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Neue Solidarität
Nr. 12-13, 23. März 2017

Deutschland muß auf den Zug
der Neuen Seidenstraße aufspringen!

Von Helga Zepp-LaRouche

Unbehaglicher hätte die Stimmung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump bei ihrem Besuch im Weißen Haus kaum sein können. Kein Händeschütteln für die Kameras, kaum Augenkontakt, meist mißvergnügte Mienen bei beiden. Nicht nur die Chemie stimmt nicht zwischen den beiden Personen, sondern es ist auch offensichtlich, daß sich in der gegenwärtigen transatlantischen Geometrie keine Auflösung der Spannungen finden läßt. Ein Ausweg ist aber sehr wohl in Sicht, der aber nur auf einer völlig anderen und höheren Ebene gefunden werden kann: der Win-Win-Kooperation mit China und der Neuen Seidenstraße, an der teilzunehmen sowohl die USA als auch Deutschland eingeladen sind.

Angesichts der Tatsache, daß Trumps Wahlsieg die Niederlage für die neoliberale, neokonservative Politik Hillary Clinton bedeutete, die er als „Amerikas Angela Merkel“ bezeichnet hatte, und Merkel ihrerseits als „engste Verbündete Obamas“ galt, war ohnehin nicht zu erwarten, das die beiden eine Wellenlänge finden würden. Entsprechend schrieb die New York Times über das Treffen „ Merkel trifft Trump, die Verteidigerin gegen den Störer“. Als ein Korrespondent der Welt bei der gemeinsamen Pressekonferenz versuchte, Trump bezüglich seiner Anschuldigungen gegenüber dem britischen Nachrichtendienst CGHQ, dieser habe ihn im Auftrag der Obama-Administration abgehört, aus der Reserve zu locken, wandte sich Trump zu Merkel und bemerkte witzig: „Dann haben wir ja wenigstens etwas gemeinsam.“ Trump hatte die Lacher auf seiner Seite, und Frau Merkel lächelte sichtlich gequält.

Ähnlich unauflösbar verliefen die Verwerfungslinien zwischen den Finanzministern der G20- Staaten in Baden-Baden, die sich über Formulierungen zu „Protektionismus“ und „fairem Handel“ für das Schlußcommunique nicht einigen konnten.

Weitaus vielversprechender ist die Dynamik umfassender diplomatischer Initiativen Chinas, mit denen die große Gipfelkonferenz zur Neuen Seidenstraße am 14./15. Mai in Beijing, das „Belt and Road Forum“, vorbereitet wird. Schon jetzt haben mehr als 20 Staatschefs, über 100 Delegation von Ministerien, über 150 Führer großer Organisationen und 1200 aus Wissenschaftlern, Industriebossen und Ökonomen bestehende Delegationen ihre Teilnahme zugesagt. Der chinesische Staatsrat Yang Jiechi, in dessen Verantwortung die Vorbereitung und Koordination der Konferenz liegt, traf sich Ende Februar mit Präsident Trump und so gut wie allen Mitgliedern des Trump-Teams in Washington. Kurz darauf erfolgte die Einladung Trumps an Präsident Xi Jinping zu einem zweitägigen Arbeitsgipfel, der am 6. und 7. April in Mar-a-Lago, dem Anwesen Trumps in Florida, stattfinden wird. Im Unterschied zum Besuch des japanischen Premierministers Abe, den Trump schon zuvor auf sein Anwesen eingeladen hatte, soll es bei dem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten nicht um Golf gehen, sondern um eine umfassende amerikanisch-chinesische Kooperation bei wirtschaftlichen und strategischen Fragen.

Bei einer Pressekonferenz am 10. März mit China Daily betonte Yang Jiechi am Rande des Nationalen Volkskongresses in Beijing, Ziel der Konferenz sei es, einen „breiten internationalen Konsens über die „Gürtel- und Straßen-Initiative“ zu konsolidieren. Es handele sich dabei um Chinas Idee, aber es werde kein Soloauftritt Chinas sein; eine bessere Analogie sei eine Symphonie, die von einem Orchester aufgeführt werde, das sich aus allen beteiligten Ländern zusammensetze.

Es ist zweifellos eine der wichtigsten strategischen Entwicklungen, daß sowohl der Präsident der UN-Vollversammlung Peter Thomson als auch der neue UN-Generalsekretär Antonio Guterres die volle Kooperation der Vereinten Nationen mit Chinas Initiative der Neuen Seidenstraße angekündigt haben. Thomson betonte: „Xi Jinpings Vision ist die einzige Zukunft für die Menschheit auf diesem Planeten! Die UN wird mit China zusammenarbeiten, den Frieden und die Entwicklung in der Welt zu befördern, Ziel ist es, eine Gemeinschaft für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit zu verwirklichen.“

Das ist nicht nur vollkommen wahr, denn Chinas Konzeption der Neuen Seidenstraße hat sich in den letzten dreieinhalb Jahren längst zur einzigen strategischen Initiative entwickelt, die weit über die ursprüngliche Dimension der antiken Seidenstraße hinausgeht und eine Entwicklungsstrategie für alle Kontinente dieser Erde geworden ist.

Niemand kann bestreiten, daß die vielen Hunderte von Projekten, die in verschiedenen Stadien der Verwirklichung sind, mit riesigem Tempo dabei sind, sich jener Konzeption anzunähern, die von unserem Verlag, EIR, bereits 2014 in einer 370 Seiten umfassenden Studie „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“ vorgeschlagen wurde. Mit anderen Worten, China und mehr als 70 Nationen werden jetzt offiziell von den Vereinten Nationen darin unterstützt, den alten Traum der Blockfreien Bewegung für eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung zu verwirklichen. Und es ist auch unleugbar, daß sich damit die Ideen und Prinzipien auf internationaler Ebene durchsetzen, für die Lyndon LaRouche seit über 50 Jahren gekämpft hat, wie kürzlich der tunesische Diplomat Dr. Ahmed Kedidi in einem bemerkenswerten Artikel in der katarischen Zeitung Al-Sharq ausführte (siehe http://www.al-sharq.com/news/details/473796).

Natürlich stehen dieser Vision einer geeinten Menschheit, wie sie bisher nur von Philosophen wie Konfuzius, Sri Aurobindo, Nikolaus von Kues oder Leibniz gedacht worden ist, erhebliche und existentielle Bedrohungen im Wege. Akute Beispiele dafür sind der extrem gefährliche Konflikt um die nordkoreanischen Raketentests als Reaktion auf die Stationierung des THAAD-Raketenabwehrsystems in Südkorea und die amerikanisch-südkoreanischen Militärmanöver, ebenso wie die nur ansatzweise gelöste Krise im Nahen und Mittleren Osten oder die sich wieder zuspitzende Lage in der Ukraine. Und natürlich werden die Pragmatiker und Kulturpessimisten diese Krisen in aristotelischer Argumentation als Beweis dafür anführen, daß das Ziel der gemeinsamen Zukunft der Menschheit eine unerreichbare Utopie darstellt.

Aber die genau gegenteilige Denkweise ist notwendig. Wenn wir das gemeinsame Interesse der Menschheit von der Zukunft her bestimmen, einer Vision, wo sich die Menschheit nach unserem Willen in 10, 100 oder 1000 Jahren befinden soll, dann kann man eine höhere Ebene der Vernunft denken, auf der die Konflikte auf der unteren Ebene aufgehoben sein werden. Chinas Initiative der Neuen Seidenstraße, an der alle Nationen in einer Win-Win-Kooperation teilnehmen können, geht genau von diesem Ansatz aus.

Es wird sich sehr schnell zeigen, daß Trump sein Versprechen, die Infrastruktur in den USA zu erneuern, nur verwirklichen kann, wenn Länder, die große Expertise auf diesem Gebiet haben, wie China, Japan oder Deutschland, sich daran beteiligen. Genauso ist schon jetzt deutlich, daß eine weitere Desintegration Europas nur aufgehalten werden kann, wenn sich die europäischen Nationen entschließen, mit China den Balkan und Südeuropa im Rahmen des Ausbaus der Neuen Seidenstraße wirtschaftlich aufzubauen. Der Konflikt um die koreanische Halbinsel ist nur lösbar, wenn Nord- und Südkorea zu der gemeinsamen Entwicklungsstrategie zurückkehren, die die soeben aus dem Amt entfernte Präsidentin Park auf Druck der Obama-Administration beendet hatte, was nur denkbar ist, wenn man die beiden Koreas eingebettet in die Dynamik der Neuen Seidenstraße sieht.

Und Europa könnte vielleicht wieder von einer westlichen Wertegemeinschaft sprechen, wenn es die unsäglichen Versuche aufgeben würde, durch abscheuliche Deals Auffanglager für Flüchtlinge zu organisieren, die inzwischen zu Gefängnissen geworden sind, und sich statt dessen an einer wirklichen Entwicklungsstrategie für Südwestasien und Afrika beteiligt. Dies setzt aber voraus, daß die Vertreter des arroganten, neoliberalen, transatlantischen Establishments von ihrem hohen Roß herunterkommen - oder aber von anderen politischen Kräften ersetzt werden.

Es mag vielen Zeitgenossen als unrealistisch erscheinen, aber es ist der Zeitpunkt in der Universalgeschichte gekommen, an dem die besten Ideen genutzt werden müssen, die die größten Denker der Menschheit hervorgebracht haben. Eine der wichtigsten Konzeptionen dieser Art ist die Denkmethode, die Nikolaus von Kues mit der coincidentia oppositorum, der Koinzidenz der Gegensätze, entwickelt hat. Nikolaus war sich völlig darüber im Klaren - und er hat es so geschrieben -, daß er damit etwas dachte, was vor ihm noch nie ein anderer Mensch gedacht hatte. Aber mit dieser Wissenschaftsmethode legte er nicht nur die Grundlage für den Westfälischen Frieden, sondern auch für die Schaffung neuer Entdeckungen in den Wissenschaften und der klassischen Kunst.

Wenn wir heute die Probleme der Menschheit lösen wollen, müssen wir genau von diesem cusanischen Ansatz ausgehen, der dem konfuzianischen Denken sehr verwandt ist, auf dem die Vision Xi Jinpings basiert. Die Lektüre der Docta Ignorantia des Nikolaus von Kues und die dazugehörige Verteidigungsschrift ist zur Vertiefung dieses Ansatzes sehr zu empfehlen.

(hzl@bueso.de)