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Neue Solidarität
Nr. 8, 20. Februar 2020

Hoffen wider alle Hoffnung

Unsere Aufgabe ist es, eine europäische Renaissance zu schaffen

Von Jacques Cheminade

Der frühere französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade hielt am 2. Februar beim Frankfurter Parteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität die folgende Rede. (Die Zwischenüberschriften wurden von der Redaktion hinzugefügt.)

Wie William Shakespeare wußte, bieten turbulente und stürmische Zeiten die beste Gelegenheit, die Welt zum Besten zu verändern, solange wir an diese Veränderung glauben, sie schaffen und dafür kämpfen.

Liebe deutsche Freunde, wir beide, deutsche und französische Staatsbürger, sind Teil einer europäischen Zivilisation, die von ihren politischen Führern verraten wird: Indem sie dem Volk Austerität aufzwingen, die Jugend in ein Gefängnis erniedrigender Bilder und Klänge sperren und das Menschenbild auf das eines Ausbeuters von Mutter Natur oder eines geilen Vergewaltigers reduzieren, der nur die Sprache seines finanziellen Profits kennt, zerstören sie den eigentlichen Sinn unseres Gemeinwesens. Sie lassen keinen Raum für die Zukunft. Deshalb sind die meisten unserer europäischen Mitbürger überzeugt, daß ihre Kinder und Enkel ein schlechteres Leben haben werden als sie selbst. Deshalb die Versuchung, sich in das Unpolitische zurückzuziehen oder ein korrupter Grüner zu werden, der mit dem Strom schwimmt.

Ist das ein Grund, an Europa zu verzweifeln? Ist es ein Grund, an unseren Nationen zu verzweifeln? Ein Grund, freiwillig in die Leibeigenschaft zurückzufallen? Oder ein Grund, sich in eine bequeme Nische von Pessimismus und obszön morbiden Vergnügungen zurückzuziehen? Wir alle hier würden mit „Nein“ antworten, wenn diese Frage gestellt wird, aber die wahre Frage ist, was wir mit diesem „Nein“ tun, das wir im Mund führen.

Die Herausforderung besteht darin, auch nach dem zu handeln, wozu wir uns bekennen – also optimistisch zu sein gegen alle Widerstände. Ein Optimismus, der den Mut erzeugt, die selbstzerstörerischen Überzeugungen in anderen und in uns selbst herauszufordern, und der uns Freude daran vermittelt, unsere Denkweise zu ändern. Denn in jedem Menschen steckt ein nur dem Menschen eigener Funke, ein Potential, etwas zu erschaffen und zu entdecken und die Entdeckungen anderer nachzuerleben, indem wir in einem Chor singen, klassische Musik spielen und wesentliche wissenschaftliche Entdeckungen durchleben, die allesamt Momente der Veränderung der menschlichen Geschichte zum Besseren verkörpern.

Das bedeutet, daß wir uns nicht durch die Dummheit einiger entmutigen lassen dürfen, denn unsere Feinde in der Oligarchie wissen, wie sie Entmutigung als Waffe gegen uns einsetzen können.

Das bedeutet, daß wir auf der Straße oder in einer Versammlung nicht schüchtern sein dürfen, wenn wir andere organisieren, und daß wir von oben unerbittlich ihren menschlichen Funken suchen, indem wir ihn mit dem Humor eines Erasmus, Rabelais oder Mozart herauslocken.

Wir haben keine Ausrede, denn trotz aller Gefahren für den Weltfrieden und die Existenz unserer Nationen treten wir in einen sehr aufregenden Moment der Geschichte ein. Ich freue mich, diesen Moment mit Ihnen zu teilen, wie wir alle uns darüber freuen sollten. Schauen Sie sich die Menschen an, die in der ganzen Welt demonstrieren, von Chile bis zum Libanon, vom Irak bis zu unserem Westeuropa, unsere Gelbwesten in Frankreich und Ihre Bauern in Deutschland: überall gibt es eine Welle von Menschen, die eine gerechtere Ordnung fordern.

Patrioten und Weltbürger

In Frankreich gibt es eine aufkommende souveränistische Bewegung, zu der ich vor drei Tagen als Redner eingeladen war, um den Brexit zu feiern. Ich habe ihnen gesagt, daß es gut und notwendig ist, die Europäische Union zu verlassen, in welcher Form auch immer, und daß es wichtig ist, die Welt der Londoner City und der Wall Street zu verlassen, und daß man verstehen sollte, daß sie mutiert wie ein Virus.

Ich intervenierte, um ihnen das zu sagen, und die jungen Menschen in dieser Veranstaltung – es waren etwa 300 Personen im Publikum – kamen anschließend zu mir und baten mich um Rat, sie sagten: „Sie haben Recht, den Dingen auf den Grund zu gehen, Sie haben Recht, über den Tellerrand hinauszuschauen.“

Wir lieben die europäische Zivilisation, und aus diesem Grund wollen wir nicht die Europäische Union. Und wir wollen auch nicht das Commonwealth und das globale Großbritannien, das von der City und dem Kronrat der Königin regiert wird.

Aber, werden einige einwenden, die protestierenden Menschen in aller Welt haben keine Führung und kein Programm, deshalb kann es zu nichts anderem führen als Frustration und selbstzerstörerischer Gewalt. Nun, der richtige Weg, das zu betrachten, ist, daß sie nach inhaltlicher Führung und großen Projekten verlangen, auch wenn es ihnen nicht so recht bewußt ist. Rosa Luxemburg, eine wahre deutsche Europäerin, bezeichnete das als „Massenstreikferment“: Man kann nicht vorhersehen, wohin es führt, aber man weiß, daß es eine Herausforderung ist, die unser Eingreifen erfordert.

Unsere Aufgabe besteht darin, alles zu tun, um sowohl eine Führung als auch eine programmatische Plattform zu bieten – nicht in Form eines Kodex guter politischer Manieren oder eines politischen Katechismus und geistloser Parolen, sondern als Quelle schöpferischer Begeisterung, die die Schaffenskraft fördert.

Der erste Schritt wäre, hier in Deutschland das Wort „Souveränist“ mit echtem, optimistischen politischen Stolz zu verbinden – ein Wort, das man laut und deutlich ausspricht, anstatt es nur hinter vorgehaltener Hand zu flüstern oder wie idiotische Revanchisten herauszuschreien. Wir sind Souveränisten, weil wir die Menschheit lieben.

Und wenn wir an uns selbst zweifeln, ist es um so mehr ein Grund zum Handeln, denn ob der Pudding schmeckt, liegt am Kochen; wenn man keinen kocht, gibt es keinen Pudding – die Demoralisierung wächst und die Hungrigen werden zornig.

Ein hochinteressanter Moment

Ich möchte Ihnen etwas sagen: Wir treten in einen hochinteressanten Moment ein, in dem die Bewegung für Gerechtigkeit mit den Jahrestagen einiger der besten Menschen der Geschichte zusammenfällt, in der Musik, der Wissenschaft und der Politik. Feiern bedeutet, ein Gefühl dafür zu vermitteln, persönlich kreativ zu sein und unsere schöpferische Leidenschaft mit anderen zu teilen.

Beginnen wir mit der Musik. Wie wir alle wissen, feiern wir in diesem Jahr den 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens, und es ist unsere Mission, den Menschen die Freude zurückzugeben, das zu entdecken, was er für sie, für die kommenden Generationen, komponiert hat. Wie Helga sagte: Um unsere Fähigkeit zu entwickeln, andere zu lieben und als echte Menschen zu denken, müssen wir seine Kompositionen aus den Fängen der Schänder des Regietheaters und derer, die ihn als „romantische“ Figur bezeichnen, befreien. Wie Friedrich Schiller sagte, ist die Erziehung der Gefühle und unseres Charakters in einem Umfeld von Schönheit der einzige Weg, sich auf die Herausforderung der Geschichte einzustellen und sich über das Gefängnis unserer irrationalen Impulse zu erheben, und nicht mehr einem vorgegebenen Drehbuch zu folgen, einer politischen Formel, die uns dazu verdammen würde, nur Tyrannen eines endlichen Universums zu werden.

Dann kommt die Wissenschaft. Dies ist das Jahr, in dem die Herausforderung einer günstigen Planetenkonstellation mit der Fähigkeit des Menschen zur Erforschung des Sonnensystems zusammentrifft: Vier Missionen zum Mars sind geplant. Eine aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, sie werden eine Raumsonde um den Mars starten; eine weitere aus den Vereinigten Staaten – Mars 2020 –, die eine französische Superkamera an Bord nehmen wird; dann Huoxing 1 aus China, mit einem 3-Tonnen-Orbiter und einem 240 kg schweren Rover, und schließlich unsere europäische ESA-Mission, die in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos gebaut wurde, benannt nach Rosalind Franklin, die die Struktur der DNA entdeckte, aber aufgrund der rückständigen Ideologie des 20. Jahrhunderts nicht anerkannt wurde.

All diese Projekte beinhalten eine Zusammenarbeit vieler Nationen, jenseits chauvinistischer Vorurteile, und genau das macht sie so inspirierend und schön. Zur Bewältigung der schwierigen Bedingungen des Weltraums möchte ich hier betonen, daß die am weitesten entwickelte ökologische Umgebung die eines vom Menschen geschaffenen Raumfahrzeugs oder einer Raumkapsel ist: das Paradox der Notwendigkeit, einen autarken, temporären Raum zu bauen, um das All zu erreichen!

Und schließlich kommt die Politik: 2020 ist das Jahr der drei verwandten Jahrestage von Charles de Gaulle: der 130. Geburtstag, der 50. Todestag und der 80. Jahrestag seines Aufrufs an die Franzosen vom 18. Juni 1941, als er ihnen sagte, daß ein Weltkrieg begonnen hat und daß Amerikas Macht und der Mut des britischen Volkes den vorläufigen Sieg der Nazis überwinden werden. Diese Jubiläen sind nicht nur für uns Franzosen wichtig: Denken Sie an seine schöne Ansprache an die deutsche Jugend, die er am 9. September 1962 in Ludwigsburg hielt, um ein neues Zeitalter wissenschaftlicher Entdeckungen zu feiern, worin er den Grund für eine Freundschaft zwischen der deutschen und der französischen Jugend und die Voraussetzung für die Einheit Europas sah, die „europäische Kathedrale“, wie er in einer anderen Rede sagte.

Trump erwähnte in seiner Rede in Davos am 21. Januar den Dom von Florenz und unsere Kathedrale Notre Dame und betonte „für alle, die an der Zukunft zweifeln: Wir brauchen nur auf die gewaltigen Errungenschaften der Vergangenheit zu schauen... Diese Bürger von Florenz akzeptierten keine Grenzen für ihre hohen Bestrebungen, und so wurde schließlich der Große Dom gebaut...“ Und er fügte hinzu, wie die Florentiner, „die voranschritten, als die Technik zur Vollendung ihres Entwurfs noch gar nicht existierte“, täten die jungen Erfinder von heute „Dinge..., die zu Anfang niemand für machbar gehalten hätte“.

Das ist die Kraft der menschlichen Vernunft, die Lyndon LaRouche 1983 in seinem Buch Es gibt keine Grenzen des Wachstums als die Fähigkeit des Menschen definierte, „kreative Entdeckungen zu machen, die seine wissenschaftlichen Kenntnisse voranbringen, und solche wissenschaftlichen Fortschritte in technologische Fortschritte umzusetzen“. Deshalb ist diese Zeit, unsere Zeit, keine Zeit für Pessimismus.

De Gaulle hat in seiner Rede vor der Universität von Mexiko am 18. März 1964 die Herausforderung so formuliert:

Dies steht im Einklang mit dem Aufruf von Lyndon LaRouche und jetzt auch Helga zu einem Neuen Bretton Woods durch das Treffen der drei Großmächte plus Indien, um allen Menschen Frieden, Entwicklung und Sicherheit zu garantieren, mit Xi Jinpings Geist der Gürtel- und Straßen-Initiative und Wladimir Putins Aufruf zu einer Dringlichkeitssitzung der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mit dem gleichen Ziel.

Leider ist jedoch klar, daß das Vereinigte Königreich, Frankreich und in der Hinsicht auch Deutschland nicht bereit sind, sich dieser Herausforderung zu stellen. Unsere Aufgabe für Frankreich, Deutschland, Italien und andere europäische Länder besteht daher darin, sie darauf vorzubereiten.

Wir können unsere klassische Kultur der Schönheit und Entdeckung einbringen, „wenn wir sie bewahren können“, wie Benjamin Franklin einmal über die amerikanische Verfassung sagte. Das ist jedoch nicht genug. Unsere Herausforderung besteht darin, uns von den Fesseln des Britischen Empire in seiner finanziellen, kulturellen und geheimdienstlichen Form zu befreien. Ein umfassendes Programm, wie De Gaulle gesagt hätte, aber um so notwendiger.

Es kann nicht nur negativ bleiben. Die Zukunft unseres Kontinents erfordert eine „Entspannung, Eintracht und Zusammenarbeit“ aller unserer Nationen, eine Plattform der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Europas gegen unsere eigene Kompradoren-Oligarchie, die allzu oft versucht, noch viehischer zu sein als ihr britisches Gegenstück.

Wir haben uns in unserer europäischen Organisation verpflichtet, diese Plattform für einen Aufbruch ins 21. Jahrhundert zu schaffen. Unser Leitfaden sind Lyndon LaRouches Vier Gesetze, die nicht nur für eine einzelne Region der Welt, sondern für alle Instrumente im Konzert der Nationen wertvoll sind, das, was de Gaulle die Einheit der menschlichen Gattung nannte und Konfuzius, in asiatischen Worten, das Dao – die Dynamik der sozialen Harmonie.

Was bedeutet das konkret?

Nun laßt uns aber konkret werden, werden manche sagen.

Ja, es ist wahr, wir sollten kriegerische Engel sein, aber nicht am Himmel bleiben. Unsere Aufgabe wird es sein, eine Organisation des europäischen Raumes für die Vorteile zu verbinden, die sie der sozialen Harmonie auf der Welt bringen kann; sie ist das, was wir eine Säule der Weltlandbrücke nennen. Energie, Verkehr, Bau, Kombination der Zukunftstechnologien im Bereich der Kommunikation mit den fortschrittlichsten Formen der Energie, Fusion und – vielleicht früher als erwartet – Materie/Antimaterie-Reaktionen. Endlose Entwicklungskorridore, über das hinaus, was wir bereits haben.

Ich muß hier zum Schluß kommen, aber vorher möchte ich Ihnen sagen: „Was für eine Schande!“ Wir werden von Asien überholt, wir verstehen nicht einmal Chinas Win-Win-Konzeption, weil wir im Käfig der Vorurteile eines deduktiven Systems gefangen sind, während die Chinesen immer nach Lösungen außerhalb der etablierten Regeln des Systems suchen, indem sie in den Bereich des realen, kreativen Denkens vordringen, so wie es uns das von Franklin Delano Roosevelt geprägte Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg in seinen Missionen für Produktivität gelehrt hat. Wirklich eine Schande!

In einem Interview mit einer französischen Zeitschrift sagte Ren Zhengfei, der Gründer und Leiter von Huawei, die beste mögliche Kombination in der Welt, um mit China und den Vereinigten Staaten zu kooperieren, sei die der am weitesten entwickelten kreativen Länder, Frankreich und Rußland, gestützt von der industriellen Stärke und dem Engagement Deutschlands.

Ich weiß nicht, ob das so ganz richtig ist, aber ich weiß, daß wir eine große Chance in der Weltgeschichte verpassen. Wir lassen zu, daß Europa eine Art auf Geld fixierter Schlafwandler wird. Mobilisieren wir also unser Potential zum Wohle unserer Kultur, starten wir in unseren Ortsgruppen Bildungsangebote, schaffen wir Musik, Lachen und Kreativität, wecken wir damit unsere Mitbürger auf: Die Welt braucht ein erwachtes Europa, denn der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer.