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Neue Solidarität
Nr. 40, 30. September 2009

Financial Times schimpft über „primitive Nazi-Euthanasiedebatte“

Die Financial Times findet es „primitiv“, wenn man auf die Ähnlichkeiten zwischen dem britischen Gesundheitssystem und Hitlers Euthanasiepolitik hinweist.

Kürzlich erschien die Londoner Financial Times mit einer Beilage zum Thema Gesundheit, die es in sich hat. Das blutrünstige Titelbild - eine Weltkarte aus Blutstropfen - gibt schon einen Vorgeschmack. Der Artikel mit dem Titel „Nice Approach“ („Nette Herangehensweise“) bezieht sich auf die berühmt-berüchtigte britische NICE-Kommission, die durch alleinige Entscheidungsgewalt über die Ausgabenbegrenzung bei Medikamenten buchstäblich über Leben oder Tod entscheidet.

In dem Artikel wird jede Kritik zur Seite geschoben, statt dessen verkündet die Autorin Tsung-Mei Cheng, NICE sei international erfolgreich der Vorreiter dieser „neuen Herangehensweise“ an die Gesundheitspolitik. Tatsächlich ist die Methode weder nett noch neu: Wenn ein „unabhängiges Gremium“ über Menschenleben entscheidet, entspricht das ganz Hitlers Euthanasieprogramm „Tiergarten 4“.

Zurück zum Artikel: Zunächst werden die üblichen abgegriffenen Argumente heruntergeleiert, daß ein fast blinder Glaube an die eingesetzten Produkte wie Medizintechnik und Medikamente schuld an einer „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen sei. Mit NICE habe Großbritannien weltweit die intellektuelle Führung in diesem Feld übernommen, auch wenn das Gremium im Vereinigten Königreich selbst und jüngst auch in den USA für erhebliche Kontroversen sorge.

Der Hauptgrund für diese Kontroverse um die Kosten-Nutzen-Analyse sei der Maßstab der sog. „qualitätsgewichtete Lebensjahre“ (QALY). Kritiker beschuldigten NICE, die finanzielle Obergrenze für die Versorgung „zu niedrig“ anzusetzen. Derzeit liegt sie bei 30.000 Pfund Sterling pro QALY, was für viele Medikamente in den letzten Lebensjahren nicht ausreiche. Für die Pharmaindustrie und ihre Unterstützer sei diese Grenze ein Innovationshemmer, Patienten und Ärzte betrachteten sie schlicht als herzlos. Tatsächlich sei die Festlegung dieser Obergrenze eine politische Entscheidung der Regierung und der steuerzahlenden Öffentlichkeit: je höher die Grenze, um so mehr Ausgaben und somit auch mehr Steuern.

Dann kommt die Autorin auf den Punkt: „Die Vereinigten Staaten haben sich lange damit gebrüstet, daß sie in der Medizintechnik und bei organisatorischen Innovationen im Gesundheitswesen Vorreiter sind. Derzeit jedoch stecken sie in einer eher primitiven Debatte fest, ob die Gesundheitsreform... zu Nazi-Euthanasie führen werde. Während sich die Amerikaner an dieser Frage aufhalten, hat das britische NICE mit dieser neuen Methode still und heimlich die weltweite Führung übernommen...“

Die Autorin ist mit einem Deutschen namens Uwe Reinhardt verheiratet, der als einer der einflußreichsten Männer im amerikanischen Gesundheitswesen gilt. Er ist alteingesessener Mitarbeiter der Cambridge Universität in England, Mitglied der Kaiser-Family-Stiftungskommission für Fragen von Medicaid und Patienten ohne Krankenversicherung, Professor für politische Ökonomie an der Princeton Universität sowie wohlhabender Geschäftsführer mehrerer Firmen im Bereich von Gesundheitsdienstleistungen.

Bei einer Veranstaltung der Robert-Wood-Johnson-Stiftung am 25. Juni 2009 verteidigte Reinhardt seinen früher schon veröffentlichten Standpunkt, daß auch das menschliche Leben seinen Preis haben müsse. Das Gesundheitswesen sei der einzige Bereich, in dem man der romantischen Vorstellung anhänge, hier müsse alles „preislos“ sein - und das wäre ein „einfältiger Standpunkt“.

sas