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Neue Solidarität
Nr. 36-37, 3. September 2020

Neue Kernkraftdebatte in Schweden

Der schwedische Erfinder und Professor Janne Wallenius schlägt vor, 150 kleine modulare Kernreaktoren in Schweden zu bauen, um die sichere Grundlast an Elektrizität zu erweitern und die sieben verbleibenden schwedischen Kernreaktoren zu gegebener Zeit zu ersetzen. In einem Beitrag in Svenska Dagbladet vom 11. August greift er zusammen mit Lars-Evald Kaliff die Krise in der schwedischen Stromerzeugung auf, die durch die Einführung der instabilen Windkraft verursacht wurde: Nach der Schließung eines Kernkraftwerks am 1. Januar 2020 war Schweden zur Stabilisierung des Stromsystems in diesem Sommer gezwungen, ein ölbefeuertes Kraftwerk wieder in Betrieb zu nehmen, das sonst nur in sehr kalten Wintern eingesetzt wird.

In ihrem Gastkommentar schlagen die Autoren den Bau des genialen, passiv sicheren, bleigekühlten SEALER-Reaktors vor, der von Wallenius an der Königlichen Technischen Hochschule (KTH) in Stockholm entwickelt wurde. Dieser Reaktor mit einer Leistung zwischen 2 und 200 MW könnte statt der für die großen heutigen Reaktoren üblichen sieben Jahre innerhalb von zwei Jahren in Betrieb genommen werden. Er kann auf der Straße transportiert und nach 10-30 Betriebsjahren (je nach Größe und Auslegung) zur Entfernung des abgebrannten Brennstoffs zurücktransportiert werden. Der Brennstoff wird während des Betriebs nie ausgetauscht. Mit seiner Brütertechnik könnte der Reaktor auch die verfügbaren abgebrannten Brennelemente aus den derzeitigen Lagern nutzen, wodurch deren Nutzung gewaltig erweitert würde.

Viele schwedische Parlamentarier fordern den Bau eines Demonstrationsreaktors an einem Standort in der Nähe des Kernkraftwerks Oskarshamn, wo der Bau neuer Reaktoren erlaubt ist. Auch Kanada ist an dieser Technologie für den Einsatz an isolierten Standorten in seiner arktischen Region interessiert.

Der SEALER-Reaktor wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie der britischen Regierung unter acht sehr interessanten Reaktortechnologien ausgewählt, um einen bleigekühlten 55-MWe-Reaktor zur Erzeugung von Grundlaststrom im britischen Netz zu konstruieren. Das SEALER-Reaktor-Montagewerk im Vereinigten Königreich wäre in der Lage, zehn Reaktoren pro Jahr zu produzieren. Eine solche Anlage könnte zusammen mit einer Brennstofffabrik im Jahr 2028 in Betrieb genommen werden, was den kommerziellen Einsatz britischer SEALER-Anlagen im Jahr 2030 ermöglichen würde. Wallenius schätzt, daß die Kosten des Betreibers durch die Reduzierung der Zeit für den Bau und die Inbetriebnahme vor Ort auf 24 Monate pro Reaktoreinheit auf 160 Mio. Pfund Sterling gesenkt werden können. Das Interesse der britischen Regierung besteht darin, diese Technologie für den Export zu entwickeln. Zu den anderen sieben Reaktortechnologien, die sie in Betracht zieht, gehören auch die Tokamak-Fusion und der Hochtemperatur-Kugelhaufenreaktor (siehe https://www.leadcold.com/sealer.html, https://www.leadcold.com/sealer-uk-design-submitted.html und https://www.gov.uk/government/publications/nuclear-sector-deal/nuclear-sector-deal).

Die schwedische Debatte über die Notwendigkeit der stärkeren Nutzung der Kernenergie schlug sich sogar auf den Seiten des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel nieder. In einer Diskussion mit dem Spiegel (34/2020) bezeichnet der schwedische Ingenieur Staffan Quist den deutschen Atomausstieg als eine „schreckliche Entscheidung“. Der Ausstieg schaffe Unsicherheit für die künftige Stromversorgung Deutschlands und belaste das Land mit Gesamtkosten in Höhe von 500 Milliarden Euro für den abenteuerlichen Übergang zu „erneuerbaren Energien“ wie Sonne und Wind – von denen keine den Strombedarf des Landes decken könne. Und Deutschland werde diese Kosten schultern müssen, obwohl im Gegensatz zu dem, was offiziell verkündet wurde, die allgegenwärtige Entschuldigung für die Sparmaßnahmen – die CO2-Emissionen – nicht reduziert wurden.

Es gebe keinen Ersatz für die Kernenergie, wenn zusätzlich eine Milliarde Menschen in den Entwicklungsländern eine garantierte Stromversorgung erhalten sollen, sagt Quist. Was die Kosten dafür angeht, so seien China und Südkorea heute in der Lage, ein Kernkraftwerk für ein Sechstel dessen zu bauen, was es in den Vereinigten Staaten – und, obwohl er das nicht sagt – auch in Europa kostet.

usk/rap