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Neue Solidarität
Nr. 1, 6. Januar 2016

Die Verheißung und Vision der Neuen Seidenstraße

Von Helga Zepp-LaRouche

Den folgenden Vortrag hat Helga Zepp-LaRouche am 10. November als Videobeitrag zu einigen internationalen Konferenzen aufgenommen, an denen sie nicht persönlich teilnehmen konnte, darunter auch die Konferenz an der Dubna-Universität am 21. Dezember. Zuvor war der Vortrag bereits bei Konferenzen in Kolumbien und in Mexiko gezeigt worden. Frau Zepp-LaRouche ist Gründerin des Schiller-Instituts und Vorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) in Deutschland.

Ich möchte Ihnen Grüße zu Ihrer Konferenz übermitteln, und ich möchte zu Ihnen über die Vision hinter der Neuen Seidenstraße sprechen. Das ist das Programm, das 2013 vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping eingeleitet wurde und sich seither sehr schnell zur vielversprechendsten Dynamik auf der Erde entwickelt hat.

Aber lassen Sie mich Ihnen zunächst kurz erläutern, warum es so außerordentlich wichtig ist, daß die Menschen sich mit diesem neuen Wirtschaftsmodell vertraut machen. Die eigentliche Dynamik hinter allen großen Krisen auf der Welt - von den Kriegen in verschiedenen Teilen der Erde über den Terrorismus bis hin zu den vielen anderen sozialen Krisen - ist nämlich die Tatsache, daß das transatlantische Finanzsystem kurz vor einem Zusammenbruch steht, neben dem der von 2008 wie die sprichwörtlichen „Peanuts“ erscheinen wird, falls es dazu kommt und es nicht rechtzeitig verhindert wird.

Und es gibt einen unglaublichen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch in den Vereinigten Staaten. Dort erschien gerade ein Bericht in der New York Times, daß die Sterblichkeit der weißen Amerikaner mittleren Alters, in der Altersgruppe zwischen 45 und 50 Jahren, im Schnitt um 10% gestiegen ist, und daß sie für die Armen um 22% gestiegen ist.

So etwas dürfte nicht passieren. Kein Mensch sollte sterben, wenn er noch mitten im Leben steht. Das einzig Vergleichbare mit einem solchen Vorgang war das Geschehen in Rußland in den 90er Jahren, in der Jelzin-Ära nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, als die demographische Statistik des Landes jedes Jahr eine Million Menschen weniger verzeichnete. Dieser Rückgang endete erst, nachdem Präsident Putin am Ende der Jelzin-Ära an die Macht kam.

Was sind die Ursachen dieser Sterbefälle unter Amerikanern mittleren Alters? Drogensucht, Tod durch Drogen und Alkohol, und Selbstmorde. Das spiegelt offensichtlich wider, daß die allgemeine Stimmung in Amerika vom Optimismus der Kennedy-Ära bis heute umgeschlagen ist: Die meisten Amerikaner sind in Bezug auf die Zukunft pessimistisch. Sie glauben, daß es den kommenden Generationen schlechter gehen wird als der jetzigen. Dies ist das erste Mal in der Geschichte der sogenannten modernen Welt, daß eine solche Idee akzeptiert wird. Früher war es die Grundlage der Moral, daß Eltern sagten: „Ich will, daß es meinen Kindern einmal besser gehen wird als mir selbst.“

Das ist verschwunden. Und wenn man hinschaut, gibt es in vielen Regionen Menschen, die ihr Einkommen verloren haben. Der Lebensstandard bricht ein. Die Menschen müssen in zwei oder drei Jobs arbeiten. Nehmen Sie die Drogenabhängigkeit in Baltimore als Beispiel: Jeder zehnte nimmt Heroin, es gibt eine Epidemie des Heroins! Es kommt zum großen Teil aus Lateinamerika. Die Vereinigten Staaten werden davon überschwemmt, und viele Menschen lassen sich davon abhängig machen, weil Heroin heutzutage nur 25% von dem kostet, was ein vom Arzt verschriebenes starkes Schmerzmittel kostet. Im Grunde bricht wirklich das ganze Land zusammen.

Und in Europa ist die Lage nicht besser. Sie ist anders, aber nicht besser. Sie haben vermutlich Berichte über die beispiellose Flüchtlingskrise gehört. Die Flüchtlinge kommen meistens aus Südwestasien, wegen der Kriege, die mit Lügen begründet worden waren. Sie kommen aus dem Irak, aus Syrien, aus Afghanistan und dem Jemen, aber sie kommen auch aus vielen Ländern in Afrika. Und derzeit sind bereits 60 Millionen Menschen in der einen oder anderen Form auf der Flucht, und viele von ihnen wollen nach Europa. Das destabilisiert Europa jetzt bis in die Grundfesten.

Nun, ich könnte noch mehr solcher schrecklichen Entwicklungen aufzählen, aber das Gesamtbild macht es sehr klar: Wir brauchen einen Paradigmenwandel. Wir müssen zu einem ganz anderen Wirtschaftsmodell übergehen. Und deshalb ist die Neue Seidenstraße so außerordentlich wichtig.

Die Neue Seidenstraße in Aktion

2013 kündigte Präsident Xi Jinping in Kasachstan das Programm der Neuen Seidenstraße an, danach das Programm der Meeres-Seidenstraße. Dann schlossen sich die BRICS-Staaten praktisch der Bewegung für die Neue Seidenstraße an, das zeigte sich erstmals 2014 beim Gipfeltreffen der BRICS in Fortaleza in Brasilien. Diese Stoßrichtung wurde in diesem Jahr beim BRICS-Gipfel in Ufa in Rußland bekräftigt.

Hier entfaltet sich eine völlig neue Dynamik auf der Grundlage ganz anderer Prinzipien als die Kasinowirtschaft des transatlantischen Sektors. Erinnern wir uns, daß die alte Seidenstraße nicht nur den Austausch von Waren wie Porzellan und Seide bedeutete, sondern auch den von Techniken, wie der Herstellung von Porzellan und Seide, und den Austausch von Kultur und Ideen. Und genau das wird nun von Präsident Xi Jinping wieder zum Leben erweckt, der ausdrücklich erklärt, daß jedes Land, das sich an dieser Entwicklung der Seidenstraße beteiligt, eine „Win-Win“-Perspektive haben wird - daß es im Interesse jedes Landes liegt, sich daran zu beteiligen.

Im Laufe des letzten Jahres wurden mit unglaublicher Geschwindigkeit neue Handelswege geschaffen. Von Chengdu, Yiwu, Chonqing, Xi’an und Lianyungang fahren nun jede Woche Züge voller Waren nach Städten wie Duisburg und Hamburg in Deutschland, Madrid in Spanien oder Lyon in Frankreich.

Dieses „Entwicklungsfieber“, wie man es nennen kann, hat inzwischen auch Zentralasien und den Balkan erfaßt. Die Länder auf dem Balkan schauen für den Ausbau der Infrastruktur auf China, nicht auf die EU. Aber die Vision der Seidenstraße findet auch in Europa Anklang. Vor ein paar Wochen war Xi Jinping in Großbritannien, und die Briten - die einen neuen Wind schon immer schlau als erste gespürt haben -, haben nicht nur sehr umfangreiche Handelsabkommen und Handelsgeschäfte mit China geschlossen, sie sagten sogar, dies sei erst der Anfang des „Goldenen Zeitalters“ der britisch-chinesischen Beziehungen.

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel war soeben in China, und auch sie schloß dort viele, viele Handelsabkommen. Aber noch wichtiger ist, daß sie die komplementären Aspekte ihrer Volkswirtschaften kombinieren, um einen Wirtschaftsmotor zu schaffen. Das gleiche tut China übrigens auch mit Südkorea und Japan, was offensichtlich sehr, sehr wichtig ist, um die Konflikte im südchinesischen Meer zu überwinden.

Aber das ist noch nicht alles. In Spanien fand gerade ein sehr wichtiges Forum zur Seidenstraße statt, wo der Chef einer der wichtigsten chinesischen Entwicklungsbehörden das wunderschöne Bild verwendete, die Seidenstraße könne und müsse für alle Länder der Welt, die in Schwierigkeiten sind, eine „Arche Noah“ werden.

Das ist besonders wichtig für Südwestasien und Afrika, den Ausgangspunkten der gewaltigen Flüchtlingskrise, die derzeit Europa destabilisiert. Die Vorteile sind offensichtlich, wenn man die Seidenstraße, die jetzt von China durch Zentralasien führt, bis nach Europa und nach Südwestasien verlängern würde, um Infrastruktur wie integrierte Schnellbahnsysteme, Wasserstraßen, Autobahnen aufzubauen; wenn man der Wüste den Krieg erklärt, indem man neue Trinkwasserquellen anzapft durch die Entsalzung großer Mengen Meerwasser durch Kernkraft, durch die Ionisierung der Feuchtigkeit in der Atmosphäre, um Niederschläge herbeizuführen, womit man neue Niederschlags- und Wettermuster schafft, um den Wüsten den Krieg zu erklären. Auf diese Weise schafft man die Voraussetzungen für den Bau neuer Städte, Industrie und Landwirtschaft.

Ich möchte nicht das Wort „Marshallplan“ benutzen, weil das ein etwas anderes Konzept ist, aber es ist eine Art Marshallplan, denn das steht für die Idee, daß es möglich ist, durch gezielte staatliche Interventionen und Wirtschaftspolitik auf der Grundlage physikalischer Prinzipien jede Wirtschaftskrise zu überwinden, so, wie das der Marshallplan für Europa getan hat.

Wenn jetzt alle großen Nachbarstaaten des Mittleren und Nahen Ostens - Rußland, China, Indien, der Iran, Ägypten und die europäischen Länder, die jetzt durch die Flüchtlingskrise destabilisiert werden - zusammen ankündigen würden: wir schaffen gemeinsam einen Marshallplan für den Nahen Osten, und wir laden die Vereinigten Staaten ein, sich daran zu beteiligen - dann hätten wir meiner Meinung nach allen Grund, zuversichtlich zu sein, daß das Problem des Terrorismus überwunden werden kann. Indem man den jungen Menschen, vor allem den jungen Männern, eine solche Vision der Hoffnung zeigt, könnte man viele junge Menschen dafür gewinnen, sich nicht dem Dschihad anzuschließen, sondern für eine bessere Zukunft zu kämpfen - Wissenschaftler zu werden, Ingenieur zu werden, eine Familie zu gründen und eine Zukunft zu haben.

Das gleiche gilt offensichtlich auch für Afrika, wo jetzt Millionen Menschen auf der Flucht sind, und ein 50%iges Risiko in Kauf nehmen, es nicht zu schaffen, indem sie in kleinen Booten über das Mittelmeer fahren, wo allein in diesem Jahr offiziell bereits mehr als 6000 Menschen ertrunken sind. Trotzdem gehen die Menschen immer noch dieses Risiko ein, um nach Europa zu gelangen.

Wenn wir nun in Bezug auf Afrika dasselbe sagen würden - „laßt uns gemeinsam die Seidenstraße verlängern und alle Länder Afrikas miteinander verbinden und entwickeln“ -, dann können wir, denke ich, die Armut beseitigen und innerhalb sehr, sehr kurzer Zeit Stabilität schaffen.

Die gemeinsamen Ziele der Menschheit

Warum bin ich so optimistisch? Nun, schauen Sie sich Chinas Wirtschaftsmodell an: China hat ein Wirtschaftswunder geschaffen, das abgesehen vom deutschen Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit weltweit ohnegleichen ist. Sie haben in 30 Jahren nachgeholt, wofür Amerika und Europa vorher 200 Jahre gebraucht hatten. Und mit dieser Wirtschaftsmethode haben sie die Armut beseitigt, sie haben 600 Millionen Menschen aus dem Elend befreit, und es ist ihre Absicht, durch den Aufbau der Seidenstraße das gleiche auch den Menschen in den landeingeschlossenen Gebieten Westchinas zu ermöglichen.

Warum funktioniert das? Und was können wir von diesem chinesischen Modell lernen?

Ich war schon oft in China, und ich kann Ihnen versichern, daß ich überzeugt bin, daß dieses schnelle Wirtschaftswachstum auf der konfuzianischen Tradition Chinas beruht, die sehr großen Wert auf eine ausgezeichnete Bildung legt. Konfuzius sagte: verjünge dich jeden Tag neu, entwickle jeden Tag neue Ideen, tue niemals zweimal das gleiche, verbessere dich immer weiter, vervollkommne dich jeden Tag. Und das ist das Prinzip, das China anwendet, vor allem auf die Ausbildung der Jugend, der Studenten, der Schüler, und auch der Frauen. Sie legen großen Wert darauf, Gleichberechtigung der Geschlechter zu erreichen, indem sie genauso viele Frauen an der Universitätsbildung teilhaben lassen. In diesem Jahr machen allein im Bereich der Kernfusionsforschung 2000 Studenten ihren Abschluß, und ich kenne kein europäisches oder auch amerikanisches Land, das auch nur annähernd an einen solchen Fortschritt heranreicht.

Aber sie haben nicht nur mit der Seidenstraße eine „Win-Win-Perspektive“ geschaffen, der sich andere Länder anschließen können. Sie haben auch ein neues Modell der auswärtigen Beziehungen geschaffen, das auf der Wahrung der Souveränität, des Respektierens der unterschiedlichen Gesellschaftsmodelle der anderen Länder und auf Nichteinmischung beruht. Sie haben die Vereinigten Staaten und alle Länder der Amerikas eingeladen, sich anzuschließen.

Und hier hinter mir sehen Sie eine Weltkarte mit unserem Vorschlag „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“. Dies ist tatsächlich ein Modell dafür, wie man die Unterentwicklung in allen Teilen der Welt überwinden und statt dessen ein vollkommen neues Paradigma schaffen kann.

Was ist diese Politik der Neuen Seidenstraße, der Weltlandbrücke? Im Kern ist es ein Vorstoß, die Geopolitik zu überwinden. Die Geopolitik war der Grund für die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts; es ist die Vorstellung, eine Gruppe von Nationen oder eine Nation habe legitime Interessen, die sie gegen andere Nationen verteidigen müsse - wenn nötig, mit militärischen Mitteln. Und dieses Denken muß beendet werden, denn im Zeitalter thermonuklearer Waffen kann Krieg kein Mittel der Konfliktlösung mehr sein.

Wir müssen also die Idee der Geopolitik durch die Idee der gemeinsamen Ziele der Menschheit ersetzen. Und es gibt viele gemeinsame Ziele der Menschheit! Beispielsweise die Beseitigung der Armut, die sehr einfach wäre. Wir könnten die Armut leicht innerhalb von ein, zwei Jahren beseitigen.

Wir müssen den Planeten schützen, der schließlich nur ein kleiner, blauer Planet in einem großen Sonnensystem und einer noch viel größeren Galaxis ist, und unsere Galaxis ist nur eine von Milliarden von Galaxien. Unser kleiner blauer Planet ist für uns wirklich sehr kostbar, und er muß vor Asteroiden, Kometen und anderen Gefahren aus dem All geschützt werden.

Dazu sollten wir den Weltraum erforschen. Wir sollten den Weltraum bereisen. Wir sollten Technologien entwickeln, die uns das erlauben. Und wiederum hat China derzeit das fortschrittlichste Weltraumprogramm der Welt. Mit ihren Mondmissionen sind sie dabei, den Abbau von Helium-3 auf dem Mond vorzubereiten, um es in einigen Jahren in großen Mengen zur Erde zu holen und als Brennstoff für die zukünftige Kernfusionswirtschaft auf der Erde zu verwenden.

Es gibt derzeit viele Berichte, die darauf hindeuten, daß ein Durchbruch in der Kernfusion schon sehr dicht vor uns steht, und wenn wir die Kernfusion erreichen, dann können wir auch die Rohstoffversorgung für sehr lange Zeit sicherstellen - für Zehntausende von Jahren. Und Helium-3 wird bereits die zweite Generation der Fusionsökonomie sein und im Grunde die Grundlagen der physischen Ökonomie vollkommen ändern, und es erlauben, die Kernfusion als Antrieb für die Raumfahrt zu verwenden.

Es liegt also viel Gutes vor uns. Aber wir müssen wirklich für dieses Modell kämpfen. Ich denke, es ist für die Menschheit erreichbar, daß jedes Kind auf dem Planeten Zugang zu universeller Bildung erhält. Und wenn das geschieht, dann wird die Oligarchie verschwinden. Und wenn jedes Kind Zugang zu allen Wissensgebieten hat, um alle Potentiale, die in jedem einzelnen Menschen liegen, voll zu entfalten, dann werden auch mehr und mehr Menschen wirklich menschlich werden, immer mehr Individuen werden Genies werden. Wir stehen erst in der Embryonen-Ära der Menschheit.

Schauen Sie nur auf die letzten 10.000 Jahre zurück - kein langer Zeitraum, wenn man es mit dem Alter des Universums oder auch nur unseres Planeten vergleicht. Wie weit hat sich die Menschheit entwickelt? Im Grunde von einem Bevölkerungspotential von vielleicht einigen Millionen Menschen, die Jäger und Sammler waren, auf heute sieben Milliarden Menschen. Und wir haben unglaubliche Technologien - wir können weltweit kommunizieren und alles mögliche andere tun. Aber in den nächsten 10.000 Jahren können wir uns Reichtümer des Universums erschließen, von denen wir jetzt nicht einmal eine Ahnung haben.

Aber wir brauchen diesen Optimismus, daß wir kurz davor stehen, daß die Menschheit eine wahrhaft kreative Gattung wird. Und ich denke, das ist die Verheißung und die Vision der Seidenstraße. Schließen Sie sich also an und studieren Sie sie.