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Aus der Neuen Solidarität Nr. 29/2008

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Historisches oder hysterisches Individuum?

Ein Bericht über die Kaderschule der LaRouche-Jugendbewegung vom 4.–6. Juli auf der Burg Lohra.

Es scheint wie verhext: Wie eine Plage zieht die Wirtschaftskrise durchs Land, raubt den Menschen Arbeit, Geld und zuletzt auch die Würde, während die zuständigen Volksvertreter reihenweise von der Hochfinanz gekauft werden und sich einen feuchten Kehricht um die Auswirkungen ihres Handelns scheren. Die Institutionen sind ratlos und drängen auf eine noch stärkere Durchsetzung und Ausweitung des Freihandels, wobei nicht nur Ländereien und öffentliche Wohnungen, sondern auch Strom, Öl, ja sogar Nahrungsmittel Objekt hemmungsloser Spekulation werden, was den Opfern zunehmend ihre Lebensgrundlage entzieht.

Während dieses quasi organisierte Verbrechen vonstatten geht, wabern Menschenmassen durch die Einkaufs- und Vergnügungsmeilen der Republik, um bloß kein „Schnäppchen“ zu verpassen, wobei die jüngere Hälfte teilweise lieber gleich zuhause bleibt und mittels modernster Technologie zu einer Horde digitaler, willenloser Zombies (v)erzogen wird.1

Stellen Sie sich in diesem Zusammenhang einmal die Frage: Wußten die Menschen im Mittelalter, daß sie in einem finsteren Zeitalter lebten? Wußten sie, daß die Gesellschaft in moralischer Verkommenheit dahinsiechte, ohne Ziel, und nur auf den eigenen Nutzen beschränkt? Oder waren sie Teil einer kontrollierenden sozialen Dynamik, aus der sie, wie aus einem reißenden Strudel, nicht zu entkommen vermochten?

Um der Wahrheit näher zu rücken, muß man die von Lyndon LaRouche immer wieder betonte, entscheidende Funktion der klassischen Tragödie, wie z.B. von Shakespeare oder Schiller, verstehen.

Klassische Tragödie als Prinzip

In seinem jüngsten Aufsatz über Ambrose Evans-Pritchard drückt sich Lyndon LaRouche wie folgt aus:

Die Tragödie ist stets das tragische Versagen einer Kultur (etwa einer Nation), ob auf der Bühne oder im Ablauf der gegenwärtigen Geschichte, und in beiden Fällen scheitert der einzelne bei seiner Mission im Leben an seiner Unfähigkeit, sich aus dem Griff dieser Kultur zu befreien.2

Um dem Leser ein praktisches Beispiel vor Augen zu führen, betrachten wir einmal, wie ein typischer, von uns angesprochener Passant am Informationsstand reagiert, nachdem sich beide Seiten über die Untragbarkeit der jetzigen Zustände schnell einig geworden sind und nun die Frage nach der persönlichen Verantwortung zum Handeln aufgeworfen wird: Sind Sie morgen noch hier?“ „Da muß ich aber erst meine Frau fragen...“ „Ich?? Nein, das müssen andere machen, ich habe doch gar keine Zeit!und das Beste: Ich stimme mit Ihnen vollkommen überein und wünsche Ihnen alles Gute!Und verschwindet.

Wie kommt es dazu? Wer ehrlich in sich hineinschaut, wird erschreckt feststellen, daß man trotz aller guten Absichten die gleichen Impulse auch bei sich selber findet. Niemand will den ersten Schritt tun und damit aus der Reihe fallen. Das fängt bereits in der Schule an, wo man höllisch aufpassen muß, um nicht blitzschnell zum schwarzen Schaf gekürt zu werden, und es macht bei der Arbeit oder im Familienkreis nicht halt. Wer sagt schon stolz von sich, daß er einen Kampf gegen den jetzigen Zeitgeist führt, und das auch noch um der Wahrheit willen und ohne Rücksicht auf Meinungen?

Nicht durch Ketten also ist das typische Individuum von heute gebunden, sondern durch die Angst, anzuecken und von seiner Umgebung nicht akzeptiert zu werden. Genau hier, in den geistig-kulturellen Fesseln, liegt das derzeitige Schicksal der Menschheit, aber auch die Lösung des Problems. Denn da es eben keine physische Gewalt ist, die uns zurückhält, kann die Ursache in der sichtbaren Welt nicht liegen. Laut Friedrich Schiller ist der Mensch ein übersinnliches, vernunftbegabtes Wesen, er definiert sich also nicht allein durch seine tierische Natur; doch wenn sich der Mensch nur über seine tierische, soll heißen weltliche Existenz definiert, wird er, wie bereits oben beschrieben, als Individuum versagen und ein Verhalten an den Tag legen, daß größtenteils durch die primären Triebe und zeitvertreibende Marotten geprägt ist. Wer es wagt, diese in Frage zu stellen, wird mit unzähligen faulen Ausreden wie die obigen oder sogar mit garstigen Beleidigungen bombardiert.

Um dieser tragischen „Massenkultur“ zu entrinnen und die Ketten des Daseins zu sprengen, muß ein jeder seine Identität in das von Schiller entwickelte Konzept des Erhabenen legen, wonach der Mensch in der Gattung seiner schöpferischen Vernunft und veredelter Emotionen seine wahre Bestimmung - die schöne Seele - findet.3

Nur die Persönlichkeiten, die sich somit entschieden aus dem Würgegriff der konventionellen Gepflogenheiten befreien, werden das moralische und intellektuelle Rückgrat aufweisen, um die Geschichte als historisches Individuum tatsächlich zu verändern. LaRouche schreibt dazu:

Die wahre Kraft der Geschichte liegt nicht in der bewaffneten Faust, und auch nicht in der Zahl derer, die für die Sache mobilisiert werden, sondern in der Entschlossenheit einzelner. Sie liegt heute, wie in der Vergangenheit, in der Macht der Ideen, deren Zeit gekommen ist.

Das ist der Stoff, aus dem Renaissancen gemacht werden - auch heute.

Eine klassische Verschwörung

Vor diesem Hintergrund kamen am Anfang des Monats 80 junge Erwachsene aus ganz Europa für ein Wochenende auf der Burg Lohra zusammen, um sich diesen existentiellen Fragen und Herausforderungen der Menschheit zu stellen. Das sich die Zahl der „Neuen“ in diesem Kreis auf mehr als zwei Dutzend belief, kann als Kostprobe des vorhandenen Potentials in der jungen Bevölkerung gesehen werden, das sich bei ehrlicher, engagierter Arbeit mit jungen Leuten eröffnet!

An diesem Wochenende wurde ein Feuerwerk von Ideen abgebrannt, das seinesgleichen suchte. Nach einer politischen Einführung der BüSo-Bundesvorsitzenden Helga Zepp-LaRouche eröffnete sie am 232. Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeit feierlich das abendliche Schillerfest.

Passend eröffnet wurde das ganze mit dem Schlachtruf der Freiheit („Battle Cry of Freedom“), einer 4-stimmigen Hymne aus dem amerikanischen Bürgerkrieg. Darnach erfuhren die Anwesenden, wie schön Menschen Gedanken formulieren können - sei es durch Theater, Musik oder Dichtung. Die aufgeführte Szene aus dem Wilhelm Tell, in der Stauffacher von seinem erhabenen Weib Gertrud zum Widerstand gegen die Tyrannei des Reichsvogtes Geßler inspiriert wird, entzündete so manches Herz im Busen. Auch die Reihe italienischer Kunstlieder fand große Begeisterung, denn man merkte die getane Arbeit an der schönen Schlichtheit des Vortrages. Gespielt wurde außerdem ein Satz aus dem bekannten Hoffmeister-Konzert für Bratsche und Orchester (vertreten vom Klavier), sowie eine wunderbare Interpretation des Schiller-Gedichtes Sehnsucht, vertont von Franz Schubert. Wahrlich abgerundet wurde das ganze mit dem wohl besten, was die europäische Kultur aufzubieten hat: Freude, schöner Götterfunken als Chorversion, abgeleitet aus Beethovens 9. Sinfonie.

Wer sich davon ein genaueres Bild machen will, kann das auf www.wlym.de gerne tun. Wohlbemerkt sei auch, daß all dies von Mitgliedern der LaRouche-Jugendbewegung, deren Mitglieder teilweise keinen künstlerischen Hintergrund aufweisen, gemeistert wurde. Die Richtung der Arbeit wies klar auf Schillers‘ Leitspruch für die Künstler hin: Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben, Bewahret sie! Sie sinkt mit euch! Mit euch wird sie sich heben!

Damit war der erste Auftakt gemacht und der Weg zu dem Kopf durch das Herz... geöffnet.

Um zu beweisen, daß alle gesunden Menschen des schönes Gesanges (ital.: bel canto) mächtig sind, versuchte sich am nächsten Tag die versammelte Mannschaft unter der Führung Michael Gründlers an der Ausbildung ihrer Singstimme, mit der dann in der Burgkapelle an Mozarts Chorstück Kyrie (KV 90) gefeilt wurde. Anstatt, wie sonst im Alltag allgemein üblich, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner hinzuarbeiten, vereinigten sich hier die Menschen als Sänger um eine höhere Hypothese, die es gemeinsam zu erstreben galt, denn die gesungenen Noten allein ergeben kein lebendiges Bild.

Um dieser Arbeit das notwendige Fundament zu Grunde zu legen, gab es am Nachmittag eine Vortragsreihe über die wissenschaftliche Methode, bei der so scheinbar unterschiedliche Themen wie die Inkommensurabilität von Diagonale und Seite im Quadrat, die Unsterblichkeit der Johanna von Orleans in der Gründung der französischen Nation, und prinzipielle Bausteine einer Renaissance am Beispiel verschiedener Gemälde zur Sprache kamen.

Bismarck

Am Abend präsentierte Helga Zepp-LaRouche für alle eine äußerst angenehme Überraschung, indem sie in zweistündiger Ausführung darlegte, daß es für Deutsche allen Grund zum Nationalstolz gibt, da wir mit Otto von Bismarck einen glühenden deutschen Patrioten und großen Staatsmann vorweisen können, der sich des bis heute andauernden historischen Konfliktes zwischen britischem Freihandel und amerikanischem System bewußt war wie kein Zweiter. Anhand der heute wütenden Nahrungsmittelkrise, die mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung zu vernichten droht, zeigte Helga den akuten Bankrott der Axiome des sogenannten Freihandels, heute auch freie Marktwirtschaft oder Globalisierung genannt, mehr als deutlich auf. Seit Menschheitsgedenken versuchen zwei grundlegend verschiedene Parteien ihr Menschenbild durchzusetzen: die erste sieht den Mensch als entfesselten Prometheus, als Entdecker und Bringer des Feuers; die zweite als unterdrücktes Herdentier, dem jede Möglichkeit zur Entfaltung seiner geistigen Kräfte genommen ist. Dies ist auch der Unterschied zwischen Freiheit, wie sie in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung als das Streben nach Glückseligkeit charakterisiert wird, und dem Freihandel (z.B. mit Sklaven), den die Handlanger des britischen Imperiums, wie z.B. John Locke oder Adam Smith, verkünden.

Mithilfe zahlreicher Zitate des Reichskanzlers und seiner engsten Mitarbeiter und Freunde konnte Helga belegen, daß Bismarck sein Werk ab 1879 als bewußt gegen den britischen Freihandel lancierte Politik verstand, zu dessen Errungenschaften natürlich auch die so vielfach gepriesenen, jedoch den Ursprüngen nach mißverstandenen Sozialreformen zählen. Auffällig ist die Allgegenwärtigkeit des amerikanischen Genies Henry C. Carey, dessen Werke über die Übel des britischen Freihandels und die Vorzüge des amerikanischen Systems kurz nach ihrer Veröffentlichung in den U.S.A. auch in die hiesige Sprache übersetzt worden sind und in Bismarcks Kreisen hohe Prominenz genossen. Viel mehr dazu wird in einem noch anstehenden Artikel zu lesen sein.

Der Vortrag war jedoch nur der einleitende Paukenschlag, dem die frisch veröffentlichte Dokumentation der amerikanischen LYM zur historischen Periode von Bismarck bis zum Ende des zweiten Weltkrieges folgte. Dieser Film ist ein Muß für jeden angehenden Staatsbürger und kann auf www.bueso.de gefunden werden.

Der krönende Abschluß der Kaderschule war zweifellos die Hauptrede Lyndon LaRouches am Sonntag, der via Telefon über die anfänglich beschriebene Problematik der Tragödie zu uns sprach. Die Schwierigkeit sei, daß die Menschen versuchen, sich der jetzigen Kultur anzupassen, anstatt die Vernunft zum herrschenden Prinzip menschlichen Verhaltens zu machen. Die Fähigkeit zur Vernunft bestünde zwar, nur würde sie sich in der Geschichte immer als Verstoß gegen die gängigen Regeln ausdrücken.

Also warten Sie nicht auf die anderen, denn ein jeder kann den Götterfunken in sich zu einem prometheischen Feuer entfachen, das sogleich die Mitmenschen ansteckt!

Karsten Werner (24, LaRouche-Jugendbewegung)

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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- Neue Solidarität Nr. 8/2008
Die LYM oder: Was ist eigentlich eine politische Bewegung?
 - Neue Solidarität Nr. 51-52/2006
Internetseite der weltweiten LaRouche-Jugendbewegung
Internetseite der LaRouche-Jugendbewegung in Deutschland

 

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