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Neue Solidarität
Nr. 11, 17. März 2010

Rettet unsere Kommunen vor dem globalisierten Spielkasino!

Die deutschen Städte rechnen für dieses Jahr mit einem Defizit von 12 Milliarden Euro - ein trauriger Rekord. 2009 meldeten 11,8% mehr Firmen Insolvenz an - insgesamt 32.687. Privatinsolvenzen stiegen gegenüber 2009 um 3% , auf 101.102. Die Gewerbesteuereinnahmen sanken insgesamt um 17% (2009), während die Sozialausgaben der Kommunen 2009 etwa 40 Mrd. Euro ausmachten - mit steigender Tendenz.

Die Städte und Gemeinden stehen vor dem Kollaps. Jetzt soll auf Bundesebene eine „Soko“ die kommunale Finanzordnung „durchforsten“ und bis zum Herbst Ergebnisse vorlegen. Dieser Gemeindefinanzkommission gehören die Bundesminister für Finanzen und Inneres, Vertreter der Bundesländer sowie der Kommunalverbände an.

Alle diese Diskussionen werden aber nicht viel bringen, solange die Parameter weiter von denjenigen bestimmt werden, die für die Misere unseres Landes verantwortlich sind. Das sind in erster Linie die globalisierten Finanzinstitute, Beraterfirmen und sonstige „Experten“ jeglicher Couleur, die sich an den Kommunen und damit an den Bürgern seit den siebziger Jahren auf verschiedene Weisen bereichert haben - und diejenigen Politiker, die sich ihnen mit Gesetzesänderungen oder „im Vollzug“ auf kommunaler Ebene andienten.

Die Liste dieser Vorgänge - Verluste aus den berüchtigten Cross-Border-Leasing-Geschäften, aus städtischen Derivat-Swaps, aus PPP-Geschäften -, mit denen die deindustralisierten Kommunen erst recht in die Defizitfalle gerieten, während dem internationalen Finanzkasino weiter Futter zugeführt wurde, ist lang. In wessen Händen liegt das Schuldenmanagement bzw. die Umstrukturierung der zu „verschlankenden“ Verwaltungen? Wer hat an den explodierenden kurzfristigen Kassenkrediten der Kommunen über Jahre hinweg verdient?

Das neueste Beispiel dafür, zu welchem Grade von der Politik die kommunale Daseinsvorsorge der Bevölkerung in die Hände privater Finanzinteressen übergeben wurde, stammt aus der Stadt Leipzig, die gegenwärtig mit 723 Mio. Euro verschuldet ist. Laut Bericht der FAZ vom 6.3. waren die dortigen Wasserwerke (KWL) 2006 ein riskantes Cross-Border-Leasing-Geschäft mit der UBS eingegangen, das die Stadt jetzt bis zu 290 Mio. Euro kosten kann. Das Risiko des Leasinggeschäfts wurde mit 10 Mio. Euro teuren Kreditausfallversicherungen abgesichert (CDS), und um diese zu finanzieren, übernahm die städtische Firma von der UBS auch CDO-Papiere (Collateralized Debt Obligations), also hochriskante Finanzinstrumente (im Volksmund mittlerweile „Schrottanleihen“ genannt). Die Verträge, durch die die Stadt selbst zum „Versicherer“ wurde, unterschrieben die beiden KWL-Geschäftsführer im September 2006 in London. Letztes Jahr im Dezember erhoben dann die beteiligten Banken von der Stadt „Nachschußforderungen“ für die CDO/CDS-Konstruktion; anfangs handelte es sich um 20 Millionen, es könnten aber bis zu 290 Mio. Euro werden. Ob Leipzig es schafft, die Verträge für nichtig erklären zu lassen - ein Geschäftsführer wurde verhaftet, und ein Stab von 150 städtischen Mitarbeitern ermittelt -, ist fraglich. Die UBS hat schon am 10.1. bei einem englischen Gericht Klage gegen die Wasserwerke eingelegt, um ihre Ansprüche zu bekräftigen - also früher als die Anzeige gegen UBS, LBBW und Depfa-Bank vor dem Landgericht Leipzig.

Welche Kreise die Städte für das globalisierte Finanzkasino öffneten, zeigte sich u.a. bei einer Konferenz der sog. „Transatlantischen Bürgermeisterinitiative“ in Lyon im Jahre 2000. Dort nahmen die Oberbürgermeister von Dresden, Bonn, Düsseldorf, Stuttgart, Kiel und Rostock teil. Die Initiative ging von den beiden US-Botschaftern Felix Rohatyn (verantwortlich u.a. 1974 für den „Big Mac“, die New Yorker Schuldendiktatur) und John Kornblum aus. In Lyon forderte Kornblum, der 1999 die deutsche Niederlassung von Lazard übernahm, die Teilnehmer auf, „Global Players“ mit eigener Außenpolitik zu werden. Und der neokonservative frühere Premier Raymond Barre ermunterte die Städte bei der Lyoner Tagung, die „neuen Möglichkeiten des wachsenden Wettbewerbs“ wahrzunehmen.

Vom damaligen Gläserklirren bleibt nur ein Scherbenhaufen übrig. Es wird Zeit, daß die richtigen Leute die Zeche bezahlen.

Elke Fimmen