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Neue Solidarität
Nr. 25, 24. Juni 2021

Die Welt braucht Energie!

Der Fortschritt der Kernenergie weltweit

Von Michael Gründler

Michael Gründler ist Landesvorsitzender der Bürgerrechtsbewegung Solidarität in Sachsen und kandidiert bei der Bundestagswahl in Dresden für die BüSo. Der folgende Aufsatz ist eine überarbeitete Fassung seines Vortrags beim Internetseminar der BüSo am 19. Mai.

Die weltweite Krise, in der sich die Menschheit befindet, kann nur durch ein schnelles und umfassendes Wirtschaftsaufbauprogramm, auch und gerade im Entwicklungssektor, überwunden werden. Und für ein solches Aufbauprogramm wird viel, sehr viel Energie benötigt.

Ich werde hier zeigen, warum die Kernkraft die geeignete Energiequelle dafür ist.

Lyndon LaRouche hat mit seinen „Vier Gesetzen“ den Rahmen für solch ein Programm geschaffen – ein weltweites Glass-Steagall-Trennbankensystem, um die Finanzspekulation auszutrocknen; dann Kreditschöpfung zur Ausweitung der produktiven Wirtschaft; und als Zugpferd für eine schnelle Produktivitätssteigerung die Entwicklung und Einführung der Kernfusion auf breiter Basis, als neue, höhere Plattform für die Weltwirtschaft.

Noch ist die Kernfusion nicht verfügbar, aber wir haben die Kernspaltung, die auch einfach Kernenergie oder Kernkraft genannt wird. Und diese Kernenergie ist durchaus eine ausreichende Alternative, um solch ein Aufbauprogramm mit den erforderlichen Produktivitätssteigerungen in Gang zu bringen und eine ganze Zeitlang zu tragen, bis wir die Kernfusion auf breiter Basis einsetzen können.

Energieflußdichte ist wesentlich

Das Konzept der Energiedichte bzw. der Energieflußdichte ist wesentlich, um das besondere an der Kernenergie gegenüber allen anderen verfügbaren Energieformen zu verstehen.

Technisch bezeichnet die Energieflußdichte die Durchflußrate von Energie durch eine bestimmte Fläche. Je höher diese Rate ist, um so wirkungsvoller kann die Energie eingesetzt werden.

Die Rohstoffe, die die Menschheit auf einer bestimmten Technologiestufe jeweils zur Verfügung hat, sind endlich, sind begrenzt. Und deshalb sind wir Menschen dazu gezwungen, ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse und damit neue Technologien zu erarbeiten, um dann auch wieder neue Rohstoffe und Ressourcen zur Verfügung zu haben. Die Anwendung dieser neuen Technologien erfordert immer eine höhere Energieflußdichte als die Anwendung der Vorläufer-Technologien.

Deshalb ist es jetzt auch ganz entscheidend, die Energieform mit der höchsten Energieflußdichte zu nutzen, um auf bestmögliche Weise diesen Weltaufbau zu meistern. Es ist ja eine riesige Herausforderung, wenn wir uns anschauen, wie schlecht oder auch katastrophal die Energieversorgung, und damit auch die Lebensumstände, in einem großen Teil der Entwicklungsländer sind.

Wir machen zuerst dazu ein Gedankenexperiment, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie das Verhältnis der Energiedichte verschiedener, gebräuchlicher Energieformen zueinander ist:

© EIRNS
Abb. 1: Die dargestellten Brennstoffmengen liefern jeweils die gleiche Menge an Energie.

Daran sieht man das besondere an der Kernenergie und ihrer Energiedichte: Es ist ein mehrere Millionen Mal kleineres Volumen als bei Kohle oder Öl – für die gleiche Energiemenge (Abbildung 1).

Zur weiteren Illustration dieses riesigen Unterschieds vergleiche ich jetzt die Brennstoffversorgung eines 1000-MW-Kernreaktors mit einem entsprechenden Kohlekraftwerk.

Der Kernreaktor braucht einmal im Jahr 25 Tonnen Uran. Das kann mit einem Spezialwaggon auf der Schiene geliefert werden.

Das Kohlekraftwerk aber braucht 2,2 Millionen Tonnen Kohle im Jahr. Das sind täglich vier Eisenbahnzüge mit je 40 Waggons, die je 40 Tonnen Kohle geladen haben, also 365 Tage jeden Tag vier vollbeladene Züge.

Der Aufwand beim Kohlekraftwerk ist also unverhältnismäßig höher als beim Kernkraftwerk, um die gleiche Menge Energie bereitzustellen.

Eine Anmerkung dazu: Kohle ist eigentlich viel zu schade, um sie auf Dauer und im großen Stil zu verbrennen. Sie wird in der Zukunft noch gebraucht werden, als Rohstoff für die Chemieindustrie, für die Kunststoffherstellung, für Arzneimittelproduktion und für vieles anderes. Ähnliches gilt für die Kohlenwasserstoffe, wie Öl oder Gas, die auf Dauer auch durch Kernenergie ersetzt werden sollten.

Die Nachteile der „Erneuerbaren“

Die Energiedichte und Energieflußdichte von Uran im Verhältnis zu den neuen Erneuerbaren Energien ist sogar noch viel größer als im Verhältnis zu den traditionellen Energien. Der Unterschied läßt sich hier aber eher im übermäßigen Flächenverbrauch, übermäßigen Material- und Ressourcenverbrauch und teils großer Unzuverlässigkeit der Erneuerbaren ausdrücken. Diese Faktoren machen die neuen Erneuerbaren vollkommen ungeeignet für ein schnelles, wirkungsvolles Aufbauprogramm. Denn die gesellschaftlichen Kosten für ihren Einsatz wären unbezahlbar teuer.

Dazu möchte ich nur einige Hinweise geben:

Einmal zum Ressourcenverbrauch:

Hier die Menge des Baumaterials pro Terawattstunde (TWh) Stromerzeugung:

Jetzt zum Flächenverbrauch, hier nehme ich den tatsächlichen Stand der Stromerzeugung in Deutschland aus dem Jahr 2019:

Und wegen der Unzuverlässigkeit von Wind und Sonne müssen immer konventionelle Kraftwerke, meist Gaskraftwerke, bereitstehen, um einzuspringen. Das ist zusätzlich noch ein erheblicher Kostenfaktor. (Oder unsere Nachbarländer liefern, aber dann auch teuer, Ersatzstrom.)

Ich hoffe, daß die Vergleiche deutlich zeigen, warum die Kernenergie diese hervorragende Stellung haben muß, wenn es um die Energieversorgung eines so breit angelegten Aufbauprogramms geht.

Eine Zukunftsperspektive

Hier möchte ich jetzt eine vorläufige Zukunftsperspektive vorschlagen. Ein paar Zahlen dazu, um die Diskussion über eine wirkliche Renaissance der Kernenergie in Gang zu bringen.

Zur Zeit leistet die Kernenergie ungefähr 2% der Weltprimärenergieversorgung, nämlich 2700 TWh.

Die Weltprimärenergie ist die gesamte Energie, also nicht nur die Elektrizität.

Meine Mindestanforderungen bis zum Jahr 2050 sind:

Das ist dann insgesamt eine Verzwanzigfachung der Kernkraftnutzung innerhalb der nächsten 30 Jahre.

Zur Zeit laufen 440 Kernreaktoren weltweit. Eine Verzwanzigfachung bedeutet also, daß wir im Jahr 2050 dann weltweit ungefähr 8800 Kernreaktoren hätten.

Es sind allerdings viele neuartige Reaktortypen in Vorarbeit, die modular konzipiert sind. Also kleine Reaktoren, die man in Reihe schalten kann, je nach Bedarf. Deshalb ist das Ziel nicht die Anzahl der Reaktoren, sondern die Verzwanzigfachung der Energieerzeugung von 2700 TWh auf ungefähr 54.000 TWh im Jahr.

Wenn wir das neue Paradigma schnell durchsetzen können und die entscheidenden Kräfte in der Politik das zu ihrer Herzensangelegenheit machen, ist auch ein noch umfassenderer Übergang in die Kernenergiewirtschaft machbar.

Einen wichtigen Engpaß, den es zu überwinden gilt, möchte ich hier auch noch anbringen: Große Kernkraftwerke brauchen große Reaktor-Druck-Behälter, entsprechend große Dampfturbinen, Generatoren und andere große Teile.

Die werden in großen Schmiedepressen hergestellt. Und davon gibt es nicht viele auf der Welt. Weltführend sind Japan, China, Indien, Südkorea und Rußland. Weitere Kapazitäten sind in Frankreich, Großbritannien, Tschechien und den USA vorhanden. Deutschland hat eine etwas kleinere Schmiedepresse, die Saarschmiede in Völklingen.

Diese Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus, um solch ein Kernkraftprogramm, wie ich es vorschlage, auf die Beine zu stellen. Wir brauchen also auch hier eine Entscheidung der Politik, damit diese großen Investitionen in der Industrie frühzeitig gemacht werden.

Kernenergie als Wirtschaftsplattform

Die Kernenergie ist aber nicht nur Energielieferant, sondern hat schon Eigenschaften einer Wirtschaftsplattform, in der sie in vielen Bereichen Anwendung findet.

Nur in Stichworten hier aufgelistet:

Die Frage der Entsorgung

Hier möchte ich auch etwas zur Frage der Entsorgung des hochradioaktiven Abfalls sagen. Die ideologischen Gegner der Kernenergie wollen die Entsorgung zu einem Riesenproblem aufbauschen. Dazu gibt es aber keinen Anlaß. Durch den wissenschaftlich-technologischen Fortschritt der letzten Jahrzehnte haben sich mehrere Möglichkeiten der Abfallentsorgung ergeben:

Die führenden Kernkraft-Nationen

© IAEA PRIS Database
Abb. 2: Die führenden Nuklearnationen der Welt haben unterschiedliche Pläne für den Ausbau oder den Ausstieg aus der Kernkraft.

Jetzt möchte ich noch einige Länder vorstellen, die eine wichtige Rolle beim Ausbau der Kernenergie spielen sollen (Abbildung 2):

Aber obwohl die französischen Kernkraftwerke nach dem Unglück in Fukushima Daiichi viele neue, teure Auflagen erfüllen mußten, ist der Strom dort nur fast halb so teuer wie in Deutschland. Der Verbraucher zahlt hier ungefähr 30 ct/kWh, in Frankreich zahlt er nur 17,5 ct.

Frankreich ist auch interessant im Zusammenhang mit meinem Vorschlag der Ausweitung auf 8800 Kernreaktoren in den nächsten 30 Jahren. Frankreich hat jetzt schon durch seinen hohen Kernenergieanteil genau den Pro-Kopf-Verbrauch an Kernenergie, den wir mit diesen 8800 Reaktoren dann weltweit erreichen würden.

Für Rußland ist die Ausweitung der Kernenergie ein wichtiges Staatsziel. Und die Ausfuhr von Kerntechnik und Kernkraftwerken ist ein wichtiger Aspekt russischer Außenpolitik: Russische Reaktoren laufen in China, Indien, Iran und Weißrußland.

Erst vor wenigen Wochen gab es ein Online-Treffen zwischen Präsident Putin und Präsident Xi Jinping, um den Bau von vier weiteren russischen Kernkraftwerken in China zu beginnen (Tianwan 7 und 8, Xudapu 3 u. 4).

Auch baut Rußland gerade KKWs in Bangladesch und in der Türkei. Verträge über den baldigen Bau gibt es mit Ägypten und Finnland; und mit vielen anderen Ländern ist Rußland in Vorbereitung und Diskussion. Darunter sind auch 27 Entwicklungsländer, davon elf afrikanische und fünf südamerikanische Länder, mit denen Rußland auf diesem Gebiet zusammenarbeitet. Zum Teil sind dort Schulungszentren fertig oder in Vorbereitung, in denen Personal für den zukünftigen Einsatz in der Kerntechnik ausgebildet wird.

Rußland ist wohl von allen Ländern am besten darauf vorbereitet, jetzt eine weltweite Offensive der Kernenergie mitzutragen.

Zwei besondere Reaktorlinien sind in China in der Entwicklung:

Bis vor wenigen Jahren waren Chinas Kernenergieziele allerdings noch ambitionierter. Noch im letzten Fünf-Jahres-Plan waren für das Jahr 2020 88 GWe Leistung einschließlich der im Bau befindlichen Reaktoren vorgesehen. Es sind dann aber Ende 2020 nur 62 GWe geworden, also 30% weniger als geplant.

Alle 50 laufenden und die 18 im Bau befindlichen Reaktoren liegen an der Küste und werden mit Meerwasser gekühlt. 31 inländische Standorte warten teils schon lange auf die Erlaubnis, bauen zu dürfen. Offiziell heißt es, daß man die Kontaminierung von Flußwasser befürchtet.

Dieses Problem, daß nichts im Inland gebaut wird, muß China unbedingt und schnell lösen, damit es über den 5%-Anteil der KE an der Stromversorgung hinauskommt.

Es gibt aber auch optimistische Aussichten. Nach langjähriger Vorarbeit hat die französische Elektrizitätsgesellschaft EDF den Indern im April dieses Jahres ein verbindliches Angebot über den Bau des Kernkraftwerks Jaitapur gemacht. Das würde nach dem heutigen Stand mit 9600 MWe Leistung das größte Kernkraftwerk der Welt werden und aus sechs Kernreaktoren der EPR-Klasse bestehen.

Wir brauchen unbedingt eine Neuorientierung der amerikanischen Politik, und unsere Kollegen dort haben die große Aufgabe, die Weichenstellung dafür zu organisieren.

Warum jetzt?

Gerade im Zusammenhang mit unserer aktuellen Welt-Gesundheits-Offensive, dem Aufbau einer modernen Gesundheitsversorgung in allen Ländern, einschließlich der dazu nötigen Infrastruktur, kommt diese Kernenergie-Intervention genau zur richtigen Zeit. Mit diesem Weckruf der Gesundheits-Offensive, daß nämlich die Grundbedürfnisse aller Menschen schnell und auch auf Dauer befriedigt werden müssen, ist ein Riesenbedarf an Energie verbunden. Und da ist die Kernkraft ein ausgezeichnetes Mittel, weil sie mit dem geringsten Aufwand die größte Wirkung für das Wohlergehen der Menschheit entfalten kann.