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Neue Solidarität
Nr. 6, 5. Februar 2014

Dänen kämpfen gegen faules Geschäft mit Goldman Sachs

Das dänische Schiller-Institut beteiligt sich am Kampf gegen einen Aktienverkauf des staatlichen Energieversorgers an die Wallstreet-Heuschrecke Goldman Sachs.

„Heute ist ein Tag der Schande!“ - mit diesen Worten eröffnete der Vorsitzende des Schiller-Instituts in Dänemark, Tom Gillesberg, eine öffentliche Abendveranstaltung, nachdem am gleichen Tag der Finanzausschuß des dänischen Parlaments dem Verkauf von 19% der Aktien des Nationalen Energieversorgers DONG Energy an die Wall-Street-Heuschrecke Goldman Sachs zugestimmt hatte. Gillesberg kritisierte die Abgeordneten scharf, sie hätten sich den Finanzoligarchen unterworfen, gegen den Willen ihrer Wähler und in vielen Fällen auch gegen ihr eigenes Gewissen. Schon vor der Abstimmung hatte Gillesberg in einer Erklärung geschrieben: „Das ganze Geschäft ist ein skandalöses Opfer der dänischen Regierung an die Götzen der Wall Street auf Kosten der dänischen Bevölkerung. Das muß rechtzeitig gestoppt werden.“

Leider ist DONG Energy auch kein Engel, sonst könnte man fast sagen, Dänemark hat seine Seele wirklich dem Teufel verkauft. Die Investmentbank Goldman Sachs stand an der Spitze der Bande von Wallstreet-Spekulanten, die erst selbst die Finanzkrise 2007-08 verursachten und dann vom Staat Rettungsgelder (Bail-out) forderten, die US-Finanzminister Hank Paulson sogleich gewährte - Paulson war nämlich zuvor selbst Chef von Goldman Sachs gewesen. So steckten die Firma und ihre Beschäftigten Milliarden ein, während die Kunden und alle übrigen Amerikaner bluten mußten.

Goldman Sachs wird die Aktien nicht nur sehr billig bekommen, die Bank erhält durch den Kauf auch ein Vetorecht bei der Besetzung des Vorstands und bei der Unternehmensstrategie; der Inhalt weiterer Klauseln ist noch geheim. Und falls sie mit ihrem Anteil keinen großen Gewinn macht, wenn DONG, wie geplant, 2018 an die Börse geht, dann garantiert der dänische Staat auch noch, daß er einen Teil der Aktien zu einem Festpreis plus Zinsen zurückkaufen wird.

Als bekannt wurde, daß Goldman Sachs das Unternehmen über Strohfirmen kaufen wird, die in ausländischen Steuerparadiesen angesiedelt sind, um in Dänemark keine Steuern zahlen zu müssen, hob sich ein Sturm der Entrüstung. Eine besondere Ironie ist, daß gerade jetzt im amerikanischen Kongreß über einen Gesetzentwurf verhandelt wird, der Investmentbanken Beteiligungen an Energieunternehmen untersagt, weil sie nicht an eine verläßliche Stromversorgung im Dienste des Gemeinwohls, sondern nur an kurzfristigen Profit denken.

Die ganze Affäre begann, weil der Konzern DONG Energy behauptete, er brauche mehr Kapital. Nach mehreren Verlustjahren hatte das Unternehmen seine Strategie geändert und setzte auf Beteiligungen an in- und ausländischen Offshore-Windparks, um von den Subventionen für die „grüne“ Energie zu profitieren. So sollten die beiden Zwillingsübel der Privatisierung und der Öko-Ideologie das Unternehmen retten.

Regierungskoalition zerbricht

Aber das „Ja“ zu Goldman Sachs in Dänemark hat weitreichende politische Auswirkungen und wird noch weitere haben. Kurz vor der Abstimmung gab die Vorsitzende der Sozialistischen Volkspartei, Anette Wilhelmsen, nach einem dramatischen Tag und einer nicht minder dramatischen Nacht bekannt, daß ihre Partei mit allen sechs von ihr gestellten Ministern aus der sozialdemokratisch geführten Regierungskoalition austritt und sie selbst als Parteivorsitzende zurücktritt. Die Nachricht, daß das Goldman-Sachs-Geschäft in Dänemark eine Regierungskrise ausgelöst hat, ging durch die Weltmedien.

Der Tag davor war äußerst turbulent gewesen: 4000 Menschen hatten vor dem Parlament gegen den Verkauf demonstriert und Wilhelmsen hatte nur mit großer Mühe im Parteivorstand und in der Parlamentsfraktion der Sozialisten eine knappe Mehrheit für den Verkauf mobilisieren können. Aber anschließend traten drei führende Abgeordnete von ihren Parteiämtern (nicht ihrem Mandat) zurück, und bei einer Parlamentsabstimmung über einen Antrag, die Entscheidung über DONG zu verschieben, verweigerten mehrere Abgeordnete der Parteiführung die Gefolgschaft. Somit stand Wilhelmsen als Vorsitzende vor einer offenen Spaltung ihrer Partei. Bei der Pressekonferenz enthüllte sie, daß sie versucht hatte, die Koalitionspartner von Sozialdemokraten und Sozialliberalen zu einer Verschiebung der Abstimmung über die kontroverse Frage zu bewegen - man hätte damit noch bis August Zeit gehabt -, damit jedoch nicht durchgekommen war.

Der sozialdemokratische Finanzminister Bjarne Corydon, der ein arroganter Lakai der Finanzoligarchie bei der Durchsetzung des Verkaufs ebenso wie bei den rücksichtslosen Kürzungen im Sozialbereich ist, ließ sich in seinem Kurs nicht beirren. Wenige Tage vor der Abstimmung hatten vier große dänische Pensionsfonds angeboten, die fraglichen Aktien zu kaufen, aber Corydon fegte dieses Angebot vom Tisch: Für den dänischen Staat sei die „Zwangsehe“ mit Goldman Sachs alternativlos.

Das Schiller-Institut interveniert

Die Entscheidung geschah gegen den massiven Widerstand in der Bevölkerung, deren Zorn und Protest sich gegen Goldman Sachs selbst richtete, aber auch stark gegen die Politiker, die in diesen Ausverkauf einwilligten. Innerhalb einer Woche unterzeichneten fast 200.000 der fünf Millionen Dänen eine Petition gegen den Verkauf. In Umfragen waren 68% dagegen - darunter eine Mehrheit der Anhänger jeder einzelnen der acht im Parlament vertretenen Parteien! Man muß also feststellen, daß die Bevölkerung faktisch kaum noch politisch vertreten ist.

Nur die linksradikale Partei „Einheitsliste“ und die rechtsradikale Dänische Volkspartei waren gegen den Verkauf. Die Einheitsliste war von Anfang dagegen, aber als sich dann die Dänische Volkspartei, die das Energieabkommen, zu dem der Verkauf der DONG-Aktien gehörte, mitgetragen hatte, ebenfalls dagegen wandte und eine Aufspaltung von DONG forderte, eröffnete das die Möglichkeit, den Verkauf zu verhindern.

An dem Punkt veröffentlichte das Schiller-Institut am 13. Januar eine Erklärung mit dem Titel „Tom Gillesberg: Trennen wir erst DONG Energy - dann können wir die Banken trennen“. Darin unterstützt Gillesberg, den seine Wahlkämpfe weithin bekannt gemacht haben, den Vorschlag für eine Aufspaltung von DONG, indem man die spekulativen Offshore-Windparkprojekte von den Funktionen zur Sicherung der nationalen Stromversorgung trennt. Dann ruft er das Parlament auf, Gesetze zur Bankentrennung nach dem Vorbild von Franklin Roosevelts Glass-Steagall-Gesetz zu verabschieden. Diese Erklärung erhielten alle Abgeordneten, Minister und Medien, zusammen mit dem auf Seite 1 abgebildeten Poster. Das Poster war auf Facebook sofort ein großer Erfolg, allein an den ersten drei Tagen wurde es 6000mal aufgerufen.

Das dänische Schiller-Institut mobilisierte auch auf der Straße die Bürger gegen den DONG-Verkauf und für Glass-Steagall, was viel Zustimmung hervorrief. Am Abend vor der Großdemonstration veranstaltete das Schiller-Institut auch einen kleinen Fackelzug zum Parlament.

Die Auseinandersetzung spitzte sich zu, als das dänische Radio herausfand, daß die Unternehmen, die die Aktien für Goldman Sachs kaufen sollten, bloß für diesen Zweck gegründete Strohfirmen waren, angemeldet in Steueroasen wie den Kaiman-Inseln, Luxemburg und dem US-Staat Delaware, um so Steuern zu umgehen. Daraufhin sprachen sich die Vorsitzenden der Jugendorganisationen der Sozialdemokraten und Sozialisten gegen den Verkauf aus. Ein nachgerückter neuer Abgeordneter der Sozialisten wandte sich vehement dagegen. Der eigentliche Umschwung kam dann, als der frühere sozialdemokratische Regierungschef Poul Nyrup Rasmussen, der ein Buch gegen Hedgefonds verfaßt hat, sich öffentlich gegen den Verkauf stellte.

Zwar hat der Finanzausschuß mit Ja gestimmt, aber wie Tom Gillesberg in der öffentlichen Versammlung nach der Abstimmung sagte: Diese Entscheidung wird wie ein Mühlstein sein um den Hals aller Abgeordneten und Parteien, die dafür gestimmt haben. Nun ist für jedermann sichtbar geworden, daß die sozialdemokratisch geführte Regierung und der Großteil der Opposition bloße Lakaien der Finanzoligarchie sind.

Es ist jetzt an der Zeit, daß die vielen Menschen, die sich gegen den Verkauf gestellt haben, ihren Mut zusammennehmen und mehr tun, als eine Petition dagegen zu unterschreiben. Sie müssen gemeinsam mit dem Schiller-Institut für Glass-Steagall und die gesamte Lösung der LaRouche-Bewegung gegen den Wirtschafts- und Finanzkollaps kämpfen. Die Zukunft hängt davon ab.

Michelle Rasmussen