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Aus der Neuen Solidarität Nr. 15/2008

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Die freiwillige Knechtschaft des Nicolas Sarkozy

Mit der folgenden Erklärung kommentierte der frühere französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade den England-Besuch des französischen Präsidenten.

„Französisch-britische Flitterwochen“ (Le Figaro), „Eine privilegierte Allianz mit Großbritannien“ (Le Monde), „Eine Liebeserklärung an Albion“ (Le Parisien) - die französische Presse liegt richtig: es war die Huldigung eines Vasallen an seinen Herren, die Nicolas Sarkozy bei seiner Reise nach Großbritannien zum Ausdruck brachte. Wir können darüber nur Unruhe, Scham, Trauer und Mitleid empfinden, und wir müssen sagen: Zu diesem Zeitpunkt ist ein Signal freiwilliger Ergebenheit extrem gefährlich, weil es das verrückte Projekt der britischen Finanzkreise und politischen Elite bestärkt, die anstehende Krisenperiode durch die Macht des Geldes, der sozialen Kontrolle und einer Strategie militärischer Spannung zu bestehen. Zweifellos ohne sich dessen bewußt zu sein, und verzehrt von seinem Ehrgeiz, denjenigen zu gefallen, die ihm in seinem Präsidentschaftswahlkampf geholfen haben, spielte Nicolas Sarkozy auf seiner Flucht in den Abgrund die Rolle des Zauberlehrlings oder eines „Energizer-Hasen“.

Wer den Verdacht hegt, diese Äußerung sei übertrieben, der sollte das Ausmaß der Huldigung betrachten, den Kontext, in dem sie stattfand, und schließlich auch, wohin sie führt.

Das Ausmaß der Anbiederung

Die Rede am 26. März vor den versammelten Mitgliedern beider Häuser des Parlaments in der Königlichen Gallerie zu Windsor war ein beispielloser Akt der Unterwürfigkeit: „Im Namen des französischen Volkes bin ich gekommen, um dem britischen Volk vorzuschlagen, daß wie ein neues Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte aufschlagen: das einer französisch-britischen Brüderlichkeit für das 21. Jahrhundert.“ Hier sehen wir ein Wort, das dem nationalen Motto [Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit] unserer Republik entlehnt und einer imperialen Monarchie übereignet wurde, die weder Skrupel noch Liebe für das eigene Volk kennt. „Sie sind für uns ein Modell, ein Bezugspunkt geworden, und wir können Sie als Inspiration nehmen, weil Sie in den letzten 20 bis 30 Jahren unter verschiedenen Regierungen so viel erreicht haben.“

Wenn Sarkozy liebt, dann zählt er nicht. Er rühmt als einheitlichen Block und in gleicher Verehrung die konservative Margaret Thatcher, Tony Blair von der Labour-Partei und dessen Nachfolger Gordon Brown. Das Vereinigte Königreich ist für ihn „ein menschliches und politisches Ideal“, und er macht Englands politisches System zum „Eckstein einer jeden Demokratie“. Seine historische Kultur bewegt sich gegen Null, und seine Mentalität enthüllt sich als die eines Parvenüs. Nachdem er erfuhr, daß er und seine Frau die Nacht in der königlichen Residenz Windsor verbringen würden, in der Königin Elizabeth II. lebt, erklärte er: „Morgen werde ich in Windsor sein - das ist Klasse!“ Und fügte dann hinzu: „Wenn es ein Problem mit dem Stil gibt, so hoffe ich doch, daß Ihnen die Kleidung gefällt, die ich für die königliche Nacht bestellt habe.“ Wenn man Rachida Dati und Rama Yade zu seinem Gefolge hinzuzählt, ist man an einen Trip verzogener Kinder erinnert, die sich keine Gedanken darüber machen, was sie zerstören.

Der Kontext

Man könnte sich totlachen, wären die internationale Lage nicht so todernst und die von Sarkozy ausgesendeten Signale nicht so gefährlich. Faktisch haben die „Männer von London“ (lesen Sie dazu Oliver Blancs Buch über die französische Revolution mit diesem Titel) einen Plan für die politische, ideologische, polizeiliche und militärische Kontrolle der „globalisierten“ Welt. Ihre Absicht ist, die Nationalstaaten zu zerstören und eine Art universelles Empire zu schaffen, das am Boden in feudale Einheiten aufgesplittert ist, die von einer Bürokratie, wie sie in Europa bereits in Brüssel existiert, im Zaum gehalten und verwaltet werden.

Die Alternative muß eine Allianz souveräner Republiken gegen den Freihandel sein, die gemeinsam eine Politik des Friedens durch gegenseitige Entwicklung auf der Grundlage der Transformation von Natur und Menschen zur Vergrößerung der Tragfähigkeit des Planeten verfolgen. Indem er die Partei Londons verteidigt, sabotiert Nicolas Sarkozy dieses Projekt. In gaullistischen Begriffen ausgedrückt, ist er derjenige, der die „Rettung“ [le salut] verhindert. Auch wenn der tatsächliche Gehalt seines Besuchs weniger schwerwiegend als die ihn umgebende Etikette ist, ist das von ihm übermittelte Signal schrecklich.

Die Konsequenzen

Kurz gesagt, das Schlimmste ist, daß Nicolas Sarkozy, wie vor ihm schon Francois Mitterrand, Deutschland erpreßt. Faktisch sagte er: „Im heutigen Europa bleibt die französisch-deutsche Lokomotive unerläßlich. Aber das reicht nicht, um Europa den Handlungsspielraum zu sichern, den es braucht, um eine wichtige Rolle zu spielen. Wir müssen die 27 [Mitgliedstaaten] vereinigen, aber wir brauchen zuerst diese neue französisch-britische Entente.“

Wofür? Erstens, um Europa unter die Ordnung des Lissaboner Vertrags zu zwingen, d.h. jede Form von Großprojekten zu sabotieren, die Europa ein starkes Fundament geben könnten. Artikel 101-1 des Lissaboner Vertrags verbietet es den Staaten auf der Grundlage des Artikels 104 des Maastricht-Vertrages, bei der Zentralbank Geld zu leihen, um Kredite für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zu schöpfen. Die EU-Mitgliedstaaten haben keine andere Wahl, als große Schulden beim privaten Sektor aufzunehmen, für die sie ruinöse Zinsen bezahlen müssen, oder ihnen fehlen die Mittel, die wesentlichen Bedürfnisse ihrer Bevölkerung zu erfüllen, die wahre Grundlage des Friedens durch freiwilliges Zusammenleben.

Zweitens soll Frankreich wieder in das integrierte Kommando der NATO-Struktur eingegliedert werden, in der Hoffnung, daß ihm einige Brocken der Verantwortung zufallen, die ihm London und Washington sowieso vorenthalten werden. Als Zeichen des guten Willens verpflichtete Nicolas Sarkozy Frankreich in London vor beiden Häusern des Parlaments zum Militäreinsatz in Afghanistan. Obwohl er auf die Möglichkeit einer heftigen „Debatte ohne Reserven“ im französischen Parlament hinwies, war das Privileg, das er den britischen Parlamentariern einräumte, skandalös. Vor allem, wenn man bedenkt, daß dies die Entsendung von 3000 unserer besten Soldaten in ein, wie der Chef des französischen Generalstabs sagte, „nicht handhabbares Scheißloch“ bedeutet, „in dem wir kein Interesse haben, uns stärker zu engagieren“.

Und obwohl, wie der israelische Präsident Schimon Peres mehrfach erklärte, die Verhandlungen zwischen Israel und Syrien notwendig seien, um die Dynamik zum Frieden im Nahen Osten wieder zu gewinnen, unterstützte Nicolas Sarkozy letztlich die Entscheidung der Staatschefs von Ägypten und Saudi-Arabien (unter dem Druck von US-Vizepräsident Dick Cheney), nicht am Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Damaskus teilzunehmen.

Tatsache ist, daß Sarkozy zuvor den sehr fähigen Jean-Claude Cousseran nach Damaskus entsandt hatte, bevor er dann seine eigenen Berater, die Herren Levitte und Gueant, schickte und so zum großen Gefallen der Kriegspartei ein völliges Durcheinander schuf.

Das ist, kurz gesagt, das wirkliche Ziel seines Besuchs in London: das Europa des Winston Churchill - wie Sarkozy selbst erkannt hat, eine Dependenz des Britischen Empire.

Aber, werden einige einwenden, das Vereinigte Königreich ist schwach, der britisch Frosch kann sich nicht mehr zu einem universellen Empire aufblasen. Wer so denkt, der versteht die Notlage nicht, in der sich die heutige Welt befindet - weder den Einfluß der britischen „Moral“ der Finanzinteressen, noch den Einfluß der britischen Ideologie in Europa und den Vereinigten Staaten.

Genau diese bekämpfe ich mit meinen Freunden. Das sollte die französische Linke bekämpfen, anstatt windige Diskurse und Analysen zu veranstalten und über einen Klappstuhl in jener irdischen Hölle zu streiten, die auf uns zukommt, wenn wir die Karawane nicht aufhalten.

 

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