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Neue Solidarität
Nr. 15-16, 9. April 2020

Die Krise kann nur auf einer neuen Ebene
der globalen Zusammenarbeit gelöst werden

Von Helga Zepp-LaRouche

Die Gründerin und Präsidentin des Schiller-Instituts eröffnete am 28. März 2020 den „Manhattan-Dialog“ des LaRouche-Aktionskomitees zum Thema „Eine Apollo-Mission zur Rettung der Menschheit: Baut die Gesundheits-Seidenstraße!” mit dem folgenden Vortrag.

Ich denke, mit der Eskalation der Coronavirus-Pandemie und der sich immer deutlicher abzeichnenden Finanzkrise wird sehr deutlich, daß die Reaktionen der Regierungen, Institutionen und Menschen auf diese Herausforderung, die in der Tat die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg ist, im wesentlichen in zwei Gruppen eingeteilt werden kann.

Es gibt diejenigen Regierungen und Regierungschefs und Einzelpersonen, die verstehen, daß diese Herausforderung für die Menschheit eine Prüfung auf Leben und Tod ist. Und sie wirft auch die Frage nach unserer moralischen Überlebensfähigkeit auf, denn es ist ganz klar, daß die Gefahren für die gesamte Menschheit so groß sind, daß wir nur gewinnen können, wenn wir wirklich eine neue Ebene der Zusammenarbeit, der Solidarität und der Liebe für die eine Menschheit entwickeln. Und das erfordert es, daß alle Nationen zusammenarbeiten, um diese Krise zu überwinden.

Und dann gibt es diejenigen, die, obwohl die Situation offensichtlich nicht unter Kontrolle ist, immer noch an ihrer alten säbelrasselnden Konfrontation und kriminellen Methoden wie Sanktionen festhalten – als ob man unter diesen Bedingungen überhaupt an einen Krieg denken könnte!

Ich denke, es hängt von uns allen ab, daß wir dafür sorgen, daß am Ende die Kräfte der Solidarität diese Schlacht gewinnen.

Wenn man sich die derzeitige Lage anschaut, kann man sehen, daß sich einiges positiv entwickelt. Aber es ist noch weit von dem entfernt, was notwendig ist. Ich meine die erste virtuelle G20-Telefonkonferenz, die gerade stattgefunden hat: Es ist das erstemal, daß die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Länder – bzw. der Länder, die als die wichtigsten gelten – über das Internet zusammenkamen. Das war nicht völlig nutzlos, denn es wurde deutlich, daß es einige Staats- und Regierungschefs gibt, die entschlossen sind, das Richtige zu tun.

Zunächst einmal halte ich es für sehr wichtig, daß Präsident Trump und Präsident Xi Jinping zusätzlich zum G20-Gipfel anschließend auch ein persönliches Telefongespräch führten. Sie versprachen beide, daß die beiden wirtschaftlich wichtigsten Länder zusammenarbeiten würden. Präsident Trump hat Hochachtung für das, was China im Kampf gegen das Coronavirus geleistet hat, und ist überzeugt, daß die Welt viel davon lernen kann, wie China in Wuhan und der Provinz Hubei vorgegangen ist.

Das ist sehr gut, denn das steht in völligem Gegensatz zu dem unglaublich kriegerischen [US-Außenminister] Pompeo. Ich möchte Sie alle dringend bitten, sich bei C-SPAN die archivierte Rede Pompeos bei der nationalen Gouverneurskonferenz anzusehen – ich glaube, das war Anfang des Jahres.1 Er ist das absolute Abbild dessen, was wir nicht brauchen. Er ist die Person, die, wenn man ihn in dieser Position beläßt, die Welt inmitten dieser unglaublichen Viruskrise eindeutig in den Krieg treibt.

Glücklicherweise gab es auf diesem G20-Gipfel andere wie Präsident Xi Jinping, die tatsächlich vier sehr konstruktive Vorschläge gemacht haben, die ich nur nennen möchte:

Xi Jinping drang auch in dem Telefongespräch mit Trump darauf, alle Konfrontationen zu beenden. Das wurde in gewisser Weise auch von Putin wiederholt, der sagte, dies sei eine Krise, in der nicht jeder nur sich selbst der Nächste sein könne. Er forderte einen Sonderfonds im Rahmen des IWF, aus dem Kredite für diese Unterstützung der Gesundheitssysteme aller beteiligten Länder vergeben werden. Er schlug auch vor, sogenannte „grüne Korridore“ einzurichten, was nichts mit dem Grün der Umweltschützer zu tun hat, sondern mit der Idee, offene Korridore ohne Sanktionen, ohne Zölle zu haben, um allen Ländern, die sie brauchen, humanitäre Hilfe zu bringen.

Nur ein globaler Sieg ist möglich

Ich halte das für eine sehr wichtige erste Initiative, weil damit eine gewisse Zusammenarbeit zwischen den Ländern geschaffen wurde, die wirklich eine größere Lösung umsetzen sollten. Es ist noch nicht die Lösung, und deshalb fordere ich Sie alle, die diese Sendung anschauen, auf, sich weiter für den Vorschlag einzusetzen, daß die vier Staatsführer der mächtigsten Länder - die Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien – mit Unterstützung anderer Länder einen Gipfel oder eine Reihe von Gipfeltreffen auf die Tagesordnung setzen, die nicht weniger als das vollständige Programm meines verstorbenen Mannes Lyndon LaRouche umsetzen, die Vier Gesetze: ein Neues Bretton-Woods-System, ein sofortiges Ende der Kasinowirtschaft und ein Kreditsystem, das eine Weltgesundheits-Seidenstraße finanzieren wird. Das bedeutet, daß jedes einzelne Land auf der Welt beim Aufbau eines angemessenen Gesundheitssystems unterstützt werden muß, nicht unter früheren Hill-Burton-Standard in den Vereinigten Staaten.

Der Grund dafür ist sehr einfach. In den letzten Tagen kommt es immer mehr in das Bewußtsein der Menschen, daß die Hilfe, die jetzt für die Länder, die kein gutes Gesundheitssystem haben, bereitgestellt wird, zum jetzigen Zeitpunkt nur zwei Milliarden Dollar umfaßt. Das sind Peanuts! Das ist für alle diese Länder zusammen, wie verschiedene Länder in Afrika, die Ukraine, Iran, Venezuela, Syrien, Libyen, Irak. Zwei Milliarden Dollar! Vergleichen Sie das mit den enormen Summen, die bewilligt wurden: zwei Billionen Dollar in den Vereinigten Staaten, etwa 460 Milliarden Dollar in Deutschland, 25 magere Milliarden Dollar in Italien – aber selbst das ist mehr als für den gesamten Entwicklungssektor.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf das lenken, was der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed gesagt hat. Er sagte, daß es nur dann einen Sieg über dieses COVID-19 geben kann, wenn die ganze Welt Afrika bei der Überwindung dieser Krise hilft, denn wenn die Welt es nicht tut, wird die Seuche zurückkommen und uns alle heimsuchen. Er sagte, es könne nur einen globalen Sieg zur Beendigung dieser Pandemie geben, und er wies auf den größten Mangel hin, indem er sagte, daß die fortgeschrittenen Länder in den letzten Tagen beispiellose Konjunkturpakete auf die Tagesordnung gesetzt haben; aber kein afrikanisches Land habe die Mittel dafür. Viele Menschen auf dem afrikanischen Kontinent haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, so daß die ganze Idee, sich die Hände zu waschen und soziale Distanz zu wahren, absolut nicht durchführbar ist. Außerdem haben viele Länder Nahrungsmittelknappheit und sind für die Landwirtschaft auf Regen angewiesen, und deshalb droht zusätzlich eine Nahrungsmittelkrise. Er sagte, daß dies den Rest der Welt heimsuchen wird, denn es wird zurückkommen. Er sagte, das Coronavirus fordert unsere Menschheit als eine menschliche Gattung heraus.

Das ist absolut der Punkt, den ich am stärksten betonen möchte, denn wir müssen umdenken und verstehen, daß wir ein globales Gesundheitssystem brauchen, Krankenhäuser in jedem Land. Wir brauchen überall die gleiche Art von Behandlung, wie sie jetzt glücklicherweise allmählich, wenn auch langsam, an Orten umgesetzt wird, die in den Vereinigten Staaten Brennpunkte sind, wie New York und andere Regionen. Aber man braucht in jedem Land den gleichen Ansatz, denn sonst kommt es wieder zurück. Es handelt sich um ein pandemisches Virus, es respektiert weder Grenzen noch die Idee, daß jede Nation sich selbst die Nächste ist.

Zerbricht die EU?

Nun muß ich über eine sehr unglückliche, aber nicht überraschende Entwicklung berichten, und das ist das Versagen der Europäischen Union angesichts dieser Krise. Am Donnerstag [26.3] fand eine Tagung des Rates der Europäischen Union statt, d. h. ein Treffen der Staatschefs – ebenfalls über das Internet. Sie hatten einen sechsstündigen, unglaublichen Streit, bei dem Griechenland, Italien, Spanien und Frankreich einen gemeinsamen Mechanismus zur Erzeugung von Liquidität durch sogenannte Eurobonds forderten. Deutschland, die Niederlande und Österreich lehnten dies ab.

Das würde bedeuten, daß Deutschland in diesem Moment etwa 30 Milliarden Euro für die Schulden dieser anderen, südlichen Länder zahlen müßte. Natürlich wollte Merkel das nicht tun, und sie war erstaunt, daß Conte das nicht glauben wollte. Aber Macron und Mitsotakis sagten im Grunde genommen alle, daß es keine Europäische Union mehr gibt, es gibt keine Einheit mehr. Das ist eine totale Demonstration des Egoismus, der Eigennützigkeit. Sie haben die Entscheidung um etwa zwei Wochen verschoben.

Der niederländische Finanzminister Hoekstra sagte, er sei erstaunt, und verlangte eine Untersuchung, warum diese Länder keinen Spielraum im Haushalt hätten, den man in dieser Krise mobilisieren kann – was der portugiesische Premierminister als „abstoßend“ verurteilte.

Wie Sie sehen können, endete das in völligem Chaos. Es gibt Stimmen, die sagen, daß die EU die nächsten zwei Wochen vielleicht nicht überleben wird, denn wenn sie keinen Kompromiß finden, dann könnte sich die EU auflösen, weil alles auseinanderbricht.

Ich glaube nicht, daß das eine große Katastrophe wäre - tatsächlich habe ich schon vor vielen Jahren eine Erklärung für die Unabhängigkeit der europäischen Nationen geschrieben –, wenn man sich die Geschichte der EU anschaut: Wie sie sich von einem mehr oder weniger großen Bündnis von Vaterländern in der Zeit von Adenauer und de Gaulle verwandelt hat, nach dem Maastricht-Vertrag, aber vor allem nach der Verabschiedung des Vertrags von Lissabon, als man die europäischen Bürger nie gefragt hat, ob sie diesen Vertrag von Lissabon haben wollen. Das war wirklich eine Nacht-und-Nebel-Operation, die wir damals angeprangert haben. Es hat nicht die Unterstützung der Bürger, und die EU-Bürokratie vertritt nicht die Interessen ihrer Mitgliedsstaaten.

Also, ich denke, entweder man geht in Richtung einer Eurasischen Union, in die man alle Nationen von Wladiwostok nach Lissabon hineinholt und ein Bündnis souveräner Staaten bildet, oder man bewegt sich direkt in Richtung eines neuen Paradigmas, einem Bündnis vollkommen souveräner Nationen, die alle zusammenarbeiten, um diese Krise zu bekämpfen, um eine gerechte neue Weltwirtschaftsordnung zu errichten und das gesamte Weltsystem zu verändern, damit jede Nation auf diesem Planeten überleben kann. Das ist ein Vorschlag, für den wir schon sehr lange eintreten. Wenn die EU dabei auseinanderbricht, werde ich ihr keine Träne nachweinen. Ich werde sogar gerne mit Kräften in anderen Ländern zusammenarbeiten, um eine internationale Ordnung zu schaffen, die im Interesse der gesamten Menschheit liegt.

Für das Neue Paradigma

Ich denke, wir werden gleich von anderen Rednern einiges über die Situation in den Vereinigten Staaten hören, aber ich möchte nur sagen, daß die Dinge sich bewegen – langsam, aber sie bewegen sich jetzt. Präsident Trump hat den National Defense Production Act aktiviert; [der Handelsbeauftragte des Weißen Hauses Peter] Navarro ist dafür zuständig. Hoffen wir, daß er tut, was er tun soll.

Es geht vorwärts, aber die große Frage ist, daß man das volle Programm von Glass-Steagall und einer Nationalbank braucht. Man muß die Federal Reserve verstaatlichen, auf ein neues Bretton-Woods-System im Bündnis mit den anderen Ländern der Welt hinarbeiten und dann ein Crash-Programm zur Steigerung der Produktivität der Wirtschaft umsetzen, die durch die jahrzehntelange Globalisierung, die Auslagerung der Produktion mit billigen Arbeitskräften und all den Dingen, die wir kennen, demontiert wurde. Deshalb haben wir jetzt weder in den europäischen Ländern noch in den Vereinigten Staaten ein Gesundheitssystem, das fähig ist, mit dieser Krise fertig zu werden. Das muß rückgängig gemacht werden.

Lassen Sie mich abschließend zwei Dinge anführen, die wir unbedingt bekämpfen müssen.

Das eine ist, daß die Euthanasie mit voller Gewalt zurückkommt. Das wurde als erstes, gar nicht einmal so heimlich, vom britischen Imperial College eingeführt, das die betrügerische Vorstellung verbreitete, daß man Herdenimmunität haben sollte – d.h. viele Menschen sterben lassen, bis 60% bis 70% der Bevölkerung eine Art von Immunität entwickelt haben. Die andere Version ist, die alten Menschen sterben zu lassen. Das kommt jetzt sehr deutlich – und das ist Nazi-Politik – vom Vizegouverneur von Texas, Dan Patrick, der sagt, daß die Älteren sich der Wirtschaft zuliebe opfern sollten. Es gibt jetzt viele Menschen, die diese Idee verbreiten.

Ich kann nur davor warnen: Das ist eine Nazi-Politik, das sollten Sie auf keinen Fall, keinen Moment lang zulassen! Es kommt von den gleichen malthusianischen Kreisen aus dem Britischen Empire, der Londoner City, der Wall Street, vor denen wir seit Jahrzehnten warnen.

Aber es gibt noch eine zweite organisierte Gegenbewegung gegen die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, und das verbreitet sich vor allem über das Internet. Sie richtet sich vor allem an junge Menschen. Das ist die Vorstellung, daß das Coronavirus nur ein „Hype“ sei – ein Komplott zur Durchsetzung einer Militärdiktatur –, und in Wirklichkeit nicht gefährlicher als die Grippe.

Viele dieser Leute, die sich im Internet Videos mit diesem Zeug ansehen, werden sehr verantwortungslos. Sie nehmen es auf die leichte Schulter und veranstalten immer wieder sogenannte „Corona-Partys“. Auch davor kann ich nur warnen. Dies ist die schwerste Pandemie seit über hundert Jahren. Sie kann wirklich völlig außer Kontrolle geraten und die Welt in ein noch nie da gewesenes Chaos stürzen.

Deshalb müssen wir uns weiterhin auf das neue Paradigma konzentrieren. Wir müssen uns mit Rußland und China zusammenschließen, das bei der Bekämpfung des Coronavirus eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat und nun mehr als hundert Ländern mit medizinischer Versorgung und der Entsendung von medizinischen Teams hilft, ebenso wie Rußland. Sogar die Kubaner werden von politisch rechten Leuten in Spanien sehr gelobt, weil sie medizinische Teams geschickt haben.

Ich denke, wir müssen uns also auf dieses neue Paradigma der Zusammenarbeit zur Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung konzentrieren. Denn wenn man sich auf all diese Verschwörungstheorien einläßt, geht man völlig verloren. Die Fakten sind alle da draußen, und deshalb müssen wir eine rationale Diskussion führen und zur Idee der Wissenschaft als Kriterium zurückkehren.


Anmerkung

1. https://www.c-span.org/video/?469104-1/national-governors-association-2020-winter-meeting