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Aus der Neuen Solidarität Nr. 29/2008

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Aus Shakespeares Prinzip der Tragödie:
Ambrose Evans-Pritchard

Von Lyndon H. LaRouche jr.

Lyndon LaRouche beantwortete mit dem folgenden Aufsatz einen Beitrag des britischen Finanzkommentators Ambrose Evans-Pritchard vom Daily Telegraph in dessen Internetblog vom 2. Juli.

Entgegen der erwähnten, jüngsten Kinderei des Ambrose Evans-Pritchard vom Telegraph könnten die entsprechenden US-Behörden mit den von mir vorgeschlagenen Überbrückungsmaßnahmen die schlimmsten Aspekte des gegenwärtigen Zusammenbruchs der amerikanischen Volkswirtschaft, die ich hier noch einmal beschreibe, unter Kontrolle bringen, was dringend erforderlich ist; dies wäre zwar nur vorübergehend, schüfe aber eine Atempause für die später notwendigen, dauerhafteren Korrekturen.

Diese zeitweilige Stabilisierung zur Blockierung der gegenwärtigen hyperinflationären Praxis der US-Regierung, des US-Kongresses und der Federal Reserve würde dafür sorgen, daß Investitionsausgaben wieder zurück zu den regulären Banken verlagert würden, die mit Unterstützung der Bundesregierung arbeiten; gleichzeitig würde der Zufluß von Geldern in solide Investitionen gefördert, was wiederum die gegenwärtig angeschlagenen Bankensysteme des Bundes und der Bundesstaaten tendenziell stabilisierte. Das wäre an und für sich noch keine Heilung, schüfe aber etwas Manövrierraum, der jetzt dringend benötigt wird.

Der entscheidende Punkt, der meinen Vorschlag veranlaßte, ist der: Wir müssen die ruinöse Politik des früheren Federal-Reserve-Vorsitzenden Alan Greenspan begraben, solange die Vereinigten Staaten sich die Schaufel für das Begräbnis noch leisten können.

Um genau auszumachen, um welchen Streitpunkt es bei den Narreteien des Herrn Evans-Pritchard eigentlich geht, ist es unverzichtbar, daß ich zunächst klarstelle, gegen welche politischen Inhalte sich sein entsprechender Telegraph-Blog vom 2. Juli richtet. Um der Klarheit willen zitiere ich hier noch einmal den vollständigen Text meiner Erklärung von Dienstag morgen:

LaRouche fordert Notmaßnahmen gegen finanzielles Chaos

28. Juni EIRNS - Lyndon LaRouche schlug heute Notmaßnahmen der Federal Reserve vor, um angesichts des bevorstehenden Zusammenbruchs einiger führender US-Handelsbanken und anderer Finanzinstitute soziales Chaos zu verhindern.

LaRouche beschrieb zwei Notmaßnahmen als Überbrückung. Erstens forderte er die Federal Reserve auf, die Zinsraten auf 4% anzuheben, um sicherzustellen, daß die institutionellen Anleger ihre Einlagen im Bankensystem belassen. Derzeit liegen die Zinsen mit durchschnittlich 2% deutlich unter der offiziellen Inflationsrate, was es gefährlich nahelegt, die Guthaben abzuziehen - in einer Zeit, da eine Reihe führender amerikanischer Handelsbanken vor dem Kollaps stehen.

Zweitens forderte LaRouche die Federal Reserve auf, deutlich zu machen, daß sie jede Handelsbank, die vor der Insolvenz steht, einem Insolvenzverfahren unter ihrem Schutz unterziehen wird, eine fundamentale Änderung gegenüber der Rettungsaktion für Bear Stearns. LaRouche betonte, die Masse der ,gehebelten’ Kredite im Bankensystem könne niemals gerettet werden, und die einzige Möglichkeit, das soziale Chaos, das ein Kollaps des US-Bankensystems auslösen würde, zu vermeiden, bestehe darin, daß die Federal Reserve für jede insolvente Handelsbank ein ordentliches Konkursverfahren durchführt.

LaRouche betonte, diese Maßnahmen an sich würden das Problem des Bankrotts des gesamten ,post-Bretton-Woods’-Finanzsystems nicht lösen. Wer argumentiere, daß eine solche Anhebung der Zinsraten eine Rezession auslösen würde, verstehe offenbar nicht, daß wir unmittelbar vor dem Zusammenbruch des globalen Finanzsystems stehen. Diese Überbrückungsmaßnahmen dienten lediglich dazu, das soziale Chaos zu verhindern, das eine Insolvenz einer großen amerikanischen Bank sofort nach sich zöge.

LaRouche betonte außerdem, daß die Bundesregierung sofort Gesetze in Kraft setzen müsse, um die Kredite für notwendige Infrastrukturprojekte massiv auszuweiten. Er verwies auf die derzeitige Krise im Mittleren Westen durch die Überschwemmungen im Mississippi-Becken als ein unmittelbares Beispiel für Infrastrukturprojekte, die durch einen Kapitalhaushalt mit Vorrang finanziert werden müßten.“

Nach britischen Maßstäben muß Ambrose Evans-Pritchard als ein cleverer Bursche gelten, aber wenn er seinen Telegraph-Blog vom 2. Juli mit strategischen Fehlern anfängt, wie sie damals die Rezession von 1930 in eine weltweite Katastrophe verwandelten, dann verkündet er, wenn auch unabsichtlich, daß er fest entschlossen ist, den Weg in den selbstverordneten Untergang des Britischen Empires, für das er anscheinend sprechen will, bis zum Ende zu gehen.

Man muß anmerken, daß Evans-Pritchard in diesem Artikel quasi mit einem gewissen Zittern in seiner literarischen Stimme spricht. Er ist schlau und erfahren genug, zu wissen, daß die Vereinigten Staaten, wenn sie einmal aus ihrem langen politischen Schlaf der letzten Jahrzehnte erwachen, eine furchtbare Kraft sind; das britische Empire mußte immer wieder lernen, diese Macht zu fürchten und zu respektieren, so unter der Führung von US-Präsident Franklin Delano Roosevelt und möglicherweise auch nun wieder. Bekannte profaschistische Finanzideologen in den USA, wie Felix Rohatyn und Genossen, haben zum Ausdruck gebracht, daß sie in meiner gegenwärtigen Rolle eine solche, ernstzunehmende potentielle Bedrohung ihrer Sonderinteressen sehen.

Wir Jeffrey Steinberg heute berichtete: „Zwei Entwicklungen beherrschten die strategische Front am Mittwoch, während wir uns darauf vorbereiten, am 4. Juli die Unabhängigkeit unserer Nation zu feiern. Erstens hat Ambrose Evans-Pritchard vom Londoner Daily Telegraph - pünktlich wie ein Uhrwerk 24 Stunden, nachdem Lyndon LaRouche die Federal Reserve öffentlich aufforderte, die Zinsen auf 4% anzuheben, um einen völligen Kollaps des Dollars und den Bankrott einer Anzahl großer Geschäfts- und Investmentbanken zu verhindern - seine hysterische Tirade veröffentlicht, worin er verlangt, daß [Fed-Chef] Ben Bernanke die Zinsen in Amerika auf 1% senkt. Der Artikel, in dem nach außen hin der Chef der Europäischen Zentralbank Trichet angegriffen wird, weil er die Zinsen in Europa auf 4,25% anhob, hat tatsächlich gar nichts mit der EZB oder Trichet zu tun. Evans-Pritchard und seine Herren sind sich völlig im klaren darüber, daß ein systemischer Zusammenbruch im Gang ist, und sie sind außer sich, weil LaRouche wesentliche Überbrückungs- und dauerhafte Maßnahmen für einen Wiederaufbau vorgeschlagen hat, die auf einer Wiederbelebung des Systems souveränen Kredits und souveräner Nationalstaaten beruhen.“

In dieser Hinsicht hat in den letzten Jahrzehnten kein Amerikaner bestimmten maßgeblichen britischen Kreisen und ihren amerikanischen Marionetten soviel Angst und Zittern eingeflößt, wie ich es mit meinem Handeln tue. Wie Rohatyn insbesondere seit Frühjahr 2005 sagt, sehen sie in mir praktisch den Geist von Präsident Franklin Roosevelt heraufbeschworen. Ich erkenne etwas von diesem Zittern in der gedruckten Stimme jenes Evans-Pritchard wieder, mit dem ich schon früher hier in den USA nicht Klingen, aber Worte gekreuzt habe.

Ihre Furcht ist, daß meine Politik trotz ihrer jahrzehntelangen Bemühungen, dies zu verhindern, die Amerikaner unter den Bedingungen der sich gegenwärtig entwickelnden Krise aufrütteln könnte und meine Bemühungen dann Erfolg haben könnten, so wie es schon bei bedeutenden Gelegenheiten in der Vergangenheit ähnliche Erneuerungen unserer amerikanischen Tradition gegeben hat. Das ist seit Jahrzehnten meine Zielrichtung, seit der Zeit vor meiner Rückkehr vom Militäreinsatz in Übersee in die Vereinigten Staaten 1946, als ich versuchte, meine Republik zum Standpunkt Präsident Franklin Roosevelts zurückzuführen.

Die wahre Kraft der Geschichte liegt nicht in der bewaffneten Faust, und auch nicht in der Zahl derer, die für die Sache mobilisiert werden, sondern in der Entschlossenheit einzelner. Sie liegt heute, wie in der Vergangenheit, in der Macht der Ideen, deren Zeit gekommen ist. Leute, die das Gegenteil meinen, wissen gewöhnlich nichts wesentliches über die Geschichte der Menschheit. Deshalb rufen manche Leute in diesen unruhigen Zeiten nicht Amen, sondern i-a, wie es Evans-Pritchard getan hat.

Damals wie heute

Was 1929-33 zusammenbrach, war die internationale Ordnung, die weitgehend von Montagu Norman von der Bank of England (und von Brown Brothers, Harriman) gelenkt wurde. Das war der Norman, der zusammen mit der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), maßgeblich dazu beigetragen hatte, erst den gleichzeitigen Zusammenbruch des britischen Goldstandards und die Gründung der BIZ zu inszenieren und anschließend persönlich Adolf Hitler an die Macht zu bringen. Das war das entscheidende an dem Prozeß, der im Januar 1933 zur Einsetzung Hitlers als Reichskanzler und einen Monat später als Diktator in Deutschland führte. Dabei halfen anglo-amerikanische Kreise, die den Schützling der Bank von England, Hjalmar Schacht, für dieses Hitler-Projekt einsetzten.

Die eigentliche Ursache für all dies in den zwanziger Jahren und danach waren die Regelungen des Versailler Vertrages, die ein Echo im Vorgehen von Margaret Thatcher und ihrem Gewährsmann François Mitterrand fand, als sie praktisch unter Androhung eines Krieges gegen Deutschland ihre inzwischen berüchtigten, für das Weltfinanzsystem ruinösen Maastricht-Bedingungen durchsetzten, die das Britische Empire dem gesamten nachsowjetischen Kontinentaleuropa aufzwang. Es gibt keinen größeren Teil des früheren Territoriums des Comecon in Osteuropa, der heute pro Kopf und pro Quadratkilometer nicht deutlich ärmer wäre, als er es Ende 1989 oder Anfang 1990 war. In ähnlicher Weise gibt es keinen Teil Kontinentaleuropas westlich der früheren Grenzen des Comecon, der sich derzeit nicht in einem im Vergleich zu damals ruinierten Zustand schneller realwirtschaftlicher Auflösung befände.

Daran sind Margaret Thatcher und ihre Nachfolger schuld.

Wie zwei häßliche Autounfälle mit betrunkenen Fahrern gleichen sich auch zwei Ereignisse des gleichen Grundtyps niemals genau. Trotzdem sind sie vergleichbar, und so kann man die Depression der Zeit ab 1929-33 mit der gegenwärtigen großen Zusammenbruchskrise des bestehenden Weltwährungssystems als Vorgänge gleichen Typs vergleichen.

Der entscheidende Punkt, der hervorgehoben werden muß, wenn der Leser verstehen soll, was für eine Katastrophe jetzt unseren gesamten Planeten erfaßt, ist der: Man sollte in dieser gegenwärtige Weltkrise nichts anderes sehen als eine hochpräsente „Götterdämmerung“ des anglo-holländischen liberalen Systems, das Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts von dem Venezianer Paolo Sarpi in Gang gesetzt wurde.

Sarpis System war seinem Wesen nach ein unmoralisches System, das man Liberalismus nennt, das später auf das London Wilhelm von Oraniens und der Britischen Ostindiengesellschaft überging, wo der bösartige Lord Shelburne und sein „Zauberlehrling“ Jeremy Bentham 1782 das britische Außenamt gründeten. Dieses Britische Empire, wie es faktisch seit dem Pariser Frieden von 1763 existierte, ist nun in seine eigene tragische „Dämmerung“ eingetreten.2

Die realentragischen Folgen

Man könnte die Krise, die Evans-Pritchard mit soviel Zittern betrachtet, eine Tragödie mit dem passenden Titel „Shakespeares Rache“ nennen. Diese Krise ist der längst überfällige Untergang des häßlichen weltweiten anglo-holländischen Erbes, mit Schachfiguren Paolo Sarpis wie Sir Francis Bacon, Thomas Hobbes und dem Sklavenhändler (mit gefangenen Afrikanern) John Locke. Was gegenwärtig über die Welt kommt, ist der Zusammenbruch des britisch-imperialen Systems, das in den siebziger Jahren, nach den Ereignissen seit dem Mord an Präsident John F. Kennedy und den im Zuge der Unruhen 1968 angestoßenen Entwicklungen unter den drei Präsidenten, die von 1969-81 das meiste zum Ruin ihrer Republik beitrugen, Schritt für Schritt zur größten Weltmacht aufgestiegen war.3

Tatsächlich ist der reale Netto-Produktionsausstoß der USA pro Kopf und pro Quadratkilometer ihres Territoriums in der gesamten Zeit seit dem Haushaltsschock von 1967-68 bis zum heutigen Tage immer weiter geschrumpft. Seit Kontinentaleuropa sich von Thatchers Maastricht-Abkommen vergewaltigen ließ, findet auch dort ein ähnlicher Raubbau an der Realwirtschaft statt.

Auch wenn wir die finanziellen und monetären Überlegungen als solche nicht übersehen dürfen, ist es immer die reale, physische Wirkung, und nicht die nominelle, sogenannte monetäre Wirkung, die man studieren muß, um herauszufinden, in welche Zukunft die aktuelle nationale und internationale Wirtschaftspolitik die Nationen führt - oder irreführt.

Man muß bemerken, daß der relativ stärkste Rückgang des realen Nettoprodukts der US-Wirtschaft (pro Kopf und Quadratkilometer) seit 1968-71 sich zunächst im Nettozusammenbruch der grundlegenden Infrastruktur konzentrierte, womit sich der Abwärtstrend beim Realkapital und Betrieb der US-Eisenbahnen seit den fünfziger Jahren fortsetzte. Da größere Kapitalverbesserungen in der Produktion und in der wirtschaftlichen Grundinfrastruktur eine nützliche Halbwertszeit in der Größenordnung von zehn oder mehr Jahren haben, wurde der Nettoverfall des Realkapitals, der Ende der sechziger Jahre begann, erst nach einem Zeitraum zwischen einem Jahrzehnt und einer Generation spürbar, also in den siebziger oder sogar erst in den achtziger Jahren. In solchen Zeiten ist ein Großteil dessen, was Unternehmen als laufende Profite verbuchen, kein wirklich verdientes Einkommen, es ist eher so, als würde jemand seinen eigenen Fuß oder sein Bein essen, um sich zu ernähren.

In ähnlicher Weise ist auch die Auslagerung der Produktion aus Nordamerika und Westeuropa im Rahmen der Globalisierung kein Nettotransfer von Produktion aus entwickelten agroindustriellen Regionen der Welt in die neuen Märkte von Nationen mit typischerweise deutlich geringerem Produktionsausstoß und Einkommen pro Kopf und Quadratkilometer.

Es steckt daher ein Körnchen Wahrheit darin, wenn der Telegraph bei Evans-Pritchards Artikel als Überschrift die Frage stellt: „Wird Trichet die Welt über die Klippe fahren?“ Es gibt keine vernünftigen Zweifel daran, daß Trichets Politik, wenn man sie weiter zuläßt, genau das tun würde; aber man muß sagen: Es ist die gegenwärtige Politik des Britischen Empire, die über Thatchers Maastricht diesen Trichet in seiner Rolle als Lakai im aktuellen Dienst ihrer damaligen Politik praktisch unvermeidlich hervorgebracht hat. Es sollte offensichtlich sein, welche schrecklichen Folgen Trichets systematische Mißachtung der Auswirkungen der von ihm praktizierten Politik hat, auch wenn er selbst keinerlei Interesse zeigt, über dieses jetzt so entscheidende Thema zu diskutieren.

In einer kompetenten Wirtschaftspraxis sind es die physischen Werte als solche, nicht die monetären Werte, die als der höchste Wert in einer Volkswirtschaft betrachtet werden müssen. Ein Geldsystem funktioniert nur, wenn es darauf ausgelegt ist, die Produktivkraft einer oder mehrerer Nationen, gemessen pro Kopf und pro Quadratkilometer des Gesamtterritoriums der Volkswirtschaft, zu vergrößern. Seit der Ermordung von Präsident John F. Kennedy ist die reale Nettoproduktion der Volkswirtschaften Nordamerikas, West- und Mitteleuropas pro Kopf und Quadratkilometer geschrumpft, während die Allgemeinheit gleichzeitig töricht davon ausging, daß der Profit (gemessen in Geldwerten) wuchs.

So entfaltete sich bis heute eine große, weltweite Tragödie. Jedesmal, wenn berichtet wird, die Wirtschaft befände sich in einem Aufschwung, ist sie in Wirklichkeit, real gemessen, geschrumpft - und das inzwischen katastrophal. In welchem Sinne sollten wir das als Tragödie verstehen?

I. Die These: Die Tragödie

In der klassischen Tragödie gab es die sogenannten Götter, wie den Olympier Zeus in Aischylos’ Der gefesselte Prometheus, der mit sterblichen Männern und Frauen grausam spielte, wie ein böses Kind mit Puppen. Im klassischen Griechenland war dieses System als das oligarchische Modell bekannt; typisch für dieses Modell waren das Babylon des legendären Belsazar, aber auch das Persische, das Römische, das Byzantinische, das venezianische Reich der Anjou, das venezianische Reich der Habsburger und das neovenezianische britische (anglo-holländische) Empire - so, wie das Empire über seinen Mechanismus des Wuchers die Welt seit Februar 1763 bis zum heutigen Tage meistens beherrscht hat.

Das wesentliche Charakteristikum solcher Imperien ist, daß nicht bloße Könige den herrschenden imperialen Gesetzeskodex bestimmen, sondern nur der oder die Person, welche die Funktion des „Kaisers“ und des imperialen Pantheons ausübt. Das war typisch für das römische Recht. Der Kodex des Liberalismus (d.h. des anglo-holländischen Liberalismus, der sich vom neovenezianischen Entwurf Sarpis ableitete) ist bis heute, und besonders seit 1971-73, die vorherrschende Strömung im internationalen Recht, das faktisch imperial ist.

Noch einmal, Aischylos’ Darstellung des olympischen Zeus im „Gefesselten Prometheus“ der Prometheus-Trilogie - und auch Friedrich Schillers Darstellung der Wallenstein-Trilogie - ist ein angemessener Vergleich, um die wesentlichen Merkmale der heutigen Welttragödie des britischen Systems zu verstehen. Es ist auch der beste Standpunkt, um zu verstehen, welche ominösen Folgen die gegenwärtige globale Existenzkrise des anglo-holländischen liberal-imperialen Systems haben kann.

Womit dieses gegenwärtig vorherrschende liberale System des Imperialismus konfrontiert ist, läßt sich nur aus der Geschichte heraus verstehen, und zwar anhand eines nur selten verstandenen Prinzips hinter der klassischen Tragödie, wofür die Dramen der klassischen Griechen, von Shakespeare, Gotthold Lessing und Friedrich Schiller typisch sind. Entgegen allerlei romantischem Gerede liegt die Tragödie nicht in bestimmten individuellen Figuren, sondern in dem übergreifenden Prinzip des Scheiterns der Kultur (der Gesellschaft), in welche die einzelnen Figuren oft praktisch bloß als Anhängsel eingebettet sind.

Aus diesem Grunde ist jedes wirklich klassische Drama in einen bestimmten historischen Kontext eingebettet, so daß die Tragödie nirgendwo außer in den Begriffen dieses besonderen Orts in der Geschichte definiert werden kann. Die Tragödie ist stets das tragische Versagen einer Kultur (etwa einer Nation), ob auf der Bühne oder im Ablauf der gegenwärtigen Geschichte, und in beiden Fällen scheitert der einzelne bei seiner Mission im Leben an seiner Unfähigkeit, sich aus dem Griff dieser Kultur zu befreien.

So hat das Britische Empire, das durch Mittel wie das Anzetteln der beiden „Weltkriege“ und die Subversion der Vereinigten Staaten in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute seine Macht wiederhergestellt hatte, nun einen relativen Höhepunkt seiner imperialen Macht in und über die Angelegenheiten der Welt erreicht. Dieses Imperium als sozialer Prozeß ist (sozusagen) die tragische Persönlichkeit, die so typische Individuen wie Ambrose Evans-Pritchard verkörpern.

Die Aufgabe stellt sich also wie folgt. Die Tragödie, auf der Bühne wie in der wirklichen Regierungsmacht, liegt nicht in irgendwelchen individuellen Figuren, sondern in der jeweiligen Kultur, der das Drama auf der Bühne oder die betreffende Regierung anhängt. Das Versagen liegt in der Unfähigkeit der Hauptfigur und praktisch aller bedeutsamen Figuren, sich aus dem Banne der geistigen Gewohnheiten, die sie als Mitglied der selbstverschuldet todgeweihten Gesellschaft erworben haben, zu befreien. Wenn diese Wirkung sich äußert, drückt sich darin die lauernde Tragödie der Gesellschaft dieses Dramas aus. Die Leistung des Autors besteht darin, dem Publikum deutlich zu machen, wie dieser Gesellschaft - auf der Bühne oder in der Gesellschaft außerhalb des Theaters - ihr tragisches Ende innewohnt.

Klassische Tragödie

Friedrich Schiller liefert eine besondere Modifizierung, indem er zwei „Kinder des Hauses“ einführt, die außerhalb der Hauptentwicklungslinie der Wallenstein-Trilogie stehen; Shakespeare nutzt die Rolle des „Horatio“ im Hamlet ähnlich. Der auf diese Weise eingeführte Kontrast zeigt, wie im Fall des „Horatio“, daß die Torheit am ganzen System liegt und nicht an der sogenannten tragischen Figur des Dramas.

Der tragische individuelle Charakter drückt also in typischer Weise die charakteristische Narretei der ganzen Gesellschaft aus. Diese allgemeine Narrheit zwingt die tragische individuelle Figur, in einer Weise zu handeln, die im Einklang mit der Gesellschaft steht. Die Gegenwart von „Cicero“ außerhalb der Bühne von Shakespeares Julius Cäsar wird von „Cassius“ als ein Element der Ironie des wirklichen Lebens und der wirklichen Geschichte eingeführt - man erfaßt etwas im Lichte dessen, was es nicht ist.

In allen relevanten Fällen entwirft der Dramatiker ein wahrhaft dynamisches Bild eines fatalen, selbst verursachten Untergangs einer Gesellschaft, insbesondere des Spektrums ihrer führenden Vertreter. Der große Dramatiker gestaltet das Drama so, daß eine gut geleitete und gut dargestellte Aufführung etwas vermittelt, was man nur als Wirkung eines dynamischen Prinzips beschreiben kann, das die Wechselwirkung der Absichten der Hauptfiguren übergreifend zusammenfaßt. Man spürt eine Gesellschaft, die von der Spitze herab in ein katastrophales Ende hineinläuft, das von Anfang an unter den herrschenden sozialen Kräften des betreffenden Falles lauert.

Es ist wie eine schlechte Ehe, in der beide Teile zusammen mit ihrem vereinten Handeln ein schlimmeres Ergebnis herbeiführen, als es die Summe des Handelns derselben Personen als separate Individuen täte. In dem Fall trägt keiner allein die Schuld, schuld ist vielmehr, daß sie zusammen sind.

Die ganze Welt ist wirklich eine Bühne! Die relevanten Charaktere des Dramas interagieren in einer Weise, die ihren daraus resultierenden gegenseitigen Untergang vorhersagt. So erleben wir das Schauspiel der herrschenden Kraft einer Nation, deren Handlungen darauf hinauslaufen, ihren eigenen Untergang sicherzustellen. Diese Gruppe von Dynamiken ist die eigentliche Tragödie. Wallenstein selbst ist nicht die tragische Figur des Dramas, auch wenn  seine Rolle häufig romantisch verdreht wird; sein Problem ist, daß ihm die Einsicht fehlt, mit welcher Methode er aus der Falle, in der das ganze Drama (als Ausdruck der realen Geschichte dahinter) gefangen ist, herauskommen kann. In Wallensteins Lager verstärkt sich der Geruch des Untergangs bis zu dem Punkt, daß scheinbar nichts mehr den gemeinsamen Ruin verhindern kann, auf den alle die verschiedenen Handlungen zu einer einzigen Wirkung hinlaufen.

Nennen wir diese spürbare tragische Gesamtwirkung „die Macht der Tragödie“, die Macht, die das scheinbar fast allmächtige, unmittelbar vor dem Triumph stehende britische Weltreich heute erfaßt hat. Wie Ambrose Evans-Pritchard sind alle Figuren dieses zum Untergang verurteilten Systems besessen vom Zwang zu Handlungen, die zu dem Lauf in den drohenden Untergang beitragen - „die Macht der Tragödie“ -, der sie alle zwar in unterschiedlicher Weise, aber mit ähnlichem Ende erfaßt. Die Rolle, die Evans-Pritchard sich praktisch gewählt hat, ist die des aufgeblasenen Narren, der den eigenen Untergang herbeiführt und sein Teil zu der Qual beiträgt, die sich sein ganzes Volk selbst zufügt; doch er hat sich entschieden, diese Rolle bis zum bitteren Ende weiterzuspielen. Das ist die Macht der Tragödie - oder der Farce.

Die Macht dieser Tragödie

Das spezifisch Dionysische dieser britisch-imperialen Tragödie entspringt den Kerneigenschaften des delphischen Systems, das in seinem Wesen zwei romantische Charaktere, den delphischen Apollo und Dionysos, umfaßt. Wie der Zeus im Gefesselten Prometheus des Aischylos die gewöhnlichen Sterblichen zu Tieren herabwürdigt, indem er ihnen den Zugang zum Prinzip der menschlichen Kreativität verwehrt, so mag der delphische Romantiker zwar manchmal Lust verspüren, klassische Kompositionen in der Kunst zu genießen, aber das eigentliche Prinzip der Kreativität, das wir „Ironie“ nennen, das die menschliche Kreativität von alberner Romantik unterscheidet, kommt dabei nie zum Ausdruck.

Eine Tragödie ist an sich nicht unvermeidlich. Die potentielle Tragödie wird heute nur zur Wirklichkeit, weil klassische Kunst und Wissenschaft abgelehnt wird. Diese Ablehnung ist typisch für den modernen Liberalen, insbesondere diejenigen in der transatlantischen Gesellschaft, die zwischen 1945 und 1958 in die Schicht der „Büroangestellten“ geboren wurden.

Das ist die Art von Liberalen, wie beispielsweise die existentialistischen Geschöpfe des „Kongresses für kulturelle Freiheit“, die 1968 und danach als dionysischer Mob auf der Straße wüteten. Sie hassen alles, was ihnen „Arbeit in der Industrie“, „Kernkraft“, „wissenschaftliche moderne Landwirtschaft“ und klassische Komposition in der Kunst symbolisiert - sie hassen diese „Fesseln der Vernunft“. Sie sind die Menschen von „Sodom und Gomorrha“ und vom „Turm zu Babel“ mit seinem ewigen Krieg und Gemetzel.

Es ist, als hätten diese Unglücklichen vor den Augen ihrer Genossen einen feierlichen Eid geschworen, für immer an den Fetischen der neumalthusianischen und ähnlichen typisch existentialistischen Überzeugungen festzuhalten, die seit den Unruhen 1968 und danach einen gewissen Typus der „alten 68er“ (Babyboomer) auszeichnen. Dieser Pakt, dem sie sich anscheinend verschrieben haben, hat sie im Griff und schmiedet sie mit der Macht der Tragödie zusammen. Sie können sich einfach nicht davon losmachen, auch wenn es ihren Untergang bedeutet.

Für sie ist das Drehbuch ihrer eigenen Tragödie schon geschrieben, die Textzeilen und Handlungen auf der Bühne bereits eingeübt, jeder entschlossen, seine Rolle zu spielen. Sie sind zum Untergang verurteilt - durch die Macht der Tragödie.

Der eigentliche Ursprung des nahenden, selbst verursachten Untergangs des Britischen Empire liegt eben darin, daß es das Britische Empire ist. Dieses Empire hat über zahlreiche Nationen und Völker triumphiert, indem es die Vereinigten Staaten zu seinem finanziellen Lakaien machte und ähnlich mit den Nationen Kontinentaleuropas, Afrikas und anderswo umsprang. Dies erreichte den Punkt, an dem das Empire nach den vergangenen Jahrhunderten am Ende scheinbar triumphierte. Aber die Macht, die es nun am meisten bedroht, ist nichts anderes als das Empire selbst.

Das anglo-holländische liberale System ist in sich so angelegt, daß es nun so oder so zum Untergang verurteilt ist; die praktische Frage ist: „Wie viele andere wird es mit in den Abgrund ziehen?“ Wären diese Leute vernünftig, dann würden sie erkennen, daß das Spiel nun aus ist und daß es an der Zeit wäre, mit dem imperialen Spiel aufzuhören. Aber das können sie nicht. Ihre Gewohnheiten sind zu alt, und die alten Regeln des räuberischen Spiels sind ihnen zu lieb, um sie aufzugeben. Sie werden gegen alle Vernunft das Spiel weiterspielen. So steckt dieses System, wahrscheinlich endgültig, im Griff der Dynamik der Macht der Tragödie, die sie zum Untergang verurteilt.

II. Unsterblich sein

Die Ironie, die der Tragödie der Weltgeschichte oft zugrunde liegt, ist die, daß die sogenannten religiösen Gläubigen ihren Glauben an die Unsterblichkeit der individuellen menschlichen Seele bekennen, aber viele von ihnen einfach nicht wissen, wovon sie reden. Es ist nicht die Seele, die den Körper aufgibt, sondern der Körper, der die Seele verläßt. Dieser Gedanke ist für sie zu schrecklich, um darüber nachzudenken. In der ernsthaften politischen Wissenschaft ist dies ein kardinaler Unterschied.

Die Schöpferkraft, wie sie sich in der Entdeckung wirksamer universeller Naturprinzipien oder ähnlichen Entdeckungen im Bereich der klassischen Komposition in der Kunst äußert, ist der einzige bekannte Fall, in dem ein Mitglied irgendeiner Gattung von Lebewesen wirksam und vorsätzlich dazu beitragen kann, die Zukunft zu ändern. Er oder sie kann über den Tod hinaus die Zukunft der Menschheit ändern oder das unvollendete Werk eines anderen, früher Verstorbenen zuende führen.

Das überträgt sich auf die Praxis und Lehre der Naturwissenschaften, wo die Evolution des Universums in der europäischen Zivilisation fortschreitet - von ihren Wurzeln in der astronomischen Navigation des Altertums und den damit verbundenen antiken Kalendern über die Sphärik der Ägypter und Pytagoräer, über Platon, Eratosthenes, Archimedes und in der Neuzeit Nikolas von Kues, Kepler, Fermat, Pascal Huyghens, Leibniz, Abraham Kästner, die Ecole Polytechnique von Monge und Carnot, Carl Friedrich Gauß und Bernhard Riemann bis hin zu maßgeblichen Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts wie Max Planck und Albert Einstein. Wahre Wissenschaft beruht darauf, jeden Schritt einer solchen Abfolge, wo jedesmal ein universelles Naturprinzip entdeckt wird, im Geist nachzuvollziehen. Im Gegensatz zu den nachlässigeren, abgestumpften Methoden, die heute verbreitet sind, hat dieser Ansatz zur Folge, daß die Teilnehmer eines solchen Lehrprogramms die Geschichte der europäischen Wissenschaft, seit ihren Anfängen in der Astronomie als Instrument der Ozeanschiffahrt, von innen kennenlernen. Der Schüler lernt keine „Tricks“. Er erlebt die Geschichte der Wissenschaft selbst; er macht die Erfahrung der ursprünglichen Entdeckung selbst, wie der ursprüngliche Entdecker, oder wenigstens mit der gleichen Wirkung.

Sich in dieser dynamischen Weise Wissen anzueignen, liegt in der wahren Natur des Menschen.

Um diesen Punkt nochmals zu formulieren: Die Frage ist, wo sieht man sein persönliches Interesse im sterblichen Leben? Wenn man Verantwortung dafür übernimmt, dazu beizutragen, was aus dem Lebenswerk derjenigen wird, die schon gestorben sind, und auch zu der Zukunft, die man nicht direkt sehen wird, dann ist das persönliche Verständnis des Eigeninteresses als Mensch auf neue Art definiert. Was die vergangenen Generationen zurecht von uns erwarten dürfen, und was die künftigen Generationen zurecht von uns heute erwarten dürfen, erweitert die Vorstellung unseres persönlichen Eigeninteresses. Weil wir Menschen sind, reicht es nicht, daß wir den früheren und künftigen Mitgliedern unserer Gattung so etwas wie tierische Annehmlichkeiten bieten. Wir haben ein vitales Interesse an der Rolle der Schöpferkraft, die sich typisch in den Entdeckungen universeller Naturprinzipien äußert, wie es (beispielsweise) Johannes Kepler tat, und in der Verwirklichung des unvollständig gebliebenen Werks ähnlicher Entdeckungen all jener, die uns vorangegangen sind.

Am wichtigsten ist dabei das Konzept der Schönheit, das beide Fälle zusammenfaßt: Man tut Gutes, weil es schön ist, in dem Sinne, daß schöpferische Einsicht die wahre Natur dessen ist, was man als Schönheit empfinden sollte.

Die innere Natur dieser Schönheit, die mit der individuellen menschlichen Schöpferkraft verbunden ist, ist uns noch immer weitgehend verborgen - aber nicht ganz. Wir wissen, daß es etwas ist, was jenseits der Fähigkeiten irgendwelcher anderer Gattungen wirksam existiert. Wir sehen die Wirkung dieser Kreativität in der Akkumulation einer Masse von Produkten der menschlichen schöpferischen Aktivität, die im Vergleich zur anorganischen Masse unseres Planeten und zur Masse anderer Lebewesen und ihrer Produkte stetig zunimmt.

Diese Schöpferkraft des individuellen menschlichen Geistes, die Quelle dieses Wachstums, ist mit der Vorstellung gewisser Funktionen des menschlichen Gehirns zu verbinden, aber wir finden keine Spur einer solchen Funktion im Wahrnehmungs- und Denkapparat und verwandten Prozessen tierischen Lebens. Es ist eine gewisse Eigenschaft im Universum, auf die der Geist des lebenden Menschen eingestimmt ist, aber wir finden keine biologischen Spuren dieser besonderen Funktion in der Form des Gehirns. Lassen wir es im Moment dabei, daß der menschliche Geist auf die kreativen Prozesse des Universums eingestimmt ist, während dies für Individuen anderer Gattungen nicht gilt. Darüber hinaus haben wir noch sehr viel zu entdecken.

Solange wir diesen höheren Bereich der individuellen menschlichen Kreativität nicht berücksichtigen, bleibt das Verständnis unseres Eigeninteresses als Mensch verkrüppelt und fehlerhaft. Wenn wir uns fälschlicherweise selbst solche Grenzen auferlegen, liegt jenseits davon eine Welt, die unserem Verständnis von Eigeninteresse als bloß biologische Individuen fremd ist. Weil unsere individuelle Motivation in dieser Weise verkrüppelt ist, haben wir dann große Schwierigkeiten, für die Menschheit zu arbeiten, wir tun es nur aufgrund unseres Eigeninteresses als Individuen und haben kaum mehr als ein schwaches, unsicheres Verständnis unserer Verantwortlichkeit für das Unsterbliche und Universelle.

Aber verwenden wir unsere menschliche Schöpferkraft, wie sie für eine Entdeckung physikalischer Prinzipien eingesetzt wird, im Interesse der ganzen Menschheit, der Nation und der vergangenen und künftigen Generationen, dann wird diese Kraft stark vergrößert und wird zu einer wirksamen Macht zur Verbesserung der generellen Bedingungen für die Menschen. Diesen Zustand der Selbstentwicklung zu erreichen, wird dann ein Motiv des Eigeninteresses in einem höheren Sinn. Wir haben dann ein Verständnis für das, was Rafael Sanzio in seiner Schule von Athen als „Gleichzeitigkeit der Ewigkeit“ darstellt.

In bezug auf die Politik und die heutige politische Ökonomie wird zuviel moralisches Mittelmaß hingenommen; das erlaubt den Menschen, sich emotional an kleinliche Wünsche und Ängste zu klammern und in Gruppen zusammenzuschließen, um kaum besseres als eine Art gemeinsame tierische Wärme zu spüren. Das fördert moralisch schwächere soziale Bindungen, die ihre Opfer - und nicht nur Leute wie Ambrose Evans-Pritchard - an Überzeugungen binden, die nicht nur zum Untergang verurteilt sind, sondern die in ihren Auswirkungen auch der Idee der Menschheit an sich fremd sind. In dieser Lage der Dinge zeigt sich an solchen Bindungen das, was ich hier beschrieben habe: „die Macht der Tragödie“.

Nachdem ich dieses gesagt habe, wünsche ich Ihnen, daß sie ein frohes Wochenende des 4. Juli hatten.


Anmerkungen

1. Die Erklärung wurde bereits am vorhergehenden Samstag verfaßt, ihre breite Veröffentlichung jedoch bis Dienstag (2.7.) zurückgehalten, damit entsprechende politische Persönlichkeiten in den USA eine Vorwarnzeit hatten. Sie wurde am Dienstagmorgen veröffentlicht, wobei Wert darauf gelegt wurde, genau dieselbe Formulierung zu verwenden wie schon in der ursprünglichen Fassung vom Samstag.

2. Es war der Versuch, die Wirtschaft der englischen Kolonien in Nordamerika zu zerschlagen - eine unmittelbare Folge des Friedens von Paris 1763 -, der die künftigen Vereinigten Staaten vom Britischen Empire trennte; er führte zu der Abfolge von Schritten bis zum Krieg 1776-83 und anschließend der Annahme der Bundesverfassung der Vereinigten Staaten. Durch diese Entwicklungen zwischen 1763 und 1787 wurde die englischsprechende Welt in einem kulturellen Krieg zwischen Republik und Empire in zwei Lager gespalten - ein Zustand, der bis zum jetzigen Moment anhält, auch wenn man die direkten und indirekten Verräter in den USA selbst berücksichtigt.

3. Ich konnte glücklicherweise persönlich daran mitwirken, eine fanatische Gruppe um Mark Rudd zu bewegen, 1968 auf ein geplantes dionysisches Freudenfest über den politischen Mord am damaligen führenden Präsidentschaftskandidaten Robert Kennedy zu verzichten. Dieser Fall war ein Beweis mehr, der mich warnte, daß die mit Figuren wie Rudd verbundene Strömung im SDS [der linken Studentengruppe] im Grunde faschistisch (mit synarchistischen Neigungen) eingestellt war. Ich hatte damals nicht den Eindruck, daß Rudd und ähnliche Typen Kennedy wirklich böses wollten, es war nur ihre allgemeine Freude über die Schwierigkeiten des „Systems“, das sie zerstört sehen wollten. Der faschistische Charakter der Anti-Kernkraft-Kampagnen in Deutschland in den achtziger Jahren und der neomalthusianische Extremismus einiger führender Demokraten um den früheren Vizepräsidenten Al Gore in den USA zeigt noch heute die gleichen, klinisch dionysischen „68er“-Relikte.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
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