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Neue Solidarität
Nr. 46, 12. November 2020

Die Landwirte brauchen Paritätspreise!

Von Werner Zuse

Anlehnend an den Thesenanschlag von Martin Luther in Wittenberg im Jahre 1517 hat die Landwirtevereinigung „Land schafft Verbindung“ (LsV) am 31. Oktober 2020, dem Reformationstag, „Thesen der Landwirtschaft“ in Berlin an den Reichstag, das Kanzleramt sowie am Berliner Dom angeschlagen. Diese zehn Thesen sollen dem Bürger und der Politik vermitteln, wofür Landwirte seit letztem Jahr mit ihren Traktoren auf die Straße gegangen sind.

LsV will nicht nur den Ausstieg von immer mehr Bauern aus der Erzeugung von Lebensmitteln verhindern, sondern generell das Land, das sich immer mehr entvölkert, wiederbeleben. Im Punkt 7 beklagt man zu Recht, daß man nicht mehr von seiner Hände Arbeit leben kann. Deshalb sollte aber in den Thesen die wichtigste Forderung eine Wiedereinführung des Paritätspreises sein, weil auch dem Bauern kostendeckende Preise zustehen, wie dies überall in der Wirtschaft sein sollte.

Angeregt von den Protestaktionen der Milchbauern vor einigen Jahren und den massiven Blockaden seitens der französischen Bauern gegen die Großen im Lebensmitteleinzelhandel, hat man in den letzten Tagen die Zentrallager von Lidl, Aldi, Rewe und Edeka blockiert. In der Folge gab es nun Gespräche mit Vertretern dieser Konzerne oder es wurden Termine für Gespräche vereinbart. Es ist sicher richtig, sich auch mit den Vertretern der Konzerne zu treffen, um sie zu bewegen, die Verkäufe von Lebensmitteln unter den Produktionskosten sein zu lassen. Doch letzten Endes muß der Staat im Interesse des Gemeinwohls und der Sicherung der Lebensmittelversorgung die Gesetze verfassen, die den Bauern ein Überleben ermöglichen.

Um dem Druck auf die Politik mehr Gewicht zu verleihen, sollte man sich mit den anderen Opfern des britischen Freihandelssystems in Verbindung setzen und diese als Verbündete gewinnen. Der Freihandel zerstört nicht nur die Existenzen von Landwirten, sondern den gesamten Bereich der Produktion, da auch in der Industrie immer mehr Firmen Teile ihrer Produktion in Billiglohnländer auslagern. Deutschland hat seit der Thatcher-Liberalisierung der 1980er Jahre viele Arbeitsplätze im produktiven Bereich verloren und immer mehr an Wohlstand eingebüßt. Der Staat und die Bürger müssen sich fragen, ob sie systemrelevante Teile der Realwirtschaft im Lande halten wollen oder sich ganz von den internationalen Märkten abhängig machen wollen, was tödlich enden kann, wie die Coronakrise gezeigt hat.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner hat bei der Bundespressekonferenz am 17. März 2020 anläßlich der Coronakrise die Landwirtschaft als systemrelevant eingestuft. Diesen Worten sind leider keine wirklichen Taten gefolgt, da sie anscheinend wie viele Politiker den Vorgaben der EU und den Lobbyisten folgt.

Für die Landwirtschaft sind die Beschäftigten in Industrie und Handwerk nicht nur Konsumenten von Lebensmitteln, sondern sie profitieren auch von den Investitionen der Landwirte, die in den Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg eine massive Mechanisierung und Modernisierung ihrer Produktion realisiert haben. Deshalb ist es falsch, die Industrie als Gegner zu definieren, deren Exporte in alle Welt – der berühmte frühere Exportweltmeister – durch Importe von Nahrungsmitteln aus aller Welt kompensiert worden seien.

Das frühere Beispiel der Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland im Rahmen der EWG zeigt aber, daß beide Seiten vom Handel mit verarbeiteten Produkten aus Industrie und Landwirtschaft profitiert hatten. Die internationalen Finanzmärkte und deren Einfluß in den Großkonzernen wollen Profite maximieren und nicht den Lebensstandard der Länder heben. Es ist historisch sogar eine böse Absicht zu erkennen, die Entwicklung der Welt zu verhindern, um uralte Machtstrukturen zu erhalten. Der moderne Nationalstaat hat aber die Möglichkeit, diese Macht zu brechen und für das Gemeinwohl zu wirken. Dazu brauchen wir moralische und gebildete Bürger, die auch bereit sind, Verantwortung für die Zukunft des Landes zu übernehmen. Dazu wurde das Schiller-Institut gegründet, und Sie sind aufgefordert, sich ihm anzuschließen.