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Neue Solidarität
Nr. 9, 27. Februar 2013

Strategische Verteidigung der Menschheit wird endlich zum Thema

NEOShield

Die beiden spektakulären Ereignisse des 15. Februar - der Meteoritenschauer in Tscheljabinsk und der relativ nahe Vorbeiflug des Asteroiden 2012-DA14 an der Erde - haben eine Flut von Medienberichten und Reaktionen zu den Gefahren durch Himmelskörper ausgelöst.

In Europa gibt es nun große Aufmerksamkeit für das Programm NEOShield der Europäischen Weltraumbehörde (ESA), das seit einem Jahr läuft. Mit diesem auf drei Jahre angelegten, internationalen Programm will man erforschen, wie sich potentiell gefährliche, erdnahe Objekte im Weltraum besser identifizieren lassen und welche konkreten Gegenmaßnahmen möglich sind. Die dazu gesammelten Daten sollen dann als Grundlage für politische Entscheidungen über die Finanzierung entsprechender Programme dienen.

Der Koordinator der deutschen Regierung für Weltraumpolitik, Peter Hintze, betonte gegenüber der Tageszeitung Rheinische Post, es liege in der Natur solcher Programme, daß die Weltraumbehörden der Welt bei solchen Bemühungen zusammenarbeiten müssen.

Das NEOShield-Programm wird derzeit von etwa zehn Wissenschaftlern in Deutschland (Bremen, Friedrichshafen), Frankreich (Toulouse, Les Mureaux) und England (Stevenage) in Zusammenarbeit mit dem ESA-Zentrum für Weltraumlageerfassung (Space Situational Awareness, SSA) in Darmstadt durchgeführt. Das Budget des Programms liegt bei nur 5,8 Mio. Euro, das Zentrum in Darmstadt, das ein entsprechendes Frühwarnsystem entwickeln soll, erhält dieses Jahr statt der ursprünglich vorgesehenen 74 Mio. nur 44 Mio. Euro.

Der Chefkoordinator des NEOShield-Programms, Alan Harris, Direktor des Instituts für Planetenforschung in Berlin, erklärte am 16. Februar gegenüber Journalisten, es seien viele Weltraum-Beobachtungen notwendig, um eine gründliche Überwachung des Weltraums und eine Lokalisierung gefährlicher Objekte sicherzustellen. Harris und andere Wissenschaftler weisen darauf hin, daß man kaum etwas hätte tun können, wenn der erst im vergangenen Jahr entdeckte Asteroid 2012-DA14 sich auf einem Kollisionskurs mit der Erde befunden hätte. Für wirksame Gegenmaßnahmen, um ihn z.B. von seiner Bahn abzulenken, wären mindestens drei Jahre Vorwarnzeit notwendig gewesen.1

In den Medien wurde auch weithin über den Aufruf des russischen stellv. Ministerpräsidenten Rogosin berichtet, die USA sollten mit Rußland und anderen Ländern zusammenarbeiten, um de Bedrohung durch Asteroiden abzuwehren. Dazu hieß z.B. im Londoner Guardian: „Präsident Wladimir Putin und Premierminister Dmitrij Medwedjew wurden über den Zwischenfall informiert und Putin veranstaltete eine Konferenz mit dem Leiter des Notstandsministeriums. Dies sei der Beweis dafür, daß nicht bloß Volkswirtschaften verwundbar sind, sondern der ganze Planet, sagte Medwedjew bei einem Wirtschaftsforum in Sibirien. Dmitri Rogosin, Rußlands stellv. Premierminister und früherer Botschafter bei der NATO, rief über Twitter zu internationalen Bemühungen zur Schaffung eines Warnsystems für alle Objekte außerirdischer Herkunft auf... Weder die USA noch Rußland hätten die Fähigkeit, solche Objekte abzuschießen, fügte er hinzu.“

Aufruf von US-Politikern

In den USA veröffentlichten die demokratischen Kongreßabgeordneten Rush Holt (New Jersey) und Donna Edwards (Maryland) einen Gastkommentar in der Washington Post vom 17. Februar, in dem sie mehr Gelder für das Aufspüren erdnaher Objekte fordern. Holt ist Physiker und war Vizedirektor des Laboratoriums für Plasmaphysik in Princeton, Edwards ist Sprecherin der Demokraten im Unterausschuß des Repräsentantenhauses für Weltraum-Angelegenheiten.

Sie schreiben, die jüngsten Ereignisse „unterstreichen, wie wichtig es ist, daß die Nationen schnell wissen, was vom Himmel fallen wird und welche Gefahren dies mit sich bringt“. Sie nennen einige Zahlen zu der Wahrscheinlichkeit, daß Gesteinsbrocken verschiedener Größenordnungen die Erde treffen, und bemerken dazu: „Diese Gefahren sind, von Tag zu Tag betrachtet, winzig, aber jede Existenzgefährdung der Menschheit ist ernst zu nehmen.“ Dieser Bereich sei chronisch unterfinanziert. „Washington sollte mehr tun, um ein internationales Frühwarnsystem zu schaffen, das allen Nationen auf der Welt fast unverzögert glaubwürdige Informationen zur Verfügung stellen kann.“

Zu der unmittelbaren Gefahr eines Einschlages komme hinzu, daß ein explodierender Meteor wie der von Tscheljabinsk auch leicht mit einem atomaren Angriff verwechselt werden könnte, was gefährliche Überreaktionen auslösen könne. „Der Schaden, der geschehen könnte, wenn ein Land die Explosion eines Meteors falsch interpretiert und einen Vergeltungsschlag unternimmt, ist erschreckend.“

Leider fordern die beiden Abgeordneten, wahrscheinlich aus dem typischen Washingtoner Pragmatismus heraus, nur ein Frühwarnsystem und Planung für Katastrophenschutz statt eines ehrgeizigen Wissenschaftsprogramms zur Entwicklung von Abwehrmaßnahmen gegen solche Bedrohungen, wie es von russischen Kreisen vorgeschlagen wird.

eir


Anmerkung

1. Lesen Sie hierzu bitte auch das Interview mit Prof. Alan Harris in der Neuen Solidarität 19/2012 („Eine ganz natürliche Sache, das Weltall zu erkunden“).