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In Berlin ging das Young Euro Classics Festival zuende.
...Wenn der Töne Zauber walten
und des Wortes Weihe spricht
Muß sich Herrliches gestalten
Nacht und Stürme werden Licht.
Äuß‘re Ruhe, inn‘re Wonne,
Herrschen für den Glücklichen.
Doch der Künste Frühlingssonne
Läßt aus beiden Licht entstehen. ...
Wie sehr diese Worte aus Beethovens Chorphantasie zutreffen, zeigte sich an der großen Begeisterung von Künstlern und Publikum bei den diesjährigen Young Euro Classics vom 16. Juli bis 6. August im Konzerthaus Berlin. Das Festival verzeichnete zum 20. Jubiläum einen neuen Besucherrekord mit 27.000 Teilnehmern. Die hervorragenden Leistungen der 16 Jugendorchester aus Europa und der ganzen Welt (auch aus China, Rußland1 und den USA) wurden bei den fast immer ausverkauften Konzerten am Gendarmenmarkt mit großem Enthusiasmus gefeiert.
Besonderen Anteil daran hatte ohne Zweifel das Werk Ludwig van Beethovens als eine Art universeller „Anker“ des diesjährigen Programms. So wurden seine neun Symphonien sowie die Klavierkonzerte Nr.2 B-Dur op. 19 und Nr. 5 Es-Dur op. 73, die Klaviersonate Nr. 2 d-Moll op. 31, das Streichquintett C-Dur op. 29, die Ballettmusik zu den „Geschöpfen des Prometheus“ (op. 43) und die „Chorfantasie“ c-Moll (op. 80) von den verschiedensten Jugendorchestern aufgeführt. „Wir lieben diese Musik, und daher haben wir unsere Seele in unser Spiel gelegt", so Maximiano Valdés, Dirigent des Orquesta Sinfónica Nacional Juvenil aus Chile, das die 3. Symphonie spielte.
Und schließlich sang gegen Ende des Festivals das Publikum drinnen und draußen gemeinsam die „Ode an die Freude“, nachdem das European Union Youth Orchestra, der Ernst-Senff-Chor und die Solisten unter Leitung von Vasiliy Petrenko bravourös Beethovens 9. Symphonie aufgeführt hatten – mit modernster Technik gleichzeitig live auf den Gendarmenmarkt übertragen.
Zu den während des Festivals dargebotenen Werken gehörten auch Mozarts Symphonie Nr. 25, Brahms‘ Symphonie Nr. 2, die 9. Symphonie von Dvorak „Aus der Neuen Welt“, die 5. Symphonien von Mahler und Schostakowitsch sowie weniger bekannte Werke nationaler Komponisten und experimentelle, neue Musik. Der Europäische Komponistenpreis, der vom Berliner Bürgermeister ausgelobt wird, ging dieses Jahr an das portugiesische Jugendorchester.
Zu fast allen Konzerten gab es Konzerteinführungen, u.a. von Prof. Dieter Rexrodt, dem künstlerischen Leiter des Festivals. Er wies darauf hin, Beethoven nicht als ästhetischen Schöngeist zu betrachten, sondern seine Werke als Ringen um die Zukunft der Menschheit zu verstehen. Dankenswerterweise enthielten die Konzertprogramme jeweils wissenswerte Hintergrundinformationen zu den dargebotenen Werken.
Das eigens für Young Euro Classics zusammengestellte deutsch-griechische Festivalorchester (des Julius-Stern-Instituts an der UdK Berlin und des Underground Youth Orchestra UYO/Athen) bot einen Glanzpunkt des Festivals mit einem faszinierenden Programm, das unter Leitung des weltbekannten Dirigenten und Pianisten Christoph Eschenbach einstudiert und aufgeführt wurde: Beethovens „Geschöpfe des Prometheus“, Auszüge aus Christoph Willibald Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“, Mikis Theodorakis‘ „Zorbas Suite“ (Uraufführung); Nikos Skalkottas „Fünf griechische Tänze“ und zum krönenden Abschluß Beethovens Chorphantasie.
Besonders beeindruckte auch das Konzert des 2012 gegründeten Galilee Chamber Orchestra Israel-Palestina. Unter der Leitung des Dirigenten und Pianisten Saleem Ashkar spielten die Musiker ebenso transparent wie engagiert Haydns Ouvertüre zu „L’Isola disabitata“, Beethovens Konzert für Klavier Nr. 2, op. 19, nach der Pause eine Uraufführung von Wisam Gibran „Overcoming“ und als krönenden Abschluß die 1. Symphonie von Beethoven.
Es stimmt eben nicht, daß „die Bevölkerung“ nichts für große Ideen und Schönheit übrig hat, wie so oft von Medienmachern und Politik behauptet wird. Ganz im Gegenteil existiert großes Potential und großer Bedarf an Kreativität, an Substanz, Schönheit und Harmonie. Das „Erhabene“ existiert, allen Widersachern zum Trotz.
Wenn die Jugend – und Europa – eine Zukunft haben sollen, dann nur mit den universellen, schönsten Schöpfungen des Menschengeistes.
Großes, das ins Herz gedrungen,
Blüht dann neu und schön empor,
Hat ein Geist sich aufgeschwungen,
Hallt ihm stets ein Geisterchor.
Nehmt denn hin, ihr schönen Seelen,
Froh die Gaben schöner Kunst.
Wenn sich Lieb und Kraft vermählen,
Lohnt dem Menschen Göttergunst.
Elke Fimmen
Anmerkungen
1. Zum Berliner Debut des Tatarstan Youth Orchestra erschien bereits am 1.8.2019 ein Artikel in der Neuen Solidarität, siehe https://www.solidaritaet.com/neuesol/2019/31/konzert.htm
Weitere Informationen finden Sie unter https://young-euro-classic.de/. Die Konzertabende vom 1. bis zum 6.8. wurden von EuroArts in Kooperation mit ARTE und dem ZDF live gestreamt und sind anschließend 30 Tage lang in der ARTE Mediathek (arte.tv/yec) verfügbar. Zudem wurde das Konzert am 6.8. von medici.tv live gestreamt und ist dort als Video on demand weiterhin verfügbar. Zwei Konzerte wurden vom kulturradio des rbb (UKW 92,4 und Kabel 95,35) mitgeschnitten und werden am 23.8. und am 6.9. um jeweils 20:04 Uhr im Rahmen des ARD Radiofestivals ausgestrahlt.