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Neue Solidarität
Nr. 48, 29. November 2018

Die Zukunft muß die Gegenwart bestimmen:
Die Menschheit an der Wegscheide zum Neuen Paradigma

Von Helga Zepp-LaRouche

Die Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, hielt am 17. November im Rahmen der Feiern zum 259. Geburtstag des Dichters Friedrich Schiller in New York City den folgenden Vortrag. Er wurde für den Abdruck aus dem Englischen übersetzt.

Lassen Sie mich zunächst feststellen: Es besteht ein Potential, daß wir schon viel schneller, als es die meisten Menschen ahnen, sehr bewußt den Beginn einer neuen Epoche der Menschheit erleben könnten, in der wir die Kriegsgefahr hinter uns lassen, in der unsere Nationen in einem völlig neuen Rahmen internationaler Beziehungen auf der Grundlage von Win-Win-Kooperation zusammenarbeiten, und in der wir alle unsere Ressourcen, sowohl unsere Kreativität als auch unsere physischen Ressourcen, dazu einsetzen, Probleme zu lösen, wie das Problem der Armut und die wissenschaftlichen Herausforderungen für die nächsten Schritte und Durchbrüche in unserem Wissen über das Universum. Ich kann mir vorstellen, daß all das schon sehr bald geschehen wird.

Die Beziehungen zwischen Präsident Trump, Präsident Xi und Präsident Putin sind entscheidend, um solch eine Lösung zu erreichen, so unwahrscheinlich das einigen erscheinen mag. Wir könnten sogar schon innerhalb eines Jahres oder weniger Jahre eine große Wende erleben, die uns aus dem gegenwärtigen finsteren Zeitalter herausführt, das wir vor allem im Westen derzeit erleben, und die ebenso fundamental und bahnbrechend sein könnte wie die Goldene Renaissance im Italien des 15. Jahrhunderts, die das schreckliche finstere Zeitalter des 14. Jahrhunderts ablöste. Ich möchte Sie alle daran erinnern, daß es damals möglich war, ein solches finsteres Zeitalter zu überwinden und etwas zu schaffen, was die Grundlage für die folgenden 600 Jahre der Menschheitsgeschichte gelegt hat.

Ich denke, daß das heute absolut möglich ist. Ich bin sogar überzeugt, daß ich keineswegs zu optimistisch oder in utopischen Ideen gefangen bin, wenn ich mir absolut sicher bin, daß das Ziel, das wir uns vorgenommen haben, als wir 1984 das Schiller-Institut gründeten, erreicht werden kann – nämlich, eine neue, gerechte Weltwirtschaftsordnung auf diesem Planeten zu schaffen, in der alle Nationen, alle Zivilisationen, alle Kulturen der Welt ihre besten Traditionen einbringen und zusammenarbeiten, um eine neue, höhere Renaissance für die gesamte Menschheit hervorzubringen; wobei klar ist, daß dies nur möglich sein wird, wenn wir das mit einer Renaissance der klassischen Kultur verbinden. Das war das Ziel des Schiller-Instituts, und ich halte es für sehr gut möglich ist, daß es sich erfüllt.

Nachdem ich nun aber mit absoluter Sicherheit gesagt habe, daß das möglich ist, möchte ich hier ebenso klar sagen, daß auch die Gefahr besteht, daß wir wie Schlafwandler in einen neuen Weltkrieg taumeln, so wie das vor und im Ersten Weltkrieg geschehen ist.

Der Grund, warum diese Gefahr absolut gegeben ist, ist eng verwandt mit den Gründen für den Ersten Weltkrieg. In der gegenwärtigen Lage gibt es zwar viele Unterschiede und neue Faktoren, aber es gibt auch fundamentale Parallelen. Denn es waren die geopolitischen Theorien des Britischen Empire vor dem Ersten Weltkrieg, wie sie beispielsweise von Harold Mackinder ausgedrückt wurden, der die Vorstellung entwickelte, daß derjenige, der das „eurasische Herzland“ beherrscht, letztendlich die ganze Welt beherrschen, die Hegemonie über die Welt haben würde – und daß dies zum Nachteil der Seemächte ausschlagen würde, vor allem des Britischen Empire.

Ich will hier nicht auf die komplizierte Geschichte des Ersten Weltkriegs eingehen – wenn Sie anfangen, sie zu studieren, werden Sie sehen, daß das tatsächlich eine hochinteressante Lage war, und alle Länder, vor allem die sechs hauptbeteiligten Imperien und Nationen, haben lange Dokumentationen darüber erstellt, wie es zum Ersten Weltkrieg kam. Jedes hat eine eigene Sichtweise. Und man müßte schon außerordentlich lange leben, um das alles zu studieren, denn es sind viele Biographien und Notizen und Dokumente usw. Aber die Parallelen zu heute sind trotzdem sehr sichtbar.

Wenn Sie dieses geopolitische Denken anwenden, dann ging es damals um den Bau der Transsibirischen Eisenbahn, um die Rolle Rußlands, um die mögliche Zunahme der Bedeutung des eurasischen Kontinents im Vergleich zu den Seemächten. Heute ist das ganz klar die Politik der Belt & Road Initiative (BRI), für die China wirbt, die schon mehr als hundert Länder begeistert und in die Kooperation einbezieht. Und natürlich ist es der Aufstieg Rußlands als globale Macht unter Putins Führung, der als ein sehr wichtiger strategischer Faktor in dieser Lage aufkommt. Es geht auch um das, was oft als die Gefahr der „Thukydides-Falle“ bezeichnet wird, nämlich, daß die bis dahin vorherrschende Macht, in diesem Fall die Vereinigten Staaten, von einer aufstrebenden zweiten Macht, nämlich China, überflügelt wird.

Die Idee der unipolaren Welt

Nun, wie sind wir an diesen Punkt gekommen? Als die Sowjetunion auseinanderbrach, beschlossen die Neokonservativen in den Vereinigten Staaten zusammen mit ihren Gesinnungsgenossen in Großbritannien, daß nun, angesichts der Tatsache, daß der Kommunismus besiegt war, die Zeit gekommen sei, eine unipolare Welt zu schaffen, in der sie auf der Grundlage der Sonderbeziehung zu Großbritannien die Welt nach ihren Prinzipien und Neigungen beherrschen würden. Sie erinnern sich, daß der Historiker Fukuyama damals das „Ende der Geschichte“ ausrief – von nun an würde auf der ganzen Welt die Demokratie herrschen, und es würde keine konkurrierenden Systeme mehr geben, sondern alles würde dem westlichen Modell folgen.

Für Rußland wollte man das durch die sog. „Schocktherapie“ erreichen, die Idee, die frühere Supermacht Sowjetunion in ein rohstoffexportierendes Land der Dritten Welt zu transformieren. Unter Jelzin und in Kollaboration mit dem Westen wurde Rußland ausgeplündert, und Rußlands industrielles Potential wurde von 1991-94 auf nur noch 30% reduziert. Es war für Rußland im Grunde ein Jahrzehnt des Völkermords, des demographischen Kollapses, aber Rußlands Bedeutung als Weltmacht wurde offensichtlich beseitigt.

Dann folgte etwas später die Idee, China in die Welthandelsorganisation (WTO) aufzunehmen, was ebenfalls mit der Idee verbunden war, daß man China als kommunistische Macht ausschalten würde und China durch die Öffnung gegenüber der WTO letztendlich nicht nur den Freihandel, sondern auch westliche Werte wie Demokratie und Menschenrechte übernähme und im Grunde irgendwann nicht mehr anders wäre als der Westen.

Gegen die übrigen Länder, die noch nicht auf Linie waren, gab es Regimewechsel, Farbenrevolutionen, man sprach von der „Achse des Bösen“, um alle Länder loszuwerden, die nicht dem westlichen Modell folgen und sich den „westlichen Werten“ nicht unterwerfen wollten.

Damit verbunden war natürlich die Vorstellung, daß man alle merkantilistischen Tendenzen oder staatlichen Steuerungssysteme in der Wirtschaft beseitigen wollte und die neoliberalen Ideen sich durchsetzen würden. Es gab eine Kampagne für die Deregulierung der Finanzmärkte. Infolgedessen vergrößerte sich der Abstand zwischen reich und arm.

Das ging eine ganz Weile so weiter, aber am Ende führte es zu einer globalen Rebellion gegen die geopolitische, neoliberale Politik. Als Folge davon haben wir die Rebellion des Brexit gesehen, den Wahlsieg von Trump gegen Hillary Clinton, die Wahl einer neuen italienischen Regierung, die alle diese Werte zurückweist, und etlicher anderer Regierungen in Europa auf der gleichen Linie.

China folgt in seinem Verhalten diesem Skript nicht, sondern hat seine eigenen Wurzeln entdeckt und kehrte zur Politik der asiatischen Seidenstraße zurück, indem es die Neue Seidenstraße auf die Tagesordnung setzte. Das war nur ein Element in der Tradition Chinas, aber ich denke, die Belt & Road Initiative war, auch in Kooperation mit anderen Ländern der BRICS und vor allem mit anderen asiatischen Staaten, auch eine Reaktion auf die „Asienkrise“ von 1997. Mein Ehemann hatte damals gewarnt, das sei keine Asienkrise, sondern der Beginn einer globalen Finanzkrise, die sich einfach in verschiedenen Phasen entwickle, die aber allesamt Teil des gleichen Prozesses seien.

Der Auslöser dieser „Asienkrise“ waren die Spekulationsgeschäfte von George Soros, der gegen die asiatischen Währungen spekulierte, die dann innerhalb einer Woche um bis zu 80% abstürzten. Aber letztendlich stärkte das die Idee, daß die sogenannten Entwicklungsländer einen Widerstand formieren müssen und daß sie sich auf eine andere Politik verlegen müssen.

China, vor allem Xi Jinping, machte sich nicht nur daran, den schrecklichen Mangel an Entwicklung in Industrie und Infrastruktur nach 500 Jahren Kolonialismus zu überwinden, sondern auch das Regime, das über die negativen Aspekte des Bretton-Woods-Systems durchgesetzt wurde, wie es Truman und Churchill beabsichtigt hatten – womit Franklin Roosevelts Hoffnung, durch das Bretton-Woods-System den Kolonialismus abzuschaffen, sich nicht erfüllte. Statt dessen führten sie die schreckliche Ungerechtigkeit gegenüber dem Entwicklungssektor ein, denn wenn die Weltbank und der Weltwährungsfonds (IWF) für die Kredite und die Festlegung ihrer Konditionen zuständig waren, bedeuteten diese Konditionen eine Schuldenfalle.

Diese Konditionen verhinderten den Aufbau von Infrastruktur, Investitionen in die Sozialsysteme und in die Bildung. Auf diese Weise hinderten sie die Entwicklungsländer daran, jemals den Sprung zu schaffen, Industrieländer zu werden. Und wenn es dem IWF nicht gelang, so besorgte die bösartige Ideologie des Club von Rom den Rest, der hartnäckig behauptete, daß wir auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen leben und daß nur „nachhaltiges Wachstum“ erlaubt sei, also im Grunde Bevölkerungsreduktion und gar keine Entwicklung. Auch der World Wildlife Fund förderte diese Idee, indem er behauptete, Schnecken und Spinnen seien wichtiger als Menschen, und deshalb dürften Staudämme und Wasserregulierungen und alle diese Dinge nicht zugelassen werden.

So gab es ein schreckliches Vakuum, und deshalb folgte innerhalb kurzer Zeit eine Explosion von Entwicklung – in den nur fünf Jahren, seit Xi Jinping die Belt & Road Initiative ankündigte. Mehr als hundert Länder wurden vom Geist der Seidenstraße erfaßt, er gab den Entwicklungsländern zum erstenmal Hoffnung, die Armut zu überwinden, industrialisierte Länder zu werden, und dabei nicht nur die Entwicklung zu wiederholen, die die industrialisierten Länder vor ihnen hatten, sondern gleich zu den fortgeschrittensten Bereichen von Forschung und Technologie zu springen, vor allem mit Hilfe von China, aber auch Rußland und in geringerem Maße Indien, Japan und anderen Ländern.

Der Westen und die Thukydides-Falle

Das geschah ab 2013, und etwa vier Jahre lang haben die westlichen Medien und Denkfabriken fast völlig ignoriert, daß sich dieses neue System der BRI entwickelte und äußerst schnell heranwuchs. Schon das an sich ist unglaublich, schließlich handelt sich hier um das größte Infrastrukturprogramm, das jemals in der Geschichte unternommen wurde. Schon jetzt ist es 20 Mal so groß wie der Marshallplan, und es ist unbegrenzt. Aber die westlichen Medien entschieden, es mehr oder weniger zu ignorieren. Es gab keine objektive Berichterstattung, keine Dokumentationen, keine Berichte darüber in den westlichen Medien.

Dann aber, vor etwa einem Jahr, gab es plötzlich eine Welle von Angriffen auf China. Die Denkfabriken warfen China vor, einen neuen Kolonialismus zu betreiben, die Länder des Entwicklungssektors in eine Schuldenfalle zu locken, ein proletarisches System zu sein.

In den Ländern, die sich an der Belt & Road Initiative beteiligen, spottet man darüber, viele Staatschefs der Dritten Welt, in Lateinamerika, Asien und Afrika, wiesen diese Behauptungen entschieden zurück und sagten, jetzt hätten sie dank der Kooperation mit China zum erstenmal die Chance, sich zu entwickeln. Sie wollten als gleichrangige Partner behandelt werden, statt sich länger die Moralpredigten des Westens anzuhören, der von Demokratie und Menschenrechten redet, aber keine Entwicklung bringt.

Die falsche Propaganda gegen China kam in den Entwicklungsländern überhaupt nicht gut an, aber sie hat natürlich die Bevölkerung in den Vereinigten Staaten und in einigen europäischen Ländern verwirrt und verstört, weil die Menschen nicht wissen, was wirklich geschieht. Und wenn man nur die Darstellung der westlichen Medien kennt, dann ist es sehr schwer, das herauszufinden.

Das gleiche geschah im Grunde auch gegenüber Rußland. Es gab eine völlige Dämonisierung Rußlands, indem man ein völlig falsches Narrativ erfand. Dieses Märchen begann mit der angeblichen russischen „Annexion der Krim“. Plötzlich wurde völlig aus dem Gedächtnis und Bewußtsein der Menschen gestrichen, wie der Westen sich in den 90er Jahren an der Plünderung Rußlands beteiligte, und daß es in Rußland nur deshalb immer noch Oligarchen gibt, weil die von einigen westlichen Mächten unterstützt werden. Das falsche Narrativ tat auch so, als sei Gorbatschow und Rußland zur Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion bzw. sogar schon vorher, zur Zeit der deutschen Wiedervereinigung, niemals versprochen worden, daß die NATO nicht bis an die Grenzen Rußlands expandieren werde. Das wurde alles vollkommen vergessen.

In Wirklichkeit wurde die Krise in der Ukraine natürlich nicht dadurch ausgelöst, daß Rußland die Krim „annektierte“, sondern vielmehr, wie Helmut Schmidt einmal sagte, durch den Maastricht-Vertrag der EU, in dem beschlossen wurde, wie Robert Cooper damals sagte, die EU in ein „Empire“ zu verwandeln und durch die Aufnahme von Ländern nach Osten vorzurücken. Und tatsächlich expandierten die NATO und die EU immer weiter bis an Rußlands Grenzen und so weit wie möglich nach Osten.

All das wurde vollkommen ausgeklammert und vergessen, und das EU-Assoziationsabkommen wurde praktisch aus dem Gedächtnis gestrichen, genauso wie der Nazi-Putsch in Kiew und das Resultat des Referendums auf der Krim, das eine freie Entscheidung der Menschen auf der Krim war. Plötzlich schien es so, als habe die Geschichte erst danach begonnen. Wie Putin mehrmals sagte: Wenn es nicht die Ukraine gewesen wäre, dann hätten sie irgendeine andere Geschichte erfunden.

Inzwischen hat das Pentagon die Nationale Sicherheitsstrategie der USA vorgelegt. Erst vor zwei Tagen wurde vom Prüfungsausschuß des Kongresses für die Nationale Verteidigung unter der Führung von Eric Edelman ein Bericht vorgelegt, der ganz im Geiste von John McCain ist. Was besagt er? Ich will Ihnen ein Zitat daraus vorlesen, damit Sie einen Eindruck davon bekommen. In der Zusammenfassung heißt es:

Das entspricht ganz und gar der Sicht der Neokonservativen, es ist die Vorstellung, daß die Welt für immer in Blöcke geteilt sein wird und daß die Idee einer multipolaren Welt völlig inakzeptabel sei. Die Neocons geben offensichtlich nicht auf; trotzdem stehen sie in völligem Widerspruch zu dem, was Präsident Trump immer wieder sagt, nämlich, daß er die Beziehungen zu Rußland und China verbessern will, und daß es nichts schlechtes ist, sondern eine gute Sache ist, gute Beziehungen zu diesen beiden Ländern zu haben.

Während diese Neocons in den Vereinigten Staaten mobilisieren, fordert gleichzeitig Frankreichs Präsident Macron eine europäische Armee außerhalb der NATO. Er hat die Gedenkfeier für den Ersten Weltkrieg dazu mißbraucht, die eine echte Chance gewesen wäre, über die Zukunft der Zivilisation nachzudenken, und darüber, wie wir sicherstellen können, daß es nie wieder Kriege gibt. Macron hat praktisch Trump angegriffen und die Bühne der internationalen Aufmerksamkeit dazu benutzt, sich als den Gegenpol zu den „Nationalisten“ und „Populisten“ zu präsentieren. Er forderte mehr Unabhängigkeit vom Dollar, ohne zu sagen, wie die desolate EU das bewirken soll, und er forderte eine europäische Armee gegen die Bedrohung durch Rußland, China und die Vereinigten Staaten. Einen Tag später forderte der französische Finanzminister Le Maire, Europa müsse ein „Empire“ werden wie die Vereinigten Staaten oder China.

Es ist unglaublich, daß jemand in Zeiten wie diesen die Unverfrorenheit besitzt, die Nationalstaaten vom Standpunkt des Empires anzugreifen, als wäre das eine überlegene Regierungsform. Meiner Meinung nach leiden Herr Macron und seine Regierung unter einem Übermaß an „Grandeur“ [Selbstherrlichkeit], angesichts des unbestreitbaren Zustands der Europäischen Union. Macrons Popularität fällt wie ein Stein. Gerade heute gab es überall in Frankreich große Demonstrationen, bei denen die Menschen die Straßen blockierten und durch ihren Protest gegen die hohen Treibstoff- und Benzinpreise und gegen Macrons Sparpolitik den Verkehr vollkommen zum Erliegen brachten. Es herrscht also eine Massenstreikstimmung in Frankreich, was schon in naher Zukunft sehr interessante Folgen haben kann.

Gleichzeitig ist die EU am Auseinanderbrechen. Die EU-Kommission und die EU befinden sich in einer Konfrontation mit der italienischen Regierung, die sich weigert, weiter die Anweisungen der EU zu befolgen und Sparmaßnahmen zum Schaden der eigenen Bevölkerung zu verhängen. Sie sagt, sie wolle nicht die Fehler von Griechenland und Spanien wiederholen und statt dessen eine Politik für Investitionen und Wachstum haben.

Auch in Deutschland ist die sogenannte Große Koalition unter Frau Merkel gar nicht mehr so groß. Sie ist eine kleine Koalition von nur noch 40%, wenn jetzt Wahlen wären, hätte sie keine Mehrheit mehr. Merkel könnte schon sehr bald stürzen, denn wenn Seehofer geht, wahrscheinlich Anfang des Jahres, könnte es zu einer Regierungsumbildung kommen, und dann könnte Merkel draußen sein.

Aber die Lage in Deutschland ist eine echte Krise, denn einer der möglichen Nachfolger Merkels ist der CDU-Politiker Merz, ein völliger Neocon, er ist neoliberal, und er will eine Koalition mit den Grünen. Er spricht sogar von einem grünen Bundeskanzler. Beide Optionen bedeuteten das Ende Deutschlands als Industrienation. Denn die Grünen fordern die völlige Dekarbonisierung der Wirtschaft, ausgehend von der Vorstellung, daß CO2-Emissionen den Klimawandel und die globale Erwärmung verursachen, was ein großer Schwindel ist, wenn man die Tatsache betrachtet, daß alle menschlichen Aktivitäten in den letzten 100 Jahren nur eine Wirkung von 0,2% auf den Klimawandel hatten, und die Temperaturen seit der letzten sogenannten kleinen Eiszeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts nur um 0,8°C angestiegen sind. Damals gab es sehr tiefe Temperaturen, wo die Ostsee und der Bodensee vollkommen zugefroren waren. Es war also im Grunde gar kein so schrecklicher Temperaturanstieg.

Wenn Deutschland, das töricht aus der Kernkraft ausgestiegen ist, ohne einen Ersatz dafür zu haben, unter einer Führung von CDU und Grünen die Dekarbonisierung anstreben würde – was bedeutet: keine Kohle, keine fossilen Treibstoffe, nur „alternative“ Energien –, dann wäre das schlimmer als der Morgenthauplan. Es bedeutete den völligen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft, und angesichts der Rolle der deutschen Wirtschaft in Europa bedeutete dies den Kollaps ganz Europas. Abgesehen davon ist es eine Form des Ökofaschismus, denn jedermann – sogar der frühere Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Schellnhuber – gibt zu, wenn man die Weltwirtschaft dekarbonisiert, daß dann nur noch eine Milliarde Menschen auf der Erde versorgt werden können. Die große Frage ist natürlich, was soll mit den übrigen sechs Milliarden geschehen?

Ein Neues Bretton Woods

Ich wollte hier nur in groben Zügen ein Bild der strategischen Lage zeichnen, um zu unterstreichen, daß angesichts dieser strategischen Lage der Vorschlag meines Ehemanns Lyndon LaRouche die einzige Möglichkeit ist, wie wir aus dieser gegenwärtigen Krise und der Gefahr, in einen neuen Krieg zu schlittern, herauskommen können: ein Vier-Mächte-Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien – das nicht exklusiv wäre, sondern eine offene Koalition, der sich weitere Nationen, weitere Länder anschließen können. Der unmittelbare Schritt, den diese vier Regierungen tun müssen, ist es, ein Neues Bretton-Woods-Kreditsystem zu schaffen.

Wir haben derzeit nicht nur eine Krise in Europa, das sich in einem zentrifugalen Auflösungsprozeß befindet, wir sind auch mitten in einer europäischen Bankenkrise, wir stehen am Rande eines neuen Finanzkrachs. Es besteht die Möglichkeit, daß sich der Krach von 2008 wiederholt, nur diesmal in einem viel größeren Maßstab. Alle Parameter, die zur Krise von 2008 führten, sind um 40% gestiegen. Vor allem die Unternehmensschulden sind eine tickende Zeitbombe, die das System jederzeit sprengen kann. Auch die Menge des spekulativen Geldes, das heute täglich um die Welt fließt, ist auf ein Mehrfaches angewachsen, derzeit fließen jeden Tag fünf Billionen Dollar an spekulativen Geldern, die zum Teil in Nanosekunden rund um den Globus geschickt werden. Aber die Werkzeuge der Zentralbanken sind verbraucht, man kann nicht endlos weiter Quantitative Erleichterung betreiben. Wir sitzen im Grunde auf einem Vulkan.

Die unmittelbare Lösung für diese Welt wäre, daß diese vier Länder für ein Neues Bretton-Woods-System kooperieren. Natürlich wäre es eigentlich die Aufgabe der G-20, aber angesichts der Tatsache, daß der G-20 mehrere Länder angehören, die völlig gefangen in dem alten, geopolitischen, neoliberalen Paradigma sind, kann es nur durch einen Diskussionsprozeß zwischen den Präsidenten Putin und Trump und Xi Jinping entstehen, indem sie über ein Neues Bretton-Woods-System sprechen, das einen globalen Glass-Streagall-Ansatz [ein Trennbankensystem] umfaßt. Dazu würden Nationalbanken für jedes Land gehören. Es wäre ein internationales Kreditsystem zur Finanzierung langfristiger internationaler Investitionen in Projekte der Belt & Road Initiative und für die Kooperation in der Neuen Seidenstraße auf einer Win-Win-Basis.

Dazu ist offensichtlich eine bewußte Entscheidung notwendig, die Thukydides-Falle zu vermeiden und die anderen Länder nicht als Konkurrenten und Gegner zu betrachten, sondern auf einer Win-Win-Basis zu kooperieren. Für die Vereinigten Staaten hieße dies, daß sie, anstatt ihr Militärbudget weiter zu vergrößern, obwohl es schon jetzt 700 Mrd.$ umfaßt und zehnmal so groß ist wie das von Rußland, sondern statt dessen mit anderen zusammenarbeiten, um die amerikanische Wirtschaft wieder aufzubauen.

Spätestens dann, wenn katastrophale Brände in Kalifornien beispiellose Schäden auslösen und gleichzeitig die Ostküste unvorbereitet von Winterstürmen überrascht wird, sollte für jeden offensichtlich sein, daß der jahrzehntelange Mangel an Infrastrukturinvestitionen, der Mangel an Wasserregulierung in den Vereinigten Staaten unbedingt angepackt werden muß, wenn diese ganze Frage des Wettbewerbs zwischen den Systemen nicht durch einen wirtschaftlichen Kollaps der Vereinigten Staaten völlig irrelevant werden soll.

Anfang 2018 hatte China bereits 22.000 km an Hochgeschwindigkeitsbahnen. Bis Ende des Jahres werden sie den größten Teil der Schnellbahnverbindung zwischen Beijing und Hongkong fertiggestellt haben, das sind 2230 km. In zwei Jahren will China alle bedeutenden Städte durch ein Netz von Hochgeschwindigkeitsbahnen miteinander verbinden. Die Vereinigten Staaten haben nur eine einzige kurze Strecke von 200 km für Schnellzüge und keinen einzigen Kilometer Bahnstrecke für Geschwindigkeiten über 250 km/h, während die Schnellzüge in China 350 km/h fahren. Wenn die Vereinigten Staaten mit China kooperieren würden, um in ein Schnellzugnetz in Amerika zu investieren, die physische Wirtschaft wieder aufzubauen und das Handelsdefizit durch gemeinsame Unternehmungen in Lateinamerika, Asien und insbesondere zur Entwicklung Afrikas zu überwinden, dann kann unsere Welt schon in naher Zukunft ganz anders aussehen.

Wir setzen uns mit dem Schiller-Institut weltweit dafür ein, einen völlig neuen Rahmen der internationalen Beziehungen zu schaffen, besonders durch unseren Appell an die vier Staatschefs von Rußland, China, Indien und den Vereinigten Staaten. Dazu muß man die Welt vom Standpunkt der Zukunft aus betrachten. Wie soll die Welt in hundert Jahren ausschauen?

Wenn wir die gegenwärtigen Gefahren vermeiden, dann werden wir die kommerziell nutzbare Kernfusionsenergie haben, wir werden als Resultat der Fusion und der Plasmafackel-Technologie praktisch unbegrenzte Energie- und Rohstoffvorräte zur Verfügung haben – in der ersten Phase durch Deuterium und Tritium, das in den Ozeanen praktisch unbegrenzt vorhanden ist, und in der zweiten Generation durch Helium-3 als Brennstoff für den Fusionsprozeß.

Wir werden Siedlungen auf dem Mond haben, wir werden den Mond industrialisieren für gemeinsame Missionen zum Mars und schon bald auch zu anderen Himmelskörpern, und wir werden eine Kooperation von der Art haben, wie wir sie gerade gestern gesehen haben, als Roskosmos erfolgreich eine Sojus-FG-Trägerrakete mit einem MS-10-Progress-Raumfahrzeug startete, das Nachschub zur internationalen Weltraumstation ISS transportiert, und heute wurde ein Cygnus-NG-10-Raumfahrzeug mit einer Antares-Rakete vom Raketenstartplatz Wallops in Chincoteague/Virginia zur ISS gestartet. Diese Form der Kooperation im Weltraum ist wirklich das Vorbild für die zukünftigen Beziehungen zwischen den Nationen.

Nun, ich bin auch überzeugt, wenn man sieht, was sich beispielsweise in China vollzieht – wo Xi Jinping sehr großen Wert auf die ästhetische Erziehung des Menschen legt, weil es das Ziel ist, schöne Geister und Seelen in den Schülern und Studenten zu wecken und ihnen die Tradition des Konfuzius und der 5000jährigen Geschichte Chinas zu vermitteln –, und in vielen anderen Ländern, die auf ihre eigenen, besten Traditionen zurückschauen, wie in Rußland, in Afrika und anderen Ländern in aller Welt: wenn wir im Westen zu den Ideen Friedrich Schillers zurückkehren, zu der Idee, daß man eine ästhetische Erziehung zur Veredelung der eigenen Bevölkerung braucht, dann können wir tatsächlich entdecken, wieviel Schönes diese Universalgeschichte bisher schon hervorgebracht hat.

Und ich bin überzeugt, daß wir in den Vereinigten Staaten wie in Deutschland dringend dem gegenwärtigen Verfall unserer Kultur entgegenwirken müssen, der Drogenepidemie, der Gewalt an den Schulen, den Massakern, den Selbstmorden aus Verzweiflung, vor allem aber der zunehmenden Gewalt und Perversion in allen Formen unserer Jugendkultur. Wir müssen dringend auf die Ideen von Konfuzius, von Schiller und anderen großen Geistern anderer Länder zurückblicken, um unsere Bevölkerung zu veredeln. Sonst brauchen wir uns über den „Systemwettbewerb“ mit anderen Kulturen wie China oder Rußland gar keine Gedanken zu machen, denn wenn wir im Westen uns nicht zusammenreißen und zu unseren eigenen hohen Traditionen und Kulturen zurückkehren, dann werden wir sowieso sehr bald zusammenbrechen.

Aber ich bin optimistisch, und ich bin überzeugt, das Potential dazu ist absolut vorhanden. Und da Präsident Trump den Angriff des Britischen Empires und den Putschversuch gegen ihn auf wundersame Weise überstanden hat und bei der Kongreßwahl sogar noch Sitze im Senat hinzugewonnen hat, halte ich es unbedingt für möglich, eine solche Mobilisierung zu starten, um in ein neues Paradigma zu gelangen.

Aber dazu brauche ich Ihre Unterstützung. Sie in den Vereinigten Staaten müssen mit uns zusammenarbeiten, und wir brauchen dringend eine Mobilisierung, um dieses Neue Paradigma zu erreichen, denn die Menschheit steht an einer Wegscheide wie noch nie zuvor in der Geschichte.

Vielen Dank.