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Neue Solidarität
Nr. 42, 21. Oktober 2021

Polnischer Oberster Gerichtshof stellt Vorrang des EU-Rechts in Frage

Die EU-Kommission hat wiederholt verschiedene Gesetze und politische Maßnahmen Polens kritisiert, die ihrer Ansicht nach gegen europäische Standards verstoßen, und dabei mit Geldstrafen und dem Einfrieren von EU-Zahlungen gedroht. Aber die Polen haben nicht nachgegeben.

Im Gegenteil: Das polnische Verfassungsgericht entschied am 30. September, daß „wesentliche Teile der europäischen Verträge“ mit der polnischen Verfassung unvereinbar sind und daß das polnische Recht Vorrang vor der europäischen Gesetzgebung und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs hat.

Die Kommission focht das Urteil sofort an und erklärte unverblümt: „EU-Recht hat Vorrang vor nationalem Recht, einschließlich der Verfassungsbestimmungen.“

Das Urteil in Warschau hätte schon früher ergehen können, aber der Gerichtshof hielt zunächst die Tür für Gespräche mit Brüssel offen, um die verschiedenen strittigen Fragen zu klären. Die EU jedoch entschied sich in typischer Arroganz und Ignoranz für die Konfrontation: Sie wies die Polen an, ihren großen Braunkohlekomplex in Turow zu schließen oder eine Geldstrafe von 500.000€ pro Tag zu zahlen, und hielt Pandemie-Hilfen in Höhe von 128 Mio.€ zurück, weil potentielle Empfängerregionen die „Gender“-Standards der EU nicht ratifizierten. Polen widersetzte sich dem Diktat von Turow und gab in der Genderfrage nicht nach, bevor der Oberste Gerichtshof sein Urteil fällte.

René Repasi, Professor für internationales und europäisches Recht an der Erasmus-Universität in Rotterdam, bezeichnete das Urteil als eine „rechtliche Revolution“. Er sagte dem Guardian (7.10.), es sei „der weiteste Schritt in Richtung eines legalen Austritts aus der EU, der jemals von einem nationalen Gericht unternommen wurde“.

Die Redaktion der Financial Times ging sogar noch weiter und kommentierte drei Tage später, die Position des Obersten Gerichtshofs „stellt eine größere Herausforderung für die Einheit der EU dar als der Brexit. Das Urteil des polnischen Verfassungsgerichts ist ein direkter Angriff auf die Rechtsordnung der EU, die der Kitt ist, der die EU zusammenhält. Das Vereinigte Königreich ist aus der EU ausgetreten; Polen behauptet seine verfassungsrechtliche Unabhängigkeit, während es in der EU bleibt. Das untergräbt die Integrität der Union von innen heraus.“

Eine ähnliche Konstellation entwickelt sich zwischen der EU und Ungarn, mit dem die Brüsseler Bürokratie mehrere Probleme hat, darunter einen langen Streit über Genderpolitik. Das Ergebnis ist, daß Ungarn sich den Ansichten und der Politik der EU zunehmend trotzig entgegenstellt. In einem Gespräch mit Journalisten am Rande des EU-Westbalkan-Gipfels in Slowenien am 5.10. kritisierte Ministerpräsident Viktor Orban die Energiepolitik der Kommission scharf: „Die EU muß ihre Politik ändern, denn der Anstieg der Energiepreise ist zumindest teilweise von der Europäischen Kommission verursacht worden. Die neuen Green-Deal-Regeln sind eine indirekte Besteuerung von Hausbesitzern und Autobesitzern. Das ist inakzeptabel.“

Als Reaktion hat die Kommission Zahlungen an Ungarn und Polen in Höhe von 7,2 Mrd.€ bzw. 23,9 Mrd.€ eingefroren.

eir