|
|
Buchbesprechung. Brandon Webb und Jack Murphy, „Benghazi: The Definitive Report“, Verlag William Morrow, New York, Februar 2013, 80 Seiten.
Ein früherer Ranger der US Army, Jack Murphy, und ein früherer Soldat der Sondereinsatzkräfte der US-Marine, Brandon Webb, haben ein aktuelles elektronisches Buch verfaßt, dem trotz gewisser Schwächen das große Verdienst zukommt, darüber aufzuklären, daß der von Präsident Obama als CIA-Direktor nominierte John Brennan mit Obamas Segen das geheime Tötungsprogramm der US-Regierung leitet und daß Brennan damit letztendlich verantwortlich dafür ist, daß im letzten September US-Botschafter Christ Stevens und drei weitere Amerikaner in Libyen ermordet wurden.
Die Autoren machen zwar Obama nicht für Brennans Taten verantwortlich, obwohl Obama sie genehmigte, und sie gehen auch nicht näher auf die konkrete Rolle der Libyschen Islamischen Kampfgruppe bei der Durchführung des Angriffs auf das US-Konsulat in Bengasi ein. Aber sie legen Fakten vor, die dazu beitragen können, Brennans Ernennung zu blockieren und ein Absetzungsverfahren gegen Präsident Obama in Gang zu bringen.
Im ersten Kapitel des Buchs mit der Überschrift „Das libysche Pulverfaß“ beschreiben die Autoren die Libysche Islamische Kampfgruppe, deren Mitglieder häufig mit äußerst radikalen religiösen Ideen „wie dem ursprünglich aus Saudi-Arabien stammenden wahabitischen Islam“ aus Afghanistan zurückkehrten. Sie weisen auch darauf hin, daß die im Verhältnis zur Bevölkerung relativ größte Anzahl von Al-Kaida-Kämpfern gegen die USA im Irak aus Libyen und speziell den Regionen Bengasi und Derna stammte. Diese beiden Städte seien die traditionelle Heimat der „Libyschen Kampfgruppe“.
Botschafter Stevens war dies bewußt, seit er 2007-09 als Vizechef der US-Vertretung in Libyen stationiert war. Und Stevens erkannte auch die Gefahr, die mit dem Projekt des Sturzes von Staatschef Gaddafi verbunden war. Sie schreiben:
„Stevens sprach von den Schwierigkeiten im Verhältnis zu Gaddafi in Bezug auf regionale afrikanische Fragen, sagte aber unverhohlen zu General Ward [dem Kommandeur des Afrika-Kommandos AFRICOM vor seiner Absetzung durch Obama] und Außenministerin [Condoleezza] Rice, Gaddafi sei ein enger Verbündeter im Kampf gegen den Terrorismus. Er betonte wiederholt, Gaddafi fürchte, daß ein Terror-Gürtel entstehen könne, der sich im Sahel von der Südgrenze Mauretaniens bis zum Sudan erstrecken würde, und sei stolz darauf, daß er die Tuareg im Süden dazu bewogen hatte, als Gegenleistung für wirtschaftliche Anreize den Schmuggel von Waffen und Terroristen durch die Wüste einzustellen. Stevens machte deutlich, daß die libyschen Sicherheitsdienste die Bedrohung durch die Libysche Kampfgruppe und Al-Kaida im Islamischen Maghreb sehr ernst nahmen. Solange Gaddafi an der Macht war, wurden diese Elemente im Innern vom Diktator in Schach gehalten.“
Die Autoren betonen auch, daß Stevens gegen die Politik war, die Brennan hinter seinem Rücken verfolgte:
„Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Vereinigten Staaten große Waffentransfers aus Libyen an die Rebellen in Syrien fördern oder wenigstens zulassen, es ist aber unwahrscheinlich, daß Stevens an diesen Aktivitäten beteiligt war, weil sie nicht in die Zuständigkeit eines Beamten des Außenministeriums fallen. Außerdem war Botschafter Stevens anderer Meinung als der Terrorberater des Weißen Hauses, John Brennan, was unilaterale Militäraktionen anging, denn Stevens betrachtete sie als kontraproduktiv für seine Mission in Libyen... Stevens half wahrscheinlich dabei, nach dem Krieg so viele Waffen wie möglich einzusammeln, um sie sicherzustellen - worauf Brennan sie ins Ausland exportierte, um damit einen weiteren Konflikt anzufangen.“
Die Autoren schreiben: „Hinter verschlossenen Türen gab Präsident Obama seinem Antiterrorismus-Berater John Brennan freie Hand für dessen Operationen in Nordafrika und im Nahen Osten... 2012 war in ganz Nordafrika ein geheimer Krieg im Gang... Mit dem [Gemeinsamen Sondereinsatzkommando] JSOC betrieb Brennan seine unilateralen Operationen in Nordafrika unter Umgehung der traditionellen Kommandostruktur.“ Die Operationen liefen rein „inoffiziell“.
„Irgendwann vor September 2012 wurde dieses Element des JSOC von Brennan angewiesen, auch in Libyen tätig zu werden. Die Operation richtete sich gegen einen hochrangigen Al-Kaida-Mann, dessen Name hier aus Rücksicht auf die Sicherheit der Operationen nicht genannt wird.“
Die These der Autoren ist, daß das Kommando „sich in den Wochen vor der Bengasi-Tragödie höchstwahrscheinlich einen bekannten Mitstreiter Al-Suris vornahm, um diesen aus dem Untergrund herauszulocken und seine Sichtbarkeit zu vergrößern, sodaß es dem JSOC möglich würde, ihn in einer gezielten Aktion zu töten oder gefangenzunehmen“.
Die Autoren bleiben in Bezug auf das Ziel dieser Operation widersprüchlich - möglicherweise absichtlich. Sie sagen, sie würden das Ziel nicht namentlich nennen, nennen aber Al-Suri. Über ihn sagen sie: „Es ist bekannt, daß eines der Hauptziele Jasin Al-Suri ist, einer der letzten hohen Al-Kaida-Anführer... Al-Suri ist der Architekt der derzeitigen offenen Konfiguration von Al-Kaida, die es fördert, daß sich einzelne Zellen selbst radikalisieren und in einer Art ,Plug and play’-Strategie unabhängig voneinander arbeiten.“ Tatsächlich gibt es zwei Al-Kaida-Aktivisten mit dem Beinamen Al-Suri: Jasin und Abu Musab. Die Beschreibung paßt besser auf Abu Musab.
Sie erwähnen auch den hochrangigen Al-Kaida-Aktivisten Abd Al-Baset Assous, der von Aiman Al-Sawahiri aus Pakistan entsandt wurde, um eine Basis für Al-Kaida-Operationen in Libyen aufzubauen. Sie erwähnen jedoch nicht einen zweiten hohen Al-Kaida-Mann, der sich mutmaßlich in Libyen aufhält, Abd Al-Hamid Al-Rukai, genannt Abu Anas Al-Libi.
Sie erwähnen, daß Abu Jahja Al-Libi durch einen Drohnenangriff der USA in Pakistan im Juni 2012 getötet wurde - zur gleichen Zeit, als Brennan die Operation in Libyen in Gang setzte. Sie erwähnen aber nicht Al-Sawahiris Aufruf zu Racheakten und auch nicht die aktive Beteiligung der Libyschen Islamischen Kampfgruppe (LIFG) in Bengasi, obwohl sie am Ende ihres Berichtes Abdel Hakim Belhadsch als Emir der LIFG identifizieren. Nach dem Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi hatte „Al-Kaida der Arabischen Halbinsel“ direkt die Verantwortung für die Tat übernommen und den Mord an Botschafter Stevens als „Blutrache“ für die Tötung des Abu Jahja Al-Libi bezeichnet.
Dennoch ist die Stärke des Buches, wie schon erwähnt, die These, daß Brennans von Obama autorisierte Operationen einen Racheakt der Ansar-al-Scharia ausgelöst haben, von dem die CIA überrascht wurde. „Sie hatten keine Ahnung, daß man mit den Aktionen der Sondereinsatzkräfte in Libyen in ein Wespennest stechen würde, und konnten sich daher auch nicht auf die negativen Konsequenzen vorbereiten, die daraus resultieren sollten.“
Sie schreiben auch, daß der erzwungene Rücktritt von CIA-Direktor Petraeus eine Palastrevolte war und Brennan selbst CIA-Chef werden wollte. „Es ist ein offenes Geheimnis in Washington, daß John Brennan ein Schaumschläger erster Güte ist... Er hat schon lange ein Auge darauf geworfen, Direktor der CIA oder der Nationalen Geheimdienste zu werden.“
Der Schluß der Autoren ist, daß Brennan an die Kandare genommen oder gefeuert werden sollte. Aber wenn das, was sie sagen, wahr ist - und es gibt gute Gründe, das anzunehmen -, dann muß dies alles vom Kongreß gründlich untersucht werden. Und wenn Obama Brennans Vorgehen genehmigt hat, dann muß gegen Obama ein Absetzungsverfahren eingeleitet werden, weil er einen von Brennan geführten, verfassungswidrigen „Privatkrieg“ genehmigte.
eir