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Neue Solidarität
Nr. 50, 12. Dezember 2019

Londoner City liebäugelt mit Militärdiktatur
zur Verteidigung des Neoliberalismus

Die Redaktion der Londoner Financial Times warnte den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro in der Ausgabe vom 30. November, er dürfe „keine Bedenken haben, einem Minister, der in den 1970er Jahren an der Chicagoer Universität Wirtschaft studierte, freie Hand zu geben“. Der fragliche Minister ist Finanzminister Paulo Guedes, der am selben Tag Reportern in Washington sagte, wenn sich die Massenproteste vom Rest Südamerikas nach Brasilien ausbreiten, könne man eine Militärdiktatur verhängen, um sie zu zerschlagen.

Angesichts der verbreiteten politischen Gärung und Unruhen, die viele Länder in Iberoamerika und der ganzen Welt erfaßt, ist eine solche Botschaft eindeutig nicht nur für Brasilien bestimmt.

Präsident Bolsonaro hat fast alles getan, was Guedes, ein in Chicago (1974-78) ausgebildeter Ökonom, fordert. Die Regierung konnte im Kongreß ein Gesetz durchbringen, das die Rentenversicherung aushöhlt (was internationale Finanziers seit Jahrzehnten anstreben), und sie betreibt andere „Reformen“, wie die Privatisierung des staatlichen Elektrizitätsunternehmens, die Beendigung des staatlichen Monopols auf die Münzprägung, automatische Sparvorgaben für Bundesstaaten und Kommunen, die Ausgabengrenzen überschreiten, und eine Steuerreform, um nur einige zu nennen.

Bolsonaro wehrt sich jedoch gegen die schnelle Umsetzung einer „Reform“, die Löhne und Rechte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst beschneiden würde. Wie die Financial Times richtig erkennt, steht hinter diesem Zögern die Befürchtung, daß in Brasilien ein ähnlicher Prozeß ausgelöst werden könnte wie der Volksaufstand in Chile gegen die Chicagoer „Friedmansche Wirtschaftspolitik“, wo seit über 40 Tage Proteste andauern, die bis zu 2 Millionen Menschen (von 18 Mio. Einwohnern) auf die Straße brachten.

Dies könnte für die Regierung doppelten Ärger bedeuten, denn der außerordentlich beliebte ehemalige Präsident Lula da Silva wurde am 9. November aus dem Gefängnis entlassen und reist durch das Land, um gegen die Sparpolitik von Bolsonaro und Guedes zu organisieren. Lula „verlor keine Zeit, Herrn Guedes als Arbeitsplatzvernichter zu bezeichnen und die Opposition zu mobilisieren“, klagt die FT-Redaktion.

Dennoch weist das Sprachrohr der City Bolsonaro an, in die Bresche zu springen: „Es steht viel zu viel auf dem Spiel, als daß Brasilien riskieren könnte, daß seine Wirtschaftsreformen am Populismus zerschellen. Der lateinamerikanische Riese hat schon zu lange damit gewartet, die Staatsfinanzen auf eine nachhaltige Basis zu stellen und das Land zu einem attraktiveren Wirtschaftsstandort zu machen. Wenn er jetzt die Gelegenheit versäumt, wird sich das Fenster für den Wandel schließen, vielleicht auf Jahre, und internationale Investoren werden sich woanders umsehen. Mr. Bolsonaro sollte die Nerven behalten.“

London schaut auch nervös darauf, was im benachbarten Argentinien passiert, wo die Anti-Austeritäts-Regierung von Alberto Fernandez am 10. Dezember ihr Amt antreten wird und bereits angekündigt hat, daß sie nicht vorhat, die IWF-Auflagen einzuhalten.

Guedes, der Ende November zu Treffen nach Washington reiste, antwortete auf eine Frage zu Lulas Forderung nach einer Mobilisierung gegen die „Reformen“, wenn die Bevölkerung auf die Straße gehe, dann müsse man möglicherweise das berüchtigte „Institutionelle Gesetz Nr. 5“ (AI-5) der brasilianischen Militärregierung von 1968 wieder einführen. Unter IA-5 wurde der Kongreß geschlossen und es begannen systematische Massenverhaftungen und Folter.

eir