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Neue Solidarität
Nr. 32, 7. August 2013

Bald ein Referendum über Trennbanken in der Schweiz?

Schweiz. Nach dem Scheitern des Versuchs, in der Schweiz ein Trennbankengesetz im Parlament durchzusetzen, gibt es nun Anläufe zu einer Volksinitiative.

Die Schweiz könnte bald ein Trennbankensystem per Volksinitiative einführen. Die Sozialistische Partei untersucht momentan die Möglichkeit eines Volksbegehrens und hat die SVP eingeladen, die Initiative zu unterstützen. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen, und deshalb ist es wichtig, daß Wähler- und Bürgerinitiativen in der Schweiz weiter Druck von der Basis ausüben.

Die SP-Initiative wurde in einer Konferenz in Bern am 17. Juni von Nationalrat Corrado Pardini vorgestellt, der erklärte:

Pardinis Initiative wurde am 19. Juni auch im Schweizerischen Parlament angesprochen, inmitten einer Debatte über eine andere Frage. Darin kritisierte der Gründer der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Christoph Blocher, mit Recht, die SP habe in der letzten Debatte über die „Too-big-to-fail“-Banken einen Rückzieher gemacht und deshalb sei das Trennbankengesetz durchgefallen.

Die Fraktionssprecherin der SP, Susanne Leutenegger-Oberholzer, antwortete aber hierauf, die SP habe „das Projekt der Trennbanken nicht aufgegeben... Eine Gruppe um Herrn Pardini hat jetzt eine Banken-Initiative vorgestellt, die in Richtung Trennbanken geht. Wird sie im Rahmen der SP lanciert, sind Sie herzlich eingeladen, sie mitzuunterstützen.“

In der Schweiz sind Volksentscheide Teil der Gesetzgebung, sie werden über verschiedenste Fragen durchgeführt - sowohl, um bestehende Gesetze aufzuheben, als auch, um neue Vorschriften einzuführen. Erst kürzlich wurde z.B. durch ein nationales Referendum eine Begrenzung der Manager-Gehälter eingeführt. Deshalb würde es, falls tatsächlich ein Volksbegehren über Trennbanken angesagt wird und die Ja-Stimmen gewinnen, sofort geltendes Gesetz - mit unmittelbaren Folgen für die „systemrelevanten“ Schweizer Banken, d.h. für die ganze Welt. Es ist daher anzunehmen, daß solche Finanzinteressen ihre Druckmittel auf die Politiker ausspielen werden, um zu verhindern, daß ein Referendum stattfindet. Deshalb müssen die Bürger weiter Druck machen. Sollten die Politiker nochmals scheitern, sind Bürgerinitiativen wie die Impulswelle-Gruppe, bereit, selbst ein Referendum zu organisieren.

Regierung nimmt Stellung zur „Impulswelle“-Kampagne

Wie wir berichteten, hat die Gruppe „Impulswelle Zürich“ in der Schweiz eine Kampagne zur Ablehnung des sogenannten „Zypernmodells“, d.h. des „Bail-in“-Mechanismus (Bankenrettung durch Einbeziehung der Sparkonten), und für die Einführung eines Trennbankensystems genau nach dem Vorbild des amerikanischen Glass-Steagall-Gesetzes gestartet.

Am 17. Juli hat die schweizerische Regierung durch einen Brief von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zu der Impulswelle-Kampagne Stellung genommen. In ihrem Brief weist Frau Widmer-Schlumpf den Vorwurf der „Enteignung“ der Sparer zurück und behauptet, daß „das Ziel einer Banksanierung“ nach dem Bail-in-Konzept „darin besteht, die Gläubiger der Bank besser zu stellen, als in deren Konkurs. Je nach der Lage der Bank kann es - wie bei jedem anderen Unternehmen auch - notwendig sein, daß die Gläubiger zur Sanierung einen Beitrag leisten. Müssen Kapitalmaßnahmen im Rahmen eines Sanierungsplans ergriffen werden, haben die Interessen der Gläubiger aber stets Vorrang vor denjenigen der Eigner.“

Weiter schreibt die Finanzministerin: „Einlagen dürfen erst herbeigezogen werden, wenn alle Forderungen in neues Gesellschaftskapital umgewandelt wurden. Zudem sind Kundeneinlagen innerhalb der durch den Einlegerschutz erfaßten Limite von 100.000 Schweizer Franken pro Einleger von der Umwandlung ausgenommen. Mit dieser Regelung wird unter anderem die ,Enteignung’ von Kleinsparern im Falle einer Bankensanierung vermieden“.

Die Finanzministerin lehnt weiter die Trennung der Banken nach dem Vorbild des Glass-Steagall-Gesetzes ab, da dies „von der seinerzeitigen ,Expertenkommission zur Limitierung von volkswirtschaftlichen Risiken durch Großunternehmen’ geprüft und auch im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur Änderung des Bankengesetzes (,Too Big to fail’) diskutiert“ worden sei. Diese Expertenkommission habe eine Trennung als problematisch erachtet, „anderseits befürchtete sie eine Auslagerung dieses Geschäfts ,in systemisch relevantem Umfang’ in weniger regulierte Sektoren.“

Zum Schluß ihrer Antwort schießt Frau Widmer-Schlumpf dann ein Eigentor, mit dem Argument, „daß Lehman Brothers eine reine Investmentbank war. Dennoch weitete ihr Konkurs 2008 die Finanzkrise in einem für die gesamte Finanzwirtschaft bedrohlichen Ausmaß aus.“

Die Ausflüchte der Regierung sind leicht zu widerlegen. Erstens ist zur Rangfolge der „Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital“ festzustellen, daß diese Regulierung ja nicht im leeren Raum geschieht, sondern in einer globalen Finanzlage, in der alle Experten sich darüber einig sind, daß die Großbanken seit Anfang der Krise 2007-2008 durch die falsche Bewertung ihrer Assets riesige Verluste versteckt haben. Deshalb werden genau diese Assets einen „Haircut“ von mindestens 2.500 Milliarden erleiden müssen. Zusätzlich muß man bedenken, daß momentan im Rahmen einer vorgesehenen (oder sogar geplanten) gigantischen „Bankensanierung“ Regulierungen in ganz Europa vorbereitet werden. Und die neuen sogenannten Bail-In-Gesetze sind ganz und gar nicht gedacht als „Schutz des Kleinanlegers“ im angeblich „unwahrscheinlichen“ Fall einer Bankpleite, sondern sollen dafür sorgen, daß die Banken auf Kosten der Kundenguthaben „saniert“ werden - eine riesige Enteignung. Dabei ist noch sehr die Frage, ob die „Kleinanleger“ im Ernstfall - d.h. wenn die Krise tatsächlich aufbricht - wirklich geschützt werden.

Der Planer dieser Regulierungen und „Sanierungen“ ist der Privatsektor selber, d.h. die Großbanken, die ihre Absichten sehr deutlich gemacht haben: Ziel der Regulierungen ist „die Erhaltung des Systems“ und ganz klar nicht „der Schutz der Anleger“. Darüber hinaus werden - wie die öffentlichen Akten der EU-Kommission beweisen - die neuen Regelungen sogar die Risikogeschäfte (Derivatgeschäfte) 100-prozentig schützen, indem sie sie aus dem Bail-in heraushalten. Das ist eine „Kopernikanische Revolution“ (oder besser „Involution“) im Bankenwesen!

Natürlich überrascht es nicht, daß die von der Finanzministerin erwähnte „Expertenkommission“ gegen die Einführung von Glass-Steagall plädiert. Denn Mitglieder der Kommission waren außer Vertretern der Behörden und zwei Professoren ausschließlich Vertreter der Großbanken und Versicherungen. Die Meinung einer solchen „Expertenkommission“ ist schlicht einseitig und wenig vertrauenfördernd.

Inhaltlich sind die Argumente der Regierung inkonsistent. Zur befürchteten „Auslagerung der Finanzinvestitionsgeschäfte ,in systemisch relevantem Umfang’ in ,wenig regulierte Sektoren’“ ist zu sagen, daß die Schweiz jetzt entscheiden muß, ob sie ein Platz für langfristige, produktive und sichere Kapitalanlagen sein will - oder eben für kurzfristige, hochriskante Finanzinvestitionen.

Außerdem hat die FINMA-Regelung bereits Unsicherheit verbreitet und kann einen regelrechten Banken-Run verursachen. Ausländische Kapitalanleger werden den Schweizer Banken in Zukunft nicht mehr ihr Geld anvertrauen, wenn ihre Anlagen nicht wirklich sicher sind. Darüber hinaus werden die Schweizer Bürger selbst ihr Geld aus den Banken herausholen, da das Vertrauen in das Bankensystem durch die neue Regelung unterminiert ist.

Es ist kein Nachteil, sondern ein Vorteil, wenn Spekulationsgeschäfte und das damit verbundene Finanzrisiko die Schweiz verlassen zugunsten „wenig regulierter Sektoren“. Damit verliert die Schweiz bloß Scheingewinne, die am Ende nur Schulden verursachen.

Eine solche Verlagerung stellt übrigens kein Systemrisiko dar, denn nach dem Trennbankenprinzip wird ja das System in zwei Teile getrennt. Mit anderen Worten, das abgetrennte Geschäftsbanksystem wird völlig isoliert und geschützt von Ereignissen in „wenig regulierten Sektoren“.

Die Anführung des Beispiels Lehman Brothers läßt vermuten, daß Frau Widmer-Schlumpf genauso wie viele andere Finanz- und Wirtschaftsexperten, die wir kontaktiert und über die Bedeutung des echten Glass-Steagall-Trennbankensystems informiert haben, sich selber nie eingehend mit diesem historischen System vertraut gemacht hat. Denn gerade das Beispiel Lehman Brothers zeigt, daß man die Insolvenz von Lehman und eventuell anderer Investmentbanken problemlos verkraftet hätte, ohne Hunderte von Milliarden Steuergelder zu verpfänden bzw. ohne eine regelrechte Spargeldenteignung durchzudrücken, wie es jetzt geplant ist, wenn das Trennbankensystem 2008 bereits etabliert gewesen wäre.

Die Gruppe „Impulswelle Zürich“ verfaßt derzeit eine offizielle Antwort zu dem Brief der Finanzministerin, die sie dann außer an den Bundesrat auch an alle ihre Kontakte, Parlamentarier und Bankkontakte zirkulieren will.

Claudio Celani