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Aus der Neuen Solidarität Nr. 28/2007

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Durchbruch in Kennebunkport? LaRouches SDI wieder auf dem Tisch!

Von Helga Zepp-LaRouche

Beim „Hummer-Gipfel“ in Kennebunkport machte Rußlands Präsident Putin dem amerikanischen Präsidenten weitreichende Vorschläge für eine Zusammenarbeit in der Raketenabwehr, die die amerikanisch-russischen Beziehungen auf ein viel höheres Niveau anheben würden. Nun hängt alles davon ab, wie Amerika auf diese Vorschläge reagiert.

Auf dem sogenannten “Hummer-Gipfel” im Feriensitz der Bush-Familie in Kennebunkport ist es zu einer potentiell sehr positiven Entwicklung gekommen. Im Beisein des ehemaligen Präsidenten Bush Sr. machte Präsident Putin dem jetzigen Präsidenten einen Vorschlag, der das Verhältnis zwischen den USA und Rußland weg von der gegenwärtigen Eskalation und hin zu einer grundlegenden  strategischen Kooperation ändern könnte. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz präzisierte Putin seinen schon auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm gemachten Vorschlag, statt der von den USA in Polen und Tschechien geplanten Einrichtungen die existierende Radarstation Gabala in Aserbaidschan für ein gemeinsames russisch-amerikanisches Raketenabwehrsystem zu nutzen. Putin schlug als neue Elemente vor, die aserischen Radar-Anlagen zu modernisieren, eine weitere Radaranlage im Süden Rußlands zu nutzen, Informationsaustauschzentren in Brüssel und Moskau einzurichten, und die ganze Zusammenarbeit dem Nato-Rußland-Rat zu unterstellen.

Lyndon LaRouche unterstrich das enorme Potential, das dieser Vorschlag in sich trage: Während es keine Garantien gebe, so könnte das Ergebnis sich doch als sehr hoffnungsvoll erweisen, vorausgesetzt, die richtige Kombination führender Demokraten und Republikaner könne sich einigen,  auf diesen Vorschlag in der richtigen Weise zu reagieren. Wie weitreichend dieses Potential ist, drückte Putin so aus: „Was die Zukunft angeht, wie ich bereits erwähnte, so diskutieren wir jetzt die Möglichkeit, unser Verhältnis auf eine völlig neue Ebene zu heben, die einen sehr privaten und einen sehr, sagen wir einmal, sensitiven Dialog über alle Fragen der internationalen Sicherheit, einschließlich natürlich des Themas der Raketenabwehr beinhalten würde… Allmählich würden sich unsere Beziehungen zu einer wirklichen strategischen Partnerschaft entwickeln. Es würde unsere Zusammenarbeit im Bereich der internationalen Sicherheit voranbringen, was zu verbesserter politischer Interaktion und Kooperation führen würde, mit dem letztendlichen Ergebnis, das es unsere ökonomischen Beziehungen und generelle Situation verbessern würde. Also, im wesentlichen kann man sagen, daß die Karten verteilt sind, und wir jetzt spielen können. Und ich hoffe sehr, daß wir ein und dasselbe Spiel spielen.”

Es ist typisch, daß die westlichen Medien zunächst einmal nicht den potentiell bahnbrechenden Vorschlag Putins in ihrer Berichterstattung hervorgehoben haben, sondern die Antwort des stellvertretenden Premierminister Sergei Iwanow auf die Fragen von Reportern in Taschkent nach dem Status des amerikanisch-russischen Verhältnisses im Zusammenhang mit den geplanten Raketenabwehrsystemen in Polen und Tschechien verdrehten. Sie behaupteten nur, daß Iwanow dem Westen gedroht habe. Damit meinten sie seine Aussage, Rußland werde mit asymmetrischen Maßnahmen reagieren, wenn seine Angebote nicht angenommen würden. In jedem Fall komme eine hundertprozentige Sicherheitsgarantie für Rußland dabei heraus. Was diese Medien aber bislang nicht berichteten, ist die viel bedeutsamere Äußerung Iwanows, die russischen Vorschläge bedeuteten einen fundamentalen Wandel in den internationalen Beziehungen und könnten ein Ende des Geredes über einen  neuen Kalten Krieg bedeuten. „Wenn unsere Vorschläge angekommen werden, braucht Rußland an keiner Stelle im europäischen Teil des Landes, einschließlich von Kaliningrad, neue Waffen, einschließlich von Raketen, zu plazieren”, sagte er. Andere führende russische Politiker betonten die historische Chance, die in diesem Vorschlag liege, der aber eine eindeutige Antwort erfordere.

In der Tat, wenn die US-Regierung auf Putins Vorschlag einginge, stellte dies eine dramatische und positive Veränderung der strategischen Lage dar. Lyndon LaRouche hat wiederholt betont, daß der Ausweg aus den verschiedenen existentiellen Krisen, in denen sich die Welt derzeit befindet, von einer neuen Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Schlüsselnationen USA, Rußland, China und Indien abhängt. Eine solche Zusammenarbeit ist sowohl für die Überwindung der gegenwärtig explodierenden globalen Finanzkrise als auch für eine Beendigung der sich ausdehnenden militärischen Konflikte nötig. Putin hat nun definitiv den ersten Schritt zu einer solchen, qualitativ veränderten Zusammenarbeit gemacht, und zwar auf einem absolut grundsätzlichen Niveau. Eine positive Antwort von Präsident Bush auf diesen Vorschlag ist nun unerläßlich, es ist eine strategische Chance, die nicht verpaßt werden darf, wenn die Welt eine Chance haben soll.

Auch wenn Bush noch nicht direkt auf Putins Vorschlag eingegangen ist, die Tatsache, daß der Hummer-Gipfel überhaupt in einer konstruktiven Atmosphäre stattfinden konnte, ist nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, daß Vizepräsident Cheney, der seit der historischen Internetkonferenz Lyndon Larouches am 21. Juni mit einer Kanonade von Rücktrittsforderungen konfrontiert wird, nicht anwesend war. Statt dessen kam, wie aus dem Umfeld des Treffens verlautete, zu einer sehr konstruktiven Diskussion zwischen Bush Sr. und Putin über die beachtliche ökonomische Entwicklung in Rußland in der jüngsten Zeit und über die Herausbildung eines Mittelstandes in Rußland. Führende Republikaner kommentierten nachher, dies verdeutliche um so mehr, warum man Cheney loswerden müsse, dessen Gegenwart solche Diskussion stets unmöglich mache.

Ein wichtiger Indikator, daß sich ein strategischer Wandel abzeichnet, war die Rede, die der ehemalige Präsident Clinton einige Tage vor dem Treffen in Kennebunkport auf dem 4. Jahrestreffen der Organisation Yalta European Strategy (YES) gehalten hatte, an der neben anderen hochrangigen Politikern aus Westeuropa, der Ukraine und Rußland auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder teilgenommen hatte. Clinton betonte, er habe sich wiederholt für die von Präsident Ronald Reagan am 23. März 1983 vorgeschlagene Strategische Verteidgungs-Initiative (SDI) eingesetzt, und sowohl gegenüber Präsident Jeltsin als auch gegenüber Präsident Putin klargemacht, daß die USA diese Technologie, sobald sie effektiv entwickelt sei, sofort mit Rußland und allen anderen Nationen teilen werde, um eine wirksame Abwehr z.B. gegen nuklearen Terrorismus zu haben. Clinton sprach sich dagegen vehement gegen die Installation herkömmlicher Raketenabwehrsystemen in Polen und Tschechien aus, deren Wirksamkeit völlig fragwürdig sei und die nur eine unnötige Krise mit Rußland schafften.

Clinton bezog sich auf die SDI, und damit auf eine umfassende strategische Änderung des Ost-West-Verhältnisses. Bekanntermaßen hatte Reagan damals nicht nur wiederholt die gemeinsame Entwicklung defensiver Strahlenwaffen auf der Basis neuer physikalischer Prinzipien angeboten, die Atomwaffen obsolet machen sollten, sondern  auch, die USA der Sowjetunion bei der Anwendung dieser neuen Technologien im zivilen Wirtschaftsbereich helfen würden. Jeder weiß, daß Lyndon LaRouche der Autor der SDI war und über ein Jahr lang im Auftrag der Reagan-Administration sogenannte „Backchannel-Gespräche“ - geheime Hintergrundgespräche - mit offiziellen Vertretern Rußlands geführt hatte, bevor Reagan die SDI zur offiziellen amerikanischen Politik erklärte. Es gab also und gibt eine Fraktion in der republikanischen Partei, die einer solchen strategischen Kooperation mit Rußland positiv gegenübersteht.

Wie russische Quellen EIR berichteten, wurde die Einladung an Präsident Putin für das Treffen in Kennebunkport bereits am 25. April ausgesprochen, als die ehemaligen US-Präsidenten Bush Sr. und Clinton in Moskau am Begräbnis von Boris Jeltsin teilnahmen und in diesem Kontext intensive Gespräche mit Putin führten.

Genau in diesem Zeitraum fand auch der Dialog zwischen Lyndon LaRouche und führenden russischen Wissenschaftlern über die Realisierung des Beringstraßen-Tunnels als bewußte Kriegsvermeidungsstrategie statt. Die Konferenz zu diesem Großprojekt, das neben dem 100 km langen Tunnel unterhalb des Meeres auch eine insgesamt 6.000 km lange Eisenhahnverbindung zwischen Sibirien und Alaska vorsieht, fand am 24. April statt. Gleichzeitig führte Putin intensive Diskussionen darüber in seinem Kabinett. Einige Tage später, am 27. April, kündigte Putin die Schaffung einer neuen “strategischen Arbeitsgruppe” mit dem Namen „USA-Rußland, ein Blick in die Zukunft” an, zu deren Mitgliedern u.a. Henry Kissinger und der frühere russische Premierminister Primakow gehören.

Man kann davon ausgehen, daß in diesen Tagen in beiden amerikanischen Parteien ein enormer politischer Kampf über die Frage ausgefochten wird, wie auf Putins Vorschlag zu reagieren sei. Nach Reagans Initiative 1983 hatten sich nach einigen Monaten schließlich die Gegner der SDI durchgesetzt, und natürlich wurde der Vorschlag auch von sowjetischer Seite abgelehnt. Offiziell lautete die Antwort an LaRouche, die SDI brächte dem Westen mehr Vorteile als der Sowjetunion. In Wirklichkeit hatte die Orgakow-Fraktion kein Interesse an einem Abbau der Blöcke, worauf die SDI hinausgelaufen wäre, sondern sie hatten Offensivpläne, deren Existenz nach dem Zusammenbruch der DDR bestätigt wurde. LaRouche machte damals die Prognose, die Sowjetunion werde in fünf Jahren wirtschaftlich zusammenbrechen, wenn sie an dem Konzept der strategischen Aufrüstung festhalte. Es sollte nicht fünf, sondern sechs Jahre dauern, bis die Sowjetunion zerfiel, aber LaRouche hat im wesentlichen Recht behalten.

Wenn heute Präsident Putin den USA eine strategische Kooperation im Geiste der SDI anbietet, dann liegt darin eine riesige Chance für die ganze Welt. Denn Putin hat im letzten und in diesem Jahr auch wiederholt klargemacht, daß er das russisch- amerikanische Verhältnis auf die Basis der Tradition von F.D. Roosevelt stellen will, und er nicht nur für Rußland eine Politik des New Deal verfolge, sondern die ganze Welt einen New Deal brauche.

Eine Diskussion darüber ist um so dringender, als die Zeichen auf Sturm stehen, was das globale Finanzsystem angeht. Selbst die sonst so um die “Psychologie der Märkte” besorgte Finanzpresse überschlägt sich dieser Tage mit Warnungen über die Systemkrise, die vom Kollaps auch nur eines einzigen Hedgefonds ausgelöst werden könnte.

Lyndon LaRouches strategisches Konzept, daß nur eine Allianz aus den USA, Rußland, China und Indien, die sich auf ein neues globales Finanzsystem, ein Neues Bretton Woods in der Tradition F.D. Roosevelts einigt, einen Ausweg aus der Krise bringen kann, hat nicht nur in Rußland, sondern auch in den USA bei einigen wichtigen Politikern große Resonanz gefunden. Aber auch in anderen Nationen der Welt ist das Interesse in höchsten Kreisen auf diesen Prozeß des russisch- amerikanischen Dialogs gerichtet.

Im völligen Gegensatz zu den Vertretern der These, daß es keine Alternative zur Globalisierung gebe, oder alternativ, daß man warten müsse, bis die „US-Finanzkrise” die Macht der USA breche, es ist sehr wohl möglich, daß sich die Weltordnung um die 4-Nationen-Konzeption, von der LaRouche spricht, neu gruppiert. Wenn diese vier Staaten sich auf ein neues Finanzsystem und einen New Deal einigen, wird es kaum ein Land der Welt geben, das sich nicht gerne in diese neue Dynamik eingliederte.

Denn zur Tradition Roosevelts gehört auch das Versprechen, das er für die Nachkriegsordnung nach dem zweiten Weltkrieg gegeben hatte und das er durch seinen unzeitgemäßen Tod leider nicht einhalten konnte, nämlich, daß das Zeitalter des Kolonialismus beendet sein würde. Und dieses Versprechen Roosevelts wiederum beruhte auf der Politik von John Quincy Adams und seiner Idee, daß die Weltordnung aus einer Prinzipiengemeinschaft vollständig souveräner Nationalstaaten bestehen sollte, die durch die gemeinsamen Ziele der Menschheit miteinander verbunden sind.

Wenn sich diese Vision verwirklichen ließe, und Präsident Putin hat einen gewaltigen Schritt dazu getan, dann hätte z.B. auch Deutschland die Chance, sich aus dem strangulierenden Griff des Maastrichter Vertrages und der supranationalen Kontrolle durch die EU zu befreien, und gemeinsam mit den anderen “europäischen Vaterländern”, von denen de Gaulle gesprochen hatte, an einer neuen gerechten Weltordnung teilzunehmen.

Putins Vorschlag eröffnet die Möglichkeit für einen strategischen Wandel in diese Richtung. Aber die Chance muß genutzt werden, ehe sie vergeht.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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