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Neue Solidarität
Nr. 4-5, 27. Januar 2010

Die Bretagne, ein Leuchtturm für die Welt

Von Alexandre Noury, Spitzenkandidat von Solidarité et Progrès

Alexandre Noury von der französischen Partei Solidarité et Progrès veröffentlichte die folgende Erklärung zu den bevorstehenden Regionalwahlen in der Bretagne.

Ich freue mich, unsere Kandidatur vorzustellen, die darauf abzielt, die Bretagne zu einem Vorbild, einem Hebel und einem Leuchtturm zu machen. Jetzt, wo die internationalen Finanz- und Währungssysteme zerfallen, sind wir mit schrecklichen Risiken konfrontiert, aber uns bietet sich auch eine große Chance.

Als Bretonen profitierten wir Ende der sechziger Jahre, nach drei Jahrzehnten ununterbrochenem Wirtschaftswachstum, von einer Prosperität, die uns auf den Geschmack brachte, im 20. Jahrhundert zu leben, und uns die Mittel lieferte, unseren Kindern eine bessere Zukunft zu geben.

Aber der ursprüngliche Impuls des Wiederaufbaus und der großen Projekte wurde seitdem aus dem Gleis geworfen und  kam zum Stillstand. Jetzt steht das Modell der landwirtschaftlichen Entwicklung der Bretagne völlig unter der Kontrolle der Nahrungsmittelkartelle, die mit den Finanzspekulanten verbündet sind. Das Geld, das für die Entwicklung unserer Region benötigt würde, wird aus dieser Gegend herausgesaugt - nicht einmal, um Franzosen oder Europäer zu bereichern, sondern, um die Aktienmärkte und die Immobilienspekulationen der Finanzparasiten zu finanzieren.

Unter diesen Bedingungen wird kaum ein Gedanke darauf verwendet, was die Zukunft bringen soll: wie die Bretagne aus ihrer Energieabhängigkeit befreit werden kann, wie man den Abfall in Ressourcen verwandeln kann, oder wie man in Zukunftstechnologien - sowohl im Verkehr als auch in der Energieversorgung - investieren kann. Der Aufbau von Windparks, der heute stattfindet, ist so, als würde man uns sagen, wir sollten in die Zeiten zurückkehren, wo die französische Flotte noch Segel und Öllampen verwendete, ausgestattet mit etwas Elektronik.

Unsere Kandidatur zielt dagegen darauf ab, den Weg in die Zukunft aufzuzeigen. Ich bin mir darüber im Klaren, daß Menschen tatsächlich gerecht und nützlich für andere sein können, aber nur dann, wenn sie über die Erfahrungen der Vergangenheit hinausgehen und Schritte in die Zukunft unternehmen.

Ja, ich verstehe, daß angesichts der Impotenz des französischen Staats unter der Pariser Herrschaft eine grüne, eine ökologische oder autonomistische Versuchung aufkommt, angesichts der Formen des Gaullismus und des Sozialismus, die korrumpiert wurden, und angesichts einer EU, die mit der Londoner City und ihren Finanziers unter einer Decke steckt, und angesichts der Stimmung, im Stich gelassen zu werden.

Aber ein Weg, der in die Vergangenheit führt, kann kein Ausweg sein. Wir müssen über den Horizont hinaussehen und dafür kämpfen, daß die Bretagne in die zukünftige Welt gebracht wird, was ihr in den entscheidendsten und mutigsten Momenten ihrer Vergangenheit immer wieder gelungen ist. Deshalb soll unsere Kandidatur wie ein Leuchtturm sein, der den Weg in die neue Welt weist, und sie soll Ihnen allen die Mittel in die Hand geben, die Bretagne an einem Prozeß des Aufbaus zu beteiligen - jeden in seiner Art, wie früher in Brest oder Saint-Malo, mit dem frischen Wind des Ozeans im Gesicht und einer gewissen „Idee in der Geschichte“ (wie de Gaulle einst sagte) im Herzen.

Die Verteidigung der Sache der Menschheit - und ich möchte, daß die Bretagne zum Vorbild in diesem Kampf wird - führt stets dazu, daß die große Aufgabe die Fähigkeiten aller vermehrt. Das ist das Projekt, das wir Ihnen vorstellen werden, und weil Dogmatismus und politische Kleingeistigkeit nicht die Regel sind, werden wir Sie auffordern, mit uns zusammenzuarbeiten. Es muß durch den Dialog gefördert werden, indem Sie diese Ideen mit Ihren Freunden, Mitstreitern und Verwandten diskutieren, denn ein politisches Programm muß leben, und es darf kein toter Körper sein, der durch Propaganda aufrecht erhalten wird.

Unsere Bretagne der Zukunft

  • wird Strom produzieren, aber nicht durch ruinöse Windmühlen für alle, die von jenen aufgebaut werden, die auf Kosten des Steuerzahlers davon profitieren, sondern durch die Entwicklung neuer Kerntechniken wie des kleinen Hochtemperaturreaktors, der an unsere Umgebung angepaßt ist. Das ist nicht das Areva-Westinghouse-Modell (der EPR), sondern ein Kernkraftwerk der vierten Generation, ein Reaktor mit einer kleinen Leistung von etwa 150 MW, der von seiner Konstruktion her narrensicher ist. Die Bretagne kann und sollte in diesem Bereich autonom sein - wenn nötig, mit Unterstützung durch Südafrika, China oder Indien, die diese Option gewählt haben und weiterentwickeln.

    Wenn diese billige Energie erst einmal verfügbar ist, kann ein neues landwirtschaftliches Modell entwickelt werden, das die Produktivität erhält und ihre Abfälle in neue Ressourcen verwandelt. Wir werden nicht länger zulassen, daß finanzielle Trusts völlig die Produktion und Verteilung von Grundnahungsmitteln wie Schweinefleisch, Geflügel oder Milch kontrollieren. Verbessern wir die Kompostierung von Algen und verbessern wir unsere Wasserversorgung, um die Umweltverschmutzung zu reduzieren, die von den städtischen Zentren und vom Tourismus ausgeht. Ich bin nicht gegen Produktion, und ich propagiere auch keine Schrumpfung (außer dem Schrumpfen der Finanzspekulanten). Die Herausforderung liegt darin, gemeinsam die besten Wege zu finden, wie man die Produktion verbessern kann.

    Die regionale Regierung sollte solche Bemühungen finanziell unterstützen und auf die Wissenschaftler hören, die die Produktion von Schweinefleisch und Geflügel untersuchen, oder den Zusammenhang von Viehhaltung und Maisproduktion. Wir müssen auch bessere Bedingungen für das Ausbringen von Schlick auf die Felder berücksichtigen.

    Die Dinge laufen falsch, wenn die Böden vom Regen weggespült werden und wenn sich die Arbeitsbedingungen der Landwirte verschlechtern. Nur wenn wir gegen die räuberischen Finanzinteressen vorgehen, die die Umweltschützer manipulieren, sodaß sie fruchtlose Kämpfe mit den Landwirten beginnen, können Lösungen leicht gefunden werden. „Teile und Herrsche“ war schon immer die Methode der Finanzimperien von London, der Wall Street, Brüssel und Frankreich. Im Gegensatz dazu zielt unsere Kandidatur darauf ab, uns alle für eine bessere Zukunft zu einen.

  • Wir wollen die Bedingungen schaffen für eine Umrüstung der Zulieferer der Autoindustrie zur Produktion neuer, effizienter Massentransportsysteme für die Städte und die Entwicklung moderner Automobile mit Elektro- und Wasserstoffantrieb. Wir haben einen regionalen Verkehrsplan ausgearbeitet, der jede größere Stadt der Bretagne innerhalb von 15 Minuten mit der nächstgelegenen verbindet, auf der Grundlage des Prinzips des Luftkissenzuges (Aérotrain, auch als TACV, gleisgebundenes Luftkissenfahrzeug, bekannt) des französischen Ingenieurs Jean Bertin oder der Magnetschwebebahn. Durch die Nutzung des Linearmotors wird dieses Verkehrsmittel sauberer und schneller sein und kürzere Flugreisen bis 1500 km Entfernung ersetzen. Wir brauchen also keinen neuen Flughafen in Nantes (Notre-Dames-des-Landes), aber wir wissen, daß das „Flicken“ an den jetzigen Verkehrsmitteln nicht ausreichen wird! Die Bretagne kann einen Schritt in die Zukunft tun, indem sie die menschliche Kreativität mobilisiert und ein Verkehrssystem nach dem Vorbild des SwissMetro-Projektes aufbaut, das in der Schweiz an der Universität von Lausanne entwickelt wurde. Zu teuer? Nicht mit der Technologie des Aérotrain, die einst von Finanziers und Ingenieuren, denen die Phantasie fehlte, begraben wurde, aber heute als Schlüssel zur Zukunft wieder in Betracht gezogen werden muß.

  • Wir wollen Bildungs- und Fortbildungszentren aufbauen, die nicht den Interessen der Kartelle dienen, sondern den künftigen Bedürfnissen der Bretagne. Priorität muß die Ausbildung derer haben, denen der Einstieg ins Arbeitsleben oder eine Umstellung große Schwierigkeiten bereitet. Auch Frauen, die bereit sind, nach einer Geburt wieder ins Berufsleben einzusteigen, sollten Qualifikationen offen stehen, die im Rahmen unseres Projektes benötigt werden.

  • Wir wollen ein Museum für wissenschaftliche Entdeckungen und für die Raumfahrt schaffen, und die Errungenschaften Keplers nutzen, um vor allem der Jugend den Entdeckergeist zu vermitteln, mit dem sie in die Fußstapfen der Entdecker treten können, damit sie nicht bloß algebraische Formeln nachbeten oder sich durch bloße formale Gelehrsamkeit beeindrucken lassen. Weder [der frühere französische Bildungsminister] Claude Allegre noch die Grünen sind in der Lage, zu erklären, warum Kepler die universelle Gravitation entdeckt hat, und nicht etwa Newton oder Galileo. In dem Museum, das ich plane, werden wir jeden Besucher Schritt für Schritt dazu bringen, selbst nachzuvollziehen, wie Kepler seine Entdeckung gemacht hat.

    Das ist unser Projekt, und es erklärt Ihnen, warum wir so anders sind als die anderen, die bereit sind, sich Anordnungen zu fügen oder die Flucht vor der Zukunft in die Vergangenheit anzutreten. Sie verwalten und extrapolieren, während wir eine neue Perspektive eröffnen.  Träumereien sind natürlich nicht erlaubt. Für das, was wir vorschlagen, und was wir für die Zukunft brauchen, um die Bretagne in das Frankreich, das Europa und die Welt der Zukunft zu integrieren, ist ein großer Kampf notwendig - ein Kampf, der nicht nur in der Bretagne, sondern auch in Frankreich, Europa und der Welt geführt werden muß, gegen jene Finanzinteressen, die nicht nur das Wirtschaftswachstum abwürgen, sondern die Menschen als Papiertaschentücher betrachten, die man wegwirft, wenn man sie nicht mehr braucht, und bestreiten, daß Kreativität existiert, während sie die Welt in die Zerstörung und den Krieg treiben.

    Die Partei, die uns unterstützt - die Solidarité et Progrès - hat die gegenwärtige Krise vorhergesagt, denn sie sah, was tragischerweise fehlte: der politische Wille, die Gerechtigkeit und die Menschen zu verteidigen; und in Europa: die politische Fähigkeit, die Fesseln zu durchbrechen, die uns durch europäische Verträge wie die Verträge von Maastricht oder Lissabon auferlegt wurden. Diese Verträge hindern die EU, die Nationalstaaten und ihre Regionen daran, direkt Kredite für die Produktion zu schöpfen. Auf diese Weise werden wir in eine permanente Verschuldung gegenüber den Banken und Versicherungen gestürzt, den Komplizen der Kartelle!

    Das ist das Gesetz der City, eines von London aus organisierten Finanzimperialismus, der kurzfristige Profite auf Kosten der Zukunft erzwingt. Um dieses Systems willen wurden mehrere der höheren Bildungszentren der Bretagne faktisch stillgelegt. So bildet beispielsweise die Ecole Superieure de Commerce [Hochschule für Handel] in Brest seit Beginn des jetzigen Jahrhunderts Handlanger der Londoner City aus, die natürlich nur aufs Geld schauen! Die Plünderung der Bretagne wurde von denjenigen in Frankreich organisiert, die mit London und Brüssel unter einer Decke stecken.

    Dem werden wir ein Ende setzen. Wir kämpfen dafür, in Frankreich wieder ein System des Staatskredits herzustellen, wie es existierte, bevor es am 3. Januar 1973 unterdrückt wurde, lange bevor die Briten in den Gemeinsamen Markt eintraten. Wir kämpfen dafür, unsere nationale Souveränität und unsere regionale Autonomie voll und ganz zurückzugewinnen. Wir kämpfen dafür, daß Frankreich, anstatt Teil eines Imperiums des Geldes, Teil einer neuen internationalen Ordnung wird, die auf Krediten für Entwicklung beruht, katalysiert durch die Macht Rußlands, Indiens, Chinas und der Vereinigten Staaten, die ein Bündnis bilden müssen, das mächtig genug ist, es mit der Londoner City und der Wall Street aufzunehmen.

    Unser Kampf ist hart, denn das gesamte politische System ist finanziell und seinen Einflüssen nach darauf ausgerichtet, die Gewählten und ihre Hintermänner zu unterstützen. Deshalb fordere ich, entgegen den egoistischen Impulsen, der Kleingeistigkeit und den Mängeln unserer Zeit, eine Rückbesinnung und eine Entschlossenheit, neue Ziele zu definieren, im Geiste eines Fulgence Bienvenüe (1852-1936), der die Eisenbahn nach Fougères brachte und das Netz der Pariser Metro schuf, im Geiste des Abbé Louis Bridel (1880-1933) und des Sozialistenführers Yves Le Foll (1912-1998), und im Geiste von Pierre und Marie Curie, die ihre Ferien in Arcouest verbrachten.

    Um das zu erreichen, was für die Zukunft der Bretagne notwendig ist, müssen wir uns zu einem weltweiten Kampf aufraffen. Aber sind die Schiffe, die auf dem Glockenturm der Kirche in Roscoff abgebildet sind, und die Fischer auf der Insel Sein (die sich als erstes de Gaulles Widerstand anschlossen) nicht ein Beweis dafür, daß die Seele der Bretagne dazu geschaffen ist, den Blick aufs offene Meer zu richten?

    Lesen Sie hierzu bitte auch:
    „Willkommen an der Schwelle der Unsterblichkeit!“
    - Neue Solidarität Nr. 52-53/2009
    Antwort auf die wachsende Wut der Bevölkerung
    - Neue Solidarität Nr. 46/2009
    Erklärung von Jacques Cheminade zum Europäischen Milchstreik
    - Neue Solidarität Nr. 41/2009
    Cheminade zu Gast im Baskenland
    - Neue Solidarität Nr. 17/2009
    Internetseite von Jacques Cheminade
    - in französischer Sprache
    Internetseite der Solidarité et Progrès
    - in französischer Sprache