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Neue Solidarität
Nr. 51, 18. Dezember 2013

Umtriebe des Westens zielen auf Machtprobe mit Rußland

Von Rachel Douglas

Die vom Westen unterstützten Netzwerke in der Ukraine arbeiten auf einen Bürgerkrieg hin. Das strategische Ziel dabei ist, Rußland zu schwächen.

Die gegenwärtigen Ereignisse in der Ukraine zeigen, daß die Außenpolitik der USA, der Briten und der EU auf einem gefährlichen und völlig verrückten Kurs ist: Offenbar wollen einige westliche Fraktionen, die frustriert sind, weil es ihnen vor drei Monaten nicht gelungen war, ein Bombardement Syriens und in der Folge davon einen großen internationalen Krieg anzuzetteln, nun die Ukraine als Hebel für eine direkte Machtprobe mit Rußland benutzen.

Seit die ukrainische Regierung am 21. November entschied, die barbarischen Bedingungen für die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit der EU abzulehnen, haben sich die in- und ausländischen Angriffe auf Präsident Viktor Janukowitsch und Regierungschef Mykola Asarow massiv ausgeweitet.

Einer der ausländischen Agitatoren auf der politischen Szene der Ukraine, der Deutsche Dr. Andreas Umland, schrieb am 5. Dezember in Le Monde Diplomatique, in der Ukraine lauere ein Bürgerkrieg, und machte Rußland dafür verantwortlich. Die EU und USA sollten Rußland erpressen: „Der Westen sollte der russischen Führung sehr schnell klar machen, welche wirtschaftlichen, finanziellen, politischen und diplomatischen Folgen eine russische Strangulierung der ukrainischen Wirtschaft für Moskau hätte.“ Er bezog sich damit auf Rußlands Ankündigung, Schutzmaßnahmen für seine Wirtschaft einzuführen, falls die Ukraine das Freihandelsabkommens abschließt.

Das Sprachrohr der Londoner City, der Economist, titelte am 7. Dezember: „Die Lage in der Ukraine ist labil und gefährlich: Der Westen muß handeln.“ Die Konfrontation in Kiew werde „nicht friedlich enden“, hieß es dort, das Land werde zunehmend unregierbar werden. Janukowitsch solle seinen Premierminister entlassen und eine Koalitionsregierung mit der Opposition bilden. „Der Westen sollte sicherstellen, daß jede weitere Gewalt einen hohen Preis hätte... Die Gesandten der EU sollten an den Barrikaden stehen und den Schlägern entgegentreten - nicht, um irgendwelche Politiker zu unterstützen, sondern für die Sache des friedlichen Protests. Und die Europäer sollten Herrn Janukowitsch und seinen Handlangern deutlich machen, daß sie im Fall einer Eskalation dort bestraft würden, wo es wehtut - durch Reiseverbote und das Einfrieren von Besitz und Konten.“

Bundespräsident Joachim Gauck preschte mit einer persönlichen Aktion vor und kündigte an, wegen des „Demokratiedefizits“ in Rußland nicht zu den Olympischen Winterspielen im Februar nach Sotschi zu reisen. Viele deutsche Medienkommentatoren riefen die deutschen Sportler auf, ebenfalls nicht nach Sotschi zu fahren, oder forderten sogar einen kompletten westlichen Boykott der Winterspiele.

In Kiew gehen die EU-freundlichen Parteien auf die Straße, um den Sturz der Regierung und von Janukowitsch zu fordern. Ein Mißtrauensvotum der Opposition in der Obersten Rada, dem Parlament der Ukraine, scheiterte - es fehlten 40 Stimmen -, aber die Opposition eskaliert weiter. Der Vorsitzende der „Vaterlandspartei“ (Batkiwschtschyna) der inhaftierten früheren Premierministerin Julia Timoschenko, Arseni Jazenjuk, verkündete das Ziel, Janukowitsch trotz der gescheiterten Abstimmung zu zwingen, die Regierung zu entlassen und Neuwahlen für das Parlament und das Präsidentenamt anzusetzen. Die Lage in der Stadt ist angespannt.

Auffällig ist die ungeheuerliche, schamlose Einmischung westlicher Diplomaten, EU-Vertreter und anderer in die inneren Angelegenheiten der Ukraine. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief Präsident Janukowitsch an, „um die Notwendigkeit einer politischen Lösung für die gegenwärtigen Spannungen durch einen Dialog mit der Opposition und der Zivilgesellschaft zu betonen“, wie die Kommission verlauten ließ. Die EU-„Außenministerin“, die britische Aristokratin Lady Ashton fuhr nach Kiew, um „einen Ausweg aus der politischen Krise zu unterstützen“, sprich sich direkt einzumischen.

Mehrere westliche Vertreter gehen sogar noch über die Forderung nach einer „Koalitionsregierung“ hinaus und behandeln die Oppositionsparteien, als wären sie schon die neuen Machthaber - einige Ukrainer sprechen hier von einem „libyschen Szenario“. Dies hat sich verstärkt, seit Janukowitsch am 6. Dezember auf der Rückreise von seinen erfolgreichen Wirtschaftsgesprächen in China mit dem russischen Präsidenten Putin zusammentraf, um das wichtige Treffen der russisch-ukrainischen Regierungskommission am 17. Dezember vorzubereiten, und er Verhandlungen zur Lösung der Krise anbot, an denen seine drei Vorgänger im Präsidentenamt (seit der Unabhängigkeit der Ukraine) sowie Vertreter von Regierung und Opposition teilnehmen sollten.

Die für Europa und Eurasien zuständige Staatssekretärin im US-Außenministerium, Victoria Nuland, fuhr am 10. Dezember zum zweitenmal innerhalb einer Woche nach Kiew und traf sich zuerst mit Oppositionsführern und erst später mit dem Präsidenten. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius lud den Oppositionspolitiker Wladimir Klitschko nach Frankreich ein und beharrte weiter auf dem Freihandelsabkommen: „Wir sind für die Unterzeichnung des Assoziationsabkommens zwischen der Ukraine und der EU. Wenn Präsident Janukowitsch das nicht will, dann müssen das jetzt die Ukrainer selbst entscheiden.“

Am 13. Dezember berichtete Stimme Rußlands, die EU habe Klitschko auf Initiative von Bundeskanzlerin Merkel hin parallel zum EU-Gipfel am 19.-20. Dezember nach Brüssel eingeladen, und Merkel wolle sich dann auch persönlich mit ihm treffen.

Die beiden Initiatoren der Östlichen Partnerschaft der EU mit der Ukraine und anderen Staaten, die Außenminister Schwedens Carl Bildt und Polens Radek Sikorski, bedrängen laut der polnischen Zeitung Rzeczpospolita die Regierung in Kiew, gemeinsam mit den Oppositionsparteien einen Rat für Euro-Integration und Reform zu gründen. Das Gremium soll den Ukrainern die drakonische Sparpolitik des IWF schmackhaft machen, um den Weg für das Freihandelsabkommen mit der EU doch noch freizumachen. Doch sogar Sikorski räumte am 8. Dezember ein, wenn die EU Janukowitschs Entscheidungen als illegitim behandele, könne das „undemokratisch“ erscheinen.

Rassistische Schläger für Freihandel und „Demokratie“

Wir haben in der Vergangenheit schon Einzelheiten über die westliche Umsturzpolitik in Rußland und der Ukraine berichtet (siehe „Das bankrotte Empire betreibt weiterhin Putins Sturz“, Neue Solidarität 5/12, „Botschafter McFaul und die Demokratie à la Oxford“, Neue Solidarität 7/12 „Ukraine: Eine postmoderne Revolution“, Neue Solidarität 51/04 und 1/05). Bei den Aktivitäten der „Nichtregierungsorganisationen“ (NGO) in der Ukraine in der Zeit seit der vom Spekulanten George Soros geförderten „Orangen Revolution“ Ende 2004 gibt es einige unheilvolle neue Elemente.

Die EU organisierte Ende 2008 ihr Projekt der Östlichen Partnerschaft, um die Ukraine und fünf weitere frühere Sowjetrepubliken unter das Freihandelsdiktat der „Troika“ (EU-EZB-IWF) zu bringen - eben das System der wirtschaftlichen Ausschlachtung, das die ukrainische Regierung nun zurückgewiesen hat. Die Initiative der Östlichen Partnerschaft begann, kurz nachdem Rußland den Militärangriff Georgiens auf Südossetien zurückgeschlagen hatte. (Der für diesen Angriff verantwortliche damalige georgische Präsident Michael Saakaschwili ist nun in Kiew aufgetaucht und unterstützt die Oppositionsdemonstrationen.) Von Anfang an war die Östliche Partnerschaft der EU-Kommission mit NGO-Aktivitäten in den betroffenen Ländern gekoppelt. Ein „Forum der Zivilgesellschaft für die Östliche Partnerschaft“ dient dabei der Koordination.

In der Ukraine gibt es 2200 (!) aus dem Ausland finanzierte NGOs. Dabei hat die Internationale Renaissance Stiftung (IRF) des Megaspekulanten George Soros besondere Energie entfaltet, um eine neue Generation einsetzbarer politischer Kräfte aufzubauen. In Deutschland hat die IRF dafür Unterstützung durch das Projekt „Kiewer Gespräche“ geschaffen. Der IRF-Projektmanager Michailo Banach gehört zu den Förderern des früheren Boxweltmeisters Vitali Klitschko, der viele Jahre in Deutschland gelebt hat, aber nun als Vorsitzender der Partei UDAR („Schlag“) in Kiew im Parlament sitzt und bei den Straßendemonstrationen eine führende Rolle einnimmt. Klitschko, auch bekannt als der erste Schwergewichtsboxer mit einem Doktortitel, hat Ambitionen, ukrainischer Präsident werden. Banach arbeitet eng mit dem deutschen Akademiker Andreas Umland zusammen, der keinen Hehl daraus macht, daß er in der Krise in der Ukraine die Gelegenheit für eine Konfrontation mit Rußland sieht.

Unterstützer der Menschenrechte, die die Demonstranten in Kiew als „pro-europäische Kräfte“ bejubeln, sollten sich klarmachen, daß unter den Massen, die sich jetzt versammeln, der Anteil von Neonazis immer lautstärker und aktiver wird.

Einer der wichtigsten Anführer der Demonstrationen ist der Chef der rechtsradikalen Partei Swoboda (die früher „Sozialistisch-Nationale“ Bewegung hieß), Oleg Tjagnibok. Er tritt Seite an Seite mit Klitschko und Jazenjuk auf und läßt sich von der Vertreterin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, empfangen. Tjagnibok greift die ukrainische Regierung als „jüdisch-russische“-Diktatur an und ist für rassistische Hetzreden bekannt.

Am 4. Dezember wies die linke deutsche Webseite Telepolis darauf hin, daß auf den Straßen Kiews zunehmend extreme Nationalisten und Faschisten auftauchen. Diese seien auch in den gewalttätigen Zwischenfall mit der Bereitschaftspolizei am 31. November und 1. Dezember, der die politische Krise anfachte, verwickelt gewesen. Telepolis berichtete, die Randalierer hätten die Polizei mit schweren Ketten attackiert und viele von ihnen hätten nicht bloß Gesichtsmasken, sondern sogar schußsichere Westen und Gasmasken getragen.

Das ukrainische Innenministerium macht Tjagniboks Partei Swoboda und eine Gruppe namens Braztwo dafür verantwortlich, die Kämpfe ausgelöst zu haben, bei denen viele Studenten zusammengeschlagen wurden. Braztwo, zu deutsch Die Bruderschaft, wurde 1999 von Dmitro Kortschinski gegründet und entstand aus paramilitärischen Teilen der Gruppen Ukrainische Nationale Selbstverteidigung (UNSO) und Ukrainische Nationalversammlung (UNA). Sie verfügen über Kampferfahrung aus drei Kriegen: Transnistrien 1992-94, Tschetschenien Mitte der 90er Jahre auf Seiten der Aufständischen sowie auf der Seite Georgiens gegen Rußland in Abchasien 2008.

Swoboda-Mitglieder provozieren offenbar gezielt gewalttätige Eskalationen der Demonstrationen. Am 8. Dezember erklärte sich die Organisation verantwortlich für den Abriß einer Lenin-Statue aus sowjetischen Zeiten in Kiew. An ihrer Stelle pflanzten sie die EU-Fahne und das rot-schwarze Banner des radikalen ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera auf, der im Zweiten Weltkrieg auf deutscher Seite kämpfte und Massenmorde anführte. Swoboda-Kader organisierten der Kiewer Zeitung Serkalo Nedeli (SN) zufolge an dem Tag auch die Errichtung von Straßensperren an Zufahrtswegen zu Regierungsgebäuden. Als die Polizei die Barrikaden am nächsten Tag räumte, kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit jungen Demonstranten.

Mitglieder der Kommunistischen Partei in Kiew drückten gegenüber Kontakten im Ausland ihre Sorge aus, daß ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet sei. Der Leiter der Bewegung „Unabhängige Studentenrepublik“, Pawlo Wiknjanski, veröffentlichte eine Erklärung, in der er anprangerte, die Studenten würden in dieser Auseinandersetzung als „Kanonenfutter“ verheizt.

Strafverfahren und düstere Warnungen

SN berichtete auch über eine Mitteilung des Ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU, gegen namentlich nicht genannte Politiker sei ein Strafverfahren wegen „Putschversuchs“ eingeleitet worden. Unabhängig davon warf der stellvertretende Vorsitzende der regierenden „Partei der Regionen“ Alexander Jefremow laut Interfax-Ukraine dem Batkiwschtschina-Abgeordneten Alexander Turtschinow vor, „die Menschen zu bewaffneten Aktionen anzustacheln“. Turtschinow sei sich im klaren darüber, welche Konsequenzen das haben könne, und daher sei jedes weitere derartige Vorgehen „seinem Wesen nach kriminell“.

Am 8. Dezember brachte Wremja Nedeli, der wöchentliche Nachrichtenrückblick im größten russischen Fernsehsender Kanal 1, einen Beitrag über die Gefahr eines Bürgerkriegs in der Ukraine. Darin erklärte eingangs der frühere SBU-Leiter Igor Smeschkos, solange es keine „einigende nationale Idee“ gebe, könne die Ukraine die Streitigkeiten zwischen den beiden Landeshälften - dem eher russisch orientieren Osten und eher europäisch orientierten Westen - nicht lösen.

Kanal 1 brachte dann Interviews mit serbischen Professoren und Politikern, die die Lage in der Ukraine mit dem von der EU und der NATO unterstützten Regimewechsel in Serbien 2000 verglichen. Einer von ihnen argumentierte, für den Westen sei vor allem eine militärstrategische Frage, die Ukraine „nach Europa zu holen“. Weiter wurde berichtet, wie Kollegen des in Oxford ausgebildeten Kleinkriegsspezialisten und Harvard-Professors Gene Sharp an der Ausbildung der serbischen Gruppe OTPOR beteiligt waren, die dann half, die „Orange Revolution“ 2006 anzuzetteln. Die Botschaft der Sendung war ganz klar, daß der Westen sich in der Ukraine einmischt, um die bestehenden Reibungen in der dortigen Gesellschaft für sich auszunützen.

Wremja Nedeli brachte auch einen Ausschnitt aus einer Rede des ukrainischen Abgeordneten Oleg Zarjow von der regierenden Partei der Regionen am 21. November. Er warf darin der US-Botschaft vor, Kräfte zu fördern und zu unterstützen, die einen Bürgerkrieg in der Ukraine wollen. Der Reporter berichtete, das US-Außenministerium habe gerade erst bekanntgegeben, daß die USA im letzten Jahr 100 Mio. $ ausgegeben haben, um die Ukraine bei der Vorbereitung auf die Integration nach Europa zu unterstützen.

Die Kanal 1-Sendung schloß mit Aufnahmen Victoria Nulands bei einem Treffen der OSZE in Kiew Anfang Dezember, in der sie die Proteste der Demonstranten und der EU gegen die Entscheidung der gewählten Regierung, das Freihandelsabkommen zu stoppen, offen unterstützte. Nuland sagte: „Es sollte keinen Zweifel geben, wo die Vereinigten Staaten in dieser Frage stehen. Wir stehen auf Seiten der Menschen in der Ukraine, die ihre Zukunft in Europa sehen und die sehen wollen, daß ihr Land aus dem wirtschaftlichen Chaos wieder herauskommt.“ Der Moderator kommentierte, Nulands Intervention habe selbst den Auftritt des deutschen Außenministers Guido Westerwelle und der polnischen Abgeordneten, die mit den Oppositionsparteien in Kiew mitmarschierten, noch in den Schatten gestellt.