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EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat neue Vorschläge vorgelegt, die supranationalen EU-Institutionen beträchtlich mehr Machtbefugnisse geben würden. Es besteht keine Aussicht, daß die Vorschläge angenommen werden, aber sie werden politisch zur Folge haben, daß die EU-kritische und -feindliche Stimmung überall in Europa Auftrieb erhält. Man muß sich tatsächlich fragen, was das eigentliche Ziel der Eurokraten ist.
Junckers’ Vorschläge wurden am 8. Dezember vom EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger vorgestellt, dem bei einer Umsetzung der „Reform“ eine entscheidende Rolle zufiele. Nicht zufällig sehen einige deutsche Insider in Junckers Plänen die Handschrift Oettingers und von Junckers einflußreichem deutschen Assistenten Martin Selmayr.
Es handelt sich um vier vorgeschlagene „Reformen“:
1. Gründung eines Europäischen Währungsfonds nach EU-Recht;
2. Zementierung des Stabilitätspakts als EU-Recht (statt wie bisher eines Vertrags zwischen Staaten);
3. ein EU-Haushalt mit erweiterten Einnahmen und Befugnissen;
4. ein EU-Finanzminister unter dem Dach der EU-Kommission.
Die Vorschläge werden in sieben langen, formalen Dokumenten beschrieben, die man auf der Webseite der Kommission nachlesen kann.
Zwei Tage nach der Ankündigung hat Italien den Plan abgelehnt, weil es darin zu Recht eine „Mega-Troika“ sieht, deren erstes Opfer die Italiener wären. Ministerpräsident Paolo Gentilone gab bei einem Treffen der Europäischen Demokratischen Partei in Rom ein Lippenbekenntnis zu Junckers Idee einer weiteren Integration ab, fügte jedoch hinzu: „Wir brauchen keinen europäischen Finanzminister als Aufseher über den Haushalt anderer Ländern und speziell der Mittelmeerländer.“ Mit einem ironischen Lächeln schloß Gentiloni: „Wenn das die Vorstellung eines europäischen Finanzministers ist, dann hätten wir ihn lieber nicht.“
Auch der Sprecher der Fraktion der Sozialisten im Europaparlament, der Italiener Gianni Pittella, lehnte Junckers Vorschlag in einem Interview mit der Huffington Post ab. Die Italiener fordern als Vorbedingung für eine Reform die Umsetzung eines gemeinsamen Konjunkturprogramms, also mehr Ausgaben.
Gerade das lehnt Berlin ab, und viele sehen in Junckers Vorschlag einen Vorstoß in diese Richtung. So mutmaßte das Boulevardblatt Bild, Juncker wolle vielleicht ausnutzen, daß Deutschland derzeit ohne Regierung ist. Insbesondere die zusätzliche Machtkonzentration bei der EU-Kommission könnte vom deutschen Verfassungsgericht abgelehnt werden.
eir