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Aus der Neuen Solidarität Nr. 33/2007

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Panik an den Börsen: Systemkrach ist in vollem Gang!

Von Helga Zepp-LaRouche

Angesichts des drohenden Zusammenbruchs des Bankensystems pumpten die Zentralbanken in der letzten Woche Hunderte von Milliarden in die Finanzmärkte. Damit bestätigten sie Lyndon LaRouches Warnungen voll und ganz.

Die Beben auf den globalen Finanzmärkten, die durch den Kollaps des zweitrangigen Immobilienmarkts in den USA und das Ende des „Yen Carry Trade“ ausgelöst wurden, haben in der vergangenen Woche schon gefährlich hohe Werte auf der Richter-Skala des Weltfinanzsystems erreicht. Sie haben vor allem zwei Dinge demonstriert: Der Mythos, daß die Zentralbanken letztlich immer Instrumente finden, um die Kontrolle zu behalten, ist geplatzt. Und zweitens: Lyndon LaRouche ist mit seiner Analyse voll und ganz bestätigt, und alle seine Kritiker sind diskreditiert.

Denn während zu Beginn der Woche von Finanzmedien und Analysten die Linie ausgegeben wurde, es werde trotz des Untergangs einiger Hedgefonds keine Intervention der Zentralbanken à la Alan Greenspan geben, man werde vielmehr den Markt einige „Anpassungen” hinnehmen lassen, steigerte sich die Panik über die Woche dermaßen, daß z.B. die EZB innerhalb von 24 Stunden zwei Finanzspritzen von zusammen sage und schreibe 150 Milliarden Euro an Liquidität zur Verfügung stellte.

Der Economist, das Sprachrohr der Londoner City, gab seinem Leitartikel am 7. August noch die Überschrift: „Ein guter Zeitpunkt für eine Geldverknappung”. Knappere Kreditbedingungen seien genau das, was die Märkte jetzt brauchen. Unabhängig von den Äußerungen von Bankiers und Investoren bedeute der „jüngste Ausverkauf auf den Finanzmärkten gute Nachrichten... Es könnten endlich einige Leute wieder zur Vernunft gebracht werden.” Der Übernahmewahn könne vielleicht durch eine Geldknappheit unter Kontrolle gebracht werden, und so könnten die größeren Anleger nach einem gewissen Aderlaß bei den Kleineren durchaus überleben. Falls die Geldverknappung allerdings weitere Markteinbrüche verursache, könne es bei den Banken zu ernsten Problemen kommen und die gesunde Verknappung sich in einen üblen Krach verwandeln.

Auch die Financial Times befürwortete noch die angebliche Gesundschrumpfung der Märkte, und alle möglichen Analysten verbreiteten plötzlich die Linie, Verluste von 25 Prozent oder mehr bei einigen Investitionsbanken und ihren Hedgefonds seien durchaus zu verkraften und würden ohnehin nur die überhöhten Gewinne der letzten Jahre ausradieren. Und niemand anderes als EZB-Chef Trichet persönlich meinte, es sei an der Zeit, daß die riesige Kreditblase platze. Die Zentralbanken würden nichts tun, um dies zu verhindern, Alan Greenspan hätte in der Vergangenheit interveniert, aber Bernanke, der neue Chef der US-Notenbank, werde das heute nicht tun.

Plötzliche Kehrtwende der Zentralbanken

Aber dann überschlugen sich die Ereignisse im Verlauf der Woche. Am Freitag schloß der Interbank-Geldmarkt erstmals für zwei bis drei Stunden. Gerüchte gingen um, eine deutsche Großbank stehe vor dem Zusammenbruch. Es wurde gemunkelt, die Bundesbank habe wegen des bevorstehenden Zusammenbruchs der West-LB eine Notsitzung einberufen. Die Bundesbank dementierte, es habe sich um eine Sitzung zur Krise der IKB gehandelt.

Trotzdem wurde bekannt, daß der gesamte Vorstand der WestLB offensichtlich seit vielen Monaten über die weitreichenden Verluste der Bank informiert war, es aber versäumt hatte, Informationen über den riskanten Eigenhandel mit Aktien weiterzureichen. Die Vorstandsmitglieder Thomas Fischer und Matthijs van den Adel mußten inzwischen den Hut nehmen, drei weitere Vorstandsmitglieder wurden nur deshalb bisher nicht entlassen, weil sonst die Handlungsfähigkeit der Bank zum Erliegen käme. Fachleute der Bank hatten auf drohende Verluste in dreistelliger Millionenhöhe hingewiesen.

Aber die Praxis, Verluste zu verschleiern, war keineswegs auf Deutschland beschränkt. Die französische Großbank BNP Paribas setzte als Folge der US-Hypothekenkrise die Berechnung des Werts von drei Fonds, die ein Volumen von 1,6 Mrd. Euro hatten, aus und fror diese damit praktisch ein. Auch die deutsche Privatbank Sal Oppenheim sah sich gezwungen, einen Fonds mit einem Volumen von 750 Mio. Euro vorerst zu schließen. Von einer ganzen Reihe weiterer Fonds wird erwartet, daß sie in den nächsten Tagen schließen werden. Es ging das Gerücht, Goldman Sachs werde seinen Global Alpha Fund schließen, das wurde dementiert, ein anderes Gerücht besagte, der große Hedgefonds D.E. Shaw mit einem Volumen von 19 Mrd. Dollar sei gefährdet.

Kursverluste, Einbrüche an allen Handelsplätzen, die Zuspitzung der Hypothekenkrise - all dies vermehrte die Alarmstimmung. In einer 180-Grad-Kehrtwende gegenüber ihren vorherigen Erklärungen pumpte die EZB zuerst 94,8 Mrd. Euro und dann innerhalb von 24 Stunden noch einmal 61,05 Mrd. Euro in das Bankensystem, die größte Summe bisher überhaupt. Und auch Bernanke erinnerte sich, daß er ja den Spitznamen „Mister Helicopter  Money“ (Herr Hubschraubergeld) trägt, und stellte den Kreditinstituten am selben Tag ebenfalls 19 Mrd. Dollar zur Verfügung. Auch die Notenbanken von Japan, Kanada und Australien drehten die Geldhähne wieder auf, um drohenden Einbrüchen gegenzusteuern, warnen aber gleichzeitig vor Inflationsgefahr und sind dabei, die Zinsen zu erhöhen.

Der französische Ökonom Delhommais verwies auf die gotterbärmliche Inkompetenz der führenden Vertreter des gegenwärtigen Finanzsystems, indem er daran erinnerte, daß der BIZ-Generaldirektor Malcolm Knight noch im Juni vom „goldenen Zeitalter” einer Prosperität gesprochen hatte, die für immer anhalten werde. In Wirklichkeit verwandle sich die globale Prosperität nun in einen ebenso globalen Kollaps.

Und Jean Paul Fitoussie, Präsident des Wissenschaftsrats der bedeutendsten Schule für das Studium der Politischen Wissenschaften in Frankreich, meinte sogar, eine griechische Tragödie werde wahr, in der es keinen Ausweg gebe. Zwischen der Scylla der Inflation, die sich in steigenden Preisen für Nahrungsmittel, Öl und Rohstoffe bemerkbar mache, und der Charybdis der Auswirkungen höherer Zinsraten, die der Bekämpfung dieser Inflation dienen sollen, auf den Immobilienmarkt und andere Blasen gebe es keinen Ausweg. Die Banken müßten die Feuer austreten, die sie selber gelegt hätten. BNP Paribas z.B. werde ein Opfer ihres eigenen Raubtier-Opfer-Modells. „Wenn die Raubtiere zu viel von der armen Bevölkerung fressen, diese sich zu hoch verschuldet hat, als daß sie noch ihre Hypotheken bezahlen könnte, dann zerstören sie sich selbst.“ Und das schlimmste stehe erst noch bevor: entweder kettenreaktionsartiger Kollaps oder eine Wiederholung der Weimarer Inflation von 1923, aber diesmal im Weltmaßstab.

Daran besteht kein Zweifel. Die Verluste auf dem Markt der minderwertigen Hypotheken in den USA werden in den nächsten Monaten massiv zunehmen, wenn Millionen der „anpaßbaren Zinsraten” steigen. Bis zu sieben Millionen Hausbesitzer können dann ihre Häuser an die Banken verlieren, mit immensen Folgen für den Bausektor und die Arbeitsplätze. Aber auch die Verluste der Investmentbanken bis zum Ende des dritten Quartals am 30. September werden enorm sein. Schon jetzt zeigt sich, daß die Banken zwischen 60 und 75 Mrd. Dollar an US-Anleihen nicht verkaufen können. Das heißt, daß sie voraussichtlich auf diesen Anleihen sitzen bleiben werden. Zu diesen Verlusten werden sie die üblichen Gebühren, die sie sonst für die Abwicklung von Übernahmen kassieren, einbüßen, und man erwartet, daß dies zusammengenommen ihre gesamten Gewinne auslöschen wird. Darüber hinaus kann es noch zu vielen weiteren systemischen Überraschungen kommen.

Auch die Infrastruktur ist marode

Leider hat diese Krise des Finanzsystems auch ihre Entsprechung im Bereich der Realwirtwirtschaft. Am 1. August brach in Minnesota eine achtspurige, 40 Jahre alte Autobahnbrücke über dem Mississippi ein, weil die Struktur marode war - ein Umstand, den die Aufsichtsbehörden schon vor zwei Jahren bemängelt hatten. Die Fixierung auf die Gewinnmaximierung in der Welt des Hedgefonds-Monopoly hat in den letzten 30-40 Jahren zu einem kolossalen Investitionsstau im Bereich der Infrastruktur und anderen Bereichen des Gemeinwohls geführt.

Und so wurden nach dem Schock von Minnesota noch schockierendere Zahlen bekannt: Allein in den USA befinden sich 160.000 Brücken aufgrund verschleppter Reparatur in einem ebenso gefährlichen Zustand. Die Lage bezüglich der übrigen Infrastruktur, also der Zustand von Straßen, Eisenbahnstrecken, Fluglinien, Tunneln, Krankenhäusern, Schulen, Justizgebäuden, Rathäusern, Kraftwerken etc. etc., ist nicht besser.

In Deutschland sieht es nicht besser aus. Schon vor Jahren veröffentlichte der VDI die Zahl, bei uns gebe es einen Investitionsstau von1,7 Billionen Euro im Bereich der Infrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen. Kürzlich schrieb das Deutsche Institut für Urbanistik, allein im kommunalen Bereich bestehe ein Investitionsdefizit von 650 Milliarden Euro. Was den Zustand unserer Brücken angeht, so sollen 40.000 nicht mehr sicher, 20.000 so marode sein, daß sie umgehend geschlossen werden müßten. Auch 2000 Autobahnbrücken sollen sich in einem gefährlichen Zustand befinden.

Wenn es in der sich gegenwärtig entwickelnden Tragödie ein Gutes gibt, dann dies, daß die sog. „Public-Private Partnership“ (ppp) bei der Finanzierung der Infrastruktur sich als die gefährliche Chimäre erweist, die sie ist. Die Vorstellung, daß es in dem sich derzeit abspielenden Crash große private Summen für die Finanzierung langfristiger Infrastruktur geben könnte, ist wohl genauso geplatzt wie der Traum von immerwährenden zweistelligen Profiten. Wenn die Infrastruktur als die absolute Voraussetzung der Industrie gerettet werden soll, dann ist der Staat gefragt.

Wie gefährlich die Privatisierung von Bereichen des Gemeinwohls unter der Bedingung des systemischen Zusammenbruchs ist, ist vielleicht nirgendwo deutlicher zu erkennen als im Gesundheitssektor. In Deutschland, wo derzeit alle Bestrebungen dahin gehen, das Zweiklassensystem der USA zu imitieren, täten wir besser daran, uns genauer anzusehen, was dort geschieht. Denn das sog. HMO-System der privatisierten Versicherungen ist keineswegs ein statisches Modell, das effizienter wäre, weil es privatwirtschaftlich operiert. Es bedeutet vielmehr, daß Entscheidungen über Behandlungsmethoden und medikamentöse Versorgung nicht mehr bei medizinisch ausgebildetem Personal, sondern bei profithungrigen Managern und Buchhaltern liegen. Und das bedeutet unter der Bedingung des finanziellen Zusammenbruchs eine faschistische Wirtschaftspolitik: Euthanasie.

Durch die Nicht-Reaktion der Regierung Bush auf die Katastrophe des Einsturzes der Brücke über den Mississippi ist das Katrina-Syndrom von New Orleans nach Minnesota gewandert. Immer mehr wächst die Wut darüber, daß sich die Regierung, und leider auch der Kongreß, nicht kümmert. Und die klinische Realitätsverweigerung, die bei einem so erstaunlich großen Teil der Bevölkerung bisher dazu geführt hat, daß sie alle möglichen Angriffe auf ihre Rechte und ihren Lebensstandard hingenommen haben, ohne sich zu wehren, die erfährt gegenwärtig Erschütterungen, als würde mit großen Abrißbirnen auf sie eingeschlagen.

Ein Beispiel:

„Bernanke muß das Diskontfenster öffnen…Bernanke hat keine Vorstellung davon, wie schlimm die Lage da draußen ist. Er hat keine Vorstellung, keine Ahnung! Ich habe in den letzten 72 Stunden mit den Chefs aller dieser Firmen gesprochen. Meine Leute sind seit 25 Jahren in diesem Spiel, und sie werden ihre Jobs verlieren, Firmen werden dicht machen. Das ist eine andere Art des Marktes, und die Fed schläft. Die sind verrückt, sie wissen gar nichts! Sie haben keine Ahnung, wie es da draußen ist. 14 Millionen Menschen haben in den letzten drei Jahren Hypotheken aufgenommen, sieben Millionen davon mit Lockzinsen oder doppelter Hypothek. Sie werden ihre Eigenheime verlieren. Das ist Wahnsinn. Ich habe bei Goldman Sachs in der Abteilung für Festzinsanleihen gearbeitet. Wir haben das Armageddon auf diesem Markt!”

Mit diesen Worten rastete der national bekannte Finanzkommentator Jim Cramer aus, der zeitweilig für Goldman Sachs und Baer Stearns gearbeitet hatte, als er am 3. August in einem Live-Interview mit dem Sender CNBC gebeten wurde, zur Lage auf dem Finanzmarkt Stellung zu nehmen. Der ahnungslose Zuschauer konnte diesen bemerkenswerten Ausraster zunächst für eine Satire halten. Er war es nicht. Er war ein Vorgeschmack auf das was kommt, wenn sich die Regierungen dieser Welt nicht an die weisen Worte von Lyndon LaRouche erinnern.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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