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Als der 9. November 1989 die Wiedervereinigung Deutschlands einleitete und zwei Jahre später erwartungsgemäß mit dem Rücktritt Gorbatschows das Ende der Sowjetunion besiegelt war, hatte sich in Washington die Idee verbreitet, daß die „ Systemfrage“ nun ein für allemal gelöst sei. Man war sich damals ziemlich sicher, daß das neue Dogma einer kommenden postindustriellen neoliberalen Gesellschaft, das nach der Ermordung Präsident Kennedys in den politischen Institutionen verstärkt Einzug hielt, nun endlich die Welt erobern würde, einschließlich Rußlands und Chinas und des ganzen Rests.
Dieses Hochgefühl eines zukünftig möglichen Triumphes vollkommen liberalisierter Finanzmärkte erklärt wohl am besten sowohl den Begriff als auch die extrem offensive Programmgestaltung des „Washingtoner Consensus“. Ab 1990 war das Thema deshalb in aller Munde.
Der Boden dafür wurde bereits seit der Aufhebung des Bretton-Wood-Systems 1971 durch Präsident Nixon Schritt für Schritt bereitet. Die Idee bestand darin, daß staatlich geförderte Wissenschafts- und Investitionsprogramme wie beispielsweise das von Kennedy geförderte Apollo-Projekt ein für allemal der Vergangenheit angehören würden und man statt dessen den aufstrebenden deregulierten Finanzmärkten und folglich astronomischen Finanzmarktgewinnen in globalem Maßstab eine zentrale Funktion einräumen würde.
Die Pfeiler des „Washington Consensus“ waren:
Mit Industriepolitik hat das alles nichts mehr zu tun. Damit der Leser die Tragweite dieses radikalen Strukturumbruchs verstehen kann, sei speziell darauf hingewiesen, daß die neoliberale Konzentration auf Finanzmarktgewinne aufs Extremste mit der Nullwachstumsideologie verknüpft wurde. Man erfand eine neue Art von Wachstum. Ein Zitat von Paul Dickinson, dem Direktor des „Carbon Disclosure Projects“, macht das deutlich. In einem Interview aus dem Jahr 2000 mit dem Magazin des Marktforschungs- und -beratungsinstitut Gartner, in dem er das Geschäft mit der Klimahysterie erklärt, sagte er unter anderem:
„...Wir werden das Wachstum entmaterialisieren. Das heißt, daß wir mehr mit weniger machen werden. (Mehr Geld mit weniger Ressourcen, Anm. AA) Dinge, die nicht ewig wachsen können, sind z.B. der Flugverkehr und die physische Produktion von Gütern und Diensten mit hohem Kohlenstoffgehalt. Mein bevorzugtes entmaterialisiertes Produkt ist Apple iTunes – 10 Milliarden Dollar Gewinn, und das ganze Ding wiegt nicht mal ein Gramm.“
aa