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Neue Solidarität
Nr. 1-2, 7. Januar 2015

Schaffen wir eine Welt, die der Würde der Menschheit angemessen ist

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche übermittelte der „IV. internationalen Konferenz Fundamentale Probleme der nachhaltigen Entwicklung im System Natur-Gesellschaft-Mensch: Wissenschaft, Ingenieurswesen und Bildung“ an der Dubna-Universität den folgenden Videobeitrag (im Original Englisch).

Verehrte Teilnehmer der Dubna-Konferenz, ich denke, Sie sind sich alle darüber im klaren, daß die Welt sich derzeit in einem äußerst gefährlichen Moment befindet und daß es, wenn die gegenwärtige Politik der US-Regierung, der Briten, der NATO und der EU fortgesetzt wird, aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem thermonuklearen Krieg kommt, der zur Auslöschung der Zivilisation führen würde.

Offenbar ist sich sowohl die russische als auch die chinesische Regierung über diese Gefahr vollkommen im klaren. Wenn Sie sich die Rede anhören, die Präsident Putin in seiner Jahresansprache vor den beiden Kammern der Russischen Föderation gehalten hat - da sagte er etwas, was meiner Meinung nach vollkommen klar ist: In der gegenwärtigen Krise geht es nicht um die Ukraine. Er betonte, wenn diese Leute nicht die Krise in der Ukraine gefunden hätten, dann hätten sie einen anderen Weg gefunden. Genau das halte auch ich selbst für vollkommen wahr. Und ich sage das nicht bloß als eine Meinung, sondern ich sage es als jemand, der schon seit sehr langer Zeit zusammen mit Herrn LaRouche versucht, den Kurs der Welt zu ändern, hin zu einer Friedensordnung für das 21. Jahrhundert.

Als die Sowjetunion 1991 auseinanderbrach, schlugen wir ein Wirtschaftsprogramm vor, das wir die Eurasische Landbrücke nannten, die Neue Seidenstraße. Das war die Idee, die Bevölkerungs- und Industriezenten Europas durch sogenannte „Entwicklungskorridore“ mit den Zentren in Asien zu verbinden. Auf diese Weise hätte man die industriellen Kapazitäten der früheren COMECON-Länder retten können, indem man diese Kapazitäten benutzt hätte, um Infrastruktur-Entwicklungskorridore durch Asien und Europa aufzubauen und auf diese Weise die Bedingungen in den landeingeschlossenen Gebieten des eurasischen Kontinents zu ändern, um für einen besseren Lebensstandard für alle Menschen auf diesem Kontinent zu sorgen.

Aber leider war das damals nicht die Politik der britischen und der amerikanischen Regierung, denn diese sagten damals ganz klar, ihr Ziel sei es, Rußland aus einer Supermacht in ein rohstofflieferndes Land der Dritten Welt zu verwandeln. Und deshalb setzten sie auf eine erste Form des Krieges: das war die sogenannte „Schocktherapie“.

Wir verfolgten das damals sehr genau, weil wir den Plan hatten, den eurasischen Kontinent zu entwickeln. Und wir sahen, daß die Schocktherapie für niemanden jemals etwas Gutes bedeutete. Aber sie hatte den „Erfolg“, Rußlands Industriekapazitäten innerhalb von nur drei Jahren, von 1991 bis 1994, auf ein Drittel des Niveaus von 1991 zu reduzieren.

Was in dieser Zeit, in den 90er Jahren, der Jelzin-Periode, geschah, ist in zwei sehr wichtigen Büchern beschrieben worden. Das eine stammt von Sergej Glasjew1, das andere von Professor Menschikow2, der ein sehr guter Freund von uns war und leider gerade verstorben ist. Sie beide bezeichnen diese Form des Krieges als „Völkermord“.

Die gegenwärtige Offensive gegen Rußland begann Ende der 90er Jahre mit den beiden Tschetschenienkriegen, die fast zur Gänze von Boris Beresowskij, von London aus, finanziert wurden. Eine große Rolle spielte dabei auch das Amerikanische Komitee für Frieden in Tschetschenien, das 1999 von amerikanischen Neokonservativen gegründet wurde. Zu seinen Gründungsmitgliedern gehörten damals Zbigniew Brzezinski, Alexander Haig, Richard Perle, James Woolsey und Robert Kagan, der immer noch sehr wichtig ist in der Regierung Obama und mit keiner anderen als Victoria Nuland verheiratet ist. Ich bin mir sicher, daß Präsident Putin von dieser Gruppe sprach, als er in seiner jüngsten Rede sagte, die tschetschenischen Terroristen seien auf höchster Ebene unterstützt und als „Rebellen“ und „Freiheitskämpfer“ bezeichnet worden, obwohl Blut an ihren Händen klebte.

Schon in den 90er Jahren, aber erst recht, nachdem Präsident Putin zurückkehrte, war das Ziel ein Regimewechsel in Rußland, ebenso wie in allen anderen osteuropäischen Ländern, in denen immer noch eine prorussische Einstellung herrschte. Und das Versprechen, die NATO nicht bis an die Grenzen Rußlands zu erweitern, wurde offensichtlich gebrochen. Victoria Nuland, Ehefrau von Robert Kagan und heute die für Europa und Eurasien zuständige Staatssekretärin im US-Außenministerium, prahlte im Dezember 2013, die US-Regierung habe allein in der Ukraine fünf Milliarden Dollar für die dortige Farbenrevolution ausgegeben.

Das russische Militär hat inzwischen diese Farbenrevolutionen eindeutig als eine Form der Kriegsführung identifiziert, auch wenn diese nicht als solche deklariert werde. Auch Außenminister Sergej Lawrow hat klar gesagt, die Sanktionen seien kein Mittel, um Rußlands Politik zu ändern, sondern um Präsident Putin zu stürzen.

Putin sagte in seiner Rede, das eigentliche Ziel sei das Jugoslawien-Modell für Rußland: die Zerschlagung des Staats als solchem. Und es sei ebenso klar, daß das Assoziierungsabkommen mit der EU, das die Ukrainekrise ausgelöst und in Gang gebracht hat, in die gleiche Richtung zielte, weil dann der russische Markt mit Billigwaren aus der EU überschwemmt und so wichtige Kapazitäten in Rußland zerstört worden wären.

Die Ukrainekrise wurde ganz und gar von der EU und natürlich ihren amerikanischen Verbündeten und Herren geschaffen. Denn die Aktivisten der Farbenrevolution des sogenannten Maidan waren verstärkt durch die alten Nazi-Netzwerke, die in die Bandera-Zeit in den 1940er Jahren zurückreichen, als die ukrainischen Nazis mit den Nazi-Besatzern zusammenarbeiteten. Und diese Leute wurden in der gesamten Nachkriegszeit von der CIA, vom MI6 und vom BND gefördert.

Dann kam der faschistische Putsch vom 21. Februar, der wiederum stark von Victoria Nuland gesteuert und gefördert wurde, die in ihrem berühmten mitgeschnittenen Telefongespräch prahlte, sie wolle ihren Mann, „Yats“ [Arsenij Jazenjuk], ins Amt heben. Dies ist also ganz und gar eine kombinierte Kriegführung durch Farbenrevolutionen, NATO-Erweiterung und Sanktionen. Und wenn man den früheren Generalstabschef der russischen Armee General Jurij Balujewskij hört - er ist überzeugt, daß der Konflikt zwischen der NATO und Rußland bereits begonnen hat, mit einem Informationskrieg, mit psychologischem Druck auf den Geist der Menschen, mit der Dämonisierung Putins (und übrigens auch Chinas), und daß der Einsatz militärischer Gewalt als solcher bloß die letzte Stufe dieses Prozesses ist, den wir heute bereits sehen. Und als er gefragt wurde, ob er glaube, daß dies noch gestoppt werden könne, sagte er: „Leider glaube ich, daß das nicht mehr möglich ist. Die Mechanismen sind bereits in Gang gesetzt worden, die Ziele unserer Feinde sind bereits klar definiert: ,Solange wir leben, werden wir versuchen zu verhindern, daß Rußland militärisch oder wirtschaftlich ein gleichrangiger Partner wird.’“

Die BRICS-Dynamik

Aber zum Glück ist dies bloß ein Teil der Realität. Sie ist real, aber es gibt auch noch eine andere. Seit der BRICS-Konferenz, dem Gipfeltreffen in Fortaleza in Brasilien im Juli, wurde von den BRICS-Staaten eine ganz andere weltweite Dynamik in Gang gesetzt, die auch viele andere Länder weltweit inspiriert hat: die lateinamerikanischen Staaten, CELAC, UNASUR, die APEC-Staaten (außer den USA), aber auch die ASEAN-Staaten, Ägypten.3 Viele Länder ziehen Optimismus daraus. Mit der strategischen Allianz zwischen Rußland und China als Mittelpunkt, die im Mai dieses Jahres gegründet und dann durch den Prozeß der BRICS fortgesetzt wurde, insbesondere seit Präsident Xi das Angebot einer Neuen Seidenstraße auf den Tisch brachte - übrigens genau das, was wir 1991 mit der Eurasischen Landbrücke und der Neuen Seidenstraße vorgeschlagen hatten -, ist in vielen, vielen Ländern des Entwicklungssektors Optimismus ausgebrochen.

Es werden oder wurden bereits neue Finanzinstitutionen geschaffen: die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), die Neue Entwicklungsbank (NDB) der BRICS, die Bank der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die Bank der SAARC-Staaten, also die südasiatischen Länder.

Inzwischen vollzieht sich eine vollständige Änderung der Dynamik, denn viele Projekte, die jahrzehntelang durch die Konditionen des IWF verhindert wurden, werden nun realisiert. China hilft, einen zweiten Panamakanal in Nikaragua zu bauen; China hilft, eine transkontinentale Eisenbahn von Brasilien nach Peru zu bauen; in vielen, vielen Ländern gibt es eine Kooperation im Nuklearsektor. Und man betrachte beispielsweise den Ausbruch an Optimismus, der sich in Indien vollzieht, seit Narendra Modi zum Premierminister gewählt wurde. Er hat versprochen, hundert neue Großstädte in Indien zu bauen und jeden Monat eine Million neue Arbeitsplätze für die jungen Menschen des Landes zu schaffen, und er hat gerade angekündigt, daß er die 31 Wasserprojekte, die nach der Ermordung Indira Gandhis auf Eis gelegt worden waren, wieder aufgreifen wird.

China hat ein Wirtschaftswunder vollbracht, das weltweit ohne Beispiel ist. Nach den Reformen unter Deng Xiaoping gelang es, China aus einem sehr armen Land in ein Wirtschaftswunderland zu verwandeln, wo man innerhalb von 30 Jahren vollbracht hat, wofür andere Länder des industriellen Sektors zwei Jahrhunderte gebraucht hatten. Und nun bietet China mit seinem Vorschlag der Neuen Seidenstraße an, alle Länder an diesem Wirtschaftswunder teilhaben zu lassen, die dies wollen.

Nach der jüngsten APEC-Konferenz in Beijing bot Xi Jinping Präsident Obama an, daß die Vereinigten Staaten und andere große Länder alle eingeladen seien, sich an der Neuen Seidenstraße und an den neuen Finanzierungsmechanismen zu beteiligen. Es ist meine feste Überzeugung, daß es Hoffnung gibt, daß dieses Angebot aufgegriffen werden kann.

In Deutschland beispielsweise gibt es eine Revolte der Industrie gegen die Sanktionen. Gerade erst gestern [am 5. Dezember] erschien ein Appell an die Regierung und das Parlament, unterzeichnet von 60 wichtigen Persönlichkeiten, von [Ex-Bundeskanzler Gerhard] Schröder, von [Ex-Bundespräsident] Roman Herzog, vom früheren Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Horst Teltschik und vielen anderen. Und der Titel dieses Appells lautete: „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“

Es gibt also Widerstand, und das ist sehr wichtig. Wir müssen sicherstellen, daß die Machenschaften von Leuten wie Victoria Nuland aufgedeckt werden, und der Kriegspropaganda entgegenwirken. Mein Ehemann hat die Entlassung von Victoria Nuland gefordert, um die Kriegsmaschine zu bremsen.

Aber ich denke, die eigentliche Lösung wird erst kommen, wenn wir die wirkliche Ursache für diesen Krieg beseitigen - und das ist die Tatsache, daß das transatlantische Finanzsystem vor dem Zusammenbruch steht. Der Sturz des Ölpreises trifft nicht nur Rußland und den Iran, er kann das gesamte transatlantische Finanzsystem zum Einsturz bringen, weil die Ölkonzerne und die Schieferölproduzenten eine Billion Dollar Schulden angehäuft haben, die sie nur zurückzahlen können, wenn der Ölpreis bei 80-120 $/Faß liegt. Wir stehen also vor einer Neuauflage der Krise der minderwertigen Hypotheken von 2007.

Deshalb bin ich überzeugt, daß die einzige wirkliche Kriegsvermeidungspolitik darin besteht, daß wir die Zivilisation in ein völlig neues Paradigma bringen. Wir müssen aufhören, in geopolitischen Begriffen zu denken, und müssen die gemeinsamen Ziele der Menschheit definieren. Und wir müssen die gegenwärtige Lage aus der Sicht der Zukunft betrachten: Wie soll die Menschheit in zehn Jahren, in hundert Jahren, in tausend Jahren aussehen? Dann wird die Frage der Weltraumforschung und ähnlicher Dinge absolut entscheidend.

Der unmittelbare Weg, den wir dafür einschlagen müssen, ist also, Präsident Xi Jinpings Angebot an die Vereinigten Staaten und Europa, sich der Neuen Seidenstraße anzuschließen, anzunehmen. Wir haben gerade einen Bericht veröffentlicht, der eine unglaubliche Menge an Projekten und Plänen für die Zukunft aufzeigt, die das Aussehen der Erde ändern und transformieren werden. Ich denke, diesen Plan, wie aus der Neuen Seidenstraße die Weltlandbrücke wird (The New Silk Road Becomes The World Land-Bridge4), müssen wir unbedingt in den Mittelpunkt der Debatte stellen, weil es die einzige Alternative zur Auslöschung der Zivilisation ist.

Ich bin optimistisch, daß wir das erreichen können. Ich kann es nicht garantieren, aber ich denke, es ist den Versuch wert, alles zu tun, um die Agenda zu ändern und über die gemeinsamen Ziele der Menschheit zu diskutieren: Wie kommen wir aus dieser Krise heraus und wie können wir eine Welt schaffen, die der Würde des Menschen und der Identität des Menschen als einziger kreativer Gattung im Universum angemessen ist?


Anmerkungen

1. Sergei Glazyev, Genocide: Russia and the New World Order, EIR 1999.

2. Stansilav M. Menshikov, The Anatomy of Russian Capitalism, EIR 2006.

3. BRICS: Brasilien, Rußland, Indien, China, Südafrika; CELAC: Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten; UNASUR: Union Südamerikanischer Staaten; APEC: Asiatisch-Pazifische Wirtschafts-Kooperation; ASEAN: Vereinigung Südostasiatischer Nationen; SAARC: Südasiatische Vereinigung für Regionale Zusammenarbeit.

4. Zu beziehen über: http://www.eirna.com/html/reports/studien.php