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Die folgenden Auszüge stammen aus einer Rede, die US-Präsident John F. Kennedy am 10. Juni 1963 an der American University in Washington gehalten hat. Am folgenden Tag übermittelte Kennedy dem Kongreß den „Bericht an das amerikanische Volk über die Bürgerrechte“, in dem er die Gesetze vorschlug, die später als Bürgerrechtsgesetz von 1963 in Kraft traten. In seiner Rede vom 10. Juni sagte Kennedy:
(...) Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, jetzt und hier über ein Thema zu sprechen, bei dem man zu oft auf Unwissenheit stößt und bei dem die Wahrheit zu selten erkannt wird, obwohl es sich bei ihm um das wichtigste Thema auf der ganzen Welt handelt: den Weltfrieden.
Von welcher Art Frieden spreche ich? Welche Art Frieden streben wir an? Es geht hier nicht um eine Pax Americana, die der Welt durch amerikanische Kriegswaffen aufgezwungen wird. Auch geht es nicht um den Frieden des Grabes oder um die Sicherheit der Sklaven. Ich spreche von echtem Frieden, von der Art Frieden, die das Leben auf der Erde lebenswert macht, von der Art Frieden, durch die Menschen und Nationen wachsen, hoffen und für ihre Kinder die Grundlage einer besseren Zukunft legen können. Ich spreche nicht nur von Frieden für Amerikaner, sondern von Frieden für alle Männer und Frauen. Auch geht es nicht nur darum, daß in unserer Zeit Frieden herrscht, sondern für alle Zeiten.
Ich spreche von Frieden, weil sich das Gesicht des Krieges verändert hat. Totaler Krieg ist in einem Zeitalter sinnlos, in dem Großmächte viele und relativ unbezwingbare Atomwaffen unterhalten können und sich weigern, ohne Einsatz dieser Waffen zu kapitulieren. Er ist sinnlos in einem Zeitalter, in dem die Explosion einer einzigen Atomwaffe nahezu zehnmal so stark ausfällt wie die Waffen aller alliierten Luftstreitkräfte des Zweiten Weltkriegs zusammen. Er ist sinnlos in einem Zeitalter, in dem die tödlichen Gifte, die bei einem atomaren Austausch freigesetzt werden, mit Wind, Wasser, Erde und Saatgut in die entlegensten Winkel dieser Erde gebracht und Generationen, die noch nicht einmal geboren wurden, davon in Mitleidenschaft gezogen werden würden.
Derzeit müssen wir zur Friedenssicherung jedes Jahr Milliarden von Dollar für Waffen ausgeben, die nur gekauft werden, damit wir sie niemals einsetzen. Der Erwerb eines solchen ungenutzten Arsenals, das ausschließlich zu zerstörerischen, nicht jedoch zu konstruktiven Zwecken eingesetzt werden könnte, ist sicherlich nicht die einzige und schon gar nicht die effizienteste Methode der Friedenssicherung.
Ich spreche daher von Frieden als das notwendige rationale Ziel vernünftiger Menschen. Ich stelle fest, daß das Streben nach Frieden weniger dramatisch ist als das Streben nach Krieg, und die Worte desjenigen, der Frieden fordert, verhallen häufig ungehört. Dennoch ist dies unsere dringlichste Aufgabe.
So mancher sagt, daß es sinnlos sei, von Weltfrieden, weltweit gültigen Gesetzen oder globaler Abrüstung zu sprechen, und daß dies so lange der Fall sein wird, bis die Machthaber der Sowjetunion eine aufgeklärtere Haltung einnehmen. Ich hoffe, sie werden das tun, und denke, daß wir sie dabei unterstützen können. Ich denke aber auch, daß wir unsere eigene Haltung als Einzelne und als Nation erneut hinterfragen sollten, da sie eine genauso wichtige Rolle spielt wie die der Sowjetunion. Jeder Absolvent dieser Hochschule und jeder gewissenhafte Bürger, der Krieg ablehnt und Frieden herbeisehnt, sollte damit beginnen, nach innen zu blicken, indem er überlegt, welche Einstellung er in Bezug auf die Möglichkeit des Friedens, die Sowjetunion, den Verlauf des Kalten Krieges und Freiheit und Frieden hier im eigenen Land vertritt.
Hierzu mein erster Punkt: Lassen Sie uns überlegen, wie wir zum Frieden an sich stehen. Zu viele Menschen unter uns glauben, daß es nicht möglich sei, in Frieden zu leben. Zu viele denken, daß dies unrealistisch sei. Dies ist jedoch eine gefährliche, defätistische Ansicht. Sie führt zu der Schlußfolgerung, daß Krieg unvermeidbar ist und daß die Menschheit dem Schicksal verfallen ist und von Kräften geleitet wird, die sie nicht kontrollieren kann.
Wir müssen diese Ansicht nicht akzeptieren. Unsere Probleme wurden von Menschen verursacht, weshalb sie auch von Menschen gelöst werden können. Ein Mensch kann all das erreichen, was er sich vornimmt. Kein Problem, das mit dem menschlichen Schicksal in Verbindung gebracht wird, übersteigt menschliche Fähigkeiten. Menschen haben schon oft unter Einsatz ihrer Vernunft und ihres Geistes scheinbar unüberwindbare Probleme gelöst, und wir glauben, daß sie dazu auch in Zukunft in der Lage sein werden. (...)
(Übersetzung: www.jfklibrary.org)