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Neue Solidarität
Nr. 32, 7. August 2013

„USA verfolgen Politik des nuklearen Erstschlags“

Prominente Kommentatoren warnen, daß die US-Regierung einen nuklearen Erstschlag gegen Rußland und China vorbereitet.

Diesen Vorwurf erhebt der bekannte Kolumnist Paul Craig Roberts in einem Beitrag, der am 25. Juli von OpEd News veröffentlicht wurde.1 Roberts, ein früherer hoher Beamter im Handelsministerium unter US-Präsident Ronald Reagan, warnt, daß die Vereinigten Staaten schon seit der Regierung Bush-Cheney eine Politik des nuklearen Erstschlags verfolgen.

Roberts verweist zunächst auf einen Artikel von Prof. Amitai Etzioni von der George-Washington-Universität im Yale Journal of International Affairs,2 in dem dieser darauf hinwies, daß die Doktrin der Regierung Obama für den Luft-See-Kampf auf Plänen beruht, einen präventiven Nuklearschlag gegen China zu führen.

Roberts erklärt, daß die Vereinigten Staaten China in einem konventionellen Krieg nicht besiegen können, und gibt zu bedenken, daß die Regierung nun eine ursprünglich von Bush stammende Politik verfolgt, die darauf abzielt, die Fähigkeit zu entwickeln, Nuklearschläge führen und überleben zu können, was erstmals im Nuclear Posture Review von 2002 dargelegt wurde.

Roberts zitiert zwei Autoren der Luftwaffe, Keir A. Lieber und Daryl G. Press, die vor kurzem geschrieben hatten, daß die Vereinigten Staaten jetzt in der Lage seien, die russischen und chinesischen nuklearen Vergeltungskräfte durch Präzisionsschläge auszuschalten, und die USA somit einen präventiven thermonuklearen Erstschlag gegen eines oder beide dieser Länder überleben könnten.3 „Da die amerikanische Presse ein korruptes Propaganda-Ministerium der US-Regierung ist“, schreibt Roberts, „hat das amerikanische Volk keine Vorstellung davon, daß das ,neokon-isierte’ Washington einen Nuklearkrieg plant.“

Lyndon LaRouche warnte, nachdem er von Roberts Artikel erfahren hatte, daß der Welt irgendwann zwischen September und Weihnachten dieses Jahres genau solch eine Kraftprobe droht, da man für diesen Zeitraum den Zusammenbruch des transatlantischen Finanzsystems erwartet. Das treibe bestimmte Kreise im anglo-holländischen Empire dazu, einen thermonuklearen Erstschlag ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Dessen Ziel wäre, so LaRouche, nicht China oder Rußland an sich, sondern die Beseitigung von rund 80% der Weltbevölkerung.

Großmanöver des russischen Militärs

Dieser Bedrohung sind sich die führenden Stellen in Moskau und Beijing durchaus bewußt. Vom 13.-20. Juli veranstaltete das russische Militär die größten Manöver seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, und zwar im Fernen Osten, auf der Insel Sachalin sowie in und über dem Pazifischen Ozean. Die Übung zielte darauf ab, die Reaktionsfähigkeit der russischen Streitkräfte im großen Maßstab durchzutesten, und war die vierte einer Serie kurzfristig angesetzter Militärübungen, seitdem General Sergej Schoigu im vergangenen November zum Verteidigungsminister ernannt wurde und begann, den Schaden zu beheben, den sein Vorgänger Anatoli Serdjukow - ein Buchhalter und Steuerspezialist - angerichtet hatte.

Es war klar, daß Manöver dieser Größenordnung große Aufmerksamkeit erregen würden, nicht zuletzt, weil sie unmittelbar auf die großen, gemeinsamen russisch-chinesischen Marinemanöver folgten, die Mitte Juli im Golf Peters des Großen (dem nördlichen Teil des Japanischen Meeres) durchgeführt wurden. Offensichtlich haben der „Asien-Schwerpunkt“ der Regierung Obama sowie die zunehmend militante Rhetorik der japanischen Regierung in Moskau und Beijing das Bewußtsein geschärft, daß die militärische Konfrontation in der Region schon sehr bald sehr ernst werden könnte, und vor allem die russische Führung ist sich völlig im Klaren darüber, daß der russische Ferne Osten sehr verwundbar ist. Durch die zunehmende militärische Zusammenarbeit mit China, insbesondere im Bereich der Marine, und indem es im Fernen Osten seine Muskeln spielen läßt, bereitet sich Rußland darauf vor, seine dortigen souveränen Interessen gegen mögliche Bedrohungen zu verteidigen.

Nach einem Bericht der russischen Militärzeitung Roter Stern wurden bei den Übungen im Fernen Osten auch neue Kommando-, Lenkungs-, Kommunikations-, Computer-, Geheimdienst-, Überwachungs- und Aufklärungskonzepte erprobt, die im Rahmen der Transformation der Streitkräfte durch Schoigu eingeführt worden waren. An dem Manöver waren fünf verschiedene Armeen und sämtliche Waffengattungen beteiligt, mit insgesamt 160.000 Soldaten, mehr als 5000 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen, 70 Schiffen der russischen Pazifikflotte und 130 Militärflugzeugen, darunter auch strategische Bomber vom Typ TU-95 („Bär“), die in der Amur-Region stationiert sind. „Das Hauptziel der Übungen ist es, die Bereitschaft der Einheiten zur Durchführung ihrer Missionen zu erproben, und die Qualität ihrer Ausbildung und ihrer technischen Bereitschaft zu überprüfen“, heißt es dazu in einer Erklärung des Verteidigungsministeriums vom 13. Juli.

Die Militärkommandanten des Fernen Ostens und der Trans-Baikal-Region, wo die Manöver stattfanden, erfuhren von den Gefechtsübungen durch eine geheime Mitteilung des Verteidigungsministers erst, nachdem sie bereits begonnen hatten. Präsident Wladimir Putin, erließ den Einsatzbefehl für das Manöver als Oberkommandierender am 13. Juli von Prochorowka aus, das er anläßlich des 70. Jahrestags der Schlacht von Prochorowka (13-17. Juli 1943) besuchte. Die Schlacht von Prochorowka war mit rund 1000 Panzern eine der größten Panzerschlachten aller Zeiten und ein wichtiger Wendepunkt im Verlauf der sowjetischen Gegenoffensive gegen das deutsche „Unternehmen Zitadelle“, der letzten großen Angriffsoperation der Wehrmacht  an der Ostfront im Zweiten Weltkrieg.

Zu der Übung wurden neben den ständig in der Region stationierten Einheiten auch Truppen aus dem Zentralen Militärbezirk eingesetzt, rund 3000 km entfernt von ihrem normalen Einsatzgebiet; den Transport dieser Einheiten besorgten rund 700 Tieflader und 50 Eisenbahn-Waggons. Dabei wurde auch die Fähigkeit der Streitkräfte geübt, sich in ungewohntem Gelände zu bewegen. Die Bodentruppen hatten zwei Tage Zeit, um ihre Ziele zu erreichen, ihre Lager anzulegen, zu tarnen und Verteidigungsstrategien zu entwickeln. Abweichend von der normalen Praxis, die Szenarien für das Manöver bis ins letzte Detail im Voraus festzulegen, wurden die Offiziere, wie der russische Fernsehsender Kanal 1 berichtete, angewiesen, sich in die Einsatzräume zu begeben, dort die Lage festzustellen und dann zu entscheiden, was als nächstes getan werden müsse.

Der Transfer wurde von den Luftstreitkräften abgesichert, wobei Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-27 den Übergang zur Insel Sachalin deckten und die Schiffe der Pazifikflotte schützten, die ebenfalls bei der Übung zum Einsatz kam. Die Pazifikflotte wurde in sechs Kampfgruppen unterteilt, die U-Boot-Abwehr-, Such- und Rettungsoperationen im Ochotskischen Meer durchführten. Generalstabschef Walerij Gerassimow reiste zum Hauptquartier des 68. Armeekorps auf Sachalin, um die Übung zu leiten.

Test der Einsatzbereitschaft und neuer Technologien

Das Manöver war auch ein wichtiger Test für die neuen Kommando-, Lenkungs-, Kommunikations-, Computer, Geheimdienst-, Überwachungs- und Aufklärungskonzepte. Putin beobachtete die Manöver im Fernen Osten - zunächst von einer Kommandostation auf Sachalin und dann vom Hauptquartier der Transbaikal-Region in Ugol bei Tschita. Diese Kommandostationen erhielten durch den Einsatz von Drohnen Realzeit-Informationen über den Fortgang des Manövers, bei dem Militärkräfte in 17 verschiedenen militärischen Übungsgebieten koordiniert werden mußten. Ein ähnlicher Test der Kommunikationssysteme wurde schon im Frühjahr während der kurzfristig angesetzten Marinemanöver im Mittelmeer durchgeführt, an denen Einheiten der Schwarzmeerflotte und der Nordflotte beteiligt waren.

In seinen Erklärungen am Ende des Manövers betonte der russische Präsident die Rolle der militärischen Transporteinheiten bei der Bewegung von Truppen und Gerät per Flugzeug und Eisenbahn. Die Lufttransportdienste transportierten mehr als 10.000 Soldaten, 482 militärische und technische Einheiten und mehr als 930 t Ausrüstung und setzten dafür 28 militärische Transportflugzeuge ein, die in Orenburg, Taganrog, Pskow und Twer stationiert sind und mehr als 50 Missionen durchführten. Die Schiffe der Marine legten insgesamt mehr als 1500 km zurück; es wurden 142 t Proviant für die Truppen transportiert, darunter 24 t heiße Mahlzeiten.

Verteidigungsminister Schoigu hat die militärischen Unterstützungsoperationen wieder in die uniformierten Streitkräfte eingegliedert. Unter Serdjukow waren die unterstützenden Funktionen, wie z.B. die Verpflegung, an zivile Firmen ausgelagert worden. Das mag für eine Armee in Friedenszeiten angemessen sein, aber nicht, wenn man sich auf einen Krieg vorbereitet.

Bei dem Manöver wurde auch das Verhalten unter den Bedingungen des Einsatzes von ABC-Waffen (atomare, biologische, chemische Waffen) geübt. Den Abschluß des Manövers bildeten Artillerieübungen der Marine an der russischen Küste im Ochotskischen Meer und am Japanischen Meer, sowie Landungsoperationen mit amphibischen Fahrzeugen.

Im Verlauf des Manövers begegneten russische Flugzeuge auch japanischen und südkoreanischen Flugzeugen, die in der Nähe flogen, aber das Manöver fand ausschließlich in russischen und internationalen Gewässern statt. Die Durchführung von Manövern in einem so großen Bereich des russischen Fernen Ostens ist eine klare Botschaft, daß Rußland bereit und in der Lage ist, sein gesamtes Territorium zu verteidigen.

Putin nutzte auch die Gelegenheit, nochmals seinen dringenden Wunsch hervorzuheben, daß die Entwicklungspläne für den russischen Fernen Osten vorangetrieben werden. Er veranstaltete auch eine Konferenz mit Vertretern von Sachalin und des übrigen Fernen Ostens, um sie wegen des langsamen Tempos der Umsetzung der Pläne, die im Bundeshaushalt bewilligt wurden, zur Rede zu stellen. Die Tatsache, daß das russische Militär in der Lage war, in einem so großen Bereich der immer noch äußerst dünn besiedelten Fernost-Region Manöver durchzuführen, zeigt die Entschlossenheit, sie als integralen Bestandteil des Landes zu erhalten. Putin machte jedoch sowohl auf Sachalin als auch in der Transbaikal-Region gegenüber seinen jeweiligen Gesprächspartnern deutlich, daß er der Ansicht ist, daß die Region eine viel intensivere wirtschaftliche Entwicklung braucht.

wj


Anmerkungen

1. Paul Craig Roberts, The Two Faux Democracies Threaten Life On Earth, siehe http://paulcraigroberts.org

2. Amitai Etzioni, “Who Authorized Preparations for War with China?”, Yale Journal of International Affairs,
http://yalejournal.org/wp-content/uploads/2013/06/YJIA-SUMMER-VOL8-ISSUE2-FINAL-A5-Etzioni-Copy.pdf

3. Keir A. Lieber und Daryl G. Press, “The New Era of Nuclear Weapons, Deterrence, and Conflict”, Strategic Studies Quarterly, www.au.af.mil/au/ssq/fullarticle.asp?id=26