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Neue Solidarität
Nr. 14, 4. April 2012

Was für ein Europa wollen wir eigentlich?

In ihrem Internetforum am 17. März beantwortete Helga Zepp-LaRouche auch eine Frage zur Lage in Griechenland

Frage von Prof. George Tsobanoglu aus Griechenland: Welche Aussichten hat das griechische Volk nach Jahren der Depression, mit einer Arbeitslosigkeit von mehr als 20%, einer Armutsrate von 28% und einer problematischen Regierung, die keine andere Politik verfolgt, als die grundlegenden Mittel zum Leben zusammenzustreichen?

Griechenland wird von einer abgehobenen und barbarischen Regierung, die die arbeitende Bevölkerung diskriminiert, wirklich ins Chaos getrieben. Die EU-Gelder wurden in den letzten 30 Jahren meist in einer äußerst problematischen Art und Weise verteilt, mit dem Segen der EU-Bürokratie, was zu Inflation, Schwarzmärkten, Kapitalflucht geführt hat. Diese Lage zeigt das Scheitern der EU-Administration in den letzten 30 Jahren. Eine Entwicklung im allgemeinen Interesse wurde niemals zugelassen, statt dessen dienten Gesundheit, Bildung, Versorgungsunternehmen sowie korrupte und unzureichende lokale Verwaltungen nur dem privaten Profit, während die gesellschaftlichen Institutionen völlig gelähmt sind.

Helga Zepp-LaRouche: Wir brauchen wirklich in jedem einzelnen Land in Europa Volksabstimmungen, ob wir in diesem System bleiben wollen. Die ganze Idee von Europa ist ad absurdum geführt.

Ich bin nicht anti-europäisch, überhaupt nicht; ich freue mich, aus Europa zu kommen, es ist eine tolle Kultur. Wir haben die griechische Kultur der Antike gehabt, die Wiege der europäischen Kultur von den Vorsokratikern bis Plato, die großen Tragödiendichter; Solon von Athen hat das Ziel der Menschheit sehr gut beschrieben. Wir haben in Italien die Renaissance gehabt, in Frankreich Johanna von Orléans, die ganz wichtig war für die Errichtung des Nationalstaats. Wir haben die Ecole Polytechnique gehabt, wir haben eine tolle europäische Geschichte!

Aber hat das irgendetwas zu tun mit dem Europa, das heute mit diesem Präsidenten Van Rompuy oder Lady Ashton vertreten wird? Mit Sicherheit nicht.

Uns wurde die Idee verkauft, daß Europa den Frieden für immer erhalten soll, daß nie wieder Krieg zwischen den europäischen Nationen stattfinden soll, daß wir nur geeint unsere politische Position gegen die aufstrebenden Länder verteidigen können: Wo ist denn das hingekommen?

Zunächst einmal waren die Zwietracht und die Abneigung untereinander seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie so groß wie heute. Also, wenn die deutsche Flagge oder die europäische Flagge in einigen Staaten im Süden mit Hakenkreuzen versehen wird, wenn Frau Merkel in einer bestimmten Uniform abgebildet wird, wenn die Deutschen meinen, die Griechen und die Italiener und Spanier seien alle Faulpelze - das Bild wird natürlich von den Medien erzeugt, aber viele Leute glauben das dann auch als Resultat -: das ist ein Zerfall der europäischen Einigung und des Europäischen Gedanken, wie er nicht schlimmer sein könnte.

Natürlich gucken die aufstrebenden Staaten wie China oder Brasilien auf diesen Haufen streitender Europäer und sagen: „Dieses Europa soll eine Supermacht sein? Da können wir uns nur ausschütten vor Lachen!“ Das ist der Grund, warum die Chinesen, als Frau Merkel ihren Bittgang nach China gemacht hat, um die Chinesen dafür zu gewinnen, in den Europäischen Stabilitäts-Fonds zu investieren, höflich gesagt haben: „Nein, wir haben kein Interesse, uns in dieser zerfallenden Angelegenheit zu engagieren.“

Mit anderen Worten: Was Vorwand war und was tatsächlich passiert ist, sind zwei vollkommen verschiedenen Dinge, und ich denke, wir brauchen einfach eine Debatte unter den Völkern über die Frage, was für ein Europa wollen wir eigentlich?

Ich bin nach wie vor der Meinung, daß wir das Europa der Vaterländer brauchen, so wie es von De Gaulle gedacht wurde, also als Allianz der souveränen Republiken, die gemeinsam eine Mission haben und zusammenarbeiten, natürlich! Aber brauchen wir wirklich so einen vollkommen überblähten europäischen bürokratischen Apparat, der in Brüssel, Straßburg und Luxemburg sitzt, und wo die Menschen überhaupt nicht wissen, wer diese Leute sind? Wir haben sie nicht gewählt, sie haben keine Rechenschaftpflicht vor den Menschen, und jetzt die Idee, das noch einen Schritt weiter zu treiben, in Richtung Wirtschaftsunion oder gar Bundestaat oder de facto ESM, was schon sehr stark in diese Richtung geht, so eine Diskrepanz zwischen der Bevölkerung in allen Staaten und diesem aufgeblähten bürokratischen Apparat: das kann sowieso nicht lange gut gehen, und ich denke, was wir brauchen, ist eine andere Debatte.

Zum Beispiel im Fall von Griechenland: Ich glaube doch, daß bei den deutschen Industriellen sich irgendwie die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß immer weitere Sparprogramme, die zu einer weiteren Verschlechterung des Lebensstandards und der wirtschaftlichen Kapazitäten führen, daß das nicht funktionieren kann.

Sondern wir brauchen einen Marshall-Plan, aber dieser Marshallplan darf natürlich nicht aus grüner Technologie bestehen. Wer jetzt auf die Idee kommt, ganz Griechenland mit Sonnenkollektoren vollzupflastern, um Strom nach Deutschland zu bringen: das ist wirklich die falscheste Idee. Denn Sonnenenergie hat eine ganz geringe Energieflußdichte und ist genau der Irrweg, den wir aufgrund der schon vorhin angesprochenen Gesetze des Universums, die zu immer höheren Energieflußdichten gehen müssen, eben nicht beschreiten sollen.

Aber ich denke, wenn wir die Frage der Weltlandbrücke auf die Tagesordnung setzen, d.h. den Ausbau der Eurasischen Landbrücke, in den Balkan hinein, Verbindung mit Kleinasien, überhaupt das Mittelmeer als Entwicklungsregion betrachten, als Sprungbrett für die Entwicklung von Afrika, und wenn wir alle Nationen gemeinsam, also auch die südlichen Mitgliedstaaten der EU, in diesen Marshall-Plan mit einbeziehen, ist das nicht nur notwendig für Griechenland, sondern eben auch für Italien, vor allen Dingen für Süditalien, Spanien,  Portugal.

Aber wir müssen daraus die gemeinsame Verpflichtung nehmen, Afrika gemeinsam zu entwickeln, und damit im Grunde das, was Europa zusammenbinden muß, auf die Tagesordnung setzten. Nur wenn wir uns diese größere Aufgabe vornehmen, kann Europa bestehen.

Ich bin schon lange davon überzeugt, daß wir, wenn wir es in Europa nicht schaffen den afrikanischen Kontinent zu entwickeln, untergehen werden - nicht weil Afrika Atombomben hat, sondern weil unsere moralische Unfähigkeit, einen absoluten Genozid, der jetzt im Augenblick in Afrika stattfindet, zu beenden, dazu führen würde, daß wir selber es als Zivilisation nicht schaffen.

Ich denke, daß das jetzt auf der Tagesordnung ist, und ich denke, daß wir in jedem einzelnen Land eine Debatte darüber brauchen: Was für ein Europa wollen wir? Wollen wir ein Europa der Diktatur, ein Europa, das keine Souveränität mehr kennt, keine Demokratie kennt, wo die Bevölkerung immer mehr entfremdet ist den Regierungsstrukturen gegenüber, die es dominieren? Oder wollen wir ein Europa, in dem die Hochkulturen - die griechische Klassik, die italienische Renaissance, die deutsche Klassik - wieder zur Basis werden für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen uns allen?

Ich meine, darüber brauchen wir eine wirkliche Debatte, weil ich denke, daß im Augenblick die Sprachlosigkeit über den Zerfall der EU - denn das ist es letzlich, es ist nur eine Frage der Zeit, wann dieses Konstrukt auseinanderbrechen wird, und wenn Frau Merkel sagt: ,Zerfällt der Euro, zerfällt Europa’, dann ist das insofern absolut wahr, daß der Euro zerbrechen wird - entweder durch einen unkontrollierten Kollaps, oder durch Hyperinflation. Aber das muß nicht das Ende von Europa bedeuten! Wir können sehr wohl als europäische souveräne Nationen zusammenarbeiten, eine gemeinsame Entwicklungsstrategie haben und eine gemeinsame Renaissance unserer großartigen Kultur.

Und darüber brauchen wir eine Diskussion.“

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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