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Neue Solidarität
Nr. 32, 7. August 2013

Wirtschaftsnachrichten

Nach Detroit: Pensionsdebatte auch in Deutschland

Nachdem Detroit das Tabu gebrochen hat und die Pensionen der städtischen Bediensteten zum größten Teil einfach gestrichen wurden, fängt nun auch in Deutschland eine Debatte darüber an, daß man die Pensionslasten des Staates reduzieren müsse. Es überrascht nicht, daß dabei die Grünen - die so regelmäßig die Seite der Finanzinteressen vertreten, daß man sie getrost als die „Partei der Banken“ bezeichnen kann - die Vorreiterrolle übernehmen, in der Person des grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann.

Als Vorwand dient dafür die auf Betreiben der EU-Kommission in der gesamten EU durchgesetzte „Schuldenbremse“, derzufolge das Land ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen darf. „Um die Schuldenbremse einhalten zu können“, so kommentierten die Stuttgarter Nachrichten, „müssen in Baden-Württemberg jährlich 2,5 Milliarden Euro dauerhaft eingespart werden. Bereits beschlossene Sparmaßnahmen wirken sich im Jahr 2020 mit rund 860 Millionen Euro aus. Im Herbst sollen weitere konkrete Sparmaßnahmen festgezurrt werden.“

Einer der Milliardenposten, an dem man offenbar sparen will, sind die Pensionen der Beamten. Das Land Baden-Württemberg habe Pensionslasten von 70 Milliarden Euro, erklärte Kretschmann gegenüber dpa. „Damit muß man etwas machen.“ Über das Thema müsse er aber zunächst mit seinen Länderkollegen sprechen. „So etwas geht nur im Geleitzug der Länder.“

Kretschmanns Vorstoß wurde prompt vom Beamtenbund zurückgewiesen. Volker Stich, stellv. Bundesvorsitzender des Beamtenbundes und Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, meldete verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Griff in die Pensionskasse an und lehnte eine Verschlechterung der Versorgungsansprüche für neue Beamte ab. „Der Konkurrenzkampf um qualifizierten Nachwuchs wird deutlich stärker werden“, sagte er. „Das Land kann aber nicht darauf verzichten, qualifizierte Bewerber in den Landesdienst zu holen.“ Das Verhältnis zwischen der grün-roten Landesregierung und dem Beamtenbund ist ohnehin angespannt, weil die Landesregierung den Staatsdienern nur zeitlich versetzt Besoldungserhöhungen gewährt.

Wie ein Vertreter des DBB gegenüber EIR erklärte, hat der Beamtenbund schon im Frühjahr ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, um die Haushaltslage des Landes durch die Erhöhung von Steuern zu verbessern, die nicht den Durchschnittsbürger treffen; diese Vorschläge habe Kretschmann jedoch vom Tisch gewischt. Kretschmann beantwortete Stichs Kritik mit der Erklärung, er wünsche sich vom Beamtenbund „mehr Einsicht in die Notwendigkeiten und eine konstruktivere Haltung“. Die Personalkosten machten 43 Prozent der Ausgaben im Landeshaushalt aus. „Da wird jeder vernünftige Mensch einsehen, daß man den Haushalt nicht am Personalkörper vorbei sanieren kann“, so Kretschmann. Was an der Demontage des Staates konstruktiv sein soll, verriet der Ministerpräsident nicht, zumal die Erfahrung zeigt, daß Sparmaßnahmen das beste Mittel sind, die Defizite zu vergrößern.

„Stärkungspakt“ in NRW soll Haushalte ausgleichen

Auch in Nordrhein-Westfalen ist Sparpolitik angesagt. Das Land gewährt den 61 ärmsten Kommunen des Landes im Rahmen eines „Stärkungspaktes“ Zuschüsse, die allerdings mit der Auflage verbunden sind, daß der kommunale Haushalt innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen sein muß. Werden die dazu notwendigen Ausgabenkürzungen und Steueranhebungen von den Kommunen nicht „freiwillig“ beschlossen, kann das Land per Dekret einen Aufseher einsetzen, der der betreffenden Kommune die Sparmaßnahmen diktiert. Auf diese Weise sollen die Kommunen in die Lage versetzt werden, mehr Geld an die Banken abzuführen.

Um dies zu erreichen, sehen sich die betroffenen Kommunen zur Anhebung der kommunalen Gebühren und Abgaben gezwungen. Wie der Bund der Steuerzahler erklärte, habe „mehr als jede zweite“ der betroffenen Kommunen die Abwassergebühren erhöht, in 24 dieser Kommunen sei außerdem die Grundsteuer B angehoben worden. Diese Kosten werden von den Hausbesitzern erhoben, die sie dann an die Mieter weiterreichen können. „Die Wohnnebenkosten werden zum Armutsrisiko“, zitierte die Rheinische Post den Landesvorsitzenden des Bunds der Steuerzahler, Heinz Wirz.

Teil des „Stärkungspaktes“ ist offenbar auch der Plan, daß finanziell besser gestellte Kommunen über eine „Solidaritätsumlage“ den finanziell schwächeren Kommunen helfen sollen - ein Thema, das mit Sicherheit für Streit sorgen wird. Die Rheinische Post kommentiert: „Immerhin leisten die ,reichen’ Städte bereits einen Beitrag zum kommunalen Finanzausgleich, indem sie vom Land keine Schlüsselzuweisungen bekommen. Für darüber hinaus gehende millionenschwere Sonderopfer haben die Kämmerer dieser Kommunen sicher kein Verständnis... Es sieht ganz so aus, als ob auch diese Auseinandersetzung vor dem Verfassungsgerichtshof landen wird, der dann ein klärendes Wort zu sprechen hat.“