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Aus der Neuen Solidarität Nr. 18/2007

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Rußland plant 100-km-Tunnel unter der Bering-Straße

Die russische Regierung will als Teil einer insgesamt 6000 km langen Verbindung zwischen dem russischen und dem nordamerikanischen Vernehrsnetz einen rund 100 km langen Tunnel unter der Bering-Straße bauen. Durch ihn sollen nicht nur Straßen und Eisenbahnen geführt werden, sondern auch Öl- und Gas-Pipelines, Strom- und Kommunikationskabel.

Viktor Rasbegin, der stellvertretende Direktor für industrielle Forschung im russischen Wirtschaftsministeriums, kündigte am 18. April vor Journalisten in Moskau an, man wolle eine Verkehrs- und Pipeline-Verbindung unter der Beringstraße hindurch nach Alaska bauen. Dies sei Teil eines 65-Mrd.-$-Projektes, um die USA mit Öl, Erdgas und Strom aus Sibirien zu versorgen. Russische Vertreter würden den Plan den Regierungen der Vereinigten Staaten und Kanadas vorstellen.

Durch den geplanten Unterseetunnel sollen eine Hochgeschwindigkeitsbahn, Autobahnen und Pipelines sowie Strom- und Glasfaserkabel geführt werden, heißt es in dem Entwurf für den „TKM World Link“, wie die (mit Zubringer) insgesamt 6000 km lange Verbindung bezeichnet wird. Ihr Bau wird 10 bis 15 Jahre dauern. Staatliche Organisationen und private Unternehmen sollten sie gemeinsam bauen und betreiben, sagte Rasbegin. Zu den Investoren gehören der Staatskonzern Russische Eisenbahnen, der nationale Stromkonzern Vereinigte Energiesysteme und der Pipelinebetreiber Transneft. Rußland und die USA könnten jeweils 25% der Anteile übernehmen und die privaten Investitionen garantieren.

Durch World Link würden Nordamerika und der Ferne Osten Rußlands rund 20 Mrd.$ jährlich an Stromkosten sparen, erklärte Wasilij Subakin, der stellvertretende Vorstandschef des potentiellen Investors Hydro OGK, denn „es ist billiger, den Strom nach Osten zu transportieren, und mit unseren einzigartigen Ressourcen ist das Potential dazu vorhanden“. Das Projekt sieht den Bau von Hochspannungsleitungen mit einer Kapazität von bis zu 15 Gigawatt für den Betrieb der neuen Bahnverbindung und den Export von Strom nach Nordamerika vor. Für den Verkehr über die World Link wird ein Frachtvolumen von bis zu 100 Mio. t pro Jahr erwartet, so daß die Investitionen von 15 Mrd. $ in die Bahnverbindung innerhalb von 20 Jahren zurückgezahlt werden könnten. „Die Transitverbindung ist die Schnur, an der wir alle unsere industriellen Cluster-Projekte aufhängen könnten“, sagte Subakin.

In Rußland erschienen mehr als 60 Berichte über das Projekt in Presse, Internet und Fernsehen.

Rußlands Fernost-Strategie

Das Bering-Tunnel-Projekt ist Teil einer großangelegten Strategie Rußlands, den fernen Osten wirtschaftlich zu entwickeln. Aber es geht nicht nur um eine innerrussische Perspektive, sondern auch um ein großangelegtes internationales Grand Design. Am 26. März unterzeichneten der russische Präsident Putin und Chinas Präsident Hu Jintao in Moskau eine gemeinsame Erklärung, in der die Rolle Zentralasiens und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und die weitere Entwicklung der trilateralen Kooperation zwischen China, Rußland und Indien, aber auch das weitergehende Potential der Zusammenarbeit mit Brasilien (der sogenannten BRIC) für die Weltwirtschaft betont wird.

Vielleicht wurden die Beziehungen sowohl Rußlands als auch Chinas zu den Vereinigten Staaten aus der Erklärung bewußt herausgehalten, weil sie so bedeutsam, aber auch so kompliziert sind. In früheren Erklärungen beider Länder war immer wieder darauf hingewiesen worden, daß sich ihre Zusammenarbeit nicht gegen irgendein anderes Land richte. Aber sollte es ein von den USA initiiertes Neues Bretton Woods zusammen mit Rußland, China und Indien geben und dadurch eine neue Weltwirtschaftsordnung entstehen, würde das riesige, ressourcenreiche Gebiet des russischen Fernen Ostens natürlich eine strategische Rolle spielen. Rußland jedenfalls hat dem Fernen Osten eine ständig wachsende Aufmerksamkeit gewidmet. Das nordamerikanische Gegenstück - Alaska und Nordwest-Kanada - bergen vergleichbare Potentiale und Herausforderungen.

Es lohnt, in diesem Zusammenhang kurz auf einen Höhepunkt der russisch-amerikanischen Zusammenarbeit während des Zweiten Weltkriegs einzugehen. Ein industrielles Wirtschaftswunder in den USA gab der Sowjetunion ihre phänomenale Mobilität gegen die deutsche Wehrmacht, wobei ein großer Teil der Güter und des Nachschubs aus amerikanischen Fabriken und Farmen Rußland über die Häfen am Pazifik und die Transsibirische Eisenbahn erreichte. Diese Perspektive liegt jetzt sozusagen wieder auf dem Tisch. Und auch die russisch-chinesische Zusammenarbeit bei Entwicklungsprojekten knüpft an historische Vorläufer aus der Zeit nach dem Krieg bis zum Bruch der sino-russischen Beziehungen 1962 an.

In Moskau erneuerten Hu Jintao und Putin die Absicht beider Länder, ihre jeweiligen Strategien für die Entwicklung der alten industriellen Basis im Nordosten Chinas bzw. der fernöstlichen Region Rußlands und des Ostens von Sibirien durch engere Koordinierung voranzutreiben. Die Probleme, an deren Lösung in diesem Rahmen gearbeitet wird, umfassen die russische Besorgnis über die Einwanderung aus China, die endgültige Festlegung der östlichen Grenze, die in diesem Jahr abschließend geregelt werden soll, und die Verantwortlichkeit für die transnationalen Flüsse. Aber die grundlegende Wirtschaftsentwicklung dieser Region hat unbedingt Vorrang.

Wie schon gesagt, hat die russische Seite in der letzten Zeit dem Fernen Osten große Aufmerksamkeit gewidmet. Präsident Putin war Ende Januar in Wladiwostok, wo er eine Kommission für die Entwicklung des Fernen Ostens und der Transbaikal-Region einrichtete. Die Kommission wird von Michail Fradkow geleitet, der sich in den vergangenen Monaten gleich dreimal dort aufhielt. In dieser Zeit sind wichtige Entscheidungen gefallen. Zum einen kündigte Moskau an, daß der Ferne Osten nicht in einen riesigen „Nationalpark“ verwandelt werden soll. Vielmehr solle die Region wirtschaftlich belebt werden, wobei zwei Bereichen Vorrang eingeräumt werden soll, der Bevölkerung und der Infrastruktur, und hier vor allem Transport und Verkehr.

Am 1. März hatte Fradkow Entwicklungsprojekte in der Größenordnung von Billionen von Rubeln für die Region angekündigt. Er war gerade aus Japan gekommen, wo er einen Brief von Putin an den japanischen Premier Shinzo Abe übergeben hatte, in dem ein „qualitativ erweiteter wirtschaftlicher Austausch“ in der Region angeboten wurde mit erhöhten Investitionen unter Einschluß der Regionen des Urals, Sibiriens und des russischen Fernost.“ Die Kernenergie solle ausgebaut werden; ferner wurden Investitionen in ein russisches Eisenbahnsystem und einen Straßentunnel, um die Insel Sachalin mit dem Festland zu verbinden, in Aussicht gestellt. Josef Stalin hatte dieses Projekt bereits in der 50er Jahren ins Auge gefaßt. Auch der russische Transportminister Igor Lewitin hatte in Tokio die Japaner eingeladen, sich an russischen Projekten für den Aufbau der Verkehrsinfrastruktur in Fernost zu beteiligen. Rußland werde staatliche Gelder in großem Umfang dafür bereitstellen.

Mitte März war Fradkow in Jakutsk gewesen und hatte dort angekündigt, daß es für Rußland eine Aufgabe von strategischer Bedeutung für den ganzen Fernen Osten sei, die Region Jakutien verkehrstechnisch zu erschließen. Die Jakutische oder auch Sacha-Republik ist ein riesiges Gebiet in Ostsibirien. Sie soll durch den Bau einer Eisenbahnverbindung Berkakit-Tommot-Jakutsk und eine Autobahnbrücke über die Lena neuen Auftrieb erhalten. Der Präsident Jakutiens, Wjatscheslaw Schtyrow, frohlockte: „Diese Eisenbahn wird die Republik an die Baikal-Amur-Magistrale und andere Strecken Rußlands anbinden.“ Tatsächlich würde Jakutien das ganze Jahr über an das Streckennetz Rußlands angeschlossen und so bis zum Jahr 2013 zu einem Verkehrsknotenpunkt für den Gütertransport werden.

Vom 3. Bis 5. April hielt Fradkow sich schon wieder in Fernost auf, dieses Mal in der 737.000 Quadratkilometer großen Region Tschukotka im fernen Nordosten Rußlands gegenüber Alaska an der Beringstraße. Hier erklärte er, Moskau verfolge eine Strategie „entschlossener Entwicklung und wachsender Erschließung der natürlichen Ressourcen“. Er wies erneut die verschiedenen Vorschläge für einen Nationalpark zurück und legte statt dessen den Schwerpunkt auf die gleichzeitige Entwicklung des Verkehrs, der Energieerzeugung, der Fischerei- und Bergbau-Industrien. Und er unterstützte den Plan des Gouverneurs von Tschukotka, Roman Abramowich, bis 2020 zwei Milliarden Rubel in der Region zu investieren.

In der Stadt Magadan am Ochotskischen Meer an der nordwestlichen Pazifikküste ging Fradkow auf das Problem mangelnder Arbeitskräfte ein. In der Vergangenheit seien viele Arbeitskräften aus der Region abgewandert, was ein ernstes Problem geschaffen habe. Tatsächlich, so Fradkow, solle mit den Entwicklungsvorhaben auch die Voraussetzung für ein steigendes Bevölkerungspotential über die nur 168.000 Einwohner hinaus geschaffen werden. Das lebenswichtige Schlußstück aller dieser Projekte wäre die Vollendung der transkoreanischen Eisenbahnstrecke, die zwischen Nord- und Südkorea noch Lücken aufweist. Sie würde schließlich Südkorea und möglicherweise Japan mit der Transsibirischen Eisenbahn verbinden. Der Abschluß eines internationalen Neuen Bretton Woods unter Führung der USA mit Rußland, China und Indien würde den Anstoß liefern, diese Probleme friedlich zu vollenden.

mmc/rbd

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Dänemark diskutiert über die Magnetbahn
- Neue Solidarität Nr. 14/2007
Kernthema: Eurasische Landbrücke
- Neue Solidarität online

 

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