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Aus der Neuen Solidarität Nr. 15/2009

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Um das Empire zu besiegen, müssen wir umdenken

Von Lyndon LaRouche
- zweiter und letzter Teil -

LaRouche hat in seinem Internetforum am 21. März einige der technischen Einzelheiten dargestellt, wie eine Konkursreorganisation des bankrotten Weltfinanzsystems durchgeführt werden muß. Dabei griff er einen wichtigen Diskussionsbeitrag des amerikanischen Ökonomen James Galbraith auf.

Gehen wir zu der Zeit 2007 zurück. Am 25. Juli 2007 veranstaltete ich in der Nähe Washingtons ein Internetforum, auf dem ich darlegte, daß wir am Rande eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs standen und daß dieser Kollaps sich beschleunigen würde. Ich schilderte damals auch in Grundzügen, teilweise auch im einzelnen, welche Maßnahmen man ergreifen müßte, um mit der Krise fertig zu werden. Wären diese Maßnahmen noch im September oder Oktober 2007 ergriffen worden, dann gäbe es heute diese Krise in den Vereinigten Staaten nicht.

Mein Vorschlag lautete damals wie folgt.

Erstens der Häusersektor. Die Immobilienpreise spielen verrückt. Deshalb müssen die Eigenheimbesitzer geschützt werden. Wir wollen, daß die Menschen in ihren Häusern wohnen bleiben können. Deswegen muß das gesamte Hypothekensystem unter Konkursverwaltung mit Gläubigerschutz gestellt werden. Niemand wird aus seinem Haus geworfen. In schwierigen Fällen, wenn der Druck groß ist, muß der Gläubigerschutz wirksam werden. Niemand, der im eigenen Haus lebt, darf wegen der Hypothekenkrise sein Heim verlieren. Die Menschen bleiben einfach dort wohnen. Darüber hinaus muß die lokale Wirtschaft stabil gehalten werden. Man will nicht, daß Menschen auf die Straße gesetzt werden und irgendwo anders hinziehen usw. Das würde eine Kettenreaktion des Zusammenbruchs bedeuten.

Zweitens: Einige Banken sind realistisch gesehen bankrott. Es gibt aber bei einer Bank zwei Aspekte, der eine ist ihre finanzielle Stabilität, der andere ist ihre wirtschaftliche Funktion. Schauen wir zurück auf Alexander Hamilton am Ende des Revolutionskrieges, als die Kolonien die Kriegsanstrengungen für unsere Unabhängigkeit finanziert hatten. Sämtliche Banken in den Kolonien, die ihre patriotische Pflicht erfüllt hatten, waren dadurch praktisch bankrott. Am Ende des Krieges wurde deutlich, daß wir über die Unabhängigkeitserklärung hinaus eine Bundesverfassung brauchten. Hamilton fand die richtige Lösung, und diese Lösung war die Nationalbank. Man wollte alles tun, um die Banken durch staatliche Unterstützung zu retten. Diese Unterstützung der Regierung sollte über die Nationalbank laufen. So machte die Einigung auf eine solche Nationalbank die Verabschiedung der Verfassung der Vereinigten Staaten möglich. Dieses Prinzip, das auch ich anwende, bildet das Fundament der US-Verfassung. Denn die Banken, die im Unabhängigkeitskampf der Revolutionsregierung gedient hatten, standen nun unter diesem Schutz, so daß sie sich weiterentwickeln konnten, und so konnte das Bankenwesen in den Vereinigten Staaten am Leben erhalten werden. Die Verfassung wurde um diese zentrale Frage organisiert. Deshalb ist die Nationalbank von Natur aus für uns Amerikaner die richtige Richtung.

Was ist somit in diesem Fall zu tun? Man beschließt, die Banken dem Schutz der Regierung zu unterstellen. Man unterstellt die Banken ebenso wie die hypothekenbelasteten Hausbesitzer dem Gläubigerschutz, um das System zu sanieren. Gleichzeitig richtet man ein Kreditsystem ein, um das realwirtschaftliche Wachstum anzukurbeln. D.h., man muß international ein neues Kreditsystem aushandeln, welches das hoffnungslos bankrotte Geldsystem ersetzt.

Das waren meine Vorschläge.

Wäre das im Herbst 2007 erfolgt, gäbe es heute in den Vereinigten Staaten keine Krise.

Aber was geschah statt dessen? Unter einem „verdoddelten“ Senator [Dodd] ging der Abgeordnete „Bailout Barney“ Frank aus Connecticut zu Werk. Sie ließen im Dienste ihrer Freunde sämtliche wertlosen Papiere auf der Welt retten, und dazu noch ungeheure Managerabfindungen. Was als Hilfen und Garantien der US-Regierung in der Krise aufgewandt wurde, reicht schon aus, um die gesamte Weltwirtschaft in einen Bankrott zu stürzen, wie ihn Europa im 14. Jahrhundert erlebt hat - diesmal auf weltweiter Ebene.

Eine kriminelle Regierung

Unter George W. Bush hatten die Vereinigten Staaten praktisch eine kriminelle Regierung, und diese kriminelle Regierungspolitik wurde seit Obamas Amtsantritt nicht korrigiert. Das ist das Problem.

Die Ökonomen und andere haben keine Idee davon, wie ein kompetentes Finanzsystem eigentlich funktioniert. Sie kamen mit dem bisherigen System zurecht, dessen Regeln sie kannten. Solange das System funktionierte und nicht kollabierte, wußten sie, was von Tag zu Tag, Monat zu Monat, Jahr zu Jahr zu tun war. Aber als das System zusammenbrach, hatten sie keine Ahnung, was sie dagegen tun sollten. An diesem Punkt stehen wir jetzt.

An [US-Finanzminister] Geithner wird das Problem deutlich. Ich meine, er ist nicht schlimmer inkompetent als die meisten anderen auf diesem Feld. Unter den richtigen Bedingungen könnte er ein sehr brauchbarer Minister sein, wenn man ihm freie Hand ließe und er seinem eigenen Gewissen und guten Beratern folgen könnte. Aber unter der jetzigen Regierungspolitik gehen die Vereinigten Staaten derzeit geradewegs auf eine hyperinflationäre Explosion zu, und das würde sie selbst und die meisten Länder Welt zerstören.

Hier kommt Galbraiths Einschätzung zum Tragen. Die Leute, die das System zu steuern versuchen, habe keine Ahnung, was sie tun. Sie haben keine Vorstellung davon, was das Problem ist, und keine Vorstellung davon, wie die Lösung aussehen müßte. Wenn wir das nicht ändern, wird das Land zugrunde gehen!

Galbraith legt seinen Finger in die Wunde. Deswegen habe ich ihn ausgewählt, denn er ist im wesentlichen ein guter Mann und der erste, der es so offen sagt. In den von mir ausgewählten Zitaten sagt er es wiederholt und völlig richtig: Ihr Leute, die ihr mit euren verschiedenen Systemen hantiert, habt keine Ahnung, was ihr da tut und wohin ihr eigentlich geht. Denn ihr habt es mit einer Lage zu tun, mit der ihr keine Erfahrung habt und die ihr nicht kennt. So könnt ihr unmöglich aus eigener Kraft herausfinden, was überhaupt das Problem ist,  mit dem ihr es zu tun habt. Ihr seid alle dem gleichen vorherbestimmten System in euren Köpfen verhaftet und versucht, es der Realität überzustülpen.

Das ist, als wollte jemand ernsthaft eine Schaufensterpuppe heiraten. Da wird nichts bei herauskommen, egal wie aufrichtig er es meint.

Das tiefere Problem: Geld und Profit

Das bringt uns auf ein viel grundsätzlicheres Problem in dem Zusammenhang, dem ich mich nun in der entsprechenden Reihenfolge zuwenden möchte.

Vor allem sollte man sich die Vorstellung von Geld als solchem aus dem Kopf schlagen. Geld ist zwar notwendig, weil die Menschen Dinge tauschen müssen und der Wert sich dabei meistens nicht direkt bestimmen läßt. Deshalb richtet man ein passendes Geldsystem ein, in dem Schätzpreise als Maß des Wertes dienen. Das geschieht unter einer geeigneten Aufsicht in einer Weise, daß die Wirtschaft wächst. Aber man kann nicht auf der Grundlage eines solchen Geldsystems entscheiden, wie eine Wirtschaft wachsen sollte.

Damit ergibt sich ein anderes Problem: Was macht eine erfolgreiche Volkswirtschaft aus? Welches naturwissenschaftliche Prinzip steckt dahinter? Die Ökonomen, mit denen wir es gewöhnlich zu tun haben, haben keine Ahnung davon.

Dies ist sogar noch viel schlimmer geworden, seit man die Industrie abgebaut und die beiden großen Produktionsbereiche, Industrie und Landwirtschaft, ruiniert hat. Amerikas Landwirtschaft und Industrie sind als einstmals erfolgreicher Wachstumsmotor ausgefallen. D.h. die Manager der großen Konzerne wie zum Beispiel General Motors - auch schon diejenigen, die sich nicht nur persönlich bereichert haben - waren völlig unfähig.

Meine Generation war durchaus noch kompetent. Die folgende Generation war es nicht mehr. Meine Generation orientierte sich an der Produktion - Landwirtschaft, Industrie, Infrastruktur. Meine Generation war weitgehend geprägt vom frischen Wind der Regierung Roosevelt: Aufschwung, industrielle Revolution, technische Revolution. Wir hatten noch Manager, die etwas in die Hand nahmen und die Produktivkraft von Firmen und Farmen pro Kopf und pro Quadratkilometer steigerten. Das trieb sie an.

Insbesondere seit 1968 ging es dann mit der Produktivität bergab, das Management hielt es nicht mehr für nötig, die tatsächliche physische Produktivität in Landwirtschaft und Industrie und den allgemeinen realen Lebensstandard zu erhöhen. Seit dieser Zeit mogeln wir uns nur noch auf Pump durchs Leben.

Die nächste Frage lautet: Was ist die Lösung? Die Menschen aus meiner Generation, die die Betriebe führten, sind nicht mehr da. Die nächste Generation war nicht so besonders, und die jetzt nachfolgende Generation ist vollkommen inkompetent. Wie soll man das, wofür das Amerikanische System früher einmal stand, wieder aufbauen? Nach welchen Grundsätzen?

Man kann kurz sagen: „Industrie und Landwirtschaft“. Doch wie steht es mit der Frage des Profits? Man braucht Gewinne, wenn die Industrie wachsen soll. Die Landwirtschaft und die Industrie müssen genügend Wert erwirtschaften, daß in der Zeit danach etwas für die Entwicklung und Ausweitung der Wirtschaft übrig bleibt. Anders gefragt: Woher kommt der wahre Profit? Im Gegensatz zum bloßen Geldprofit - wir sehen ja, wohin wir damit gekommen sind. Physischer Profit bedeutet, daß man in der Produktion mehr herausbekommt, als man hineingesteckt hat. So wächst das Einkommen der Beschäftigten und die Arbeitsproduktivität. Wie erreichen wir das?

Dazu muß man in Landwirtschaft und Industrie - einmal abgesehen von den Gemeinkosten - zwei Faktoren beachten. Man berechnet die laufenden Betriebskosten, also was es kostet, die Maschinen, die man einsetzt, anzuschaffen und zu betreiben. Das wendet man nun nicht nur auf private mittelständische Betriebe und größere Konzerne an, sondern auch auf andere, größere Investitionen. In einer erfolgreichen Volkswirtschaft stecken die größten Investitionen an Realkapital in der Infrastruktur, die im großen und ganzen dem öffentlichen und nicht dem privaten Sektor zufällt. Das ist eine Sache des Staates und der Nation.

Wir brauchen Kernkraft

Das bedeutet zum Beispiel Kernkraftwerke. Kernkraftwerke sind nicht nur eine Angelegenheit des einzelnen Standorts. Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, brauchen wir viele davon, vor allem solche der vierten Generation vom Typ der Kugelhaufenreaktoren. Mit Hilfe des Kugelhaufenreaktors von z.B. 1000 MW lassen sich synthetische Treibstoffe herstellen, man kann Wasser reinigen und daraus synthetische Wasserstoffe und ähnliches herstellen. Dann müssen wir kein Erdöl aus dem Ausland mehr einführen. Es ist völlig unsinnig, einen eigentlich billigen Stoff um die ganze Welt zu transportieren, wobei sehr hohe Transportkosten und Monopole entstehen.

Ist es nicht besser, wasserstoffbasierte Treibstoffe unmittelbar vor Ort in jeder großen Stadt zu produzieren? Mit einem 1000-MW-Reaktor vom Kugelhaufentyp kann man neben dem elektrischen Strom ganz viele Nebenprodukte herstellen: industrielle Prozeßwärme und ähnliche Wärme, synthetische Treibstoffe, gasförmige Kraftstoffe usw. Sie sind auch besser für Flugzeuge und den Luftverkehr als die bisherigen Treibstoffe.

Auch die Abwärme des Reaktors, die als Rest der verschiedenen Wärmeniveaus übrigbleibt, läßt sich nutzen. Man mißt alles nach der Energieflußdichte, der Konzentration pro Flächeneinheit oder pro Gewichtseinheit der Energie. Das beginnt mit der höchsten Temperaturstufe, wo im Rahmen der Physik des Periodensystems Prozesse wie die Transmutation von Stoffen stattfinden, hinunter über verschiedene chemische Prozesse bis hin zur verbleibenden Restwärme, die sich dann noch für Heizzwecke in den Wohngebieten nutzen läßt. Man kann so einen Querschnitt durch das gesamte Gebiet einer Kommune erstellen. Die Wärme geringster Qualität reicht dann immer noch aus, um ein Haus zu beheizen oder eine Mahlzeit zu kochen.

Wenn man ein Zentralheizungssystem mit Kernkraft betreibt, kann man die gesamte Bandbreite der Energie bis herab zu den alltäglichsten Dingen abdecken und so das Leben für die Menschen vereinfachen. Wenn man das Leben vereinfacht, senkt man gleichzeitig auch die Produktionskosten, denn man steigert die Arbeitsproduktivkraft. Mit Hochtemperaturreaktionen lassen sich Dinge produzieren, die man niemals mit niedrigeren Temperaturen herstellen könnte. Wenn Politiker von Sonnen- und Windenergie schwätzen, ist das kompletter Unsinn.

Wie sieht also der Prozeß aus, über den die Produktivität einer weiter wachsenden Bevölkerung zunimmt, während gleichzeitig auch der Lebensstandard steigt? Man braucht dazu grundlegende Veränderungen der physikalischen Prinzipien, die man in der Volkswirtschaft anwendet. Der erste Schritt dazu besteht im Übergang zu Reaktionen mit höheren Temperaturen, wie in unserem Fall Kernenergie.

Zuerst haben die Menschen nur Holz verbrannt - mancher hat vielleicht auch das Haus des Nachbarn abgebrannt oder so etwas. Dann ging man dazu über, Holzkohle zu verbrennen, die ein besserer Brennstoff als Holz ist. Es kamen weitere Energiequellen hinzu, bis zum Erdgas usw. Damit hat man ein bestimmtes Niveau erreicht, über das es scheinbar nicht hinausging. Doch dann kam die Kernenergie, mit einer um Größenordnungen höheren Energiedichte und höheren Temperatur. Damit lassen sich Dinge tun, die niemals zuvor möglich waren. Inzwischen haben wir die Aussicht auf die Kernfusion; sie bedeutet noch einmal eine um das tausendfache höhere Leistungsfähigkeit und Kraft für die gleiche Menge Kalorien als selbst bei der Kernspaltung.

Solange man die Skala von Wissenschaft und Technik zu höheren Ebenen der Produktivität heraufsteigt und sich die intellektuellen Fähigkeiten der Arbeitskräfte entsprechend weiterentwickeln, werden sie Innovationen schaffen, die die Arbeitsproduktivkraft steigern, wenn man in sie investiert. Das sollte die Aufgabe der Gesellschaft sein.

Der Unterschied zwischen Mensch und Tier

Die andere Seite der Politik betrifft den Unterschied zwischen Mensch und Tier bzw. den Unterschied zwischen Noosphäre und Biosphäre. Wo liegt der Unterschied zwischen der menschlichen Gattung und einer Tierart (beispielsweise gemessen pro Quadratkilometer)? Kein Tier kann eine Idee oder ein Konzept erfinden. Nur der Mensch entwickelt geistige Vorstellungen, die physikalischen Prinzipien entsprechen. Die eigentliche Quelle wachsenden Reichtums besteht somit in einer Zunahme der Arbeitsproduktivkraft mittels des wissenschaftlichen Fortschritts und Investitionen in den wissenschaftlichen Fortschritt.

Auf der anderen Seite leben wir auf einem Planeten, auf dem ein hochinteressantes, wenn auch nicht ganz leicht verständliches Phänomen auftritt. Ich möchte Ihnen das darstellen, auch wenn es inhaltlich eine Herausforderung sein mag. Ich beziehe mich hier auf einen lieben Freund aus Rußland mit Namen W.I. Wernadskij, der u.a. das Konzept der Biosphäre und Noosphäre entwickelt hat: von lebenden gegenüber nichtlebenden Prozessen und den vom menschlichen Geist bewirkten Prozessen, die kein Tier nachvollziehen kann. Dabei mißt man im Tierreich nicht einzelne Arten als solche, sondern Gruppen lebender Arten nach ihrer Produktivität bzw. potentiellen Produktivität und ihrer Wechselwirkung. Die Artengruppe hat dann jeweils ein bestimmtes Potential für ihre Gesamtpopulation.

Generell wird bei den Tieren das System immer einem Gleichgewicht zustreben, d.h. wenn ein bestimmtes Niveau erreicht wird, sorgen Gegenwirkungen dafür, daß es wieder abfällt. Beim Menschen ist das nicht der Fall. Man vergleiche dazu Menschen mit der Population von Schimpansen oder anderen Menschenaffen. Sie sind auch Individuen - manche ähneln typischen Politikern - aber warum reichen sie nicht an den Menschen heran?

Nur der Mensch kann durch seine geistigen Fähigkeiten eine Bevölkerungszunahme bewirken, die über ein feststehendes Niveau, wie es für jede Tierart in einem spezifischen Lebensraum gilt, hinausgeht. Das ist möglich, weil der menschliche Geist anders als die Tiere fundamentale Entdeckungen physikalischer Prinzipien oder entsprechende Entdeckungen machen kann. Diese Entdeckungen sind typisch für die Naturwissenschaft einerseits und für die klassische Kunst andererseits. Beide Bereiche sind wichtig: Die Naturwissenschaft bezieht sich auf Dinge, mit denen der Mensch umgeht, die klassische Kultur bezieht sich auf Aktivitäten, die mit der Entwicklung des menschlichen Geistes und dem geistigen Zusammenleben der Menschen zu tun haben.

Beides ist nur dem Menschen eigen, kein Tier ist dazu fähig. Einige Tiere können Menschen nachahmen, aber sie können nicht selbst erzeugen, was sie imitieren. Nur der Mensch ist schöpferisch in diesem Sinne.

In lebenden Prozessen steckt auch Kreativität, aber ohne Bewußtsein. Ein Beispiel: Früher lebten in Australien allerlei komische Arten von Beuteltieren. Als dann aber Säugetiere auftauchten, wurden die armen Beuteltiere an die Seite gedrängt, weil sie in ihrem Lebensraum den Säugetieren unterlegen waren. Aber der Wechsel von Beuteltieren zu Säugetieren war eine nach oben gerichtete reale evolutionäre Entwicklung unter den lebenden Arten. Weil Australien von den anderen Erdteilen, wo die Entwicklung der Säugetiere stattfand, abgeschnitten war, blieb dort die Entwicklung bei den Beuteltieren stehen. Als dann die Kaninchen eingeschleppt wurden, die keine Beuteltiere sind, wurden sie bald zu einem großen Problem, weil sie sich ohne natürliche Feinde so schnell vermehrten.

Es gibt also bei den Lebewesen auf diesem Planeten eine potentielle Entwicklung und eine positive Evolution. Aber dies ist nicht bewußt. Der Entwicklungsprozeß ist in die für lebende Prozesse charakteristische antientropische Richtung eingebaut.

Astrophysik

Auf unserem Planeten und im Sonnensystem insgesamt lassen sich somit drei Bereiche unterscheiden, mit denen wir es in der Physik zu tun haben. Der erste sind jene Produkte, die gewöhnlich nicht von lebenden Prozessen herstammen: unbelebte Materie. Ein weiterer Bereich hat zwei Komponenten: lebende Prozesse und Produkte lebender Prozesse. Letztere Stoffe mögen formal gesehen tot bzw. nichtlebend sein, aber chemisch im Sinne des Periodensystems und ähnlicher Kriterien existieren sie nur als Nebenprodukt lebender Aktivität. Der dritte Bereich, genannt Noosphäre, übertrifft sämtliche Potentiale der unbelebten Materie oder der Biosphäre: die Menschheit.

Stellen Sie sich den Planeten Erde vor. Die Masse der Erde liegt noch im gleichen Größenbereich wie zu der Zeit, als der Planet geformt wurde. Er entstand aus Material, das von der Sonne, wahrscheinlich durch polarisierte Fusion induziert, in eine Umlaufbahn geschleudert wurde. Eine kleine, heiße Sonne drehte sich dort oben in großer Einsamkeit sehr schnell, bis sie Materie in einer sie umgebenden Ebene verteilte. Die von der Sonne ausgehende Strahlung traf auf diese Materie, die dadurch ein höheres Temperaturäquivalent als die Sonne selbst erreichte. Auf diese Weise wird die Masse auf spezifische Weise verwandelt.

Das läßt sich am Periodensystem ablesen. Welche Elemente findet man in der Sonne? Welche findet man im Material des Planetensystems, das von der Sonne erzeugt wurde? Das Periodensystem der Planeten ist höher entwickelt als das der Sonne selbst. Also hat es einen Entwicklungsprozeß gegeben.

Nach vielen Prozessen haben wir schließlich diesen Planeten Erde in der heutigen Form, auf dem wir leben. Die Masse der Erde ist in etwa die gleiche geblieben wie zur Entstehungszeit des Planeten. Allerdings setzt sich diese Masse zumindest auf der Erdoberfläche aus drei verschiedenen Kategorien zusammen. Eine Komponente ist das Unbelebte, vermutlich die primitivste Form. Die zweite ist die Biosphäre: ihre Elemente bestehen entweder aus lebenden Prozessen oder nur deswegen, weil sie Produkte lebender Prozesse sind. Eine dritte Komponente des Planetengewichts ist das, was nur durch den Menschen und seine Aktivitäten entstanden ist.

Der Anteil der Biosphäre an der Gesamtmasse des Planeten nimmt zu, und der menschliche Anteil, die Noosphäre, wächst noch schneller als die Biosphäre. Das sind die Bedingungen für erfolgreiches menschliches Leben auf diesem Planeten. Die Biosphäre muß wachsen, aber die Noosphäre, der Bereich, der menschliche Aktivitäten und menschliche Erzeugnisse betrifft, muß noch schneller wachsen als die Biosphäre.

Wie ist das möglich? Sicher nicht nach dem vermeintlichen Prinzip, das sich Gesetz des Nullwachstums oder Entropie nennt. Es gibt kein „Entropiegesetz“. Entropie ist keine Eigenschaft des Universums, ganz bestimmt keine des Sonnensystems. Am besten fängt man mit der Sonne an - einer einsamen Sonne, die sich wie verrückt dreht - weil sie sich vielleicht nach einem Partner sehnt? Sie befindet sich ganz einsam in einem Randbereich unserer Galaxis, der Milchstraße. Sie wird heißer und heißer, und sie beginnt Materie abzustoßen, um die Eigendrehung zu verlangsamen. In den Bereichen, wo sie Materie hingeschleudert hat, entstehen plötzlich Elemente höherer Ordnung im Periodensystem, wie wir dies rückblickend bezeichnen. Die Materie wird in Umlaufbahnen geschleudert - die Bahnen, die Kepler untersuchte, um das Prinzip der universellen Gravitation zu definieren.

In diesem Prozeß entwickelte sich die Evolution des Unbelebten. Darauf entstehen erste Lebensformen - wahrscheinlich in den meisten Teilen des Sonnensystems. Gattungen entstehen und entwickeln sich; sie heben die Biosphäre auf eine höhere Ebene. Das Auftreten des Menschen transformiert den ganzen Prozeß erneut. Mars und Erde sind Orte, auf denen bevorzugt zu der einen oder anderen Zeit Leben existiert hat. Auf der Erde hat sich eine Biosphäre entwickelt, und wahrscheinlich gibt es auch auf dem Mars noch Überreste davon. Die Biosphäre macht eine Evolution durch, und in deren Prozeß tritt irgendwie plötzlich der Mensch auf. Wir wissen nicht ganz genau, wie das geschah, aber die Menschheit ist da. Die Menschheit übernimmt die Erde und hat ganz andere Eigenschaften als die anderen Bereiche.

Die bewußte Evolution des Menschen

Alle drei Phasen sind der antientropischen Evolution unterworfen. Die Organisation des Systems folgt einer antientropischen Evolution. Sie ist - entgegen dem olympischen Zeus und seinen Anordnungen - eine charakteristische Gesetzmäßigkeit des Universums. Doch mit dem Menschen beginnt die bewußte Evolution. Die Menschheit verändert ihre Gattungseigenschaften durch intellektuelle Selbstentwicklung.

Was stimmt dann mit der heutigen Volkswirtschaftslehre nicht? Die allermeisten Ökonomen gehen von statistischen Theorien aus, die eine unbelebte Wirtschaft zugrundelegen! Die Mathematik und die Prinzipien, die diese Ökonomen lehren, kommen ganz ohne irgendwelche Prinzipien des Lebens aus. (Und wenn man sich manche Buchhalter heute anschaut, kommen sie einem auch wie tot vor.)

Die lebenden Prozesse insgesamt sind zwar in mancher Hinsicht willentlich, aber sie haben selbst keinen unabhängigen Willen. Sie haben nur die Fähigkeit, sich an ein Verhalten anzupassen, das eine willentliche Form hat. Aus sich selbst heraus können sie keine ganz neue Verhaltensweise hervorbringen. Das kann nur die menschliche Gattung, und heute treibt der Mensch die Evolution des Planeten! Wir sind nicht dem Planeten untertan, der Planet ist uns untertan! Denn die größten Veränderungen auf dem Planeten geschehen durch den menschlichen Geist, nicht durch sonstige sogenannte natürliche Prozesse.

Wie aber arbeitet der menschliche Geist? Einige Leute glauben, wir wären alle Affen, und einige tun wirklich so, als wären sie welche. Manche nennen sich Politiker und sitzen nicht im Zoo, sondern im Washingtoner Kongreß!

Der Unterschied besteht darin, daß der Mensch in der Lage ist, sein Verhalten - auch in der Masse - willentlich zu verändern, denn die Fähigkeit, die Bevölkerung zu vergrößern, ist Teil der menschlichen Natur. Die Form, die das annimmt, ist die bewußte geistige Weiterentwicklung durch wissenschaftliche Revolutionen und entsprechendes in der klassischen Kultur, was im Grunde das gleiche ist. Der menschliche Geist erzeugt in der Gesellschaft etwas, was den Menschen im Grunde unsterblich macht. Der Körper stirbt zwar, aber schöpferische menschliche Ideen sind unsterblich.

Worum geht es in der Wissenschaft? Im kompetenten naturwissenschaftlichen Unterricht werden Entdeckungen aus der Vergangenheit nachvollzogen. Man schickt nicht einfach die Kleinen an die Universität und befiehlt ihnen: „Lern dieses und lern jenes.“ Man soll sie lieber in einen geistigen Brutkasten stecken und ihnen eine Aufgabe geben: „Entdeckt das für euch selbst! Wir sagen euch nicht, wie es geht, wir nennen nur die Parameter der Aufgabe. Ihr müßt sehen, wie ihr die Antwort herausbekommt.“ Man muß nur die Fragestellungen in eine bestimmte sinnvolle Abfolge bringen, damit die jungen Leute nacheinander die richtigen Entdeckungen machen können.

Wir müssen die Erkenntnisse in der Wissenschaft und klassischen Kunst erweitern. Das hat auch etwas damit zu tun, welche Einstellung man zu anderen Menschen entwickelt - mit den zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn wir das tun, sind wir schöpferisch im Sinne klassischer künstlerischer Entwicklung. Indem der Mensch willentlich zu höheren Größenordnungen physikalischer Einwirkung auf den Planeten wie auch der Beziehungen unter uns Menschen voranschreitet, steigert die Menschheit ihre Macht im Universum.

Auf diese Weise ist es möglich, daß heute 6,5 Mrd. Menschen auf der Erde leben. Es gibt nicht eine Milliarde Paviane, es gibt nicht einmal hundert Millionen Menschenaffen, auch wenn der Mensch dem Affen ähnlich sieht (und sich manchmal auch so verhält). Die Menschheit verändert die Natur des Menschen durch Kreativität, und dadurch verändert sie die Erde und letztlich das gesamte Universum. Das ist nicht auf die Erde beschränkt, kein bloßes Erdenprodukt, sondern eine Kraft, die auch an menschlichen Aktivitäten im Weltraum deutlich wird - eine Kraft, die das Sonnensystem verwandeln und noch darüber hinaus gehen kann. Das ist wahrscheinlich Teil unserer Mission, Mensch zu sein.

Das Schöpfungsprinzip

Galbraith sagt in gewissem Sinne, daß wir unser Denken auf bestimmte begrenzte Annahmen einengen, die unserem Problem nicht angemessen sind. Das Entscheidende, was uns umbringt, ist dabei die Lehre des sogenannten Entropieprinzips. Aus jedem Winkel des Universums wird deutlich, daß das Universum nicht entropisch ist! Das Universum ist selbsterzeugend; alle Prozesse im Universum sind Ausdruck ständiger Kreativität. Die Menschheit ist ein Beispiel für willentliche, bewußte Kreativität.

Aber viele sagen, der Mensch sollte nicht schöpferisch sein. Denken wir an die grüne Politik: CO2, CO2, CO2. Eine derartige Politik bedeutet die Leugnung von Kreativität. Wenn man dagegen Einwände erhebt, heißt es sofort: „Nein, nein, das Entropiegesetz!“ Es gibt kein Entropiegesetz. Vielmehr hat sich in der amerikanischen, der europäischen und übrigen Geschichte gezeigt, daß der Mensch mit seiner Schöpferkraft Probleme löst, den Zustand des Planeten verbessert und immer weitere Fortschritte macht.

Genau das ist die Aufgabe der Wirtschaftswissenschaft. Das erste Prinzip einer Volkswirtschaft ist das Schöpfungsprinzip. Das Prinzip intellektueller Kreativität bezieht sich einerseits auf die Dinge in unserem Umfeld, die etwas mit den niederen Arten zu haben, und andererseits auf die Beziehungen unter uns Menschen und die Organisation des menschlichen Fortschrittes selbst. Daran fehlt es. Die heutige Wirtschaftspolitik in den Vereinigten Staaten sieht keine Kreativität vor. Die Politik ist grün und rückwärtsgerichtet und soll uns so schnell wie möglich zu den Affen zurückbringen.

Mit diesem Problem setze ich mich ständig in meiner Arbeit auseinander, denn daran fehlt es in unserer Wirtschaftspolitik. Wir haben bis heute kein wirkliches Verständnis davon, was Kreativität als solche eigentlich bedeutet. Es gibt gute Annäherungen daran. Uns lag früher daran, junge Leute zu fördern, damit sie in Wissenschaft und vergleichbaren Wissensbereichen einmal etwas leisten würden. An bestimmten Standards, die entwickelt wurden, konnte man ablesen, was Fortschritt war und was nicht. Wenn sich Verbesserungen von einer Ebene des Fortschritts zur nächsten einstellten, nannte man das Kreativität. Das war nicht ganz falsch, aber auch nicht präzise, denn es berührte nicht die Frage des Prinzips von Kreativität als solcher. Aber immerhin hatten wir eine Annäherung.

Was ist somit zu tun? Wohin wollen wir uns wenden? Der Planet geht in eine negative Richtung, er stirbt. Und die Leute, die heute das Sagen haben, wissen nicht mehr, was Kreativität ist. Wie kann man erwarten, daß eine wirtschaftliche Erholung entsteht oder zumindest der Kollaps des Systems verhindert wird, wenn die Dinge so laufen, wie sie jetzt laufen? Wir müssen wieder ein Bewußtsein über Kreativität erlangen.

Der Testfall wird die Frage der Kernenergie sein. Die Menschheit wird es nur schaffen, auf diesem Planeten weiterzuleben, wenn sie die Stufe zur Kerntechnik und weiter zur Kernfusionstechnik durchmacht. Das ist nicht alles, aber das ist die Richtschnur. Wir brauchen auch tiefere Erkenntnisse in die Biosphäre, so wie Wernadskij sie definierte. In diese Richtung müssen wir denken. Anstatt nur zufällig aufgetauchte gute Ideen in einer bestimmten Reihenfolge anzuordnen, brauchen wir mehr Erkenntnisse darüber, was diese Stufen, die wir als einzeln als Fortschritte erkennen, miteinander verbindet. Beispielsweise muß die Gesellschaft so geführt werden, daß vermehrt kapitalintensive Investitionen getätigt werden, je technologiedichter unsere Pläne werden.

Wir brauchen Investitionen, die auf mehr als hundert Jahre angelegt sind. Verkehrsnetze und große wasserwirtschaftliche Projekte sind Beispiele für solche Jahrhundertinvestitionen. Andere Anlagen wie Kernkraftwerke sind Investitionen von mindestens 50 Jahren. Heutzutage halten diese Dinge nicht länger; vielleicht können wir das in Zukunft besser. Aber all das erfordert Investitionen, die man in Zeiträumen von mindestens einer halben, einer ganzen oder sogar etlichen Generationen bemißt. Eine Investition in eine Firma oder einen Industriebetrieb hat stets eine Grundlaufzeit von einer halben Generation.

Es geht also darum, nach vorne zu blicken. Man reagiert nicht auf das, was gestern geschah, sondern darauf, was wir in 50 Jahren erreichen müssen. Wie kommen wir unserer Verpflichtung nach, diesen Punkt 50 Jahre in der Zukunft zu erreichen? Wie können wir es so anpacken, daß wir sicher sind, wirklichen Fortschritt zu erzielen?

Das Problem liegt darin, daß wir keine wirkliche Vorstellung mehr davon haben, was es heißt, menschlich zu sein. Wir wissen, was ein Mensch ist, wenn wir ihn auf der Straße oder woanders im Leben sehen. Wir erkennen den Unterschied zwischen einem Affen und einem Menschen, so schlimm ist es noch nicht. Aber wir haben keine Vorstellung mehr, was Fortschritt ist, so wie uns das früher einmal als Leitschnur diente. Diese Vorstellungen - auch das Wissen davon, was mangelnder Fortschritt bedeutet - lernt man an den heutigen Universitäten nicht mehr.

Heute denken viele sogar, Mangel an Fortschritt sei eine Tugend. Der Rückschritt von der Dampfmaschine zum Sonnenkollektor, dessen Bau mehr kostet, als man je aus ihm herausbekommt, sei eine Tugend.

Was uns fehlt, sind Ökonomen und Staatsmänner, die systematisch das weiter führen, was die größten Staatsmänner der Vergangenheit geleistet haben - etwa in den Vereinigten Staaten, die Mitte letzten Jahrhunderts eine großartige Revolution angeführt haben - ich meine das Jahrhundert davor. (Ich werde langsam alt, ich habe fast ein Jahrhundert erlebt, seit ich geboren wurde.)

Jahrhunderte im voraus denken

Wir haben nicht einmal mehr eine Vorstellung davon, wie ein derartiger Fortschritt ablaufen soll. Früher diente uns diese Vorstellung einmal als Inspiration und wurde als „amerikanische Methode“ bekannt. Zurückzuschauen reicht auch nicht mehr aus, wir brauchen eine viel systematischere Vorstellung.

Wir müssen uns beispielsweise überlegen, wie man die Infrastruktur dieses Planeten entwickelt. Das ist eine Investition von 100 bis 500 Jahren in die Zukunft. Wir müssen Jahrhunderte im voraus denken, denn wir werden das Aussehen dieses Planeten physisch verändern. Wir sprechen von Investitionen, die vier oder fünf Generationen in die Zukunft reichen. Dabei können wir uns nicht ständig selber auf den Füßen stehen; wir brauchen eine Politik, von der wir sicher sind, daß sie über diese langen Zeitperioden wissenschaftlich stand hält.

Darum dreht es sich bei Galbraith letztlich. Wir müssen über die Erfahrungen unserer unmittelbaren Vergangenheit hinausschauen. Die Lehren und Erfahrungen der Gegenwart dürfen für uns nicht der Maßstab sein; wir müssen weiter in die Zukunft schauen, um zu erkennen, woran es mangelt. Das muß von der Regierung aus geschehen, denn die Vereinigten Staaten müssen sich als Nation auf bestimmte langfristige politische Veränderungen festlegen.

Wie werden wir den vielen Müll unterschiedlicher Art los? Wie sollen wir die Systeme aufbauen, die als sichere Zukunftsinvestitionen noch in 100 oder 200 Jahren standhalten? Wir brauchen Ökonomen, die wieder in solchen Kategorien denken, die beispielsweise Werke wie die von Wernadskij kennen. Es ist möglich, in die Zukunft zu schauen und ein Gespür dafür zu entwickeln, was die richtige Richtung sein wird und wie sich das auf die Zukunft auswirken wird. Gleichzeitig muß man die Vorstellung aufgreifen, daß dies mit einer Zunahme der Arbeitsproduktivkraft einhergehen muß, damit wir möglichst schnell die Bedürfnisse aller Menschen befriedigen können.

Am besten wird dies an Afrika deutlich. Ich habe kürzlich eine Studie über Afrika gesehen, die anhand von Hubschrauber-Luftbildern erstellt wurde. Der gesamte afrikanische Kontinent wurde auf diese Weise in einzelne Rasterbezirke aufgeteilt. Jedes Rasterelement entsprach einer Aufnahme, und man kann sie sich nacheinander in großen Schaubildern ansehen. Was daran sichtbar wird, ist der entsetzlichste Mangel an Entwicklung, den man sich vorstellen kann. Wenn man das sieht, wird einem schlecht. Wo sind die Bahnlinien? Wo sind die Straßen? Wo sind die Städte? Wo ist all das, was für einen europäischen Lebensstandard erforderlich ist? Es ist schrecklich! Nur wenige kleine Gebiete sind für einige Teile der Bevölkerung erschlossen.

Afrika wurde geplündert. Es ist ruiniert. Das Britische Empire hat Afrika zu diesem Dasein verurteilt und damit eines seiner größten Verbrechen begangen. Raus mit den Briten, und die Krankheit kann geheilt werden!

Das Problem ist, daß die Menschen nicht mehr an die Zukunft denken, doch genau diese Aufgabe habe ich mir gestellt. Und weil ich das kann und weil ich das immer auf meine besondere Weise getan habe, habe ich erfolgreiche Prognosen erstellt. Ich weiß, welche Folgen es hat, wenn man nicht an die Zukunft denkt. Auch Galbraith hat das Problem angesprochen, daß es diesen anderen Bereich gibt, den wir vernachlässigt und mit unseren derzeitigen Grundannahmen übersehen haben. Der jetzige US-Präsident braucht eine Wirtschaftspolitik, die einer Zukunftsvision folgt.

Was bedeutet das konkret? Die meisten heutigen Investitionen in die Zukunft Amerikas werden Kapitalinvestitionen in die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur sein. Nehmen wir als Beispiel das zentrale Flußsystem der Vereinigten Staaten, das Gebiet zwischen den Rocky Mountains auf der einen und den Alleghenies (Appalachen) auf der anderen Seite, das in der Mitte vom Mississippi durchzogen wird. Dieses Hauptflußsystem der Vereinigten Staaten führt Wasser aus den Großen Seen nach Süden. Diese Wasserbewegungen müssen unter Kontrolle sein, was auch entscheidend dafür ist, daß wir Trinkwasser haben, das dem heutigen Standard entspricht. Das heißt, es ist ganz wichtig, den Grundwasserspiegel aufzufüllen und zu erhalten. Es ist also außer Frage, in solche langfristigen Vorhaben zu investieren, die wir so lange vernachlässigt haben: Das Fluß- und Wassersystem und die Grundwasserleiter zwischen den Alleghenies und den Rockies. Das sollte dringend geschehen.

Zudem ist es völlig unsinnig, wenn überall diese Massen von Autos herumfahren. Die Wirtschaft hat sich zurückentwickelt, weil das ständige Fahren auf der Autobahn schon zu einer Lebensweise geworden ist. Wir brauchen ein leistungsstarkes und sauberes Netz von Massenverkehrsmitteln. Das läßt sich machen. Das wäre eine sichere Investition über die nächsten 50 oder 100 Jahre. Wir brauchen neue Energiesysteme - eine sichere Investition für die nächsten 100 Jahre. Mit einer ganzen Reihe solcher Investitionen kann man den ganzen Charakter der Entwicklung verändern. Wir müssen unsere Städte sanieren und umgestalten.

Wir brauchen keine Mammutkonzerne, die es jetzt nicht mehr packen, wie General Motors. Wir müssen wieder den Aufbau kleinerer und mittlerer Unternehmen fördern, die der Form nach durchaus Aktiengesellschaften sein können, aber besser über das Land verteilt sind, so daß jeder Landesteil je nach seinem Charakter über eine gewisse Zahl von Betrieben verfügt. Dann müssen die Menschen auch nicht stundenlang jeden Tag zur Arbeit hin- und zurückfahren. Solche Entscheidungen lassen sich treffen.

Wir wissen, daß wir Energie brauchen - Energie von hoher Dichte. Wir wissen, daß das Wasser knapp wird; vor allem das fossile Wasser geht zu Ende. Wir wissen, daß die Grundwasserschichten versiegen.

Wenn man sich um diese Infrastrukturprobleme kümmert, schafft man gleichzeitig die Industrien, die man braucht. Anders gesagt, man fängt nicht damit an, aufs Geratewohl Industrien aufzubauen, sondern man kümmert sich um die Infrastruktur, die man braucht, um die Industrie zu schaffen. Man entwickelt also die Infrastruktur mit der Absicht, bestimmte erwünschte Wirkungen zu fördern.

Genauso sollten wir verfahren. Der Stand der wissenschaftlichen Forschung und der angewandten Technik muß beständig steigen. Dann können wir im voraus wissen, daß die Menge der Produkte, die wir herstellen, größer sein wird als die der Produkte, die wir verbrauchen. Man weiß dann, daß in den laufenden Betrieb der Volkswirtschaft ein realer Profit eingebaut ist. Und das gleiche läßt sich auf weltweiter Ebene tun.

Schluß mit den Rettungspaketen!

Die amerikanische Regierung sollte nun mit Hilfe von Leuten, die ähnlich denken wie Galbraith, in der Lage sein, eine Politik zu entwerfen, die sich auf wissenschaftlichen und technischen Fortschritt stützt. Das ist möglich, wenn die Regierung alles unsinnige Zeug aus dem Haushalt herausnimmt und eine Konkursreorganisation einleitet. Keine weiteren Rettungspakete! Wir sollten das tun, was unsere Aufgabe ist. Meine Aufgabe sehe ich darin, die jetzige Administration aus dem Morast zu führen, in dem sie zu versinken droht. Meiner Ansicht nach kann die Regierung Obama die Krise dazu benutzen, eine langfristige Politik durchzusetzen, die in dieser Form nur angesichts der Krise verwirklicht werden kann.

Die amerikanische Bevölkerung hat im großen und ganzen nichts für die Wall Street übrig. Sie hat weniger als nichts für den jetzigen Kongreß übrig. Der Haß auf die Bundespolitiker ist enorm, und er wächst weiter rasant an. Die einfachen Leute sind bereit, zu töten, weil nichts mehr funktioniert. Alles, was ihnen lieb und wert ist, wird ihnen genommen. Man raubt ihnen alles, und sie haben jedes Vertrauen verloren. Wenn der Präsident in dieser Lage glaubhaft beweisen kann, daß er Maßnahmen ergreift, um die Richtung, in die wir gehen, grundsätzlich zu ändern, dann wird er die volle Unterstützung erhalten.

Ich meine, das will Galbraith auf die eine oder andere Weise sagen, und ich halte es ihm zugute, daß er der erste in seiner Position ist, der sich so äußert. Auf der Grundlage können wir gewinnen. Es ist unsere letzte Chance, und ich bin entschlossen, daß wir es schaffen.

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„Konzentrieren wir uns auf den größten wirtschaftlichen Nutzen!“
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- Neue Solidarität 8/2009
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache

 

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