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Neue Solidarität
Nr. 51, 19. Dezember 2012

Griechische „tödliche Medizin“ bedroht ganz Europa

Der EZB-Vorsitzende Mario Draghi wurde auf seiner Pressekonferenz am 6. Dezember gefragt, ob er bereit sei zuzugeben, daß die „tödliche Medizin“, die die EU der griechischen Bevölkerung verabreiche, nicht zur Erholung des Landes führt. Er antwortete, er würde „dem Ausdruck ,tödliche Medizin’ nicht zustimmen“, aber es sei dennoch „eine notwendige Anpassung“, der „von der griechischen Wirtschaftspolitik Rechnung getragen werden muß“.

Am gleichen Tag meldete die Hellenische Statistische Behörde, daß die Arbeitslosigkeit in Griechenland Ende September 26% und die Jugendarbeitslosigkeit mit 58% den höchsten Stand in ganz Europa erreicht hätte. Dem Arbeitsinstitut der griechischen Gewerkschaften zufolge ist die Kaufkraft des durchschnittlichen griechischen Lohnempfängers um 50% zurückgegangen und jeder zweite Grieche steht mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 4.871 Euro am Rande der Armut.

Am gleichen Tag warnte Marc Sprenger, Direktor des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), einer offiziellen EU-Institution, durch den Kollaps des Gesundheitswesens in Griechenland drohe ganz Europa die Ausbreitung von Pandemien. „Da weniger Ärzte und Krankenschwester sich um mehr Patienten kümmern müssen und da den Krankenhäusern Geld für Ausrüstung fehlt, nimmt man sogar bei der einfachsten Hygiene Risiken in Kauf“, sagte Sprenger gegenüber Reuters. „Ich habe Situationen gesehen, wo die Finanzlage noch nicht einmal die Versorgung mit grundlegenden Erfordernissen wie Handschuhen, Kitteln und alkoholgetränkten Tüchern gestattete“, sagte er nach einer zweitägigen Informationsreise, bei der er Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen in Athen besucht hatte. „Wir wußten schon, daß Griechenland sich in einer sehr schlechten Lage befindet, was gegen Antibiotika resistente Infektionen betrifft, und nach dem Besuch dortiger Krankenhäuser bin ich jetzt vollkommen davon überzeugt, daß in diesem Kampf die Uhr auf eine Minute vor Zwölf steht.“

Die Folge sei, daß Patienten mit hochinfektiösen Krankheiten wie Tuberkulose nicht immer die notwendige Behandlung bekommen, wodurch das Risiko der Ausbreitung resistenter Formen in Europa steige.

Zur Zeit gibt Griechenland im Jahr 11 Mrd. Euro für sein Gesundheitswesen aus, etwas mehr als 5% seiner gesamten Wirtschaftsleistung. Der Regierung zufolge hat das öffentliche Gesundheitswesen etwa 2 Mrd. Euro Schulden, weshalb die Ausgaben drastisch beschnitten werden müßten. Viele im Gesundheitswesen Beschäftigte haben ihren Arbeitsplatz verloren, die verbliebenen sind oftmals seit Monaten nicht mehr regelmäßig bezahlt worden. Die Mediziner an den 133 staatlichen Krankenhäusern des Landes klagen über Mangel an Personal und grundlegenden Versorgungsgütern wie Binden, Kathetern, Handschuhen und Papierauflagen für Untersuchungsbetten. Ein Doktor sagte Sprenger, wegen des fehlenden Personals warteten 90-100 Patienten pro Tag auf Korridoren, und viele könnten nicht behandelt werden.

Aufgrund ausstehender Zahlungen stellen Pharmaunternehmen ihre Lieferungen ein. Im letzten Monat gab die deutsche Merck KgaA bekannt, daß sie griechische Krankenhäuser nicht mehr mit ihrem Krebsmittel Erbitux beliefere. Das Unternehmen Biotest, das Produkte wie Blutplasma zur Behandlung von Hämophilie und Tetanus herstellt, stellte seine Lieferungen schon im Juni ein.

Im vergangenen Monat warnte Sprengers ECDC, durch das Bakterium Klebsiella pneumoniae verursachte Infektionen hätten eine Resistenz gegen die allerletzte antibiotische Bekämpfungsmöglichkeit entwickelt und seien „in einigen EU-Ländern weit verbreitet und auf dem Vormarsch“. Die Institution meldete im November 314 AIDS-Fälle bei Spritzen benutzenden Drogenabhängigen während der ersten acht Monate dieses Jahres. Im gesamten Jahr 2011 waren es noch 208 und von 2001-2010 sogar nur 15 Fälle jährlich gewesen. Das ist ein 20facher Anstieg in weniger als 2 Jahren. „Die gegenwärtigen wirtschaftlichen Turbulenzen werden weiterhin ungünstige Auswirkungen auf die HIV-Verhütung nicht nur in Griechenland, sondern auch in anderen Teilen Europas haben“, hieß es vom ECDC. „Die Kosten zur Vermeidung von HIV-Infektionen werden unter den Behandlungskosten von Infizierten liegen.“

eir