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Neue Solidarität
Nr. 14, 3. April 2013

Der EU-Raubzug gegen Zypern: Der Rubikon ist überschritten!

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität und des internationalen Schiller-Instituts, veranstaltete am 24. März aus Anlaß der internationalen strategischen Krise ein kurzfristig angesetztes Internetforum.

Worum es dabei ging, faßte der Moderator des Forums, Dennis Small, in seiner Einführung zusammen: „Wir befinden uns heute inmitten einer gigantischen Krise, worauf die Ereignisse in Zypern die Menschen darauf aufmerksam gemacht haben. Die Krise wurde aber offensichtlich nicht von Zypern verursacht, sondern nur durch die dortigen Ereignisse ins Rampenlicht gerückt. Sie ist bisher nicht gelöst. Die Welt befindet sich am Rande der völligen finanziellen Auflösung, und wir stehen vor der Aufgabe, diese wirtschaftliche und finanzielle Krise zu lösen.“

Ein weiterer Aspekt, auf den in dem Forum eingegangen wurde, waren die strategische Krise, die mit der wirtschaftlichen Krise eng zusammenhängt, und die Bedeutung der Strategischen Verteidigungs-Initiative (SDI), die vor genau 30 Jahren vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan verkündet wurde, für die Überwindung dieser Krise.

Sie eröffnete das Forum mit dem folgenden, in englischer Sprache gehaltenen Vortrag, der auch simultan ins Deutsche und Spanische übersetzt wurde.

Dies ist ein Moment, der nicht nur für die Menschen in Zypern, sondern für alle europäischen Nationen wirklich ein sehr ernster Moment ist, weil die Krise auf Zypern tatsächlich zum Auseinanderbrechen des Euro führen könnte. Um es gleich zu Beginn zu sagen: Es gäbe eine Möglichkeit, dies in einer geordneten Art und Weise zu lösen, aber leider sieht es derzeit nicht so aus, als suchten die europäischen Regierungen und insbesondere die Troika nach dieser Lösung. Aber wir wollen sie präsentieren, damit die Menschen tatsächlich eine Perspektive haben, wie man diese Krise überwinden kann.

Jetzt in diesem Moment vollziehen sich dramatische Ereignisse in Brüssel. Es findet ein Treffen statt - vermutlich gerade jetzt, während wir hier sprechen - zwischen dem zypriotischen Präsidenten, den Führern der zypriotischen Parteien, der Troika und den Chefs der europäischen Regierungen. Und worüber dem Vernehmen nach jetzt im Moment diskutiert wird, das ist die Höhe der Sparguthaben, die zu schützen sind, und die mögliche Abwicklung der zweitgrößten Bank Zyperns, der Laiki-Bank, deren Anleger 20-25% oder sogar noch mehr ihrer Guthaben verlieren könnten. Das wird jedoch alles debattiert werden, wenn das Parlament zusammenkommt, nachdem der Präsident und die Parteiführer am Montag oder Dienstag aus Brüssel zurückkehren. Aber was immer das Resultat sein wird, dabei wird es nicht bleiben.

Streit in der europäischen Führung

Ich möchte einige Äußerungen von Leuten anführen, die über die Lage besorgt sind, beispielsweise Erzbischof Chrysostomos, der im wesentlichen sagte: Der Euro kann nicht überleben. Entscheidend sei nicht, ob er schon morgen auseinanderbrechen werde, aber langfristig werde der Euro nicht bestehen. Deshalb sei es das beste, sich Gedanken darüber zu machen, wie man da herauskommt.

Unterdessen hat der türkische Minister für EU-Angelegenheiten, Bagis, angeboten, Zypern könne in der Übergangszeit die türkische Lira nutzen.

Die Financial Times berichtete gestern in einem Artikel, es gebe sogar in der Troika selbst Meinungsverschiedenheiten darüber, wir man vorgehen soll. Das ist typisch, wenn Systeme zusammenbrechen, daß selbst diejenigen, die dieses System steuern, sich nicht mehr einig sind. Das ist typisch für ein System, das dem Untergang geweiht ist.

Angeblich gab es Streit, mit dem Weltwährungsfonds (IWF) und der deutschen Regierung auf der einen Seite, die, um eine Katastrophe zu verhindern, wie man sie gerade in Griechenland erlebte, nur eine „gute“ und eine „schlechte“ Bank („bad bank“) schaffen wollten und die großen Anleger treffen, aber die kleinen Sparer verschonen wollten. Auf der anderen Seite in diesem Disput standen die Europäische Kommission, Jörg Asmussen von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Österreicher Thomas Wieser, der den Wirtschafts- und Finanzausschuß der EU leitet, die alle besorgt waren, daß ein Schlag gegen die Großanleger eine Panik unter den Investoren und auf diese Weise einen Run auf die Banken auslösen würde.

Zeitweise war völlig unklar, wer sich durchsetzen würde, jedenfalls machte man weiter, und dann sei der Plan für diesen Bankraub dabei herausgekommen. Aber der Streit geht weiter.

Ein ehemaliger Zentralbankchef Zyperns, Orphanides, sagte, die EU habe im Grunde beschlossen, sich aufzulösen: „Das europäische Projekt zerschellt am Boden.“ Er habe erwartet, daß die EU-Kommission und die EZB „das europäische Projekt unterstützen und die Bürger des kleinsten und schwächsten Mitglieds unter den Staaten vor einer Diskriminierung schützen“, aber sie hätten „eine Kavaliershaltung gegenüber der Enteignung von Eigentum und der Einschüchterung der Menschen“. Das habe die EU-Verträge zum „Gespött“ gemacht und „gezeigt, daß nicht alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind“.

Der Daily Telegraph bemerkte gestern [23.3.] , wenn man Kapitalverkehrsbeschränkungen einführe, was sehr wahrscheinlich geschehen wird, um die Kapitalflucht aus Zypern zu unterbinden, daß dann allein schon diese Maßnahme das Ende des Euro bedeute, denn die zypriotischen Euros würden dadurch zu einer nationalen Währung, weil es nicht mehr möglich sei, Euros aus Zypern herauszubringen. Dies mache die zyprischen Euros wertlos und der Euro sei damit keine einheitliche Währung mehr.

Der „größte anzunehmende Unfall“

Nun, ich denke, es ist wichtig zu betrachten, wie das ganze in Gang gesetzt wurde.

Der Auslöser war die sehr seltsame Entscheidung der EU, der Troika und insbesondere der deutschen Regierung, auch den kleinen Sparern der zyprischen Banken einen Schuldenschnitt von 6,75% und den Großanlegern mit mehr als 100.000 Euro von 9,9% zu verpassen. Sie dachten, sie würden damit durchkommen. Sie waren vollkommen überrascht, als sie am 19. März feststellen mußten, daß das Parlament in Zypern das einstimmig abgelehnt hat. Das war in gewissem Sinne etwas, was man wirklich als den „größten anzunehmenden Unfall“ bezeichnen kann, der geschehen konnte.

Denn man sollte sich vor allem einmal daran erinnern, daß Bundeskanzlerin Merkel im Oktober 2008, nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und AIG, versprochen hatte, daß in der Eurozone alle Guthaben bis 100.000 Euro vom Staat garantiert würden. Man erinnere sich, das war in einer Zeit, als viele Leute überzeugt waren, daß das ganze System zusammenbrechen würde; es gab für eine gewisse Periode der Panik, in der man davon sprach, ein neues Bretton-Woods-System zu schaffen, und Merkels Versprechen trug viel dazu bei, einen Run auf die Banken zu verhindern und die Lage zu beruhigen. Und dieses Versprechen wurde jetzt gebrochen.

Ich verstehe nicht ganz, warum sie das getan hat. Schließlich muß doch jemand gewußt haben, daß dies enorme Konsequenzen haben würde. Schon jetzt raten britische Politiker den Hunderttausenden britischen Rentnern, die in Südeuropa leben, sie sollten so schnell wie möglich ihr Geld aus den spanischen, portugiesischen, italienischen und griechischen Banken herausholen, solange sie es noch können.

Selbst wenn es in diesen Ländern nicht gleich zu einem Run kommt, so wird doch die Tendenz sein, daß die Menschen versuchen werden, ihr Geld zu retten und es herauszuholen. Aber wenn man in allen diesen Ländern Kapitalverkehrsbeschränkungen einführt, dann ist das das Ende des Euro.

Es könnte auch sein, daß jemand entschieden hat, den Stecker zu ziehen und dies in Gang zu setzen, um eine Bankenunion durchzusetzen, um eine politische Union und eine Diktatur in Europa durchzusetzen. Aber auch das kann nicht funktionieren.

Ein gescheitertes Experiment

Schließlich sollte dieses ganze europäische Projekt Europa angeblich Frieden bringen und sicherstellen, daß es niemals wieder Krieg geben würde. Das war reine Propaganda, weil überhaupt keine Kriegsgefahr in Europa bestand, als der Euro eingeführt wurde. Doch es wurde im wesentlichen so dargestellt, daß man Europa stark machen müsse gegenüber der Konkurrenz der aufstrebenden Nationen, China, Brasilien, und gegenüber den Vereinigten Staaten.

Aber wenn man es heute betrachtet, gab es noch nie eine solche Uneinigkeit zwischen den Ländern Europas seit 1945, wie sie diese Politik der EZB, der Troika und der europäischen Regierungen herbeigeführt hat. Es gibt mehr Feindseligkeiten, mehr Spannungen, mehr schreckliche Erinnerungen aus der Vergangenheit kommen wieder hoch. Das Euro-Projekt ist also ein gescheitertes Experiment, und wer denkt, daß er jetzt eine europäische Diktatur durchsetzen kann - man kann doch keine Armeen gegen Millionen Menschen einsetzen! Ich denke daher nicht, daß das ein machbarer Vorschlag ist.

Nun, in der Logik des Systems kann man natürlich sagen, daß Deutschland nicht weiter das Hauptland sein kann, das dieses gescheiterte Projekt weiter finanziert, denn schließlich ist auch die Fähigkeit der deutschen Steuerzahler dazu begrenzt. Es gibt derzeit nur vier Überschußländer - Deutschland, Holland, Finnland und Österreich -, die einen Handelsüberschuß und einen Zahlungsbilanzüberschuß haben; alle anderen sind faktisch in einer negativen Position. Und Zypern ist schon das fünfte Land, das ein Stützungspaket braucht, und damit ist das Ende der Fahnenstange erreicht.

Aber auch ohne diese akute Lage ist das transatlantische Finanzsystem völlig am Ende. In den Vereinigten Staaten betreibt man hyperinflationäres „Quantitative Easing“. Ben Bernanke hat seinem Namen „Helikopter-Ben“ seine wahre Bedeutung gegeben, indem er entschied, wie aus dem Hubschrauber Banknoten über jedem Land und jeder Bank abzuwerfen, die in Not war. In den USA wurde massiv Liquidität gepumpt. Und als Mario Draghi vor einigen Monaten versprach, er werde „alles tun“, um den Euro zu retten, bedeutete dies, daß auch die EZB entschlossen war, so viel Geld als Liquidität zu drucken wie möglich, um so viele Staatsanleihen wie möglich zu kaufen. Soviel zu den berühmten „letzten Worten“, denn offensichtlich tut Draghi nicht alles, was getan werden muß, um den Euro zu retten, der Fall Zypern hat dem ein Ende gesetzt.

Eine Tragödie für die Menschen

Für die Menschen in Europa ist das aber eine große Tragödie. Wie ich schon sagte, der Euro ist ein gescheitertes Experiment, und wir haben das schon gesagt, bevor der Euro überhaupt eingeführt wurde.

Wir sagten es schon, als diese Idee der politisch erzwungenen Europäischen Währungsunion aufkam. Es war klar, daß das ohne eine politische Union nicht funktionieren konnte. Das war damals der politische Preis, den Deutschland für die Wiedervereinigung bezahlen mußte. Man sollte nicht vergessen, daß dieses Europa entstanden ist, weil Margaret Thatcher, François Mitterrand und Bush senior durchsetzten, daß Deutschland als Preis für die Wiedervereinigung die D-Mark aufgeben mußte und durch den Maastricht-Vertrag in eine Zwangsjacke gesteckt wurde. Und wir haben damals gesagt, das kann gar nicht funktionieren, weil die Eurozone kein „optimales“ Währungsgebiet war, weil die Volkswirtschaften darin sehr verschieden waren. Es gab hochindustrialisierte Länder, es gab Agrarstaaten, und vor allem gab es nicht eine gemeinsame Kultur, sondern viele Kulturen. Man hatte 17 oder [in der EU] sogar 27 verschiedene Kulturen, Nationen, Sprachen, es war also klar, daß das nicht funktionieren konnte.

Jacques Attali hat damals oder etwas später in einem Interview zugegeben, daß der Euro bewußt mit einem „Geburtsfehler“ geschaffen wurde - daß nämlich klar war, daß er so nicht funktionieren würde, sondern es zu einer Krise kommen würde, und diese Krise sollte dann dazu genutzt werden, um die politische Union durchzusetzen, die auf politischem Wege allein nicht durchsetzbar gewesen wäre. Nun, es ist eine Gefahr, daß einige Leute daran denken könnten, in diese Richtung zu gehen, aber ich kann mir keine Umstände denken, unter denen man eine Diktatur über ein Europa durchsetzen könnte, das so gespalten ist wie jetzt...

Hyperinflation

Das Problem ist, daß das gesamte transatlantische Finanzsystem bankrott ist, über die Eurokrise hinaus. Es gibt keinen Weg, wie man dem abhelfen kann, indem man einfach Geld druckt, denn wir stehen sehr dicht vor der Gefahr, daß sich das, was in Deutschland 1923 ereignete, wiederholt - nur diesmal nicht in einem einzigen Land, sondern in der gesamten Eurozone, in der gesamten Dollarzone, und sich von dort weltweit ausbreitet. Offensichtlich werden die Menschen dann merken, daß die Hyperinflation ihre Ersparnisse auffrißt.

In gewissem Sinne schreitet die Hyperinflation bisher langsam voran, indem sie die Ersparnisse, die Löhne, die Kaufkraft anknabbert. Aber wenn man berechnen würde, was uns in den letzten Jahren an Kaufkraft geraubt wurde, dann käme man wohl auf eine viel höhere Zahl als die 6,75%, die den Kleinsparern in Zypern jetzt geraubt werden sollten, nur daß das nach und nach geschah. Und wenn man jetzt versucht, diese Krise einfach zu überspielen, indem man noch mehr Liquidität in das System hineinpumpt, dann könnte diese Hyperinflation schneller explodieren als von Frühjahr bis zum Herbst 1923. Und wenn die Menschen das erkennen, daß nicht nur die Benzinpreise, die Strompreise und Lebensmittelpreise steigen, sondern eine allgemeine Hyperinflation stattfindet, dann entsteht die Gefahr eines sozialen Chaos, verglichen mit dem die gegenwärtigen Spannungen wie Lappalien erscheinen werden.

Es gibt nur eine Lösung: Man muß erkennen, daß das ganze System der Globalisierung ein gescheitertes Geschäftsmodell ist! Herr Schäuble war ja in den letzten Tagen immer sehr schnell mit der Behauptung, das zypriotische Modell sei als Geschäftsmodell gescheitert, womit er meinte, daß die großen ausländischen Investoren ihr Geld aus Steuergründen in die zypriotischen Banken gesteckt haben. Aber ich kann Ihnen sagen: Das System der Globalisierung, wie es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion durchgesetzt wurde - ich meine das ganze Paket, mit Outsourcing, der Auslagerung in Billiglohnländer, daß man Spekulation belohnt und Produktion bestraft hat; dieses System der Globalisierung, daß man den Profit maximiert, mit Geld Geld macht und die reale Wirtschaft vernachlässigt: dieses Geschäftsmodell ist gescheitert!

Es war klar, daß das scheitern mußte, denn schon 1989, als die Mauer gefallen war, sagte ich in vielen Reden und Artikeln, wenn man den Fehler machen würde, dem bankrotten kommunistischen System das genauso bankrotte System der freien Marktwirtschaft überzustülpen, dann könne man vielleicht den Prozeß der Ausschlachtung noch einige Jahre fortsetzen, aber dann käme es zu einem Zusammenbruch, im Vergleich zu dem der Kollaps des kommunistischen Systems sich wie „Peanuts“ ausnehmen werde. Und jetzt sind wir genau an dem Punkt angelangt.

Die Lösung

Nun, es gibt eine Lösung, und vor allem einen historischen Präzedenzfall dafür, wie man da heraus kommt. Dieser historische Präzedenzfall, von dem ich rede, ist das, was Franklin D. Roosevelt 1933 getan hat - das Maßnahmenpaket, mit dem er 1933 die Depression aufhielt.

Zunächst einmal setzte er Glass-Steagall durch, die Trennung der Banken. Er ließ die Pecora-Kommission untersuchen, welche Verbrechen die Banken in Verbindung mit der Krise begangen hatten. Dann machte er den New Deal und gab dazu staatliche Kredite an alle aus, die etwas dazu beitragen wollten, nützliche Dinge zu produzieren, darunter das berühmte Infrastrukturprojekt der Tennessee Valley Authority, und innerhalb sehr kurzer Zeit boomte die US-Wirtschaft, und wie jedermann weiß, war die US-Wirtschaft am Ende des Zweiten Weltkriegs die stärkste Volkswirtschaft der Welt.

Diesem Modell folgte dann die Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Zeit des deutschen Wiederaufbaus nach 1945, die auf dem Vorbild von Roosevelts Reconstruction Finance Corporation beruhte, und wie jedermann weiß, führte dies in wenigen Jahren zum deutschen Wirtschaftswunder, das von der ganzen Welt bewundert wurde. Und deshalb gibt es eine Lösung! Aber diese Lösung muß mit Glass-Steagall anfangen.

In letzter Zeit gab es viele Diskussionen über die Bankentrennung. Nun, ich bin stolz darauf, sagen zu können, daß unsere Organisation wahrscheinlich diejenige ist, die am meisten dazu beigetragen hat, Glass-Steagall nicht nur in den Vereinigten Staaten wieder aufzubringen, sondern auch, diese Debatte in Europa in Gang zu setzen. Denn wenn man noch vor zwei oder drei Jahren jemanden gefragt hätte: „Was ist ein Trennbankensystem, Glass-Steagall?“, dann hätten die Leute das nicht gewußt. Und inzwischen gibt es alle möglichen verwässerten Vorschläge - von der Liikanen-Kommission, den Vorschlag des „Ringzäunchens“ der Vickers-Kommission, die Volcker-Regel -: alle diese lassen Schlupflöcher für die Spekulationen der Banken, die so groß sind wie Scheunentore!

Deshalb werden sie nicht funktionieren. Was man tun muß, ist, wir müssen zum ursprünglichen Glass-Steagall zurückzukehren, wie es Roosevelt entworfen hat. Als erster Schritt bedeutet das, daß der Staat die Geschäftsbanken schützen muß, denn die Geschäftsbanken sind notwendig, um die Wirtschaft am Leben zu erhalten - die reale Wirtschaft, die Renten, Löhne, Handel, Gewerbe. Und dazu müssen die Investmentbanken abgetrennt werden, und sie müssen von nun an ihre Angelegenheiten ohne Stützungspakete regeln. Wenn sie Probleme damit haben, dann tut uns das leid, aber sie müssen ihre Bücher in Ordnung bringen. Wenn sie dann bankrott sind, nun, dann müssen sie Insolvenz anmelden.

Aber diese Stützungsaktionen aus den Staatshaushalten müssen aufhören, bei denen Steuergelder mißbraucht werden, damit diese Banken ihre hochriskanten Spekulationen fortsetzen können! Denn genau das ist seit 2008 geschehen. Heute sind die Spekulationen schlimmer als vor der Lehman-Brothers-Pleite und sie sind schlimmer, weil die Staaten bisher nichts getan haben, um diese Hochrisikospekulationen zu unterbinden. Das muß aufhören! Wir müssen Glass-Steagall wieder in Kraft setzen und wahrscheinlich muß toxisches Geld in den Investmentbanken in Billionenhöhe einfach abgeschrieben werden.

Nun gibt es Leute, die dagegen anschreien und sagen: „Aber ich habe diese kreativen Finanzinstrumente, die sind in meiner Bank!“ Aber es ist nur virtuelles Geld. Und wenn man etwas Virtuelles verliert, dann verliert man gar nichts. Das also wird der erste Schritt sein.

In den Vereinigten Staaten gibt es übrigens derzeit eine große Bewegung für die Durchsetzung von Glass-Steagall, im Kongreß, im Senat, in den Landtagen; aber auch in allen europäischen Ländern müssen wir das tun.

Aber das ist nur der erste Schritt. Nachdem wir das getan haben, wird sich zeigen, daß die verbliebene Menge an Liquidität nicht ausreichen wird, um die Wirtschaft in Gang zu halten, weil alle diese toxischen Werte gestrichen wurden.

An diesem Punkt müssen wir dann ein Kreditsystem einführen und das bedeutet, daß wir in jedem Land Nationalbanken brauchen, die Kreditlinien für die reale Produktion vergeben. Und diese Kreditlinien müssen auf wohldefinierte Projekte beschränkt sein, die dazu beitragen, die Produktivität der Volkswirtschaft zu steigern, sie müssen im Interesse des Gemeinwohls sein und nach dem Prinzip der physischen Ökonomie organisiert sein. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Deutschland nach ’45 war eine solche Nationalbank. Damals erfüllte sie diese Funktion, und so etwas könnte ein Modell für eine solche Bank in jedem Land sein.

Der nächste Schritt ist dann natürlich, daß man zur nationalen Kontrolle über die eigene Währung zurückkehren muß. Das ist relativ einfach. An der Hamburger Universität der Bundeswehr wurde beispielsweise vor einigen Jahren eine Studie dazu erstellt, wie man vom Euro zur D-Mark zurückkehren kann, und der Professor, der diese Studie erstellt hat, kam zu dem Schluß, daß das relativ leicht wäre, schon wegen der Erfahrungen mit dem Übergang von der D-Mark zum Euro; man müßte es nur umgekehrt machen. Wir könnten bis auf weiteres die existierenden Euros als eine Art „ECU“ verwenden, als eine europäische Rechnungseinheit, aber wir müssen anfangen, wieder nationale Währungen auszugeben, und jedes Land muß wieder die Souveränität über die eigene Währung und eine eigene Währung haben. Und wir brauchen feste Wechselkurse, um Devisenspekulationen zu unterbinden - Herr Soros hat kein Recht, das weiter zu machen.

Das Aufbauprogramm

Und dann brauchen wir ein gut durchdachtes Programm, um die Realwirtschaft wieder in Gang zu bringen. Wir haben ein solches Programm ausgearbeitet, schon vor fast einem Jahr, und wir haben diese Studie publiziert; sie heißt: „Es gibt ein Leben nach dem Euro: Programm für ein Wirtschaftswunder in Südeuropa, dem Mittelmeerraum und Afrika“. Sie können auf unserer Internetseite alle Details darüber finden,1 aber lassen Sie es mich kurz erläutern.

Nun, dieses Programm geht im wesentlichen davon aus, daß derzeit die Eurasische Landbrücke zwischen den Ländern Eurasiens aufgebaut wird, mit dem Potential, daß daraus die Weltlandbrücke wird, d.h., daß man die Kontinente durch Infrastrukturkorridore miteinander verbindet. Dazu gehört beispielsweise auch den Bau der Beringstraßen-Verbindung2 zwischen Alaska und Sibirien, dazu gehören riesige Projekte zwischen China, Rußland, Korea und Japan, und das reicht bis hinab nach Chile. Auch das war unser Vorschlag nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und das wird jetzt Schritt für Schritt realisiert.

Unser Programm für die Entwicklung Südeuropas beruht nun im Grunde auf der Idee, Europa fest mit dieser Weltlandbrücke zu verbinden. Ein Teil dieses Programms besteht im Wiederaufgreifen der Transportkorridore der EU (TEN), die 1994 auf der Konferenz der europäischen Verkehrsminister auf Zypern beschlossen und zur Priorität erklärt wurden. Ich glaube, fünf davon führen durch den Balkan, andere nach Italien, andere auf die Iberische Halbinsel. Und das sind Pläne, die fertig ausgearbeitet sind! Wegen der Sparpolitik der EU wurde fast nichts davon verwirklicht, aber man könnte schon morgen damit anfangen. Man könnte also Kreditlinien schaffen, um in die Infrastrukturprojekte dieses Eisenbahn- und Wasserstraßennetzes in Südeuropa zu investieren.

Wir haben dieses Programm durch weitere Pionierprojekte aktualisiert, nicht nur den Bau der Messina-Brücke zwischen Italien und Sizilien, sondern auch einen Tunnel zwischen Sizilien und Tunesien. Dazu gehört auch ein Tunnel unter der Straße von Gibraltar, der Spanien mit Afrika verbindet, dazu wurde schon vor drei oder vier Jahren eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Es wurde im Grunde schon bewilligt, aber dann gestrichen. Man könnte also morgen damit beginnen!

Wir wollen Wissenschaftszentren schaffen auf den Kanarischen Inseln und in Athen, denn wir müssen Anziehungspunkte schaffen, gegen den „Brain-drain“, die Abwanderung gutausgebildeter Menschen, die vor der Arbeitslosigkeit in Spanien, Griechenland, Portugal fliehen und nach Deutschland oder in andere Länder einwandern. Man muß Anreize geben, damit sie zurückkommen, und dazu braucht man einen definitiven Plan für den Wiederaufbau der realen Wirtschaft auf dem Balkan, in Griechenland, in Süditalien, auf der Iberischen Halbinsel, am Mittelmeer - und natürlich auch im Nahen Osten, für den wir ein eigenes Programm ausgearbeitet haben, über das derzeit in vielen Ländern diskutiert wird, sowie einen Entwicklungsplan für Afrika.

Das ist alles möglich! Aber man muß es auch machen! Ich denke, der einzige Weg, einen Zusammenbruch der Zivilisation in Europa und darüber hinaus zu verhindern, besteht darin, die Ursache zu beseitigen und zu erkennen, daß die Globalisierung ein gescheitertes Geschäftsmodell ist, das nicht aufrecht erhalten werden kann, und daß wir ein wirkliches Programm für die Zukunft brauchen, und wir müssen eine Vision auf die Tagesordnung bringen, wie wir Europa aus der gegenwärtigen Krise herausholen können.

Nun, ich denke, daß das möglich ist, aber wie ich schon sagte, ich bin mir absolut sicher, daß die in Brüssel nur weiter über dieses gescheiterte Geschäftsmodell diskutieren, und deshalb fordere ich alle Menschen in den betroffenen Ländern Europas auf, Verbindung mit uns aufzunehmen und uns zu helfen, eine wachsende Lobby dafür aufzubauen, um es durchzusetzen.


Anmerkungen

1. Siehe www.bueso.de/Wirtschaftswunder/

2. Eine Eisenbahn- und Pipelineverbindung durch einen Tunnel zwischen Alaska und Sibirien.