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Neue Solidarität
Nr. 41, 12. Oktober 2011

Putins Doppelschlag gegen das Empire

Rußland. Der angekündigte „Ämtertausch“ von Medwedjew und Putin und die Entlassung des Monetaristen Kudrin bedeuten eine erfreuliche Festigung des eurasischen Kurses für realwirtschaftliche Erholung.

Am 25. September übermittelte Lyndon LaRouche dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin seine Glückwünsche zu dessen Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten 2012. Ebenso beglückwünschte er Staatspräsident Dmitri Medwedjew, der Putin als Präsidentschaftskandidaten vorgeschlagen hatte und der bei der Duma-Wahl am 4. Dezember die Liste der Regierungspartei Einiges Rußland anführen wird.

„Dieser Schritt Putins und Medwedjews ist genau die Art strategischer Überraschungen, die die Welt braucht“, sagte LaRouche. „Diese Bestätigung der Führung ist ein klares Signal der Verachtung für die ,Teile und Herrsche’-Spielchen der Britischen Empire und bedeutet einen großen Schritt hin zu einem neuen, von der Pazifikregion ausgehenden Programm zur wirtschaftlichen Erholung der ganzen Welt.“ Es sei ein Hoffnungsschimmer für die gesamte Menschheit. „Jetzt müssen die Amerikaner ihren britischen Marionettenpräsidenten aus dem Amt jagen und mit Rußland und China eine ,Große Pazifische Allianz’ zur Rettung der Menschheit eingehen.“

Es war ein meisterlicher Schachzug Rußlands, genau in dem Augenblick, wo das britisch gesteuerte Finanzempire untergeht, aber panisch den Anschein erwecken möchte, noch am Leben zu sein. Rußland und China erzielen in letzter Zeit erfreuliche Fortschritte bei der Ausweitung ihrer Zusammenarbeit in Bereichen wie Kerntechnik, Eisenbahnen und der Erschließung der sibirischen Rohstoffregionen. Dieser entwicklungsorientierte Ansatz bildet die klare Alternative zu den ständigen Forderungen der Globalisten nach Bankenrettungen und Sparmaßnahmen. Wenn nun Putin die Zügel fest in der Hand hat, ist diese Stoßrichtung noch klarer.

LaRouche hatte erst kürzlich gefordert, so schnell wie möglich ein russisch-chinesisch-amerikanisches Bündnis für eine realwirtschaftliche Erholung durch Hochtechnologie und Großprojekte wie NAWAPA sowie ein globales Kreditsystem mit festen Wechselkursen zu organisieren. Die Grundlage für eine angemessene Beteiligung der USA steht - nun liegt es an amerikanischen Patrioten, Präsident Obama als größtes Hindernis für ein solches Bündnis abzusetzen.

Das Empire ausmanövriert

Am 24. September, dem zweiten Tag des Nominierungsparteitags des Vereinigten Rußland für die Wahlen zur Staatsduma am 4. Dezember kündigte Medwedjew an, Putin werde im März 2012 als Kandidat der Partei für das Präsidentenamt antreten, und er selbst sei bereit, in der neuen Regierung das Amt des Ministerpräsidenten zu übernehmen - daß sie also praktisch die Ämter tauschen werden. Die Ankündigung wurde von den 11.000 Delegierten des Parteitags im Moskauer Luschniki-Stadion mit langanhaltendem, frenetischem Beifall aufgenommen. Putin ergänzte, Medwedjew und er hätten diese Arbeitsteilung schon vor einigen Jahren vereinbart.

Im Westen gehen Freunde wie Feinde Rußlands davon aus, daß Putins Wahl zum Präsidenten praktisch sicher ist. Aber die Ankündigung auf dem Parteitag war doch für fast alle eine gewaltige Überraschung, ein Großteil der westlichen Rußlandexperten war nämlich überzeugt, daß es zwischen Putin und Medwedjew ernsthafte persönliche Differenzen gäbe und daß man dies ausnützen könnte, um Rußland zu schwächen oder zu destabilisieren. Aber die demonstrative Ankündigung in Moskau machte für jedermann sichtbar, daß solche westlichen Vorstellungen über eine Spaltung im Kreml und eine mögliche „liberale“, sprich britische Herausforderung für Putins Autorität bloßes Wunschdenken waren. Gerade diese schwache Flanke des Westens nutzte Putin bei der Wahl von Zeitpunkt und Art der Ankündigung aus. Es gab niemals eine Spaltung, die Partnerschaft zwischen Putin und Medwedjew war niemals ernsthaft gefährdet.

Das zweite Flankenmanöver: die Entlassung Kudrins

In der besten Tradition militärischer Flankenoperationen ließen Putin und Medwedjew auf ihre „strategische Überraschung“ wenige Tage später die nächste folgen. Am 26. September entließ Präsident Medwedjew während einer Konferenz vor laufenden Fernsehkameras seinen Finanzminister und Vizepremier Alexej Kudrin, einen Liebling der Londoner City. Kudrin war 1997 auf Betreiben eines anderen Lieblings der City, Anatoli Tschubais, in die Regierung eingetreten und hat elf Jahre lang das Finanzministerium geleitet.

Britische Publikationen wie The Banker und Euromoney haben Kudrin wiederholt zum „Finanzminister des Jahres“ ausgerufen, aber angemessener ist der Spitzname, den Lyndon LaRouche ihm im Februar 2009 gab: der „Sub-Prime-Minister“ (nach den faulen Immobilienpapieren). Kudrins häufige Konsultationen in London und seine Forderung nach „globalen Maastricht-Kriterien“ gegen staatliche Kreditschöpfung machten ihn im In- und Ausland verhaßt. Sein erklärtes Ziel war es, die Maastricht-Kriterien, mit denen die Europäische Union ihre Volkswirtschaften ruiniert hat, noch zu übertreffen: Er wollte, daß das russische Haushaltsdefizit nicht mehr als 1% des BIP betragen dürfe (gegenüber 3% in der EU). Zuletzt hatte er erklärt, der Verteidigungshaushalt sei zu hoch, und wenn man keine Steuern erhöhen wolle, müßten die Renten gekürzt werden.

Am 25. September schoß Kudrin in Washington eine Breitseite gegen Medwedjew ab. Am Rande des IWF-Jahrestreffens und anderer Finanzkonferenzen sagte er Journalisten, er werde nach der Präsidentschaftswahl für eine neue Regierung unter Medwedjew nicht zur Verfügung stehen. Er bezog sich dabei auf seine Differenzen mit Medwedjew in der Frage der Verteidigungsausgaben.

Daraufhin putzte der verärgerte Medwedjew Kudrin einen Tag später öffentlich herunter. In seiner Rede zur Eröffnung einer Veranstaltung im Kernforschungszentrum Dimitrowgrad verurteilte er öffentlich Kudrins Insubordination und „verantwortungsloses Geschwätz“. Er sagte:

„Ich möchte noch einige Worte über Disziplin in der Regierung der Russischen Föderation sagen. Wir alle wissen, daß der Wahlkampf begonnen hat, und das ist eine schwierige Prüfung für unser Staatssystem ebenso wie für den einzelnen. Ich denke, es hat auch eine gewisse Wirkung auf das Nervensystem, und das ist offenbar die Ursache für einige Äußerungen, die kürzlich gemacht wurden, sowohl hier in unserem Land wie auch im Ausland, beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Es gibt bei uns eine ganze Kategorie von Bürgern, die, wenn sie eine wichtige Erklärung abgeben wollen, aus irgendeinem Grund dafür nach Übersee gehen.“

Medwedjew fuhr dann fort, während die Kamera auf Kudrins Kopf gerichtet war, der aussah, als wolle er explodieren:

„Nehmen Sie Alexej Leonidowitsch Kudrin, der hier ist. Er verkündete die erfreuliche Nachricht, daß er nicht vorhat, in der neuen Regierung mitzuarbeiten, und daß er ernsthafte praktische Meinungsverschiedenheiten mit dem gegenwärtigen Präsidenten hat, besonders was die Ausgaben einschließlich der Militärausgaben angeht.

In diesem Zusammenhang möchte ich mehrere Dinge anmerken. Erstens gibt es noch keine neue Regierung, und niemand wurde eingeladen, in ihr mitzuarbeiten. Aber es gibt eine alte Regierung, die ich als Präsident zusammengestellt habe; sie ist mir gegenüber verantwortlich, und sie wird im Rahmen meiner verfassungsmäßigen Befugnisse handeln. Diese Regierung setzt die Politik des Präsidenten um.

Soweit ich weiß, hatte Alexej Leonidowitsch schon früher eine Gelegenheit, seine Position deutlich zu machen und über seine politische Zukunft zu entscheiden - sogar, sich der Partei der Rechten Kräfte anzuschließen. Sie haben ihn darum gebeten, aber Alexej Leonidowitsch hat davon Abstand genommen, aus seinen eigenen Gründen. Trotzdem möchte ich sagen, daß solche Erklärungen wie diejenigen, die in den Vereinigten Staaten von Amerika gemacht wurden, unangemessen und durch nichts zu rechtfertigen sind.“

Medwedjew sagte dann zu Kudrin, wegen der Regierungsdisziplin und der erklärten Differenzen habe der keine andere Wahl, als seinen Rücktritt einzureichen. Wenn er nun sagen wolle, daß es keine Meinungsverschiedenheiten gebe, könne er eine entsprechende öffentliche Erklärung schreiben. Kudrin antwortete, es gebe die Meinungsverschiedenheiten, aber bevor er auf Medwedjews „Vorschlag“ reagiere, wolle er darüber mit Ministerpräsident Putin sprechen. Medwedjew antwortete: „Sie können konsultieren, wen Sie wollen, auch den Ministerpräsidenten, aber solche Entscheidungen treffe ich als Präsident.“

Nach der Veranstaltung nahm Kudrin am selben Tag noch an einem weiteren, kleineren Treffen mit Medwedjew über die Wirtschaftspolitik teil. Auf beiden Konferenzen wies Medwedjew die Regierung an, sie solle angesichts der sich entfaltenden Wirtschaftskrise in Europa und anderswo ständig bereit sein, verschiedene Schritte zu unternehmen.

Kurz vor 20 Uhr Moskauer Zeit erließ Medwedjew dann ein Dekret, in dem er Kudrin von seinen Pflichten in der Regierung entband.

Kudrins Entlassung erfolgte mit gutem Grund und sicherlich in enger Abstimmung zwischen Medwedjew und Putin. Ein klarer Beleg dafür waren auch Kudrins Äußerungen vom Vortag, als er anbot, mit den russischen Finanzreserven die Schulden der europäischen Banken zu stützen. Putin hatte am 16. September genau das Gegenteil erklärt. Beim Sotschi Investment Forum sagte er zu Leon Block von der Investmentbank Apollo Management (ehemals Drexel Burnham Lambert): „Zu Ihrem Aufruf, daß Rußland einen Teil der Wertpapiere aufkauft, die die europäischen Geldinstitute loswerden wollen, würde ich sagen, Leon, diese Papiere sind in den meisten Fällen ,toxisch’ (oder schlicht kompliziert). Wer will schon abgelaufene Lebensmittel essen? Das ist ein sicherer Weg, Magenschmerzen zu bekommen.“

London regt sich auf

Schon vor Kudrins Entlassung zeterten die Briten über Putins und Medwedjews erfolgreichen politischen Coup. Die Londoner Financial Times zitierte am 24. September einen namentlich nicht genannten „hochstehenden westlichen Banker“, der drohte, es werde eine Kapitalflucht aus Rußland geben: „Das wird häßlich.“ Und weiter: „Die Oligarchen werden versuchen, ihr Geld aus dem Land zu schaffen, und die Auslandsinvestitionen werden verschwinden.“

Lyndon LaRouche kommentierte dies amüsiert, das einzige, was in der kommenden neuen strategischen Konfiguration „verschwinden“ werde, seien die Spekulanten und ihre Londoner Hintermänner.

eir

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