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Neue Solidarität
Nr. 18, 6. Mai 2021

Die grüne Wende: ökonomischer Genozid in Rumänien

Ein Interview mit Nicolae Ivăniși, Präsident des Vereins „Schritt für Schritt zusammen mit Euch“ aus dem Bezirk Gorj/Rumänien. Das Gespräch führte Alexandra Bellea-Noury, die es auch aus dem Rumänischen übersetzte.

Nicolae Ivăniși: Ich bin überzeugt, daß der Bundesregierung die Aktivitäten dieser Organisation in Rumänien nicht unbekannt sind. Ich bin überzeugt, daß Deutschland eine Organisation nicht finanziert, ohne im Detail zu wissen, was sie tut. Unter dem Vorwand des Umweltschutzes zielen sie in Wirklichkeit nur auf wirtschaftliche Ziele ab, genauer gesagt auf die Stützpfeiler Rumäniens, wie den Energiekomplex Oltenia und Hidroelectrica.2

Es ist leicht zu erkennen, daß sie strategische Aktivitäten nicht blockieren könnten, wenn sie nicht Komplizenschaft im rumänischen System hätten. Wenn ich „System“ sage, beziehe ich mich auf das Management von CE Oltenia, Hidroelectrica, die ihnen unterstellten Rechtsabteilungen, die Minister, die Regierung und, nicht zuletzt, die Geheimdienste aus Rumänien. All diese Einrichtungen sind von allen möglichen Figuren korrumpiert worden. Diese haben einen Nichtkampf, in freier Übersetzung, „Verrat“ begangen.

Übrigens, wenn ein Unternehmen in deutschem Besitz nur ein wenig von den Kontrollinstitutionen in Rumänien genervt wäre, bin ich mir sicher, daß schnell politisch interveniert würde. Man kann feststellen, daß die Kontrollinstitutionen nicht reagierten, als einige Organisationen das rumänische Wirtschaftssystem zerstückelten. Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß den Deutschen nichts fremd ist.

Wenn wir nicht in einer Blase von Naivität bleiben wollen, sagen wir den Deutschen, daß fast alle Klagen, die von Bankwatch Rumänien eingereicht werden, gegen CE Oltenia und Hidroelectrica gerichtet sind. Bankwatch hat die Umweltgenehmigungen für neun der zehn Kohlebergwerke in der Region Oltenia angefochten und es sogar für kurze Zeit geschafft, daß das Kohlebergwerk Roșia, das größte in Osteuropa, ohne das CE Oltenia seine Rentabilität verlieren würde, ohne Umweltgenehmigung bleibt.

Dieselbe Organisation, Bankwatch Romania, hat es geschafft, eine Investition von über 155 Millionen Euro zu blockieren. Ich beziehe mich auf das Wasserkraftwerk am Fluß Jiu, das zu 94% fertiggestellt war. Durch die gerichtliche Blockade der Investition wurde nicht nur eine Quelle sauberer Energie eliminiert, sondern auch die Möglichkeit, einen Staudamm am Jiu zu bauen, der die Überschwemmungen verhindern würde, die gerade durch die massive Abholzung des Waldes verursacht werden, gegen die diese sogenannten Umweltschützer überhaupt nichts unternommen haben. In den letzten Jahren haben die vom Jiu erzeugten Überschwemmungen massive Schäden in den Landkreisen Gorj und Hunedoara verursacht.

Ivăniși: Ich muß noch einmal sagen: Wenn wir den Begriff „Umweltschützer“ aus dem Wörterbuch verwenden, stellen wir fest, daß diese Organisationen nichts mit der Umwelt zu tun haben, sondern nur gut etablierte Ziele in anderen Bereichen verfolgen. Bankwatch und andere sogenannte Umweltverbände haben nur den Weg für Interessengruppen geebnet, die wir in den kommenden Jahren agieren sehen werden. Bankwatch war auf einer Mission, die einheimische Energieproduktion zu ersticken, und wir werden die Nutznießer ihrer Aktionen sehen, wenn das Geld aus dem „Just Transition Fund“ der EU, dem Modernisierungsfonds der EU, dem nationalen Entwicklungsplan und so weiter überwiesen wird. Alle großen westlichen Firmen werden bereit sein, auf dieses Geld zuzugreifen, während das einheimische Kapital geschwächt und von den Regulierungsbehörden schikaniert wird.

Ivăniși: Hunger! Wenn wir bisher beklagt haben, daß wir die größte Entvölkerung haben, lassen Sie uns ein Gedankenspiel machen und darüber nachdenken, was nach dem Zusammenbruch dieser wirtschaftlichen Hauptsäule des Kreises (CE Oltenia) passieren wird.

Die Tatsache, daß ein großer Teil der Rumänen der modernen Sklaverei in den entwickelten Ländern des Westens zum Opfer gefallen ist, führt zu einer Vielzahl von Problemen: zerrüttete Familien, Kinder, die in der Obhut älterer Menschen bleiben oder von nur einem Elternteil aufgezogen werden, alte Menschen, die von ihren Kindern und Enkeln, die ins Ausland gegangen sind, um dort zu arbeiten, verlassen sind und zu denen niemand an die Tür kommt. Wir sprechen auch von einem Völkermord, einem psycho-moralischen Völkermord.

Was kümmert das die entwickelten Länder des Westens? Ganz und gar nichts, wie man mitten in dem Pandemie-Lockdown gesehen hat, als Flugzeuge mit Arbeitskräften aus Rumänien nach Deutschland kamen, um den berühmten deutschen Spargel zu ernten. Ausgehend von der Ursache und endend mit den Wirkungen, sehen wir, daß der Name „Kolonie“ perfekt zu uns paßt, denn in jeder Vereinigung, jedem Zusammenschluß, jeder Partnerschaft oder wie auch immer man es nennen will, gibt es diese berühmten Worte „Gleichheit und Brüderlichkeit“, die man für uns nicht anwendet.

Ivăniși: Auch hier gilt: Wenn wir über Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen sprechen, und nicht nur über Deutschland, sind die Dinge von Fall zu Fall unterschiedlich. Aus der Sicht des finanziellen Nutzens, wenn wir ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 1200 Euro voraussetzen und die täglichen Ausgaben und die Miete abziehen, schafft es die große Mehrheit der Rumänen nicht, mehr als 600-700 Euro nach Hause zu schicken. Und das, indem sie Opfer bringen, Hunger leiden, um etwas nach Hause zu schicken.

Es ist unmenschlich, was hier passiert, denn niemand würde sein Kind oder seine Eltern zu Hause lassen, wenn er zuhause ein Einkommen von 600 bis 700 Euro hätte. Leider ist das für viele schwierig, weil es nur noch wenige Produktionseinheiten gibt, ohne die keine anständigen Löhne gewährleistet werden können.

Ivăniși: Sie übertreiben überhaupt nicht, und die solidesten und unbestreitbaren Argumente sind an der Basis. Wir bitten unsere europäischen Partner - nicht nur Deutschland, sondern alle -, zu analysieren, wohin das Geld geht, das die Rumänen für Gas, Energie, Telefon, Treibstoff und über 80% der Lebensmittel bezahlen: Das ganze Geld geht an ausländische Firmen, wir haben nichts mehr. Ich möchte nicht verschweigen, daß auch ein großer Teil der landwirtschaftlichen Flächen in ausländischen Besitz überging.

Um auf Deutschland zurückzukommen, würde ich sagen, die Rumänen sehen, daß in diesem Land im letzten Jahr ein neues Kohlekraftwerk eröffnet wurde, während wir in den letzten Jahren gezwungen waren, über 1 Milliarde Euro in die Ökologisierung von Kraftwerken zu investieren - und jetzt zwingen sie uns, diese zu schließen. Man könnte glauben, bei uns steige Rauch aus den Hochöfen, in Deutschland dagegen Blütenpollen.

Ivăniși: Der Green Deal ist ein vergifteter Apfel, an dem schwach entwickelte Länder ersticken. Außerdem ist es eine schwache Maßnahme. Wir müssen uns Rußland, China und die Auswirkungen ansehen, die sich aus den Zahlen der Verschmutzung auf globaler Ebene ergeben. Was repräsentiert Europa in dieser Gleichung? Wir sprechen nicht mehr von Rumänien oder Gorj. Die Interessen kommen von anderswo, das Ziel ist die Deindustrialisierung Europas, und bis wir das alle verstehen, wird es zu spät sein.

Ivăniși: Wenn wir noch länger lethargisch und gespalten bleiben, werden sie uns und die Zukunft unserer Kinder verkaufen. Traurig zu sagen, aber in den letzten 30 Jahren hat Rumänien seine Kultur und Tradition verloren, mit einem Wort, es hat seine Identität verloren. Wir müssen aufwachen.


Anmerkungen

1. Einen Überblick über die finanziellen Unterstützer von Bankwatch finden Sie unter: https://bankwatch.org/about/donors-finances

2. Complexul Energetic Oltenia (CE Oltenia) ist hauptsächlich im Staatsbesitz und produziert 22-24% des Stroms Rumäniens mit Kohle. Hidroelectrica ist auch im Staatsbesitz und produziert mit Wasserkraftwerken 33% des Stroms.