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Neue Solidarität
Nr. 38, 16. September 2009

Volksaufstand und neue Finanzpolitik

Wie immer schloß sich an LaRouches Vortrag eine ausführliche Diskussion an. Wir bringen Auszüge.

Frage von Ökonomen der Stanford-Gruppe:  Herr LaRouche, als wir analysierten, warum gewisse Vorschläge, die wir unterbreiteten und die wir für naheliegend hielten, abgelehnt wurden, haben wir uns näher betrachtet, welche Struktur die Politik hier in den USA tatsächlich hat. Dabei haben wir unter anderem herausgefunden, daß besonders im Laufe der letzten 30 Jahre die Möglichkeiten zur Besteuerung derjenigen, die ganz oben sitzen, weitgehend abgeschafft wurden. Der Unternehmenssteuersatz für die 20 Spitzenunternehmen in den USA liegt derzeit unter 2%. Es ließe sich mehr darüber sagen, aber das Resultat war letztendlich, daß eine Klasse professioneller Gefolgsleute dieses Systems entstand, deren Aufgabe es ist, das vorhandene System zu bewahren.

Darüber hinaus gab es massiven Betrug bei der Schaffung von Hypotheken und den Einschätzung für die Verbriefung und bei den Kreditausfallswaps, die eigentlich als Versicherung gegen Verluste dienen sollten. Bisher hat die Politik nichts getan, um diesen Betrug zu untersuchen, zu analysieren, zu überwinden und vor allem juristisch zu verfolgen. Wir haben bei der Regierung immer wieder betont, daß sie das Vertrauen der Öffentlichkeit erst wiedergewinnen wird, wenn das geschieht, aber damit stießen wir in Washington auf taube Ohren. Die Quintessenz ist, daß eine grundlegende Reform und jede Strategie für einen Aufschwung von unten nach oben, wie wir es vorschlagen, sofort blockiert wird.

Obama hat sein Gegenstück zu Louis Douglas, dem konservativen Haushaltsdirektor unter Franklin Roosevelt, aber zumindest in Washington ist keiner bereit, die Rolle von Harry Hopkins, Harold Ickes und Francis Perkins zu übernehmen - das waren die Architekten der Beschäftigungspolitik des New Deal mit öffentlichen Bauten und besseren Arbeitsbedingungen. Derweil werden wichtige Gesetze, vom Gesundheitswesen bis zur Bankenreform, immer noch in Absprache mit Lobbyisten entworfen. Ein Beispiel dafür ist, daß das Gesetz über Kreditausfallswaps praktisch von Jamie Dimon [Chef der Großbank JP Morgan Chase] und seinen Lobbyisten entworfen wurde.

Die größte Gefahr für die Gestaltung aller Bereiche der Politik unter diesen gegenwärtigen Umständen sehen wir aber darin, daß der Markt inzwischen die Funktionen des Staates ersetzt hat. Und ohne den Staat verschwindet die Idee des öffentlichen Interesses aus aller Politik. Märkte dienen per Definition privaten Interessen. Trotzdem sind Banken Institute, die unter öffentlicher Aufsicht arbeiten, um der Öffentlichkeit zu dienen. Es wird davon ausgegangen, sowohl rechtlich als auch praktisch, daß Banken sowohl Pflichten als auch Rechte haben und daß der Staat die Aufsicht über das Verhalten der Banken hat - eingeschlossen das Recht und die Pflicht, sie zu übernehmen und zu verwalten, wenn sie so in Not sind, daß die öffentliche Garantie hinter den Bankeinlagen gefährdet ist.

Andererseits sind die Finanzmärkte und besonders das heute vorhandene Schatten-Bankenwesen [Derivate] darauf angelegt, all das, was früher in einem klar definierten Verhältnis zu öffentlichen Zwecken existierte, in den Bereich privater Marktgeschäfte zu holen. Sie entziehen sich sowohl der Aufsicht als auch Versicherungen, und das Resultat ist, daß die Idee des Dienstes an der Öffentlichkeit hinfällig wird, weil mit den Banken privilegierte und rücksichtslos marktorientierte Einrichtungen entstehen, die den Staat benutzen und weitgehend kontrollieren, statt auf ihn zu reagieren.

Offenbar sind sich alle darin einig, daß dieses System reformiert werden muß. Selbst Geithner und Summers haben entsprechende Artikel geschrieben. Aber die Frage ist, welche Veränderungen wirklich zählen werden, weil sie grundlegend sind.

Wir sind zu dem Schluß gelangt, daß es keine grundsätzliche Veränderung geben wird, bis wir uns auf zwei Kernpunkte einigen. Erstens: Gesetze wurden gebrochen, und die Gesetzesbrecher müssen zur Verantwortung gezogen werden. Wenn man sie nicht vor Gericht stellt, wird absolut nichts sie davon abschrecken, alles noch einmal genauso zu machen. Zweitens: Wir bestehen darauf, klar und kompromißlos zu erklären, daß Banken Institute sind, die unter öffentlicher Aufsicht arbeiten, um der Öffentlichkeit zu dienen. Sie haben in der amerikanischen Republik keine andere Funktion. Wir wissen, daß diese Haltung einen gewaltigen Aufschrei auslösen wird, und man wird uns wahrscheinlich alle als einen Haufen radikaler Fanatiker beschimpfen, aber wir sehen keine andere Möglichkeit, der Sache Herr zu werden - und wir wüßten gerne, ob Sie denken, daß wir in die richtige Richtung gehen oder nicht.

„Wir sind das Volk“

LaRouche: Es gibt heute in den Vereinigten Staaten eine große Bewegung, die im Monat August ausbrach, die ich wissenschaftlich als einen Massenstreik bezeichne. Man sieht deutlich, daß mehr als 60% der amerikanischen Öffentlichkeit sich in einem Protest gegen das erhebt, was sie haßt - und das ist erstens die Person des Präsidenten der Vereinigten Staaten, und zweitens sind es die meisten Mitglieder beider Häuser des Kongresses. Die meisten Menschen verstehen dieses Phänomen sehr schlecht, aber ich verstehe es sehr gut, weil ich die Geschichte gründlich studiert habe. Dies ist ein echter Massenstreik. Das jüngste Beispiel dafür waren die Ereignisse in Ostdeutschland 1989, als die Menschen in der DDR und besonders in Sachsen rebellierten und sagten: „Wir sind das Volk!“, und die DDR brach zusammen und das ganze sowjetische System trat in einen Auflösungsprozeß ein.

Es gab im August vergleichbare Ereignisse in den Städten überall in den USA, einen echten Massenstreik - nicht nur eine Protestbewegung, sondern einen Massenstreik. Ich habe die Videoaufnahmen gesehen. Das Typische war, daß die Menschen sagten: „Haltet den Mund und hört uns zu! Wir wollen nicht hören, was ihr sagt. Wir reden, und ihr hört zu!“ Das sagen sie immer noch! Mehr als 60% der US-Bürger verachten den amtierenden Präsidenten, aber sie behandeln ihn trotzdem mit Respekt, weil sie mit Würde ihre Rechte als Bürger einfordern wollen. Das Gesundheitswesen ist dabei das Thema Nummer Eins.

Davon ausgehend muß man alles andere betrachten. Wenn der amerikanische Bürger sich auf die Hinterbeine stellt und sagt: „Wir sind das Volk, ihr ... [Schimpfwort]“ - und nach den Fernsehbildern, die ich gesehen habe, denke ich, das haben viele von ihnen de facto gesagt -, dann wird hier die letztendliche Regierungsmacht in einer wahren Republik eingefordert.

Die Macht liegt nicht in der Stimmenmehrheit bei den Wahlen. Die Stimmenmehrheit taugt gar nichts. Die kann man kaufen. Jedenfalls kommen so die meisten Leute in den Kongreß. Sie haben die Stimmen gekauft. Moral spielt dabei keine Rolle. Es gab in der Richtung höchstens ein paar Anspielungen. Aber die Wahl wurde mit Geld erkauft! Die Politiker gingen zu den Leuten, die das Geld haben, und sagten: „Kauft uns! Wir werden alles für euch tun. Gebt uns das Geld, wir stehen zum Verkauf!“ So entstehen diese Probleme.

Irgendwann ist dann plötzlich alles unter Kontrolle. „Die Wahl ist gelaufen. Dieser Typ ist an der Macht. Jetzt macht dieser Penner eine Politik, die uns völlig verhaßt ist. Was sollen wir tun? Wie können wir protestieren? Wenden wir uns an unsere Volksvertreter und bitten sie, unsere Sache zu vertreten? Sollen diese Prostituierten uns ihr Sexleben erklären?“ Nein! Wir sagen: „Wir sind das amerikanische Volk, und Sie haben gerade ganz deutlich gemacht, daß Sie keiner von uns sind. Sie vertreten uns nicht.”

So war auch die Amerikanische Revolution. Das Problem ist, daß die Menschen nichts von klassischer Kultur verstehen. Sie denken, klassische Kultur sei etwas, was man an der Universität studiert. (Man sollte es wohl an den Universitäten studieren, aber das geschieht nicht wirklich. An den Hochschulen ist es ähnlich wie bei den Wahlkämpfen. „Wählt uns!“ Das meiste ist Schwindel.)

Entscheidend ist: Hier ist ein Phänomen, wo ein Volk erkennt - und das geschieht in der Geschichte immer wieder, so wie im Fall der Amerikanischen Revolution -, daß sie als Menschen einer bestimmten politischen Kultur oder Gruppe von Kulturen ein gemeinsames Interesse haben. Sie erkennen, daß wir Menschen sind. Was ist das Interesse eines Menschen? Welches Rechte hat ein wahrer Mensch, im Gegensatz zu einem Sklaven oder Diener oder dergleichen? Sie spüren plötzlich, was es ist, was sie wirklich wollen. Was ist das Prinzip, die Dynamik, die uns in einer gemeinsamen Überzeugung, was wir wirklich als Rechte wollen, vereint? Es ist die Einforderung der natürlichen Rechte eines Volkes.

[Der Dichter Percy] Shelley hat beschrieben, welche Form das annimmt. Ich habe mich oft auf Shelley bezogen, aber er ist nicht der einzige, er ist nur der bekannteste in der englischen Sprache. Es steht im abschließenden Teil seiner Verteidigung der Poesie. Nämlich daß es in der Geschichte Zeiten gibt, in denen die Menschen in sehr großer Zahl von einem sicheren Gefühl einer gemeinsamen Auffassung von der Moral und dem gemeinsamen Interesse erfaßt werden. In solchen Zeiten werden die Menschen zu einem gemeinsamen Ziel vereint durch eine Macht, die sie nicht ganz verstehen, deren Kraft sie aber erkennen. Das äußert sich in den Begriffen „unsere Rechte“, „unsere Mission“, „unser Ziel“. „Wir wollen nicht mehr im Slum leben. Wir werden den Beschluß fassen, aufzusteigen. Wir haben entschieden, daß das unser Recht und unsere Pflicht ist.” Und sie sagen: „Wenn dies das moralische Prinzip ist, das uns regieren sollte, dann muß dieses moralische Prinzip auch angemessene Form und Ausdruck finden.“ So entstehen solche großen Bewegungen.

Der Kongreß zittert

Es gibt heute in den USA trotz der Torheit des dummen egozentrischen Präsidenten eine Macht, die weit größer ist als alles, wofür er oder seine Leute stehen. Das amerikanische Volk hat gesagt: „Du bist ein Penner! Wir mögen dich nicht. Wir werden dir den Schnurrbart abreißen, weil du gedroht hast, uns umzubringen, die Hunde auf uns loszulassen, indem du uns die Krankenversorgung wegnimmst - uns zu ermorden, um das Geld der Leute zu retten, die dich gekauft haben, Mister President.“ (Und die könnten durchaus zu dem Schluß gelangen, daß sie einen zu hohen Preis für dieses wertlose Objekt gezahlt haben.)

Das ist die Richtung, in die es jetzt geht. Man kann ein solches Problem nur lösen, wenn ein Volk sich erhebt, so wie das Volk der Vereinigten Staaten es in diesen Massenveranstaltungen im August bewiesen hat. Sie erheben sich für ein höheres Ziel, eine höhere Moral und lassen nicht locker - so wie beispielsweise die Menschen in Sachsen das DDR-Regime stürzten: Das Land von „Mielke and Honey“ war alles andere als ein Schlaraffenland, und sie stürzten das Regime. Dies ist eine Zeit in der die Amerikaner voller Verzweifelung sind. Man hat es im August gesehen, daß 60% oder mehr der Bevölkerung diese Regierung verachten. Die Kongreßmitglieder lassen sich durch diese Vogelscheuche einschüchtern, und jetzt kommen sie zurück in ihre Büros und fragen zitternd: „Was sollen wir tun? Morgen ist eine gemeinsame Sitzung des Kongresses [mit Präsident Obama]. Was soll ich tun? Er schaut mich an! Was sollen wir tun?"

Sie werden feststellen, daß das amerikanische Volk seine Haltung nicht geändert hat, und daß dieser arme Narr ganz schnell begreifen sollte, wie die Wirklichkeit aussieht. Das amerikanische Volk wird das nicht tolerieren. Und das Volk ist die Regierung. Das ist das Ende für Politiker, die von der Wall Street gekauft sind. Die meisten sind von der Wall Street gekauft. Wieviel haben die für [den Chef des Finanzausschusses] Barney Frank bezahlt? Wieviel es auch war, es war viel zuviel. Seine Dienste sind nicht sonderlich wünschenswert.

So sieht die Wirklichkeit aus, und Sie und ich müssen sich davon leiten lassen. Jeder muß seinem Gewissen folgen, aber unser Gewissen ist damit verbunden, daß wir Teil eines Volkes sind. Ich bin Teil eines Volkes. Wenn ich handele, und etwas zu verändern versuche, muß ich das mit der Zustimmung des Volkes tun. Das Volk meldet sich zu Wort. Aber einige in Washington hören nicht zu! Die Presse sagt ihnen, es wäre alles ganz anders, aber es ist so.

Wir steuern auf eine Krise zu, wie die Menschheit sie noch niemals gesehen hat. Sie wird bald  weltweit ausbrechen. Wenn man versucht, mit diesem System weiterzumachen, werden wir ein unvorstellbares finsteres Zeitalter bekommen. Die Menschen sagen nein, sie wollen dieses System nicht mehr haben. Sie wollen raus aus diesem System! Und sie sind eine viel größere Macht als irgendeine Kombination gewählter Politiker. Wer versucht, sich über sie hinwegzusetzen, der wird feststellen müssen, daß sie sich zu Wort melden, weil ihr Leben und der Sinn ihres Lebens geschändet wird.

[Herr Präsident,] Sie wollen den Amerikanern ihr Leben nehmen und den Sinn ihres Lebens zerstören. Die Menschen werden für diesen höheren Sinn des Lebens ihr Leben lassen, aber sie werden niemals diese Mission aufgeben, und Sie wollen ihnen den Sinn des Lebens rauben. Herr Präsident, Sie sind ein verdammter Narr. Ich weiß, daß Sie keine Ahnung haben, aber selbst ein ahnungsloser Mann wie Sie sollte nicht so ein Narr sein. Ich werde trotzdem versuchen, Sie da rauszuhauen.

Wir brauchen eine Mars-Mission!

Frage eines bekannten Ökonomen und Autoren, der mit der Stanford-Gruppe zusammenarbeitet: Vor 25 Jahren war ich an der Debatte über Industriepolitik beteiligt, und damals war ich auf der Verliererseite. Kein demokratischer oder republikanischer Präsident seither teilte die Vorstellung, daß eine Industrie von Weltrang für die Vereinigten Staaten wichtig wäre. Schließlich seien wir auf dem Weg zu einer Dienstleistungswirtschaft, hieß es, und Dienstleistungen wären genauso gut wie Industrieprodukte. Die meisten Ökonomen verhöhnten jegliche Industriepolitik: Die Regierungen wären völlig ungeeignet, die richtigen Entscheidungen zu treffen, nur freie Märkte würden für die passenden Investitionen sorgen.

Ein Vierteljahrhundert später zeigte sich, daß die meisten dieser Dienstleistungen Finanzgeschäfte waren, und ein Großteil dieses Sektors wurde zu einer Riesenblase aufgebläht, die jetzt geplatzt ist. Der freie Markt hat einen groben Schnitzer nach dem anderen gemacht, und seit der Finanzkollaps im Frühjahr 2007 voll eingesetzt hat, hat die Regierung mit Steuergeldern darüber entschieden, wer zum Sieger erklärt wird - nur daß die meisten davon gescheiterte Banken waren.

Ein Blick auf die amerikanische Geschichte zeigt, daß die USA schon immer eine Industriepolitik betrieben haben; sie begann mit Alexander Hamiltons Bericht über das Manufakturwesen, sie setzte sich bis zum Zweiten Weltkrieg fort und lebte erneut mit John F. Kennedys Raumfahrtprogramm auf. Staatliche Investitionen in die Biotechnik sind ein weiteres Beispiel. All dies, von Alexander Hamilton bis Kennedy, verkörpert eine große Industriepolitik. Man lese noch einmal die Bücher von der Debatte, an der ich beteiligt war: Blackstone und Harrison, The Deindustrialization of America, Steve Cohen und John Zysman, Manufacturing Matters. Im Rückblick erscheinen sie prophetisch. Wir alle - Sie, Herr LaRouche, eingeschlossen - haben damals die politische Debatte verloren, aber wir hatten von Anfang an recht.

Jetzt, wo die Wirtschaft vor einer langen Krise steht, sehe ich keinen Ausweg, wenn wir diese Fragen nicht direkt ansprechen. Es geht nicht nur um Banken- oder Finanzpolitik. Es hat etwas damit zu tun, was wir für unser Land und für die Welt tun wollen.

LaRouche: Das ist eine wunderbare Frage, denn sie ist Anlaß für mich, auf den Tisch zu legen, was ich denke. Alles, was hier heute schon gesagt wurde und was wir früher an anderer Stelle gesagt haben, trifft genau diesen Punkt. Wie Sie wissen, gab es den letzten schwachen Versuch, die Seele der Vereinigten Staaten zu retten, als John F. Kennedy davon sprach, daß wir etwas in Angriff nehmen sollten, „was gut ist, weil es schwierig ist“ - das Raumfahrtprogramm, um einen Menschen auf den Mond zu bringen. Schon damals war die Wirtschaft jedoch gespalten. Kennedy hat mit seiner Rede das fast schon tote Raumfahrtprogramm gerettet, und auch wenn sich in der Zeit bis zum Amtsantritt des verrückten Nixon noch vieles andere ereignete, gingen die wichtigsten Leistungen in der Wirtschaft auf das Raumfahrtprogramm zurück.

Aber 1967/68 erreichten wir einen ironischen Punkt. Während damals die Haushaltspolitik umgestellt wurde, schickten wir Menschen in den Weltraum und bis zum Mond, aber dabei wurden nur noch die Technologien aufgebraucht, die uns so weit gebracht hatten. Viele der Technologien, die unter dem Raumfahrtprogramm entwickelt wurden, gingen wieder verloren. Man sah das damals entlang der Bundesstraße 128 in Massachusetts, wo viele der um das MIT entstandenen Industriebetriebe lagen, die an verschiedenen Teilen des Raumfahrtprogramms beteiligt waren. Dort setzte der Krach zuerst ein, und sie begannen zu kollabieren. Ihre Produkte flogen zwar weiter in den Weltraum, aber die Betriebe, die das alles hergestellt hatten, blieben auf der Strecke. Hier und dort findet man heute noch in privaten Laboratorien kleine Restbestände dieser Technologien, die damals in den Mülleimer geworfen wurden.

Forschung als Motor der Wirtschaft

Wir sollten nicht so über Wirtschaft sprechen, wie die meisten Leute über Wirtschaft sprechen. Vernünftige Ökonomen glauben kaum noch an das, was heute weithin „Ökonomie“ genannt wird. Sie denken viel konkreter und verwenden Begriffe wie „Industriepolitik“ in keinem anderen Sinn, als ihn Alexander Hamilton zu seiner Zeit verwandte: Die Hauptkategorien sind Infrastruktur, Landwirtschaft und Industrie; alles andere ist dem untergeordnet.

Der entscheidende Motor dahinter ist Wissenschaft, insbesondere die Naturwissenschaft. Und die Naturwissenschaft hat viele Ausdrucksformen. Es geht dabei um den Vorgang der Entdeckungen an sich, um die Prozesse, die zu solchen Entdeckungen führen, und um die Folgewirkungen der Entdeckungen, wenn sie sich in der Anwendungen der Technik immer weiter verbreiten.

Die Hauptentwicklung verläuft dabei im wesentlichen in Richtung einer steigenden Energieflußdichte der eingesetzten Energiequellen - so wie beim Übergang von der Verbrennung von Kohle zu Koks, dann zu Erdöl und Erdgas und dann zur Kernkraft, mit der sich die elektrische Energie in ganz anderen Formen nutzen läßt. Ein Beispiel war früher die Entwicklung des Wechselstrommotors in New York City zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dieser neuartige Einsatz von elektrischem Strom machte es möglich, an bestimmten Stellen des Produktionsprozesses viel kleinere, unabhängige Maschinen zu verwenden. Das war eine Revolution in der Produktivität, die in den USA etwa 1910 bis 1912 einsetzte.

Verschiedene technologische Revolutionen dieser Art wirkten sich auf die industriellen Anwendungen aus. In der New Yorker Gegend gab es damals noch Betriebe mit riesigen dampfgetriebenen Maschinen mit Riemenübertragung, und die wurden dann durch kleinere, mit Wechselstrom betriebene Maschinen ersetzt, was eine große Revolution bedeutete. Der Maschinen- und Anlagenbau wurde durch diese Entwicklungen revolutioniert und ist damit eigentlich erst richtig als Industriezweig entstanden.

Man muß immer auf wissenschaftliche Revolutionen in der Technik aus sein. Manchmal sind sie relativ klein, wie bei diesem Beispiel der Anwendung von Wechselstrommaschinen, manchmal geht es um viel fundamentalere Durchbrüche. Doch jedesmal fängt es damit an, daß Menschen sich fragen: „Wir tun schon so lange immer das gleiche. Geht das nicht auch anders?“ Dann ist die Wissenschaft gefragt: „Fällt jemandem etwas Besseres ein? Schauen wir uns die Sache einmal an: Seit zehn Jahren verfahren wir immer auf die gleiche Weise. Ist es nicht höchste Zeit, sich etwas Neues einfallen zu lassen?“

Damit ist ein Projekt definiert, das zu einer nationalen Aufgabenstellung wird. Sämtliche großen Entwicklungen in der Wirtschaftsgeschichte kommen im Grunde von solchen Revolutionen: von agroindustriellen Revolutionen, technischen Revolutionen und der Mobilisierung von Menschen für Technologie. Dabei geht es auch um die Frage, wie weit man mit einer bestimmten Technologie kommt, denn jede Technologie hat ihre wissenschaftsbedingten Grenzen.

Zurück zum Mond und weiter zum Mars

Dann [in den siebziger Jahren] setzte ein großer Wandel ein. Das Raumfahrtprogramm war auch davon betroffen. Wir waren auf dem Mond, doch wegen Nixons Politik war es später unmöglich, wieder zum Mond zu gelangen. Er hat sozusagen den Mond umgebracht. Das Raumfahrtprogramm war tot. Das heutige Raumfahrtprogramm ist ein schlechtes Sammelsurium. Es gibt nur noch hier etwas und da etwas in bestimmten Industrien und Laboratorien. Unsere Wissenschaftsgruppe (Basement-Team) beschäftigt sich derzeit mit diesem Problem.

Vor uns liegt die Aussicht, den Mond zu industrialisieren - ein Projekt, das im Grunde bereits in den siebziger und achtziger Jahren von einem unserer Freunde, Krafft Ehricke, entworfen wurde. Das ist nach wie vor aktuell.

Wenn wir auf der Erde eine höhere technologische Ebene erreichen wollen, müssen wir in den Weltraum vordringen. Man braucht die Herausforderung der Raumfahrt, um die Technik voranzubringen und dann diese Weiterentwicklung zurück zu den Menschen auf der Erde zu bringen.

Es stellt sich auch die Frage der Erschöpfung verschiedener Arten von Rohstoffen. Dabei sind nicht so sehr die Rohstoffe selbst erschöpft, sondern die Art ihrer Konzentration. Die reichsten Rohstoffquellen gehen zu Ende, so daß Ressourcen minderer Qualität angezapft werden müssen. Um dabei die gleiche Wirkung zu erzielen, brauchen wir technischen Fortschritt.

Jeder, der etwas von Wissenschaft oder Wirtschaft versteht, weiß, daß das nächste Projekt, das vor uns liegt, der Abschluß der Mondmission ist, die Kennedy damals vorangetrieben hat. Das Ziel war nicht einfach nur, zum Mond zu fliegen. Das Ziel war, den Mond zu industrialisieren, was hauptsächlich durch automatisierte Produktionsvorgänge mit Hilfe automatisierter Technologien geschehen würde. Die Abläufe würden von der Erde aus gesteuert werden, so daß nur sehr wenige Menschen vor Ort auf dem Mond wären, denn das schwache elektromagnetische Gravitationsfeld dort oben ist für unsere Gesundheit nicht das Beste.

Doch wie soll es von dort aus weitergehen? Wir werden weiter zum Mars aufbrechen. Doch wie kommt man zum Mars? Man kann sicherlich jemanden auf einer Trägheitsflugbahn zum Mars schicken, aber ich würde nur sehr ungern einen Menschen auf eine 200 bis 300 Tage dauernde Reise zwischen Mond und Mars schicken. In welchem Zustand würde er dort wohl ankommen? Ein Klumpen?

Deshalb muß man sich Gedanken über Beschleunigungsantriebe machen. Auf dem Mond gibt es Lagerstätten von Helium-3, das sich aufgrund der Sonneneinstrahlung seit langer Zeit in großen Mengen auf der Mondoberfläche abgelagert hat. Helium-3 ist zufälligerweise für die Raumfahrt eine sehr nützliche Substanz, denn es läßt sich direkt für den Raketenantrieb verwenden. Technisch ließe sich mit Helium3-Fusion aus dem Mondorbit ein Flug mit 1G (Erdschwerkraft) zum Mars verwirklichen, wodurch man die Entfernung zwischen den beiden Himmelskörpern in wenigen Tagen zurücklegen könnte. Bei einem solchen Unternehmen sind sicherlich noch einige Probleme zu berücksichtigen, doch wenn man vom Mond in einigen Tagen mit der Schwerkraftwirkung von 1 G oder etwas Vergleichbarem zum Mars gelangen könnte, dann stünde uns dieser Planet offen! Seine gesamten Ressourcen und alles, was als Zwischenschritt zum weiteren Vordringen ins All erforderlich ist, stünden uns dann zur Verfügung. Und alles, was wir unternehmen, um zum Mars zu kommen, wird auch alles revolutionieren, was wir auf unserem eigenen Planeten tun. Die Probleme und Herausforderungen, vor denen wir stehen, würden dabei gelöst.

Abgesehen davon, daß die Wirtschaft zentral saniert werden muß, braucht unser Land genau das, und viele Menschen sind daran interessiert. Es gibt bereits etwa zehn Nationen, die an dem Mondprojekt aktiv teilnehmen. Ich bin darüber hinaus unbedingt für ein Marsprogramm. Wie einige Leute wissen, setze ich mich schon seit langer Zeit dafür ein, seit in meinem Wahlkampf 1988 mein halbstündiger Film über eine solche Marsmission ausgestrahlt wurde. Und das ist alles nach wie gültig.

Ich glaube nicht, daß ich persönlich dort noch hinkommen werde. Für eine solche Reise bin ich wohl nicht mehr im allerbesten körperlichen Zustand, deswegen ist das nicht meine vorrangige Besichtigungstour der nächsten Jahre.

Aber in etwa 20, 30 oder 40 Jahren ließe sich nicht nur die Entwicklung des Mars vollenden, sondern wir könnten auf die eine oder andere Weise den Mars erobert haben, um zu sehen, was es dort gibt und wie wir es nutzen können.

100 Jahre in die Zukunft denken

Dabei wird sich das Selbstverständnis des Menschen grundlegend ändern. Der Mensch wird sich nicht länger für eine erdverbundene Landratte halten, sondern der Mensch wird sich als menschliches Wesen im Sonnensystem verstehen, und das verlangt ein ganz anderes Verhältnis der Menschen untereinander. Menschen werden dort oben auf dem Mars wie auch hier unten auf der Erde leben und arbeiten. Es wird nur eine Wochenendreise sein, um hin und zurück zu fliegen. Dadurch ändern sich die Beziehungen im menschlichen Leben. Alle Technologien, die erforderlich sind, um das zu ermöglichen, werden sich als technische Revolutionen auch hier auf der Erde ausdrücken, auch bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln. Ich denke, Gemüse auf dem Mars anzubauen, bedeutet eine wirkliche Veränderung in der Landwirtschaft und erweitert unser Verständnis von Landwirtschaft insgesamt.

Nur so wird es gehen. Man muß eine nationale Mission vorgeben. Die vorrangige Aufgabe für uns in den USA ist jetzt erst einmal, diesen Blödmann im Weißen Haus unter geeignete Aufsicht zu stellen, natürlich mit seinem Einverständnis. Er muß zustimmen, doch seine Einwilligung wird mit starken Anreizen herbeigeführt werden müssen. Er wird am Leben bleiben, wir werden ihn beschützen, so daß die Briten ihn nicht umbringen, denn sie werden von ihm sehr enttäuscht sein; sie lassen gern alles in die Luft gehen, was nicht nach ihrer Pfeife tanzt.

Aber wir müssen weiter denken, denn ich habe Leute um mich, die jetzt um die zwanzig sind. Man mag es glauben oder nicht, wir produzieren immer noch Babys, so daß es immer noch Nachschub an jungen Leute gibt. Wenn wir Obama unter Kontrolle bekommen können, haben sie eine Lebenserwartung bis in ihre siebziger und achtziger. Was werden sie in all diesen Jahren tun? Sie werden die Empfänger und Überträger des technischen Fortschritts sein und noch mehr. Deswegen müssen wir zwei oder drei Generationen im voraus denken, so wie man an seine Enkel oder sogar Urenkel denkt. Ist das nicht unsere Mission im Leben, ist das nicht unser Gefühl von Kontinuität im Leben?

Worum geht es also? Eine Generation entspricht 25 Jahren, drei Generationen entsprechen 75 Jahren, vier Generationen 100 Jahren. Was werden wir für die Menschen in den nächsten 100 Jahren tun?

Wenn Sie über die Zukunft nachdenken, über Ihre Kinder und Enkel, die nach Ihnen kommen, wenn Sie über die Zukunft der Menschheit nachdenken und Ihre Identität darin ermitteln, was Sie tun, um deren Leben zu ermöglichen, was fällt Ihnen da ein? Sie überlegen, wo wir in 75 Jahren oder in 100 Jahren von heute sein werden, und überlegen, wie genau man das voraussagen könnte. Was sind unsere Möglichkeiten, wohin wenden wir uns, was sollten wir tun? Was wird sein, wenn ihr [an die jungen Zuhörer gerichtet] im Alter von 75, 78 oder 85 Jahren bei verbesserter Gesundheitsversorgung das Rentenalter erreichen werdet? Was werdet ihr bis dahin mit euch selbst anfangen? Was ist eure Zukunft? Für welche Art Welt entscheidet ihr euch? In welcher Art Sonnensystem wollt ihr leben?

So muß man vorgehen. Es geht nicht, nur eine Liste mit diesem und eine Liste mit jenem aufzustellen. Die Frage ist, was unsere Prioritäten sind. Man nimmt eine Mission für die Menschheit in Angriff. Dabei geht es nicht um Arbeitsplätze oder Einkommen, sondern um die Menschheit. Da liegt der Unterschied zwischen Mensch und Tier. Was werden wir tun, was uns als Menschen ausweist und uns nicht vor unseren Enkelkindern Schande macht? Was wollen wir in unserem Leben erreichen? Wir haben einiges erreicht. Wie weit wollen wir noch kommen? Bis wohin wollen wir die Menschheit führen?

Eine solche Motivation treibt uns an. Wie wollen wir unser Leben verbringen, damit es nicht bloß irgendwie abläuft, sondern damit wir es für etwas einsetzen - und zu welchem Zweck? Wofür wollen wir Kinder großziehen? - Für die Menschheit. Warum sollte man sich an Sie in einigen Generationen noch erinnern? Warum soll man Sie in der nächsten Generation noch achten? Was wollen Sie tun, um sich diese Achtung zu erwerben? Was ist Ihre Identität als Mensch?

Diese Denkrichtung muß man weiterverfolgen und sich an die Raumforschung als Paradigma unserer jüngsten Erfahrung halten, denn daran wird der Unterschied deutlich. Dann wird einem klar, daß es hier nicht bloß um Industriepolitik als solche geht oder um Landwirtschaftspolitik usw. Es geht um Politik für den Menschen. Es geht um die Entwicklung und den Fortschritt der menschlichen Gattung, um ein besseres Leben für zukünftige Generationen. Dazu brauchen wir wissenschaftlichen und technischen Fortschritt wie auch kulturellen Fortschritt, mit dem die Kreativität im einzelnen Menschen gestärkt wird. Das ist unsere Mission.

Es kommen immer alle möglichen Leute mit diesen verrückten, dummen, langweiligen Kategorien wirtschaftlicher Werte an. Sie langweilen mich! Sprechen wir lieber über den Mars. Das langweilt mich gar nicht! Denn dabei geht es um genau die Dinge, mit denen wir wissenschaftlich und technologisch Schritt für Schritt vorangehen müssen. Das ist unsere Aufgabenorientierung, und wir werden feststellen, daß alles sehr gut funktioniert. Wir müssen lediglich all diese Dinge zusammenbringen.

„Herr Präsident, Sie müssen nur Ihre Gewohnheiten ändern, dann wird alles gut für Sie ausgehen. Ihr Ruf wird in der Zukunft untadelig sein. Ändern Sie nur Ihre Gewohnheiten ein wenig. Dann garantiere ich Ihnen eine erfolgreiche Zukunft. Sie sitzen im Oval Office, Ihnen geht es gut, sie werden mit großer Dienstbeflissenheit beschützt. Sie genießen das Privileg, für die Leistungen ihres Präsidentenamtes geehrt zu werden. Besinnen Sie sich all der guten Dinge, die Sie erfahren werden, anstatt wie derzeit bespuckt zu werden, Herr Präsident. So sieht die Zukunft für Sie viel besser aus, meinen Sie nicht auch? Ich glaube nicht, daß Sie zum Mars fliegen werden; sie wollen das sicher gar nicht. Vielleicht wollen es auch die Leute dort drüben nicht.“

Auf diese Weise definieren wir eine Perspektive, nicht im Sinne von technischen Einzelheiten der Industriepolitik oder ähnlichem. Wenn man nicht die Vorstellungskraft und Leidenschaft der Menschen entfachen kann, etwas für die Zukunft zu erreichen, werden wir die Zukunft nicht erreichen.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache