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Neue Solidarität
Nr. 29, 15. Juli 2015

„Griechenland will Teil der BRICS-Dynamik sein“

Karel Vereycken sprach in einem Interview mit Sputnik über die Gründe und Perspektiven Griechenlands, mit den BRICS-Staaten zusammenzuarbeiten.

Am 2. Juli brachte die russische Nachrichtenagentur Sputnik in ihrem französischen Internetangebot einen Bericht mit der Überschrift „Griechische Krise: Was ist, wenn die Lösung von der Seite der BRICS kommt?“ Sputnik führte dazu ein Interview mit Karel Vereycken, Redakteur der französischen Zeitung Nouvelle Solidarité und führendes Mitglied der mit Lyndon LaRouche verbundenen Partei Solidarité et Progrès. In dem Artikel wird neben Vereycken auch Stephen Lendman von Global Research zitiert, außerdem enthält er einen Verweis auf die Audioaufnahme des 7minütigen Interviews. Wir bringen Auszüge.

Vereycken: Tatsächlich hat [der russische stellvertretende Finanzminister] Herr Stortschak Griechenland am 11. Mai im Namen der BRICS vorgeschlagen, nicht etwa Mitglied der BRICS als solcher zu werden, sondern Mitglied der vereinfachend so genannten „BRICS-Bank“, also der Neuen Entwicklungsbank (NDB). Das ist natürlich möglich. Die BRICS als solche haben nicht das Ziel, weitere Mitglieder aufzunehmen, sondern, ihre Beziehungen untereinander zu intensivieren, um die Schaffung verschiedener Finanzierungsmechanismen auf internationaler Ebene abzuschließen. Aber das von Rußland - das gegenwärtig den Vorsitz der BRICS innehat - übermittelte Angebot ist, Vollmitglied der NDB zu werden. Das Interesse, Mitglied zu werden, liegt darin, daß dies keine Bank wie andere Banken ist, sondern eine Bank, die sich darauf konzentrieren wird, in Infrastruktur zu investieren.

Die Grundhaltung der BRICS, sei es China, Indien oder Rußland, ist das „Win-Win-Prinzip“: Investitionen werden getätigt, aber alle Partner profitieren davon. Es ist klar, daß die Beziehungen zu Asien und Eurasien für Griechenland höchst bedeutsam sind. China zeigt großes Interesse am Hafen Piräus, den es als Terminal der Maritimen Seidenstraße in Europa sieht, um über Griechenland die Handelsströme mit ganz Europa zu vergrößern und zu organisieren. Es läge also sehr im Interesse Griechenlands - und tatsächlich sogar aller -, daß Griechenland sich an der BRICS-Dynamik beteiligt, die das Gegenteil der derzeitigen Dynamik der Eurozone ist.

Europa ist heute desolat. Europa ist politisch bankrott, weil es seine Augen vor dem Aufstieg von Neonazi-Bewegungen in der Ukraine verschließt (und um die Ukraine zu retten, treibt der Weltwährungsfonds ohne Probleme Kapital auf); Europa ist moralisch bankrott und weil es durch innere Streitigkeiten gespalten ist, ist es unfähig, eine Lösung für die Aufnahme der afrikanischen Flüchtlinge anzubieten. Nur sehr wenige von ihnen werden akzeptiert, obwohl viel mehr hereingelassen und von anderen Ländern aufgenommen werden könnten und sollten. Und auch wirtschaftlich sind wir bankrott, weil wir schon seit etwa 20 Jahren zulassen, daß Finanzspekulation und Zockerei Vorrang haben vor Menschenleben und der Zukunft unserer Kinder.

Somit will Griechenland nicht bloß einer Bank beitreten. Es will Teil einer Dynamik sein, in der man davon ausgeht, daß die Zukunft möglich ist, daß wir sie gemeinsam aufbauen müssen und daß nicht die Schulden die Zukunft der ungeborenen Generationen bestimmen.

Vereycken: Ich denke, Sie haben recht. Ich würde es nicht als eine ideologische Frage bezeichnen, sondern als Entscheidung für ein anderes Paradigma. Wir haben zwei Welten: Es gibt eine im Niedergang befindliche Welt, die untergeht, weil sie arrogant ist und völlig von den Finanzinteressen der Londoner City und der Wall Street beherrscht wird, denen die Menschen in Europa und Amerika vollkommen egal sind. Und auf der anderen Seite gibt es die sogenannten „Schwellenländer“, die die Bandung-Erklärung initiierten und die Blockfreien-Bewegung gründeten und die sagen: „Wir haben Prinzipien. Wir wollen gemeinsam voranschreiten. Wir sind für den Fortschritt, wir sind für nationale Souveränität. Es gibt Regeln, die respektiert werden müssen.“

Es ist also die Entscheidung für ein Neues Paradigma, wie ich es nennen würde, das nichts anderes ist als das Paradigma, das wir noch vor 30 Jahren in Europa hatten und das in unseren Ländern verraten und verdorben wurde. Daher ist es ganz normal, daß Griechenland - die Wiege Europas, was die Ideen und die Philosophie angeht - sich heute von Leibniz und Puschkin und Konfuzius angezogen fühlt, und von Menschen, die eine kulturelle Renaissance und Optimismus für die kommenden Generationen wollen, wenn es wählen muß zwischen dem Sterben mit der EU und dem Leben mit der BRICS-Dynamik...

Vereycken: Ja, wir denken, daß sie unsere natürlichen Verbündeten sind. Wir haben von Anfang an, mit LaRouche in den Vereinigten Staaten und mit Cheminade in Frankreich, mit dem ich zusammenarbeite, jede Möglichkeit verfolgt, um das gegenwärtige Finanzsystem zu ändern, das den Finanzkrach und den Krieg genauso in sich trägt wie Gewitterwolken den herannahenden Sturm. Rosa Luxemburg sprach zu ihrer Zeit vom „fiktiven Kapital“ - gemeint ist, daß auf dem Papier eine Menge Werte geschaffen werden, die aber nicht durch irgendwelche physischen Werte gedeckt sind.

Wir befinden uns also in einer „Blasenwirtschaft“, und an einem bestimmten Punkt muß man sich entscheiden, wie in Griechenland, wenn ganze Völker aufgefordert werden, greifbare Werte aufzutreiben, um diese rein fiktiven Forderungen zu erfüllen.

Früher hatten wir Staaten, so unter de Gaulle, Adenauer und Kennedy, die sich der Finanzmafia widersetzten. Heute hat die Finanzmafia die Macht übernommen, und sie macht uns kaputt. Deshalb sind die BRICS für uns ein ganz besonderer Moment in der Geschichte, eine Gelegenheit, nicht nur für die Mitgliedstaaten der BRICS, sondern für die gesamte Welt, zu den Prinzipien der guten Nachbarschaft und Ost-West- und Nord-Süd-Kooperation zurückzukehren. Das kann nicht nur Paris-Berlin-Moskau sein, sondern Paris-Berlin mit Moskau, aber offen für die BRICS und die Länder Eurasiens, Afrikas und Südamerikas. Jeder kann als Patriot für sein Land eintreten, aber für ein Land, das im Dienste der „gemeinsamen Ziele der Menschheit“ mit anderen auf etwas besseres hinarbeitet.