heißt, daß wir die Tatsachen der "Psychologie" anders betrachten müssen als alles, was normalerweise als solche unterrichtet wird - und dieser Unterschied ist außerordentlich wichtig.

So betrachtet, hat die menschliche Psychologie zwei Gesichtspunkte, die zusammengenommen definieren, was der menschliche Geist dem, wenn man so will, "geistigen Leben" aller Tiere qualitativ voraus hat. Erstens gibt es die menschliche Sinneswahrnehmung, und in der Hinsicht ist das menschliche geistige Verhalten dem der Tiere vergleichbar. Zweitens gibt es die souveräne Fähigkeit des einzelnen menschlichen Geistes, Hypothesen zu bilden, in dem Sinne, wie Platon es in seinen Dialogen genau darlegt. Die Wechselwirkung innerhalb dieses so definierten komplexen Bereichs, also zwischen diesen beiden Teilen des menschlichen Geisteslebens, definiert ein einheitliches Prinzip menschlicher Psychologie.

Die Verirrungen in der Funktion der Hypothesenbildung beschreiben praktisch sinnvoll die Mängel und Irrtümer der menschlichen Psychologie. Man muß unterscheiden zwischen wahrhaftigen, d.h. im Experiment als gültig nachgewiesenen Hypothesen, und willkürlichem Ersatz für solche Hypothesen. Diese Unterscheidung beschreibt den Ursprung solchen systemischen pathologischen geistigem Verhaltens wie der Freihandelslehre.

Es gibt drei offensichtliche Formen der Psychopathologie bezüglich des Prinzips der Hypothese:

Alle diese Annahmen sind Fehlfunktionen der natürlichen menschlichen Fähigkeit zur Hypothesenbildung.

Diese verrückten axiomartigen Annahmen sehen so aus, daß sie manchmal mit dem bekannten Namen für die Wirkung der Annahme bezeichnet werden, das Opfer dieser Überzeugung aber gewöhnlich überhaupt nicht über die Ursache (den kausalen Einfluß) nachdenkt, die mit diesem Namen verbunden ist. Die Fähigkeit zur Bildung von Hypothesen und von Hypothesen der Hypothesen liegt im noëtischen Bereich, der jenseits der Sinneswahrnehmung als solcher liegt. Dieser Bereich zeigt sich den Sinnen nicht, nur als Schatten, wenn sich die Annahmen der Sinnesgewißheit im Experiment als falsch erweisen. Solange das Opfer nicht erkennt, daß dies die Bedingung ist - daß ständig die Möglichkeit in der Luft liegt, daß Experimente die Annahme widerlegen - , solange wird sein Verhalten von dieser Annahme beherrscht werden. Das Opfer kann sich davon erst befreien, wenn es die Annahme selbst erkennt und damit auch beherrscht.

Ein schlecht ausgebildeter Mensch unterteilt seine geistige Welt in einen Bereich der Sinneswahrnehmung und ein fantastisches "paralleles Universum" voller abergläubischer Einbildungen. Meistens wird er die beiden zu unterscheiden suchen, indem er den ersten eher als greifbar und fühlbar und den zweiten als "rein theoretisch" oder ähnlich bezeichnet. Die Anziehungskraft der sogenannten Sieben Todsünden auf viele Menschen zeigt, wie diese Spaltung wirkt, wenn tierische Triebe aus dem Bereich der Sinneswahrnehmung den Willen und das Verhalten des Opfers beherrschen.

Dies hat neben praktischen, wirtschaftlichen auch moralische Folgen. Die unmoralische Reaktion ist: "Was hilft mir das, damit hier und jetzt das Essen für meine Familie auf den Tisch kommt!?" Oder: "Redet mir nicht von meinen Enkelkindern! In meinem Buch kümmert man sich zuerst um das Naheliegendste und läßt die nächsten Generationen sich selbst um ihre Probleme kümmern!" Oder: "Es tut mir leid, aber ich habe mich nun mal für einen bestimmten Lebensstil entschieden, und dabei bleibe ich, wie willkürlich er euch auch erscheinen mag."

Deshalb sind die Begriffe "Freiheit" und "Kraft" - letzteres im Sinne Platons - austauschbare Eigenschaften eines gesunden menschlichen Geistes.

Wird fortgesetzt


Anmerkungen

48. Wie meine Mitarbeiter und ich haben in verschiedenen Schriften dargelegt haben, steht Gibbon zu dem Thema dieses Aufsatzes in folgender Verbindung: Gibbon, der auch einmal mit der Ehefrau des berüchtigten Jacques Necker befreundet war, gehörte zum engeren Kreis um Voltaire in Ferney. Der Aufstieg Neckers und Gibbons fällt mit dem Aufstieg der Britischen Ostindiengesellschaft - praktisch dem britischen Empire - unter Lord Shelburne 1763-90 zusammen. In der gleichen Zeit bereiteten die französischen Gefolgsleute der Ostindiengesellschaft, die freimaurerischen Martinisten, die Ereignisse von 1789-1815 vor, die alle französischen Anstrengungen gegen das britische Empire noch bis heute zunichte machten. Diese Kreise überlappten sich mit denen der Physiokraten, die als Schlüsselfiguren der Aufklärung entscheidende Hintermänner des "Terrors" der Französischen Revolution und der Diktatur Napoleons Bonapartes waren. Gibbons Sichtweise in seiner Geschichte und die Wirtschaftspolitik der Ostindiengesellschaft mit ihrer verheerenden Wirkung auf die amerikanische Wirtschaft müssen vor dem Hintergrund dieser Aspekte des Falles Gibbon verstanden werden.

49. Adams Smiths Vom Wohlstand der Nationen war nicht nur ein Propagandatraktat gegen die amerikanische Unabhängigkeit. Bereits 1763 hatte sich Smith auf Anregung seines Mentors Lord Shelburne mit Plänen zur Schwächung der Wirtschaft der englischsprachigen nordamerikanischen Kolonien befaßt. Smiths Vorliebe für solche Katharerhaften Vorstellungen finden sich nicht erst in Vom Wohlstand der Nationen aus dem Jahr 1776. Bereits 1759 sprach er in seiner Theorie der moralischen Empfindungen vom "großen Lenker der Natur", der die Menschen über ihre Laster so lenke, daß es zu ihrem eigenen Nutzen sei. Ähnliche Begriffe finden sich in der empiristischen Schule bis auf den heutigen Tag - etwa in dem heidnisch-religiösen Begriff der "Magie des freien Marktes".

50. Bernard de Mandeville, Die Fabel von den Bienen: Private Laster, öffentliche Tugenden (1714, 1734). Mandeville wurde von der Mont-Pelèrin-Gesellschaft zum "Schutzheiligen" erhoben. Zu Mandeville und seinem Einfluß siehe auch: H. Graham Lowry, How the Nation Was Won, Vol.I, EIR, Washington, 1988.

51. Der bewußte Betrug des Claudius Ptolemaios gründet sich auf die aristotelische Lehre. Die "Autorität" des Aristoteles führte auch zu den Fehlern von Kopernikus und Tycho Brahe und zum Wiederaufgreifen der ptolemäischen Lüge durch die Gegenrenaissance des frühen 16. Jahrhunderts. Wenn heute in der Mathematik von "euklidisch" die Rede ist, ist im allgemeinen der "aristotelische" oder ockhamsche neo-aristotelische Empirismus eines Paolo Sarpi gemeint.

52. John Maynard Keynes, Newton the Man, in: Essays in Biography, New York, 1951.

53. (1677-1748)

54. Zur Kontroverse zwischen Leibniz und Clarke siehe: Gottfried Wilhelm Leibniz, Hauptschriften Bd. I und II, Stuttgart, 1966.

55. Siehe auch G.W. Leibniz, Der Ursprung des Calculus. Leibniz erster Bericht über seine Entdeckung des Kalkulus ging 1676 an den Drucker in Paris. Wenig später kehrte er nach Deutschland zurück, nachdem er in den Jahren 1672-76, gefördert vom französischen Minister Jean Baptiste-Colbert, mit Christian Huyghens und anderen zusammengearbeitet hatte. Leibniz' frühe Arbeiten zum Kalkulus bilden zusammen mit der Entwicklung des Begriffs eines infinitesimalen physikalischen Kalkulus - der mit dem Prinzip der kleinsten Wirkung im Zusammenhang steht und auf Leibniz und Bernoulli zurückgeht - den Vorläufer für Gauß' Fundamentalsatz der Algebra. Newtons praktisch bedeutungslose "Fluxionsmethode" waren bestenfalls aufgewärmte einfache mathematische Reihen ohne jede Bedeutung für die physikalischen Singularitäten im Experiment, die bei jeder angemessenen physikalischen Vorstellung der Funktion eines mathematischen Kalkulus Mittelpunkt stehen.

 

Aktuelle Ausgabe Diese Ausgabe Kernthemen Suchen Abonnieren Leserforum